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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Der Thon.
schwierigen, zusammenhängenden und dehnbaren Masse, welche jeden Eindruck
bald annimmt und behält, und sich zu allen Gestalten formen läßt. Diese Eigen-
schaft, welche uns den Thon so nützlich macht, besitzt nicht aller Thon in gleichemFetter und
magerer
Thon.

Maße. Man nennt den, der sie in größerem Verhältnisse hat, fetten; den, der sie
in geringerem Verhältnisse zeigt, mageren Thon. Die Dehnbarkeit und Formbarkeit
des Thons ist nicht bloß der Thonerde zuzuschreiben. Denn diese besitzt sie in reinem
Zustande minder. Sie ist vielmehr ein Produkt der Verbindung der Thonerde mit
der Kieselerde, und auch das Eisenoxyd scheint Antheil daran zu haben. Mehren-
theils hat zwar der dehnbarere oder fettere Thon mehr Thonerde in sich, und der sprö-
dere oder magere weniger; aber die Dehnbarkeit stimmt doch nicht allgemein mit die-
sem Verhältnisse überein.

§. 39.

Der mit Wasser durchdrungene Thon läßt jetzt mehreres Wasser nicht in sich ein-
dringen. Auf einen Kuchen oder Becken, der aus Thonteich verfertigt ist, bleibt
das Wasser völlig stehn, ohne durchzusintern. Diese Eigenschaft macht das Vor-
handenseyn des Thons im Erdboden, auch unter der Ackerkrume und in tiefen Schich-
ten, sehr merkwürdig. Das Wasser wird dadurch verhindert, sich tiefer in die Erde
zu versenken, und ohne selbige würden wir in der Erde nicht ehe Wasser finden, bis
wir auf feste Felsen kämen. Diese Thonlagen, welche mit durchlassenden Erdlagen
abwechseln, sind die gewöhnlichste Ursache der Quellen, indem sich das Wasser darauf
anhäuft, und nun durch seinen Seitendruck einen Ausweg bahnt. Sie sind auch
die Ursach der Wassergallen oder der nassen Stellen im Acker, weil sich das Wasser
nicht in die Tiefe ziehen kann, sondern darauf stehen bleiben muß, bis es verdunstet,
und deshalb bis zur Oberfläche der lockern Erde heraufstauet.

§. 40.

Wenn man den Thon in vielem Wasser vertheilt, so macht er dasselbe trübe,
und bleibt darin schwimmen. Das Wasser löst aber nichts von ihm auf. Es ge-
hört oft eine lange Zeit dazu, ehe es wieder völlig klar wird. Daher kommt es, daß
das Wasser solcher Flüsse, deren Bette aus Thon besteht, mehr oder weniger trübe
ist. Die aufgerissenen und im Wasser zertheilten Thonpartikeln können sich bei der
beständigen Bewegung des Wassers nicht wieder daraus absetzen. Deshalb finden
wir, daß die durch ausgetretene Flüsse angeschwemmten Aecker größtentheils thonigt

Der Thon.
ſchwierigen, zuſammenhaͤngenden und dehnbaren Maſſe, welche jeden Eindruck
bald annimmt und behaͤlt, und ſich zu allen Geſtalten formen laͤßt. Dieſe Eigen-
ſchaft, welche uns den Thon ſo nuͤtzlich macht, beſitzt nicht aller Thon in gleichemFetter und
magerer
Thon.

Maße. Man nennt den, der ſie in groͤßerem Verhaͤltniſſe hat, fetten; den, der ſie
in geringerem Verhaͤltniſſe zeigt, mageren Thon. Die Dehnbarkeit und Formbarkeit
des Thons iſt nicht bloß der Thonerde zuzuſchreiben. Denn dieſe beſitzt ſie in reinem
Zuſtande minder. Sie iſt vielmehr ein Produkt der Verbindung der Thonerde mit
der Kieſelerde, und auch das Eiſenoxyd ſcheint Antheil daran zu haben. Mehren-
theils hat zwar der dehnbarere oder fettere Thon mehr Thonerde in ſich, und der ſproͤ-
dere oder magere weniger; aber die Dehnbarkeit ſtimmt doch nicht allgemein mit die-
ſem Verhaͤltniſſe uͤberein.

§. 39.

