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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Bestandtheile des Erdbodens.
pirische, durch lange Uebung erlangte Kenntniß zur Unterscheidung und Beurtheilung
einzelner Bodenarten zureicht, so wird sie doch nie mit Zuverläßigkeit auf andere
Bodenarten angewandt werden können. Die Erfahrungen, welche man auf der
einen gemacht hat, werden verleiten und trügen, wenn man sie auf einer andern
anwendet, deren Verschiedenheit man nicht zu beachten und zu ergründen vermag.

§. 2.

Wir werden also die Bodenarten hier gründlicher, gestützt auf die Entdek-
kungen der Naturlehre, die uns seit einer kurzen Zeit hierin unglaublich viel weiter
gebracht haben, untersuchen. Freilich ist der Zeitraum noch zu kurz, in welchem
die vereinte Aufmerksamkeit der Naturforscher und Agronomen auf diesen Gegen-
stand ernstlich verwandt worden, als daß nicht noch vieles zu untersuchen, aufzu-
klären und genauer zu bestimmen übrig bliebe. Allein zu einer richtigen Ansicht
der Sache genügt schon das Vorhandene, und genauere Berichtigungen dürfen
wir in Kurzem erwarten. Auch um letztere benutzen zu können, müssen wir uns
hier in das Gebiet der Naturlehre selbst begeben, und klare Begriffe über die Be-
standtheile und die davon abhangenden Eigenschaften des Bodens zu erlangen fu-
chen. -- Begriffe, die denn auch bei der Lehre von der Düngung oder der che-
mischen Verbesserung des Bodens uns ferner zu statten kommen werden, weshalb
wir in diesem Vortrage darauf zugleich Rücksicht nehmen.

§. 3.

Bestandtheile
des Erdbo-
dens.
Die aus einer lockern zerkrümelnden Materie bestehende Oberfläche unsers
Planeten, welche wir gewöhnlich den Erdboden nennen, besteht aus einer Mi-
schung und Mengung von höchst verschiedenartigen Stoffen. Wir nennen sie im
gewöhnlichen Sprachgebrauche Erde. Sie enthält aber Materien, welche die
Naturlehre in dem strengeren Sinne dieses Wortes nicht mit begreift; nur der
überwiegende Theil dieser Masse besteht wirklich aus eigentlichen Erden. Die
Hauptbestandtheile dieses Gemenges sind nämlich: Kiesel-, Thon- und Kalk-,
zuweilen auch Bitter-Erde, denen mehrentheils einiges Eisen, andere ein-
fache Stoffe aber nur in unbedeutender Quantität zugemengt sind. Außer diesen
einfachen Stoffen enthält sie aber, wenn sie anders fruchtbar, d. h. zur Hervor-
bringung nützlicher Gewächse tauglich seyn soll, noch eine sehr zusammengesetzte
Materie, die man ihrer pulverigten Form wegen zwar auch Erde, Dammerde,

Beſtandtheile des Erdbodens.
piriſche, durch lange Uebung erlangte Kenntniß zur Unterſcheidung und Beurtheilung
einzelner Bodenarten zureicht, ſo wird ſie doch nie mit Zuverlaͤßigkeit auf andere
Bodenarten angewandt werden koͤnnen. Die Erfahrungen, welche man auf der
einen gemacht hat, werden verleiten und truͤgen, wenn man ſie auf einer andern
anwendet, deren Verſchiedenheit man nicht zu beachten und zu ergruͤnden vermag.

§. 2.

Wir werden alſo die Bodenarten hier gruͤndlicher, geſtuͤtzt auf die Entdek-
kungen der Naturlehre, die uns ſeit einer kurzen Zeit hierin unglaublich viel weiter
gebracht haben, unterſuchen. Freilich iſt der Zeitraum noch zu kurz, in welchem
die vereinte Aufmerkſamkeit der Naturforſcher und Agronomen auf dieſen Gegen-
ſtand ernſtlich verwandt worden, als daß nicht noch vieles zu unterſuchen, aufzu-
klaͤren und genauer zu beſtimmen uͤbrig bliebe. Allein zu einer richtigen Anſicht
der Sache genuͤgt ſchon das Vorhandene, und genauere Berichtigungen duͤrfen
wir in Kurzem erwarten. Auch um letztere benutzen zu koͤnnen, muͤſſen wir uns
hier in das Gebiet der Naturlehre ſelbſt begeben, und klare Begriffe uͤber die Be-
ſtandtheile und die davon abhangenden Eigenſchaften des Bodens zu erlangen fu-
chen. — Begriffe, die denn auch bei der Lehre von der Duͤngung oder der che-
miſchen Verbeſſerung des Bodens uns ferner zu ſtatten kommen werden, weshalb
wir in dieſem Vortrage darauf zugleich Ruͤckſicht nehmen.

