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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Mineralische Düngungsmittel.
braucht. Bei einer guten Wirthschaft ist aber jenes Sprichwort so wenig wahr, daß
man im Gegentheil sagen kann, der Mergel vermehre den Reichthum progressiv bei
jeder Generation, indem durch ihn auch das Material des Mistes selbst in immer grö-
ßerer Quantität erzeugt wird.

§. 64.

Ueber die Natur, die Kenntniß, die Art und die Lage des Mergels haben wir
S. 94 in den §. 89. geredet. Es bleibt also nur die Rede von seiner Anwendung
und von der Manipulation übrig.

Da die Anfuhr das erheblichste und kostspieligste ist, so muß man vor allem ihn
Auffuhr des
Mergels an
begünstigten
Orten.
an der nächsten Stelle des zu bemergelnden Feldes aufzufinden suchen. Gesetzt auch
daß er an einer solchen Stelle, der tiefern Lage wegen, beschwerlicher zu gewinnen und
aufzuladen wäre, so wird dies, der nahen Anfuhr wegen, doch immer ersetzt. Diese
Rücksicht tritt da am stärksten ein, wo man vom lehmigen Mergel eine stärkere Auf-
fuhr machen, und somit losen Boden durch die Thontheile verbessern will. Glückli-
cher Weise findet sich aber dieser thonige Mergel in Gegenden, wo er an einem Orte
steht, auch fast allgemein verbreitet, liegt nur flacher oder tiefer unter der Oberfläche;
wogegen der kalkige und steinige Mergel sich oft nur an einzelnen Stellen abgelagert
hat, und oft weit her angefahren werden muß; was aber bei der geringen Quantität,
deren man bedarf, dann auch leichter geschehen kann.

Bei einer nicht merklich verschiedenen Entfernung hat man dann die Stelle zur
Mergelgrube zu wählen, wo er am flachsten liegt, und wo die Grube dem mindesten
Wasserzulauf ausgesetzt seyn wird. In allen ebenen Gegenden liegt der Mergel am
flachsten an der Spitze der Hügel, und zwar mehrentheils solcher Hügel, die sich durch
eine dunkelbraune bei mäßiger Feuchtigkeit zerkrümelnde Lehmerde auf der Oberfläche
auszeichnen.

Bevor man die Mergelgrube anlegt, muß man sich durch den Erdbohrer, oder
durch nebeneinander eingesenkte Löcher überzeugen, daß der Mergel, von gewünsch-
ter Beschaffenheit, sich daselbst in beträchtlichen Lagern befinde. Es ist jedoch selten,
daß man ihn ganz ununterbrochen findet, und daß besonders in den obern Schichten
nicht Sandadern und Sandlagen dazwischen kommen. Diese dürfen daher nicht ab-
schrecken, und das unbrauchbare kann bei der Boarbeitung der Mergelgrube leicht bei

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Mineraliſche Duͤngungsmittel.
braucht. Bei einer guten Wirthſchaft iſt aber jenes Sprichwort ſo wenig wahr, daß
man im Gegentheil ſagen kann, der Mergel vermehre den Reichthum progreſſiv bei
jeder Generation, indem durch ihn auch das Material des Miſtes ſelbſt in immer groͤ-
ßerer Quantitaͤt erzeugt wird.

§. 64.

Ueber die Natur, die Kenntniß, die Art und die Lage des Mergels haben wir
S. 94 in den §. 89. geredet. Es bleibt alſo nur die Rede von ſeiner Anwendung
und von der Manipulation uͤbrig.

Da die Anfuhr das erheblichſte und koſtſpieligſte iſt, ſo muß man vor allem ihn
Auffuhr des
Mergels an
beguͤnſtigten
Orten.
an der naͤchſten Stelle des zu bemergelnden Feldes aufzufinden ſuchen. Geſetzt auch
daß er an einer ſolchen Stelle, der tiefern Lage wegen, beſchwerlicher zu gewinnen und
aufzuladen waͤre, ſo wird dies, der nahen Anfuhr wegen, doch immer erſetzt. Dieſe
Ruͤckſicht tritt da am ſtaͤrkſten ein, wo man vom lehmigen Mergel eine ſtaͤrkere Auf-
fuhr machen, und ſomit loſen Boden durch die Thontheile verbeſſern will. Gluͤckli-
cher Weiſe findet ſich aber dieſer thonige Mergel in Gegenden, wo er an einem Orte
ſteht, auch faſt allgemein verbreitet, liegt nur flacher oder tiefer unter der Oberflaͤche;
wogegen der kalkige und ſteinige Mergel ſich oft nur an einzelnen Stellen abgelagert
hat, und oft weit her angefahren werden muß; was aber bei der geringen Quantitaͤt,
deren man bedarf, dann auch leichter geſchehen kann.

