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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Bestandtheile des Bodens.
Der Humus.
§. 108.

Der sonst gewöhnliche Name für diese Substanz ist Dammerde. DieserBegriff des
Worts Hu-
mus.

Ausdruck ist von vielen mißverstanden worden, da man sich darunter die gemengte
Ackererde dachte, und nicht diesen besonderen Bestandtheil derselben. Dies ist sogar
von einigen wissenschaftlichen agronomischen Schriftstellern geschehen, und dadurch
die Verwirrung in dieser Lehre noch stärker vermehrt worden. Ich habe deshalb jenen
Namen dafür eingeführt, der sehr bestimmt den Begriff ausdrückt. Ueberhaupt paßt
als wissenschaftliche Benennung der Ausdruck Erde nicht. Er ist eigentlich keine
Erde, sondern bloß seiner pulverförmigen Substanz wegen so genannt worden.

§. 109.

Der Humus macht einen mehr oder minder großen Bestandtheil des BodensEigenschaften
des Humus.

aus. Die Fruchtbarkeit des Bodens hängt eigentlich ganz von ihm ab, denn außer
dem Wasser ist er es allein, was den Pflanzen im Boden Nahrung giebt. Er ist
der Rückstand der vegetabilischen und thierischen Fäulniß, ein schwarzes, ist es trok-
ken, staubiges, ist es feucht, sanft und fettig anzufühlendes Pulver. Er ist zwar
nach Verschiedenheit der Körper, woraus er entstand, und nach den Umständen, un-
ter welchen die Fäulniß oder Verwesung derselben vor sich ging, verschieden, hat aber
doch gewisse allgemeine Eigenschaften, und ist sich im Wesentlichen gleich. Er ist
ein Gebilde der organischen Kraft, eine Verbindung von Kohlenstoff, Hydrogen,
Azot und Oxygen, wie sie von den unorganischen Naturkräften nicht hervorgebracht
werden kann, indem jene Stoffe in der todten Natur nur paarweise Verbindungen
eingehen. Jenen allgemein verbreiteten Stoffen gesellen sich im Humus noch einige
andere in geringerer Menge bei, Phosphor, Schwefel, etwas wirkliche Erde, und
zuweilen verschiedene Salze.

So wie der Humus eine Erzeugung des Lebens ist, so ist er auch die Bedingung
des Lebens. Er giebt die Nahrung dem Organismus. Ohne ihn läßt sich daher
kein individuelles Leben, wenigstens der vollkommnern Thiere und Pflanzen, auf dem
Erdboden denken. Also war Ted und Zerstörung zur Erhaltung und Hervorbvingung
neues Lebens durchaus nothwendig. Je mehr Leben da ist, um so mehr erzeugt sich
Humus, und je mehr Humus sich erzeugt hat, um desto mehr ist Nahrung des Le-

O 2
Beſtandtheile des Bodens.
Der Humus.
§. 108.

Der ſonſt gewoͤhnliche Name fuͤr dieſe Subſtanz iſt Dammerde. DieſerBegriff des
Worts Hu-
mus.

Ausdruck iſt von vielen mißverſtanden worden, da man ſich darunter die gemengte
Ackererde dachte, und nicht dieſen beſonderen Beſtandtheil derſelben. Dies iſt ſogar
von einigen wiſſenſchaftlichen agronomiſchen Schriftſtellern geſchehen, und dadurch
die Verwirrung in dieſer Lehre noch ſtaͤrker vermehrt worden. Ich habe deshalb jenen
Namen dafuͤr eingefuͤhrt, der ſehr beſtimmt den Begriff ausdruͤckt. Ueberhaupt paßt
als wiſſenſchaftliche Benennung der Ausdruck Erde nicht. Er iſt eigentlich keine
Erde, ſondern bloß ſeiner pulverfoͤrmigen Subſtanz wegen ſo genannt worden.

§. 109.

Der Humus macht einen mehr oder minder großen Beſtandtheil des BodensEigenſchaften
des Humus.

