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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Bestandtheile des Bodens.
"die Zerstörung der Pflanzenerde unfruchtbar werden sehn." Er bezieht sich hier
wahrscheinlich auf die Versuche, die sein Landsmann Chateauvieux mit der Thul-
lischen
Drillmethode, ohne Dünger, bei Genf machte, und die in du Hamels
traite sur la culture des terres
ausführlich beschrieben sind. Solche Beispiele
liegen uns aber täglich vor Augen. Nur indem wir einen Theil der auf dem Boden
erzogenen Pflanzen ihn im Dünger zurückgeben, verhüten wir die Erschöpfung des
Humus, indem er durch die Vegetation doch mehr erzeugt als verzehrt wird, so daß,
wenn alles, was auf dem Erdboden wächst, auch darauf verfaulte, die Anhäufung
des Humus beträchtlich seyn würde; wie wir es auch in alten Waldungen und auf un-
bewohnten Flächen, die eine der Vegetation günstige Lage haben, wirklich vorfinden.

§. 115.

Nach den Grunderden, womit sich der Humus vermischt, verhält er sich ver-Verbindung
mit dem
Thone.

schieden, und äußert verschiedene Wirkungen. Der Thon hält vermöge seiner Zähig-
keit die mit ihm vermischten und zertheilten Partikeln des Humus an, und sichert sie
mehr gegen die Einwirkung der atmosphärischen Luft, folglich gegen die Zersetzung.
Deshalb, und weil die Pflanzen ihre Wurzeln im Thon nicht so frei und nach allen
Seiten hin ausdehnen können, muß der Thon mit vielem Humus durchdrungen seyn,
soll er fruchtbar sich zeigen. Er bedarf deswegen einer sehr reichlichen Düngung,
wenn er erst in Kultur gebracht werden soll, und von Natur wenig Humus enthielt.
Ist er aber einmal damit geschwängert und ganz durchdrungen, so bleibt er um so
länger fruchtbar, ohne einer neuen Düngung zu bedürfen. Der Thon scheint sich
aber auch innig und chemisch mit dem Humus zu vereinigen, so daß dieser gewisserma-
ßen seine Eigenschaften, insbesondere seine schwarze Farbe verliert. Wir haben Thon-
arten untersucht, die fast ganz weiß waren, und bei welchen man auch kein andres
Merkmal von Humus antraf. Beim Glühen aber wurden sie schwarz, und gaben
auch mehrere Merkmale des Gehalts von hydrogenisirten Kohlenstoff an. Beim
fernern Glühen verschwand die schwarze Farbe, und sie hatten sehr merklich an Ge-
wicht verloren. Es ist gar nicht selten, daß der angeschwemmte Boden in den Mar-
schen und Niederungen ganz weiß aussieht; aber seine hohe Fruchtbarkeit läßt doch auf
einen starken Gehalt von Humus oder von den Stoffen, woraus er besteht, schließen.
In solchen aufgeschwemmten Boden findet man den Humus fast immer am innigsten

Beſtandtheile des Bodens.
„die Zerſtoͤrung der Pflanzenerde unfruchtbar werden ſehn.“ Er bezieht ſich hier
wahrſcheinlich auf die Verſuche, die ſein Landsmann Chateauvieux mit der Thul-
liſchen
Drillmethode, ohne Duͤnger, bei Genf machte, und die in du Hamels
traité sur la culture des terres
ausfuͤhrlich beſchrieben ſind. Solche Beiſpiele
liegen uns aber taͤglich vor Augen. Nur indem wir einen Theil der auf dem Boden
erzogenen Pflanzen ihn im Duͤnger zuruͤckgeben, verhuͤten wir die Erſchoͤpfung des
Humus, indem er durch die Vegetation doch mehr erzeugt als verzehrt wird, ſo daß,
wenn alles, was auf dem Erdboden waͤchſt, auch darauf verfaulte, die Anhaͤufung
des Humus betraͤchtlich ſeyn wuͤrde; wie wir es auch in alten Waldungen und auf un-
bewohnten Flaͤchen, die eine der Vegetation guͤnſtige Lage haben, wirklich vorfinden.

§. 115.

Nach den Grunderden, womit ſich der Humus vermiſcht, verhaͤlt er ſich ver-Verbindung
mit dem
Thone.