Bei einer nicht merklich verſchiedenen Entfernung hat man dann die Stelle zur
Mergelgrube zu waͤhlen, wo er am flachſten liegt, und wo die Grube dem mindeſten
Waſſerzulauf ausgeſetzt ſeyn wird. In allen ebenen Gegenden liegt der Mergel am
flachſten an der Spitze der Huͤgel, und zwar mehrentheils ſolcher Huͤgel, die ſich durch
eine dunkelbraune bei maͤßiger Feuchtigkeit zerkruͤmelnde Lehmerde auf der Oberflaͤche
auszeichnen.

Bevor man die Mergelgrube anlegt, muß man ſich durch den Erdbohrer, oder
durch nebeneinander eingeſenkte Loͤcher uͤberzeugen, daß der Mergel, von gewuͤnſch-
ter Beſchaffenheit, ſich daſelbſt in betraͤchtlichen Lagern befinde. Es iſt jedoch ſelten,
daß man ihn ganz ununterbrochen findet, und daß beſonders in den obern Schichten
nicht Sandadern und Sandlagen dazwiſchen kommen. Dieſe duͤrfen daher nicht ab-
ſchrecken, und das unbrauchbare kann bei der Boarbeitung der Mergelgrube leicht bei

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[248/0296] Mineraliſche Duͤngungsmittel. braucht. Bei einer guten Wirthſchaft iſt aber jenes Sprichwort ſo wenig wahr, daß man im Gegentheil ſagen kann, der Mergel vermehre den Reichthum progreſſiv bei jeder Generation, indem durch ihn auch das Material des Miſtes ſelbſt in immer groͤ- ßerer Quantitaͤt erzeugt wird. §. 64. Ueber die Natur, die Kenntniß, die Art und die Lage des Mergels haben wir S. 94 in den §. 89. geredet. Es bleibt alſo nur die Rede von ſeiner Anwendung und von der Manipulation uͤbrig. Da die Anfuhr das erheblichſte und koſtſpieligſte iſt, ſo muß man vor allem ihn an der naͤchſten Stelle des zu bemergelnden Feldes aufzufinden ſuchen. Geſetzt auch daß er an einer ſolchen Stelle, der tiefern Lage wegen, beſchwerlicher zu gewinnen und aufzuladen waͤre, ſo wird dies, der nahen Anfuhr wegen, doch immer erſetzt. Dieſe Ruͤckſicht tritt da am ſtaͤrkſten ein, wo man vom lehmigen Mergel eine ſtaͤrkere Auf- fuhr machen, und ſomit loſen Boden durch die Thontheile verbeſſern will. Gluͤckli- cher Weiſe findet ſich aber dieſer thonige Mergel in Gegenden, wo er an einem Orte ſteht, auch faſt allgemein verbreitet, liegt nur flacher oder tiefer unter der Oberflaͤche; wogegen der kalkige und ſteinige Mergel ſich oft nur an einzelnen Stellen abgelagert hat, und oft weit her angefahren werden muß; was aber bei der geringen Quantitaͤt, deren man bedarf, dann auch leichter geſchehen kann. Auffuhr des Mergels an beguͤnſtigten Orten. Bei einer nicht merklich verſchiedenen Entfernung hat man dann die Stelle zur Mergelgrube zu waͤhlen, wo er am flachſten liegt, und wo die Grube dem mindeſten Waſſerzulauf ausgeſetzt ſeyn wird. In allen ebenen Gegenden liegt der Mergel am flachſten an der Spitze der Huͤgel, und zwar mehrentheils ſolcher Huͤgel, die ſich durch eine dunkelbraune bei maͤßiger Feuchtigkeit zerkruͤmelnde Lehmerde auf der Oberflaͤche auszeichnen. Bevor man die Mergelgrube anlegt, muß man ſich durch den Erdbohrer, oder durch nebeneinander eingeſenkte Loͤcher uͤberzeugen, daß der Mergel, von gewuͤnſch- ter Beſchaffenheit, ſich daſelbſt in betraͤchtlichen Lagern befinde. Es iſt jedoch ſelten, daß man ihn ganz ununterbrochen findet, und daß beſonders in den obern Schichten nicht Sandadern und Sandlagen dazwiſchen kommen. Dieſe duͤrfen daher nicht ab- ſchrecken, und das unbrauchbare kann bei der Boarbeitung der Mergelgrube leicht bei Seite

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/296>, abgerufen am 25.04.2024.