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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Der Fruchtwechsel.
§. 370.

Die nothwendigen Erfordernisse einer auf diese Regel der Fruchtfolge gegründe-Bedingungen
bei der Ein-
führung die-
ses Systems.

ten Wirthschaft, bei deren Mangel die Einführung unmöglich ist, oder doch nur un-
vollkommenes Stückwerk bleibt, sind folgende:

1) Vollkommenes Eigenthum und freie Benutzung des Feldes, eine Abwesen-
heit aller Servitute und Rechte, die ein anderer darauf hat, oder doch eine zweckmä-
ßige Beschränkung derselben.

2) Eine gute und nicht zu sehr getrennte oder zu weit entfernte Lage der Felder.
Das Gegentheil macht wenigstens ungemeine Schwierigkeiten bei dieser eine ununter-
brochene Aufmerksamkeit fordernden Kultur.

3) Bei ihrer Einführung ein nicht zu sehr ausgemagertes Land oder besondere
Hülfsquellen, um sich den ersten kraftvollen Dünger zu verschaffen. Sie ohne solche
auf einem durch die Felderwirthschaft erschöpften Boden einführen zu wollen, erfor-
dert wenigstens große Aufopferungen oder die Anlage eines beträchtlichen Kapitals,
indem der Bau verkäuflicher Früchte vorerst sehr eingeschränkt werden muß, um ge-
nugsame Futterung, d. h. Düngermaterial zu gewinnen. Ihre Einführung ist des-
halb nach der gewöhnlchen Koppelwirthschaft, die ihren Acker in mehrere Kraft erhal-
ten hat, in der Regel weit leichter als nach der mehrentheils erschöpfenden Dreifelder-
wirthschaft, und in manchen Fällen ist es rathsam, durch jene hindurch zu der höhern
Wirthschaft überzugehen. Von den zweckmäßigsten Hülfsmitteln bei dem Uebergange
werden wir weiter reden.

4) Mehrere Arbeit. Es wird zwar mehrentheils diejenige Menschenzahl,
welche in der Felderwirthschaft zu einer schnellen und gehörigen Ausführung der Ernte
nöthig war, zureichen, alle Arbeiten dieser Wirthschaft zu vollführen; sie müssen
aber in eine größere und anhaltende Thätigkeit dabei gesetzt werden. Die Verthei-
lung der Arbeiten durch das ganze Jahr kann so eingerichtet werden, daß sich eine un-
unterbrochene Reihe von Beschäftigungen und beständiger Verdienst für die Men-
schen, selbst für die schwachen Alten und Kinder dabei finde. Diese Arbeiten erfor-
dern zwar keinesweges eine schwer zu erlangende Kunstfertigkeit; indessen findet doch
eine mehrere Theilung der Arbeit und eine daraus erfolgende größere Uebung in den-
selben und in der Handhabung gewisser Werkzeuge dabei statt, wodurch die Arbeit

Der Fruchtwechſel.
§. 370.

Die nothwendigen Erforderniſſe einer auf dieſe Regel der Fruchtfolge gegruͤnde-Bedingungen
bei der Ein-
fuͤhrung die-
ſes Syſtems.

ten Wirthſchaft, bei deren Mangel die Einfuͤhrung unmoͤglich iſt, oder doch nur un-
vollkommenes Stuͤckwerk bleibt, ſind folgende:

1) Vollkommenes Eigenthum und freie Benutzung des Feldes, eine Abweſen-
heit aller Servitute und Rechte, die ein anderer darauf hat, oder doch eine zweckmaͤ-
ßige Beſchraͤnkung derſelben.

2) Eine gute und nicht zu ſehr getrennte oder zu weit entfernte Lage der Felder.
Das Gegentheil macht wenigſtens ungemeine Schwierigkeiten bei dieſer eine ununter-
brochene Aufmerkſamkeit fordernden Kultur.

3) Bei ihrer Einfuͤhrung ein nicht zu ſehr ausgemagertes Land oder beſondere
Huͤlfsquellen, um ſich den erſten kraftvollen Duͤnger zu verſchaffen. Sie ohne ſolche
auf einem durch die Felderwirthſchaft erſchoͤpften Boden einfuͤhren zu wollen, erfor-
dert wenigſtens große Aufopferungen oder die Anlage eines betraͤchtlichen Kapitals,
indem der Bau verkaͤuflicher Fruͤchte vorerſt ſehr eingeſchraͤnkt werden muß, um ge-
nugſame Futterung, d. h. Duͤngermaterial zu gewinnen. Ihre Einfuͤhrung iſt des-
halb nach der gewoͤhnlchen Koppelwirthſchaft, die ihren Acker in mehrere Kraft erhal-
ten hat, in der Regel weit leichter als nach der mehrentheils erſchoͤpfenden Dreifelder-
wirthſchaft, und in manchen Faͤllen iſt es rathſam, durch jene hindurch zu der hoͤhern
Wirthſchaft uͤberzugehen. Von den zweckmaͤßigſten Huͤlfsmitteln bei dem Uebergange
werden wir weiter reden.