aus. Die Fruchtbarkeit des Bodens haͤngt eigentlich ganz von ihm ab, denn außer
dem Waſſer iſt er es allein, was den Pflanzen im Boden Nahrung giebt. Er iſt
der Ruͤckſtand der vegetabiliſchen und thieriſchen Faͤulniß, ein ſchwarzes, iſt es trok-
ken, ſtaubiges, iſt es feucht, ſanft und fettig anzufuͤhlendes Pulver. Er iſt zwar
nach Verſchiedenheit der Koͤrper, woraus er entſtand, und nach den Umſtaͤnden, un-
ter welchen die Faͤulniß oder Verweſung derſelben vor ſich ging, verſchieden, hat aber
doch gewiſſe allgemeine Eigenſchaften, und iſt ſich im Weſentlichen gleich. Er iſt
ein Gebilde der organiſchen Kraft, eine Verbindung von Kohlenſtoff, Hydrogen,
Azot und Oxygen, wie ſie von den unorganiſchen Naturkraͤften nicht hervorgebracht
werden kann, indem jene Stoffe in der todten Natur nur paarweiſe Verbindungen
eingehen. Jenen allgemein verbreiteten Stoffen geſellen ſich im Humus noch einige
andere in geringerer Menge bei, Phosphor, Schwefel, etwas wirkliche Erde, und
zuweilen verſchiedene Salze.

So wie der Humus eine Erzeugung des Lebens iſt, ſo iſt er auch die Bedingung
des Lebens. Er giebt die Nahrung dem Organismus. Ohne ihn laͤßt ſich daher
kein individuelles Leben, wenigſtens der vollkommnern Thiere und Pflanzen, auf dem
Erdboden denken. Alſo war Ted und Zerſtoͤrung zur Erhaltung und Hervorbvingung
neues Lebens durchaus nothwendig. Je mehr Leben da iſt, um ſo mehr erzeugt ſich
Humus, und je mehr Humus ſich erzeugt hat, um deſto mehr iſt Nahrung des Le-

O 2
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[107/0151] Beſtandtheile des Bodens. Der Humus. §. 108. Der ſonſt gewoͤhnliche Name fuͤr dieſe Subſtanz iſt Dammerde. Dieſer Ausdruck iſt von vielen mißverſtanden worden, da man ſich darunter die gemengte Ackererde dachte, und nicht dieſen beſonderen Beſtandtheil derſelben. Dies iſt ſogar von einigen wiſſenſchaftlichen agronomiſchen Schriftſtellern geſchehen, und dadurch die Verwirrung in dieſer Lehre noch ſtaͤrker vermehrt worden. Ich habe deshalb jenen Namen dafuͤr eingefuͤhrt, der ſehr beſtimmt den Begriff ausdruͤckt. Ueberhaupt paßt als wiſſenſchaftliche Benennung der Ausdruck Erde nicht. Er iſt eigentlich keine Erde, ſondern bloß ſeiner pulverfoͤrmigen Subſtanz wegen ſo genannt worden. Begriff des Worts Hu- mus. §. 109. Der Humus macht einen mehr oder minder großen Beſtandtheil des Bodens aus. Die Fruchtbarkeit des Bodens haͤngt eigentlich ganz von ihm ab, denn außer dem Waſſer iſt er es allein, was den Pflanzen im Boden Nahrung giebt. Er iſt der Ruͤckſtand der vegetabiliſchen und thieriſchen Faͤulniß, ein ſchwarzes, iſt es trok- ken, ſtaubiges, iſt es feucht, ſanft und fettig anzufuͤhlendes Pulver. Er iſt zwar nach Verſchiedenheit der Koͤrper, woraus er entſtand, und nach den Umſtaͤnden, un- ter welchen die Faͤulniß oder Verweſung derſelben vor ſich ging, verſchieden, hat aber doch gewiſſe allgemeine Eigenſchaften, und iſt ſich im Weſentlichen gleich. Er iſt ein Gebilde der organiſchen Kraft, eine Verbindung von Kohlenſtoff, Hydrogen, Azot und Oxygen, wie ſie von den unorganiſchen Naturkraͤften nicht hervorgebracht werden kann, indem jene Stoffe in der todten Natur nur paarweiſe Verbindungen eingehen. Jenen allgemein verbreiteten Stoffen geſellen ſich im Humus noch einige andere in geringerer Menge bei, Phosphor, Schwefel, etwas wirkliche Erde, und zuweilen verſchiedene Salze. Eigenſchaften des Humus. So wie der Humus eine Erzeugung des Lebens iſt, ſo iſt er auch die Bedingung des Lebens. Er giebt die Nahrung dem Organismus. Ohne ihn laͤßt ſich daher kein individuelles Leben, wenigſtens der vollkommnern Thiere und Pflanzen, auf dem Erdboden denken. Alſo war Ted und Zerſtoͤrung zur Erhaltung und Hervorbvingung neues Lebens durchaus nothwendig. Je mehr Leben da iſt, um ſo mehr erzeugt ſich Humus, und je mehr Humus ſich erzeugt hat, um deſto mehr iſt Nahrung des Le- O 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/151>, abgerufen am 29.03.2024.