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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Bodenarten.
berührt, kann er dagegen noch so naß seyn, daß man aus einer Handvoll heraus-
gegriffener Erde das Wasser tropfenweise herauspressen kann. Ein solcher mit
Humus überfüllter Boden zieht sich ferner bei jeder erheblichen Veränderung der
Temperatur stark zusammen, und bläht sich wieder auf, wodurch die Pflanzen-
wurzeln lose gemacht und in die Höhe gezogen werden, so daß sie oft kaum durch
die Spitzen ihrer Wurzeln mit dem Boden in Verbindung bleiben, sondern oben
auf zu liegen kommen: weswegen ein solcher Boden sich oft gar nicht zu Winte-
rungssaaten paßt, sondern allein zur Sömmerung, und manchmal auch nicht zur
Gerste, sondern nur zu dem zäheren Hafer benutzt werden kann. Er begünstigt
endlich manche Unkrautsarten weit mehr, wie die Cerealien, und jene nehmen
daher so sehr in ihm überhand, daß sie diese ersticken.

Der an Humus, und selbst an gutem milden Humus, überreiche und her-
vorstechende Boden ist also keinesweges der nutzbarste, obwohl man ihn
als Düngung zur Befruchtung eines andern Bodens gebrauchen könnte.

Ist er feucht, so ist er mehr zu Wiesen geeignet, und giebt, wenn er anders
nicht sumpfig wird, mit den zweckmäßigsten Gräsern, dem Alopecurus praten-
sis,
den größeren Poa und Festuca-Arten bestockt, den aller fruchtbarsten Wie-
sengrund ab. Liegt er trocken, so läßt er sich zuweilen durch das Aufführen ir-
gend einer magern Erdart, oder leichter und zweckmäßiger durch das Brennen
verbessern, wodurch ein Theil des überflüssigen Humus verzehrt und in Asche
verwandelt wird; wonach man sich jedoch im Anfange für Lagergetreide zu
hüten hat.

§. 127.

Verhältniß
des Humus
zum Thon
im humosen
Boden.
Unter allen Grunderden kann der Thon die stärkste Zumischung von Hu-
mus ertragen, indem die Eigenschaften des letztern die Nachtheile des erstern
verbessern. Bis zu welchem Grade die Beimischung des Humus die Fruchtbar-
keit und den Werth des thonigen Bodens vermehre, getraue ich mich noch nicht
zu bestimmen. Der reichste Boden, den wir untersucht haben, und der aus dem
Oderbruche genommen war, enthielt 193/5 Prozent Humus, mit 70 Prozent Thon,
etwas feinen Sand und kaum bemerklichen Kalk. Dieser Boden lag aber zu
niedrig und zu feucht, um seine Fruchtbarkeit gehörig schätzen und benutzen zu
können. Winterung war jenes Fehlers wegen gar nicht darauf zu bauen, und

Die Bodenarten.
beruͤhrt, kann er dagegen noch ſo naß ſeyn, daß man aus einer Handvoll heraus-
gegriffener Erde das Waſſer tropfenweiſe herauspreſſen kann. Ein ſolcher mit
Humus uͤberfuͤllter Boden zieht ſich ferner bei jeder erheblichen Veraͤnderung der
Temperatur ſtark zuſammen, und blaͤht ſich wieder auf, wodurch die Pflanzen-
wurzeln loſe gemacht und in die Hoͤhe gezogen werden, ſo daß ſie oft kaum durch
die Spitzen ihrer Wurzeln mit dem Boden in Verbindung bleiben, ſondern oben
auf zu liegen kommen: weswegen ein ſolcher Boden ſich oft gar nicht zu Winte-
rungsſaaten paßt, ſondern allein zur Soͤmmerung, und manchmal auch nicht zur
Gerſte, ſondern nur zu dem zaͤheren Hafer benutzt werden kann. Er beguͤnſtigt
endlich manche Unkrautsarten weit mehr, wie die Cerealien, und jene nehmen
daher ſo ſehr in ihm uͤberhand, daß ſie dieſe erſticken.

Der an Humus, und ſelbſt an gutem milden Humus, uͤberreiche und her-
vorſtechende Boden iſt alſo keinesweges der nutzbarſte, obwohl man ihn
als Duͤngung zur Befruchtung eines andern Bodens gebrauchen koͤnnte.