Der mit Waſſer durchdrungene Thon laͤßt jetzt mehreres Waſſer nicht in ſich ein-
dringen. Auf einen Kuchen oder Becken, der aus Thonteich verfertigt iſt, bleibt
das Waſſer voͤllig ſtehn, ohne durchzuſintern. Dieſe Eigenſchaft macht das Vor-
handenſeyn des Thons im Erdboden, auch unter der Ackerkrume und in tiefen Schich-
ten, ſehr merkwuͤrdig. Das Waſſer wird dadurch verhindert, ſich tiefer in die Erde
zu verſenken, und ohne ſelbige wuͤrden wir in der Erde nicht ehe Waſſer finden, bis
wir auf feſte Felſen kaͤmen. Dieſe Thonlagen, welche mit durchlaſſenden Erdlagen
abwechſeln, ſind die gewoͤhnlichſte Urſache der Quellen, indem ſich das Waſſer darauf
anhaͤuft, und nun durch ſeinen Seitendruck einen Ausweg bahnt. Sie ſind auch
die Urſach der Waſſergallen oder der naſſen Stellen im Acker, weil ſich das Waſſer
nicht in die Tiefe ziehen kann, ſondern darauf ſtehen bleiben muß, bis es verdunſtet,
und deshalb bis zur Oberflaͤche der lockern Erde heraufſtauet.

§. 40.

Wenn man den Thon in vielem Waſſer vertheilt, ſo macht er daſſelbe truͤbe,
und bleibt darin ſchwimmen. Das Waſſer loͤſt aber nichts von ihm auf. Es ge-
hoͤrt oft eine lange Zeit dazu, ehe es wieder voͤllig klar wird. Daher kommt es, daß
das Waſſer ſolcher Fluͤſſe, deren Bette aus Thon beſteht, mehr oder weniger truͤbe
iſt. Die aufgeriſſenen und im Waſſer zertheilten Thonpartikeln koͤnnen ſich bei der
beſtaͤndigen Bewegung des Waſſers nicht wieder daraus abſetzen. Deshalb finden
wir, daß die durch ausgetretene Fluͤſſe angeſchwemmten Aecker groͤßtentheils thonigt

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[69/0113] Der Thon. ſchwierigen, zuſammenhaͤngenden und dehnbaren Maſſe, welche jeden Eindruck bald annimmt und behaͤlt, und ſich zu allen Geſtalten formen laͤßt. Dieſe Eigen- ſchaft, welche uns den Thon ſo nuͤtzlich macht, beſitzt nicht aller Thon in gleichem Maße. Man nennt den, der ſie in groͤßerem Verhaͤltniſſe hat, fetten; den, der ſie in geringerem Verhaͤltniſſe zeigt, mageren Thon. Die Dehnbarkeit und Formbarkeit des Thons iſt nicht bloß der Thonerde zuzuſchreiben. Denn dieſe beſitzt ſie in reinem Zuſtande minder. Sie iſt vielmehr ein Produkt der Verbindung der Thonerde mit der Kieſelerde, und auch das Eiſenoxyd ſcheint Antheil daran zu haben. Mehren- theils hat zwar der dehnbarere oder fettere Thon mehr Thonerde in ſich, und der ſproͤ- dere oder magere weniger; aber die Dehnbarkeit ſtimmt doch nicht allgemein mit die- ſem Verhaͤltniſſe uͤberein. Fetter und magerer Thon. §. 39. Der mit Waſſer durchdrungene Thon laͤßt jetzt mehreres Waſſer nicht in ſich ein- dringen. Auf einen Kuchen oder Becken, der aus Thonteich verfertigt iſt, bleibt das Waſſer voͤllig ſtehn, ohne durchzuſintern. Dieſe Eigenſchaft macht das Vor- handenſeyn des Thons im Erdboden, auch unter der Ackerkrume und in tiefen Schich- ten, ſehr merkwuͤrdig. Das Waſſer wird dadurch verhindert, ſich tiefer in die Erde zu verſenken, und ohne ſelbige wuͤrden wir in der Erde nicht ehe Waſſer finden, bis wir auf feſte Felſen kaͤmen. Dieſe Thonlagen, welche mit durchlaſſenden Erdlagen abwechſeln, ſind die gewoͤhnlichſte Urſache der Quellen, indem ſich das Waſſer darauf anhaͤuft, und nun durch ſeinen Seitendruck einen Ausweg bahnt. Sie ſind auch die Urſach der Waſſergallen oder der naſſen Stellen im Acker, weil ſich das Waſſer nicht in die Tiefe ziehen kann, ſondern darauf ſtehen bleiben muß, bis es verdunſtet, und deshalb bis zur Oberflaͤche der lockern Erde heraufſtauet. §. 40. Wenn man den Thon in vielem Waſſer vertheilt, ſo macht er daſſelbe truͤbe, und bleibt darin ſchwimmen. Das Waſſer loͤſt aber nichts von ihm auf. Es ge- hoͤrt oft eine lange Zeit dazu, ehe es wieder voͤllig klar wird. Daher kommt es, daß das Waſſer ſolcher Fluͤſſe, deren Bette aus Thon beſteht, mehr oder weniger truͤbe iſt. Die aufgeriſſenen und im Waſſer zertheilten Thonpartikeln koͤnnen ſich bei der beſtaͤndigen Bewegung des Waſſers nicht wieder daraus abſetzen. Deshalb finden wir, daß die durch ausgetretene Fluͤſſe angeſchwemmten Aecker groͤßtentheils thonigt

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/113>, abgerufen am 28.03.2024.