4) Mehrere Arbeit. Es wird zwar mehrentheils diejenige Menſchenzahl,
welche in der Felderwirthſchaft zu einer ſchnellen und gehoͤrigen Ausfuͤhrung der Ernte
noͤthig war, zureichen, alle Arbeiten dieſer Wirthſchaft zu vollfuͤhren; ſie muͤſſen
aber in eine groͤßere und anhaltende Thaͤtigkeit dabei geſetzt werden. Die Verthei-
lung der Arbeiten durch das ganze Jahr kann ſo eingerichtet werden, daß ſich eine un-
unterbrochene Reihe von Beſchaͤftigungen und beſtaͤndiger Verdienſt fuͤr die Men-
ſchen, ſelbſt fuͤr die ſchwachen Alten und Kinder dabei finde. Dieſe Arbeiten erfor-
dern zwar keinesweges eine ſchwer zu erlangende Kunſtfertigkeit; indeſſen findet doch
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[357/0403] Der Fruchtwechſel. §. 370. Die nothwendigen Erforderniſſe einer auf dieſe Regel der Fruchtfolge gegruͤnde- ten Wirthſchaft, bei deren Mangel die Einfuͤhrung unmoͤglich iſt, oder doch nur un- vollkommenes Stuͤckwerk bleibt, ſind folgende: Bedingungen bei der Ein- fuͤhrung die- ſes Syſtems. 1) Vollkommenes Eigenthum und freie Benutzung des Feldes, eine Abweſen- heit aller Servitute und Rechte, die ein anderer darauf hat, oder doch eine zweckmaͤ- ßige Beſchraͤnkung derſelben. 2) Eine gute und nicht zu ſehr getrennte oder zu weit entfernte Lage der Felder. Das Gegentheil macht wenigſtens ungemeine Schwierigkeiten bei dieſer eine ununter- brochene Aufmerkſamkeit fordernden Kultur. 3) Bei ihrer Einfuͤhrung ein nicht zu ſehr ausgemagertes Land oder beſondere Huͤlfsquellen, um ſich den erſten kraftvollen Duͤnger zu verſchaffen. Sie ohne ſolche auf einem durch die Felderwirthſchaft erſchoͤpften Boden einfuͤhren zu wollen, erfor- dert wenigſtens große Aufopferungen oder die Anlage eines betraͤchtlichen Kapitals, indem der Bau verkaͤuflicher Fruͤchte vorerſt ſehr eingeſchraͤnkt werden muß, um ge- nugſame Futterung, d. h. Duͤngermaterial zu gewinnen. Ihre Einfuͤhrung iſt des- halb nach der gewoͤhnlchen Koppelwirthſchaft, die ihren Acker in mehrere Kraft erhal- ten hat, in der Regel weit leichter als nach der mehrentheils erſchoͤpfenden Dreifelder- wirthſchaft, und in manchen Faͤllen iſt es rathſam, durch jene hindurch zu der hoͤhern Wirthſchaft uͤberzugehen. Von den zweckmaͤßigſten Huͤlfsmitteln bei dem Uebergange werden wir weiter reden. 4) Mehrere Arbeit. Es wird zwar mehrentheils diejenige Menſchenzahl, welche in der Felderwirthſchaft zu einer ſchnellen und gehoͤrigen Ausfuͤhrung der Ernte noͤthig war, zureichen, alle Arbeiten dieſer Wirthſchaft zu vollfuͤhren; ſie muͤſſen aber in eine groͤßere und anhaltende Thaͤtigkeit dabei geſetzt werden. Die Verthei- lung der Arbeiten durch das ganze Jahr kann ſo eingerichtet werden, daß ſich eine un- unterbrochene Reihe von Beſchaͤftigungen und beſtaͤndiger Verdienſt fuͤr die Men- ſchen, ſelbſt fuͤr die ſchwachen Alten und Kinder dabei finde. Dieſe Arbeiten erfor- dern zwar keinesweges eine ſchwer zu erlangende Kunſtfertigkeit; indeſſen findet doch eine mehrere Theilung der Arbeit und eine daraus erfolgende groͤßere Uebung in den- ſelben und in der Handhabung gewiſſer Werkzeuge dabei ſtatt, wodurch die Arbeit

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/403>, abgerufen am 28.03.2024.