Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
Bestandtheile des Bodens.

Es bedarf noch genauerer pneumatischer Untersuchungen des Humus, um die
Verhältnisse der Bestandtheile in den verschiedenen Arten zu bestimmen.

Der Torf.
§. 123.

Auch der Torf ist eine Art von Humus. Ueber die Entstehung des Torfs, undEntstehung
des Torfes.

das was er sey, hat man sehr verschiedene Meinungen gehabt. Vormals hielt man
ihn für mineralischen oder doch halb mineralischen Ursprungs. Denn man glaubte,
daß er eine zusammengehäufte Masse und von erdharzigen Theilen durchdrungen sey.
Indessen ist diese Meinung längst aufgegeben worden. Man trifft zwar Torfarten
mit Erdharzen geschwängert an, aber man hat auch solchen, der keine Spur davon
enthält. Und wäre auch Erdharz darin, so ist es wohl erwiesen, daß selbst das
Erdharz vergetabilischen Ursprungs sey.

Der Torf also ist nichts anders, als eine zusammengehäufte, von mehr oder
minder verwesten Pflanzentheilen entstandene Materie. Er entsteht an niedrigen
feuchten Stellen, wo gewisse, der Fäulniß mehr widerstehende Gräser und Laubmoose
wachsen, und sich so daselbst anhäufen. Dann aus andern Theilen, welche das her-
beifließende Wasser an der Stelle anschwemmt. Alles häuft sich übereinander, das
Vegetabilische geht in Verwesung über, verliert, je länger es liegt, sein organisches
Gewebe immer mehr, und wird zu einer kompakten schwammigen Masse zusammen-
geballt. Wenn die Verwesung so weit gediehen ist, daß das organische Gewebe
ganz zerstört worden, so ist der Torf weiter nichts als ein Humus, und zwar ein
saurer. Denn jeder Humus, wenn er nur einigen Zusammenhang hat, und nicht
zuviel mit Grunderden vermengt ist, läßt sich als Torf benutzen und brennen. Die
Pflanzen, woraus der Torf sich bildet und gewissermaßen wächst, sind lauter solche,
die einen feuchten Standort haben. Die Riedgräser (Carices), die Dunggräser
(Eriophorum), der Porsch (Ledum palustre), und vorzüglich das Torfmoos
(Sphagnum palustre), sind alle in ihm verwebt. Indessen hat man dem Torfmoose
einen vorzüglichen Antheil an dieser Erzeugung des Torfs bisher zugeschrieben und es
ist wohl gewiß, daß es einen großen Theil zur Bildung des Torfs hergiebt. Van
Marum, der holländische verdienstvolle Naturforscher, hält indessen noch eine andere
Pflanze, die Converva rivularis für die Hauptmutter des Torfes, so daß er sogar

Beſtandtheile des Bodens.

Es bedarf noch genauerer pneumatiſcher Unterſuchungen des Humus, um die
Verhaͤltniſſe der Beſtandtheile in den verſchiedenen Arten zu beſtimmen.

Der Torf.
§. 123.

Auch der Torf iſt eine Art von Humus. Ueber die Entſtehung des Torfs, undEntſtehung
des Torfes.

das was er ſey, hat man ſehr verſchiedene Meinungen gehabt. Vormals hielt man
ihn fuͤr mineraliſchen oder doch halb mineraliſchen Urſprungs. Denn man glaubte,
daß er eine zuſammengehaͤufte Maſſe und von erdharzigen Theilen durchdrungen ſey.
Indeſſen iſt dieſe Meinung laͤngſt aufgegeben worden. Man trifft zwar Torfarten
mit Erdharzen geſchwaͤngert an, aber man hat auch ſolchen, der keine Spur davon
enthaͤlt. Und waͤre auch Erdharz darin, ſo iſt es wohl erwieſen, daß ſelbſt das
Erdharz vergetabiliſchen Urſprungs ſey.