ſchieden, und aͤußert verſchiedene Wirkungen. Der Thon haͤlt vermoͤge ſeiner Zaͤhig-
keit die mit ihm vermiſchten und zertheilten Partikeln des Humus an, und ſichert ſie
mehr gegen die Einwirkung der atmoſphaͤriſchen Luft, folglich gegen die Zerſetzung.
Deshalb, und weil die Pflanzen ihre Wurzeln im Thon nicht ſo frei und nach allen
Seiten hin ausdehnen koͤnnen, muß der Thon mit vielem Humus durchdrungen ſeyn,
ſoll er fruchtbar ſich zeigen. Er bedarf deswegen einer ſehr reichlichen Duͤngung,
wenn er erſt in Kultur gebracht werden ſoll, und von Natur wenig Humus enthielt.
Iſt er aber einmal damit geſchwaͤngert und ganz durchdrungen, ſo bleibt er um ſo
laͤnger fruchtbar, ohne einer neuen Duͤngung zu beduͤrfen. Der Thon ſcheint ſich
aber auch innig und chemiſch mit dem Humus zu vereinigen, ſo daß dieſer gewiſſerma-
ßen ſeine Eigenſchaften, insbeſondere ſeine ſchwarze Farbe verliert. Wir haben Thon-
arten unterſucht, die faſt ganz weiß waren, und bei welchen man auch kein andres
Merkmal von Humus antraf. Beim Gluͤhen aber wurden ſie ſchwarz, und gaben
auch mehrere Merkmale des Gehalts von hydrogeniſirten Kohlenſtoff an. Beim
fernern Gluͤhen verſchwand die ſchwarze Farbe, und ſie hatten ſehr merklich an Ge-
wicht verloren. Es iſt gar nicht ſelten, daß der angeſchwemmte Boden in den Mar-
ſchen und Niederungen ganz weiß ausſieht; aber ſeine hohe Fruchtbarkeit laͤßt doch auf
einen ſtarken Gehalt von Humus oder von den Stoffen, woraus er beſteht, ſchließen.
In ſolchen aufgeſchwemmten Boden findet man den Humus faſt immer am innigſten

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[111/0155] Beſtandtheile des Bodens. „die Zerſtoͤrung der Pflanzenerde unfruchtbar werden ſehn.“ Er bezieht ſich hier wahrſcheinlich auf die Verſuche, die ſein Landsmann Chateauvieux mit der Thul- liſchen Drillmethode, ohne Duͤnger, bei Genf machte, und die in du Hamels traité sur la culture des terres ausfuͤhrlich beſchrieben ſind. Solche Beiſpiele liegen uns aber taͤglich vor Augen. Nur indem wir einen Theil der auf dem Boden erzogenen Pflanzen ihn im Duͤnger zuruͤckgeben, verhuͤten wir die Erſchoͤpfung des Humus, indem er durch die Vegetation doch mehr erzeugt als verzehrt wird, ſo daß, wenn alles, was auf dem Erdboden waͤchſt, auch darauf verfaulte, die Anhaͤufung des Humus betraͤchtlich ſeyn wuͤrde; wie wir es auch in alten Waldungen und auf un- bewohnten Flaͤchen, die eine der Vegetation guͤnſtige Lage haben, wirklich vorfinden. §. 115. Nach den Grunderden, womit ſich der Humus vermiſcht, verhaͤlt er ſich ver- ſchieden, und aͤußert verſchiedene Wirkungen. Der Thon haͤlt vermoͤge ſeiner Zaͤhig- keit die mit ihm vermiſchten und zertheilten Partikeln des Humus an, und ſichert ſie mehr gegen die Einwirkung der atmoſphaͤriſchen Luft, folglich gegen die Zerſetzung. Deshalb, und weil die Pflanzen ihre Wurzeln im Thon nicht ſo frei und nach allen Seiten hin ausdehnen koͤnnen, muß der Thon mit vielem Humus durchdrungen ſeyn, ſoll er fruchtbar ſich zeigen. Er bedarf deswegen einer ſehr reichlichen Duͤngung, wenn er erſt in Kultur gebracht werden ſoll, und von Natur wenig Humus enthielt. Iſt er aber einmal damit geſchwaͤngert und ganz durchdrungen, ſo bleibt er um ſo laͤnger fruchtbar, ohne einer neuen Duͤngung zu beduͤrfen. Der Thon ſcheint ſich aber auch innig und chemiſch mit dem Humus zu vereinigen, ſo daß dieſer gewiſſerma- ßen ſeine Eigenſchaften, insbeſondere ſeine ſchwarze Farbe verliert. Wir haben Thon- arten unterſucht, die faſt ganz weiß waren, und bei welchen man auch kein andres Merkmal von Humus antraf. Beim Gluͤhen aber wurden ſie ſchwarz, und gaben auch mehrere Merkmale des Gehalts von hydrogeniſirten Kohlenſtoff an. Beim fernern Gluͤhen verſchwand die ſchwarze Farbe, und ſie hatten ſehr merklich an Ge- wicht verloren. Es iſt gar nicht ſelten, daß der angeſchwemmte Boden in den Mar- ſchen und Niederungen ganz weiß ausſieht; aber ſeine hohe Fruchtbarkeit laͤßt doch auf einen ſtarken Gehalt von Humus oder von den Stoffen, woraus er beſteht, ſchließen. In ſolchen aufgeſchwemmten Boden findet man den Humus faſt immer am innigſten Verbindung mit dem Thone.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/155>, abgerufen am 19.04.2024.