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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Bestandtheile des Erdbodens.
Tiefe des Erdbodens hervorgehoben zu seyn. Die Ordnung in der Folge der
Erdschichten, welche man hier antrifft, macht Darwin sehr sinnlich durch den
Erfolg, wenn man mit großer Gewalt eine stumpfe Pfrieme durch ein Buch Papier
stößt. Es entsteht auf der entgegengesetzten Seite ein Hügel, und die Lagen der
Blätter in diesem Hügel korrespondiren natürlich mit der Lage der Blätter in der
Ebene. Die obersten Blätter werden geplatzt seyn und sich zurückgezogen haben,
und auf der Spitze des Hügels kommt dasjenige Blatt zum Vorschein, was auf der
Ebene noch durch mehrere andere bedeckt war. So trift man auch auf den Spitzen
solcher Hügel diejenige Erdlage an, die in der Ebene noch sehr tief liegt, und dann
folgen hier die Erdlagen ferner in derselben Ordnung, wie man sie auf dem Gipfel
des Hügels findet. Wenn man also auf den hervorragenden Hügeln oder Bergen
eine Erdart oder Gestein findet, so kann man erwarten, daß sich dieses auch nach
derselben Ordnung der Erdschichten in der Ebene finden werde, wenn man so tief
eingräbt. Weil aber diese Lagen nach Verhältniß der Höhe des Berges in der
Ebene sehr tief nachgegraben werden müßten, so würde es oft unmöglich werden,
sie herauf zu fördern, und man muß sich deshalb mehrentheils begnügen, Kalk,
Mergel und Steinkohlen aus den Bergen und Hügeln zu brechen, obwohl man
sie in der Ebene eben sowohl erwarten könnte. Am Berge selbst kommen die Erd-
lagen am meisten an derjenigen Seite zu Tage, wohin sich der Abhang neigt, und
das meiste Wasser herabströmt, weil dieses die oberen Lagen des losen Bodens
weggespült hat. Dies sey hier im Allgemeinen genug über die verschiedenen
Schichtungen des Bodens.

§. 6.

Ich sehe mich genöthigt, hier, unter Voraussetzung der allgemeinen Be-Chemie der
Erden.

griffe, die chemische Lehre von den Erden in Hinsicht auf die Beurthei-
lung des Bodens und den Ackerbau genauer vorzutragen, als bisher geschehen ist.
Denn ungeachtet sie in verschiedenen Schriften neuerlich mit Rücksicht auf den
Ackerbau behandelt worden, so verdienen doch manche Momente eine genauere
Erwägung und Anwendung auf die Prozeduren des Ackerbaues, als man ihnen
bisher gegeben hat; woraus manche nachtheilige Mißverständnisse unter den Agro-
nomen entstanden zu seyn scheinen. Die vollständigste Kenntniß dieser Lehre ist dem
rationellen Ackerbauer unumgänglich nöthig, wenn er den Grund so vleler bei sei-

Beſtandtheile des Erdbodens.
Tiefe des Erdbodens hervorgehoben zu ſeyn. Die Ordnung in der Folge der
Erdſchichten, welche man hier antrifft, macht Darwin ſehr ſinnlich durch den
Erfolg, wenn man mit großer Gewalt eine ſtumpfe Pfrieme durch ein Buch Papier
ſtoͤßt. Es entſteht auf der entgegengeſetzten Seite ein Huͤgel, und die Lagen der
Blaͤtter in dieſem Huͤgel korreſpondiren natuͤrlich mit der Lage der Blaͤtter in der
Ebene. Die oberſten Blaͤtter werden geplatzt ſeyn und ſich zuruͤckgezogen haben,
und auf der Spitze des Huͤgels kommt dasjenige Blatt zum Vorſchein, was auf der
Ebene noch durch mehrere andere bedeckt war. So trift man auch auf den Spitzen
ſolcher Huͤgel diejenige Erdlage an, die in der Ebene noch ſehr tief liegt, und dann
folgen hier die Erdlagen ferner in derſelben Ordnung, wie man ſie auf dem Gipfel
des Huͤgels findet. Wenn man alſo auf den hervorragenden Huͤgeln oder Bergen
eine Erdart oder Geſtein findet, ſo kann man erwarten, daß ſich dieſes auch nach
derſelben Ordnung der Erdſchichten in der Ebene finden werde, wenn man ſo tief
eingraͤbt. Weil aber dieſe Lagen nach Verhaͤltniß der Hoͤhe des Berges in der
Ebene ſehr tief nachgegraben werden muͤßten, ſo wuͤrde es oft unmoͤglich werden,
ſie herauf zu foͤrdern, und man muß ſich deshalb mehrentheils begnuͤgen, Kalk,
Mergel und Steinkohlen aus den Bergen und Huͤgeln zu brechen, obwohl man
ſie in der Ebene eben ſowohl erwarten koͤnnte. Am Berge ſelbſt kommen die Erd-
lagen am meiſten an derjenigen Seite zu Tage, wohin ſich der Abhang neigt, und
das meiſte Waſſer herabſtroͤmt, weil dieſes die oberen Lagen des loſen Bodens
weggeſpuͤlt hat. Dies ſey hier im Allgemeinen genug uͤber die verſchiedenen
Schichtungen des Bodens.