Der Torf alſo iſt nichts anders, als eine zuſammengehaͤufte, von mehr oder
minder verweſten Pflanzentheilen entſtandene Materie. Er entſteht an niedrigen
feuchten Stellen, wo gewiſſe, der Faͤulniß mehr widerſtehende Graͤſer und Laubmooſe
wachſen, und ſich ſo daſelbſt anhaͤufen. Dann aus andern Theilen, welche das her-
beifließende Waſſer an der Stelle anſchwemmt. Alles haͤuft ſich uͤbereinander, das
Vegetabiliſche geht in Verweſung uͤber, verliert, je laͤnger es liegt, ſein organiſches
Gewebe immer mehr, und wird zu einer kompakten ſchwammigen Maſſe zuſammen-
geballt. Wenn die Verweſung ſo weit gediehen iſt, daß das organiſche Gewebe
ganz zerſtoͤrt worden, ſo iſt der Torf weiter nichts als ein Humus, und zwar ein
ſaurer. Denn jeder Humus, wenn er nur einigen Zuſammenhang hat, und nicht
zuviel mit Grunderden vermengt iſt, laͤßt ſich als Torf benutzen und brennen. Die
Pflanzen, woraus der Torf ſich bildet und gewiſſermaßen waͤchſt, ſind lauter ſolche,
die einen feuchten Standort haben. Die Riedgraͤſer (Carices), die Dunggraͤſer
(Eriophorum), der Porſch (Ledum palustre), und vorzuͤglich das Torfmoos
(Sphagnum palustre), ſind alle in ihm verwebt. Indeſſen hat man dem Torfmooſe
einen vorzuͤglichen Antheil an dieſer Erzeugung des Torfs bisher zugeſchrieben und es
iſt wohl gewiß, daß es einen großen Theil zur Bildung des Torfs hergiebt. Van
Marum, der hollaͤndiſche verdienſtvolle Naturforſcher, haͤlt indeſſen noch eine andere
Pflanze, die Converva rivularis fuͤr die Hauptmutter des Torfes, ſo daß er ſogar