Iſt er feucht, ſo iſt er mehr zu Wieſen geeignet, und giebt, wenn er anders
nicht ſumpfig wird, mit den zweckmaͤßigſten Graͤſern, dem Alopecurus praten-
sis,
den groͤßeren Poa und Festuca-Arten beſtockt, den aller fruchtbarſten Wie-
ſengrund ab. Liegt er trocken, ſo laͤßt er ſich zuweilen durch das Auffuͤhren ir-
gend einer magern Erdart, oder leichter und zweckmaͤßiger durch das Brennen
verbeſſern, wodurch ein Theil des uͤberfluͤſſigen Humus verzehrt und in Aſche
verwandelt wird; wonach man ſich jedoch im Anfange fuͤr Lagergetreide zu
huͤten hat.

§. 127.

Verhaͤltniß
des Humus
zum Thon
im humoſen
Boden.
Unter allen Grunderden kann der Thon die ſtaͤrkſte Zumiſchung von Hu-
mus ertragen, indem die Eigenſchaften des letztern die Nachtheile des erſtern
verbeſſern. Bis zu welchem Grade die Beimiſchung des Humus die Fruchtbar-
keit und den Werth des thonigen Bodens vermehre, getraue ich mich noch nicht
zu beſtimmen. Der reichſte Boden, den wir unterſucht haben, und der aus dem
Oderbruche genommen war, enthielt 193/5 Prozent Humus, mit 70 Prozent Thon,
etwas feinen Sand und kaum bemerklichen Kalk. Dieſer Boden lag aber zu
niedrig und zu feucht, um ſeine Fruchtbarkeit gehoͤrig ſchaͤtzen und benutzen zu
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[122/0166] Die Bodenarten. beruͤhrt, kann er dagegen noch ſo naß ſeyn, daß man aus einer Handvoll heraus- gegriffener Erde das Waſſer tropfenweiſe herauspreſſen kann. Ein ſolcher mit Humus uͤberfuͤllter Boden zieht ſich ferner bei jeder erheblichen Veraͤnderung der Temperatur ſtark zuſammen, und blaͤht ſich wieder auf, wodurch die Pflanzen- wurzeln loſe gemacht und in die Hoͤhe gezogen werden, ſo daß ſie oft kaum durch die Spitzen ihrer Wurzeln mit dem Boden in Verbindung bleiben, ſondern oben auf zu liegen kommen: weswegen ein ſolcher Boden ſich oft gar nicht zu Winte- rungsſaaten paßt, ſondern allein zur Soͤmmerung, und manchmal auch nicht zur Gerſte, ſondern nur zu dem zaͤheren Hafer benutzt werden kann. Er beguͤnſtigt endlich manche Unkrautsarten weit mehr, wie die Cerealien, und jene nehmen daher ſo ſehr in ihm uͤberhand, daß ſie dieſe erſticken. Der an Humus, und ſelbſt an gutem milden Humus, uͤberreiche und her- vorſtechende Boden iſt alſo keinesweges der nutzbarſte, obwohl man ihn als Duͤngung zur Befruchtung eines andern Bodens gebrauchen koͤnnte. Iſt er feucht, ſo iſt er mehr zu Wieſen geeignet, und giebt, wenn er anders nicht ſumpfig wird, mit den zweckmaͤßigſten Graͤſern, dem Alopecurus praten- sis, den groͤßeren Poa und Festuca-Arten beſtockt, den aller fruchtbarſten Wie- ſengrund ab. Liegt er trocken, ſo laͤßt er ſich zuweilen durch das Auffuͤhren ir- gend einer magern Erdart, oder leichter und zweckmaͤßiger durch das Brennen verbeſſern, wodurch ein Theil des uͤberfluͤſſigen Humus verzehrt und in Aſche verwandelt wird; wonach man ſich jedoch im Anfange fuͤr Lagergetreide zu huͤten hat. §. 127. Unter allen Grunderden kann der Thon die ſtaͤrkſte Zumiſchung von Hu- mus ertragen, indem die Eigenſchaften des letztern die Nachtheile des erſtern verbeſſern. Bis zu welchem Grade die Beimiſchung des Humus die Fruchtbar- keit und den Werth des thonigen Bodens vermehre, getraue ich mich noch nicht zu beſtimmen. Der reichſte Boden, den wir unterſucht haben, und der aus dem Oderbruche genommen war, enthielt 193/5 Prozent Humus, mit 70 Prozent Thon, etwas feinen Sand und kaum bemerklichen Kalk. Dieſer Boden lag aber zu niedrig und zu feucht, um ſeine Fruchtbarkeit gehoͤrig ſchaͤtzen und benutzen zu koͤnnen. Winterung war jenes Fehlers wegen gar nicht darauf zu bauen, und Verhaͤltniß des Humus zum Thon im humoſen Boden.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/166>, abgerufen am 29.03.2024.