§. 3.

Beſtandtheile
des Erdbo-
dens.
Die aus einer lockern zerkruͤmelnden Materie beſtehende Oberflaͤche unſers
Planeten, welche wir gewoͤhnlich den Erdboden nennen, beſteht aus einer Mi-
ſchung und Mengung von hoͤchſt verſchiedenartigen Stoffen. Wir nennen ſie im
gewoͤhnlichen Sprachgebrauche Erde. Sie enthaͤlt aber Materien, welche die
Naturlehre in dem ſtrengeren Sinne dieſes Wortes nicht mit begreift; nur der
uͤberwiegende Theil dieſer Maſſe beſteht wirklich aus eigentlichen Erden. Die
Hauptbeſtandtheile dieſes Gemenges ſind naͤmlich: Kieſel-, Thon- und Kalk-,
zuweilen auch Bitter-Erde, denen mehrentheils einiges Eiſen, andere ein-
fache Stoffe aber nur in unbedeutender Quantitaͤt zugemengt ſind. Außer dieſen
einfachen Stoffen enthaͤlt ſie aber, wenn ſie anders fruchtbar, d. h. zur Hervor-
bringung nuͤtzlicher Gewaͤchſe tauglich ſeyn ſoll, noch eine ſehr zuſammengeſetzte
Materie, die man ihrer pulverigten Form wegen zwar auch Erde, Dammerde,

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[44/0088] Beſtandtheile des Erdbodens. piriſche, durch lange Uebung erlangte Kenntniß zur Unterſcheidung und Beurtheilung einzelner Bodenarten zureicht, ſo wird ſie doch nie mit Zuverlaͤßigkeit auf andere Bodenarten angewandt werden koͤnnen. Die Erfahrungen, welche man auf der einen gemacht hat, werden verleiten und truͤgen, wenn man ſie auf einer andern anwendet, deren Verſchiedenheit man nicht zu beachten und zu ergruͤnden vermag. §. 2. Wir werden alſo die Bodenarten hier gruͤndlicher, geſtuͤtzt auf die Entdek- kungen der Naturlehre, die uns ſeit einer kurzen Zeit hierin unglaublich viel weiter gebracht haben, unterſuchen. Freilich iſt der Zeitraum noch zu kurz, in welchem die vereinte Aufmerkſamkeit der Naturforſcher und Agronomen auf dieſen Gegen- ſtand ernſtlich verwandt worden, als daß nicht noch vieles zu unterſuchen, aufzu- klaͤren und genauer zu beſtimmen uͤbrig bliebe. Allein zu einer richtigen Anſicht der Sache genuͤgt ſchon das Vorhandene, und genauere Berichtigungen duͤrfen wir in Kurzem erwarten. Auch um letztere benutzen zu koͤnnen, muͤſſen wir uns hier in das Gebiet der Naturlehre ſelbſt begeben, und klare Begriffe uͤber die Be- ſtandtheile und die davon abhangenden Eigenſchaften des Bodens zu erlangen fu- chen. — Begriffe, die denn auch bei der Lehre von der Duͤngung oder der che- miſchen Verbeſſerung des Bodens uns ferner zu ſtatten kommen werden, weshalb wir in dieſem Vortrage darauf zugleich Ruͤckſicht nehmen. §. 3. Die aus einer lockern zerkruͤmelnden Materie beſtehende Oberflaͤche unſers Planeten, welche wir gewoͤhnlich den Erdboden nennen, beſteht aus einer Mi- ſchung und Mengung von hoͤchſt verſchiedenartigen Stoffen. Wir nennen ſie im gewoͤhnlichen Sprachgebrauche Erde. Sie enthaͤlt aber Materien, welche die Naturlehre in dem ſtrengeren Sinne dieſes Wortes nicht mit begreift; nur der uͤberwiegende Theil dieſer Maſſe beſteht wirklich aus eigentlichen Erden. Die Hauptbeſtandtheile dieſes Gemenges ſind naͤmlich: Kieſel-, Thon- und Kalk-, zuweilen auch Bitter-Erde, denen mehrentheils einiges Eiſen, andere ein- fache Stoffe aber nur in unbedeutender Quantitaͤt zugemengt ſind. Außer dieſen einfachen Stoffen enthaͤlt ſie aber, wenn ſie anders fruchtbar, d. h. zur Hervor- bringung nuͤtzlicher Gewaͤchſe tauglich ſeyn ſoll, noch eine ſehr zuſammengeſetzte Materie, die man ihrer pulverigten Form wegen zwar auch Erde, Dammerde, Beſtandtheile des Erdbo- dens.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/88>, abgerufen am 19.04.2024.