§. 6.

Ich ſehe mich genoͤthigt, hier, unter Vorausſetzung der allgemeinen Be-Chemie der
Erden.

griffe, die chemiſche Lehre von den Erden in Hinſicht auf die Beurthei-
lung des Bodens und den Ackerbau genauer vorzutragen, als bisher geſchehen iſt.
Denn ungeachtet ſie in verſchiedenen Schriften neuerlich mit Ruͤckſicht auf den
Ackerbau behandelt worden, ſo verdienen doch manche Momente eine genauere
Erwaͤgung und Anwendung auf die Prozeduren des Ackerbaues, als man ihnen
bisher gegeben hat; woraus manche nachtheilige Mißverſtaͤndniſſe unter den Agro-
nomen entſtanden zu ſeyn ſcheinen. Die vollſtaͤndigſte Kenntniß dieſer Lehre iſt dem
rationellen Ackerbauer unumgaͤnglich noͤthig, wenn er den Grund ſo vleler bei ſei-

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[47/0091] Beſtandtheile des Erdbodens. Tiefe des Erdbodens hervorgehoben zu ſeyn. Die Ordnung in der Folge der Erdſchichten, welche man hier antrifft, macht Darwin ſehr ſinnlich durch den Erfolg, wenn man mit großer Gewalt eine ſtumpfe Pfrieme durch ein Buch Papier ſtoͤßt. Es entſteht auf der entgegengeſetzten Seite ein Huͤgel, und die Lagen der Blaͤtter in dieſem Huͤgel korreſpondiren natuͤrlich mit der Lage der Blaͤtter in der Ebene. Die oberſten Blaͤtter werden geplatzt ſeyn und ſich zuruͤckgezogen haben, und auf der Spitze des Huͤgels kommt dasjenige Blatt zum Vorſchein, was auf der Ebene noch durch mehrere andere bedeckt war. So trift man auch auf den Spitzen ſolcher Huͤgel diejenige Erdlage an, die in der Ebene noch ſehr tief liegt, und dann folgen hier die Erdlagen ferner in derſelben Ordnung, wie man ſie auf dem Gipfel des Huͤgels findet. Wenn man alſo auf den hervorragenden Huͤgeln oder Bergen eine Erdart oder Geſtein findet, ſo kann man erwarten, daß ſich dieſes auch nach derſelben Ordnung der Erdſchichten in der Ebene finden werde, wenn man ſo tief eingraͤbt. Weil aber dieſe Lagen nach Verhaͤltniß der Hoͤhe des Berges in der Ebene ſehr tief nachgegraben werden muͤßten, ſo wuͤrde es oft unmoͤglich werden, ſie herauf zu foͤrdern, und man muß ſich deshalb mehrentheils begnuͤgen, Kalk, Mergel und Steinkohlen aus den Bergen und Huͤgeln zu brechen, obwohl man ſie in der Ebene eben ſowohl erwarten koͤnnte. Am Berge ſelbſt kommen die Erd- lagen am meiſten an derjenigen Seite zu Tage, wohin ſich der Abhang neigt, und das meiſte Waſſer herabſtroͤmt, weil dieſes die oberen Lagen des loſen Bodens weggeſpuͤlt hat. Dies ſey hier im Allgemeinen genug uͤber die verſchiedenen Schichtungen des Bodens. §. 6. Ich ſehe mich genoͤthigt, hier, unter Vorausſetzung der allgemeinen Be- griffe, die chemiſche Lehre von den Erden in Hinſicht auf die Beurthei- lung des Bodens und den Ackerbau genauer vorzutragen, als bisher geſchehen iſt. Denn ungeachtet ſie in verſchiedenen Schriften neuerlich mit Ruͤckſicht auf den Ackerbau behandelt worden, ſo verdienen doch manche Momente eine genauere Erwaͤgung und Anwendung auf die Prozeduren des Ackerbaues, als man ihnen bisher gegeben hat; woraus manche nachtheilige Mißverſtaͤndniſſe unter den Agro- nomen entſtanden zu ſeyn ſcheinen. Die vollſtaͤndigſte Kenntniß dieſer Lehre iſt dem rationellen Ackerbauer unumgaͤnglich noͤthig, wenn er den Grund ſo vleler bei ſei- Chemie der Erden.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/91>, abgerufen am 19.04.2024.