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0161" n="117"/>
            <fw place="top" type="header">Be&#x017F;tandtheile des Bodens.</fw><lb/>
            <p>Es bedarf noch genauerer pneumati&#x017F;cher Unter&#x017F;uchungen des Humus, um die<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e der Be&#x017F;tandtheile in den ver&#x017F;chiedenen Arten zu be&#x017F;timmen.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Der Torf</hi></hi>.</head><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 123.</head><lb/>
            <p>Auch der Torf i&#x017F;t eine Art von Humus. Ueber die Ent&#x017F;tehung des Torfs, und<note place="right">Ent&#x017F;tehung<lb/>
des Torfes.</note><lb/>
das was er &#x017F;ey, hat man &#x017F;ehr ver&#x017F;chiedene Meinungen gehabt. Vormals hielt man<lb/>
ihn fu&#x0364;r minerali&#x017F;chen oder doch halb minerali&#x017F;chen Ur&#x017F;prungs. Denn man glaubte,<lb/>
daß er eine zu&#x017F;ammengeha&#x0364;ufte Ma&#x017F;&#x017F;e und von erdharzigen Theilen durchdrungen &#x017F;ey.<lb/>
Inde&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t die&#x017F;e Meinung la&#x0364;ng&#x017F;t aufgegeben worden. Man trifft zwar Torfarten<lb/>
mit Erdharzen ge&#x017F;chwa&#x0364;ngert an, aber man hat auch &#x017F;olchen, der keine Spur davon<lb/>
entha&#x0364;lt. Und wa&#x0364;re auch Erdharz darin, &#x017F;o i&#x017F;t es wohl erwie&#x017F;en, daß &#x017F;elb&#x017F;t das<lb/>
Erdharz vergetabili&#x017F;chen Ur&#x017F;prungs &#x017F;ey.</p><lb/>
            <p>Der Torf al&#x017F;o i&#x017F;t nichts anders, als eine zu&#x017F;ammengeha&#x0364;ufte, von mehr oder<lb/>
minder verwe&#x017F;ten Pflanzentheilen ent&#x017F;tandene Materie. Er ent&#x017F;teht an niedrigen<lb/>
feuchten Stellen, wo gewi&#x017F;&#x017F;e, der Fa&#x0364;ulniß mehr wider&#x017F;tehende Gra&#x0364;&#x017F;er und Laubmoo&#x017F;e<lb/>
wach&#x017F;en, und &#x017F;ich &#x017F;o da&#x017F;elb&#x017F;t anha&#x0364;ufen. Dann aus andern Theilen, welche das her-<lb/>
beifließende Wa&#x017F;&#x017F;er an der Stelle an&#x017F;chwemmt. Alles ha&#x0364;uft &#x017F;ich u&#x0364;bereinander, das<lb/>
Vegetabili&#x017F;che geht in Verwe&#x017F;ung u&#x0364;ber, verliert, je la&#x0364;nger es liegt, &#x017F;ein organi&#x017F;ches<lb/>
Gewebe immer mehr, und wird zu einer kompakten &#x017F;chwammigen Ma&#x017F;&#x017F;e zu&#x017F;ammen-<lb/>
geballt. Wenn die Verwe&#x017F;ung &#x017F;o weit gediehen i&#x017F;t, daß das organi&#x017F;che Gewebe<lb/>
ganz zer&#x017F;to&#x0364;rt worden, &#x017F;o i&#x017F;t der Torf weiter nichts als ein Humus, und zwar ein<lb/>
&#x017F;aurer. Denn jeder Humus, wenn er nur einigen Zu&#x017F;ammenhang hat, und nicht<lb/>
zuviel mit Grunderden vermengt i&#x017F;t, la&#x0364;ßt &#x017F;ich als Torf benutzen und brennen. Die<lb/>
Pflanzen, woraus der Torf &#x017F;ich bildet und gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen wa&#x0364;ch&#x017F;t, &#x017F;ind lauter &#x017F;olche,<lb/>
die einen feuchten Standort haben. Die Riedgra&#x0364;&#x017F;er (<hi rendition="#aq">Carices</hi>), die Dunggra&#x0364;&#x017F;er<lb/>
(<hi rendition="#aq">Eriophorum</hi>), der Por&#x017F;ch (<hi rendition="#aq">Ledum palustre</hi>), und vorzu&#x0364;glich das Torfmoos<lb/>
(<hi rendition="#aq">Sphagnum palustre</hi>), &#x017F;ind alle in ihm verwebt. Inde&#x017F;&#x017F;en hat man dem Torfmoo&#x017F;e<lb/>
einen vorzu&#x0364;glichen Antheil an die&#x017F;er Erzeugung des Torfs bisher zuge&#x017F;chrieben und es<lb/>
i&#x017F;t wohl gewiß, daß es einen großen Theil zur Bildung des Torfs hergiebt. Van<lb/>
Marum, der holla&#x0364;ndi&#x017F;che verdien&#x017F;tvolle Naturfor&#x017F;cher, ha&#x0364;lt inde&#x017F;&#x017F;en noch eine andere<lb/>
Pflanze, die <hi rendition="#aq">Converva rivularis</hi> fu&#x0364;r die Hauptmutter des Torfes, &#x017F;o daß er &#x017F;ogar<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0161] Beſtandtheile des Bodens. Es bedarf noch genauerer pneumatiſcher Unterſuchungen des Humus, um die Verhaͤltniſſe der Beſtandtheile in den verſchiedenen Arten zu beſtimmen. Der Torf. §. 123. Auch der Torf iſt eine Art von Humus. Ueber die Entſtehung des Torfs, und das was er ſey, hat man ſehr verſchiedene Meinungen gehabt. Vormals hielt man ihn fuͤr mineraliſchen oder doch halb mineraliſchen Urſprungs. Denn man glaubte, daß er eine zuſammengehaͤufte Maſſe und von erdharzigen Theilen durchdrungen ſey. Indeſſen iſt dieſe Meinung laͤngſt aufgegeben worden. Man trifft zwar Torfarten mit Erdharzen geſchwaͤngert an, aber man hat auch ſolchen, der keine Spur davon enthaͤlt. Und waͤre auch Erdharz darin, ſo iſt es wohl erwieſen, daß ſelbſt das Erdharz vergetabiliſchen Urſprungs ſey. Entſtehung des Torfes. Der Torf alſo iſt nichts anders, als eine zuſammengehaͤufte, von mehr oder minder verweſten Pflanzentheilen entſtandene Materie. Er entſteht an niedrigen feuchten Stellen, wo gewiſſe, der Faͤulniß mehr widerſtehende Graͤſer und Laubmooſe wachſen, und ſich ſo daſelbſt anhaͤufen. Dann aus andern Theilen, welche das her- beifließende Waſſer an der Stelle anſchwemmt. Alles haͤuft ſich uͤbereinander, das Vegetabiliſche geht in Verweſung uͤber, verliert, je laͤnger es liegt, ſein organiſches Gewebe immer mehr, und wird zu einer kompakten ſchwammigen Maſſe zuſammen- geballt. Wenn die Verweſung ſo weit gediehen iſt, daß das organiſche Gewebe ganz zerſtoͤrt worden, ſo iſt der Torf weiter nichts als ein Humus, und zwar ein ſaurer. Denn jeder Humus, wenn er nur einigen Zuſammenhang hat, und nicht zuviel mit Grunderden vermengt iſt, laͤßt ſich als Torf benutzen und brennen. Die Pflanzen, woraus der Torf ſich bildet und gewiſſermaßen waͤchſt, ſind lauter ſolche, die einen feuchten Standort haben. Die Riedgraͤſer (Carices), die Dunggraͤſer (Eriophorum), der Porſch (Ledum palustre), und vorzuͤglich das Torfmoos (Sphagnum palustre), ſind alle in ihm verwebt. Indeſſen hat man dem Torfmooſe einen vorzuͤglichen Antheil an dieſer Erzeugung des Torfs bisher zugeſchrieben und es iſt wohl gewiß, daß es einen großen Theil zur Bildung des Torfs hergiebt. Van Marum, der hollaͤndiſche verdienſtvolle Naturforſcher, haͤlt indeſſen noch eine andere Pflanze, die Converva rivularis fuͤr die Hauptmutter des Torfes, ſo daß er ſogar

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/161
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/161>, abgerufen am 28.03.2024.