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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Drillkultur.
Pferd sehr hoch, täglich zu 12 gr. an, und den Tagelohn zweier damit beschäftig-
ter Leute auch zu 12 gr., folglich die Tagesarbeit zu 1 rthlr. Es wird einmal
gedrillet und zweimal gepferdehacket; beträgt also auf 10 Morgen 3 rthlr. oder auf
100 Morgen 30 rthlr. Auf 100 Morgen erspare ich, wenn ich 9 Metzen statt
18 Metzen aussäe 900 Metzen oder 561/4 Scheffel. Den Scheffel nur rund zu
1 rthlr. angenommen, so gewinne ich dabei 261/4 rthlr. Auf 100 Morgen Winte-
rung brauche ich, um in 10 Tagen damit fertig zu werden, eine Maschine -- wo-
mit ich dann auch eben so viel Sömmerung drillen und pferdehacken könnte --
diese kostet mit allem Apparat 150 rthlr. Ich will solche jährlich mit 4 Prozent
verzinsen, unerachtet das Kapital sich jährlich um 1/6 abträgt, folglich in 6 Jahren
186 rthlr. Im siebenten Jahre hat sie sich durch den Ueberschuß Saatersparung be-
zahlt. Sie hält gewiß 20 Jahre aus, besonders wenn sie nur zur Winterung ge-
braucht wird. Nach 3 bis 4 Jahren werden einige Reparaturen daran vorfallen, aber
diese werden wenigstens durch die Ersparung des Säemanns gedeckt, und späterhin
bleibt Ueberschuß genug, um etwa die Pferdehacken neu vorschuhen zu lassen.

Wenn man, wie einige gesagt haben, ein besonderes Pferd darauf halten
müßte, was außer jenen 30 Tagen ganz überflüssig wäre, so würde es dadurch
freilich kostbar werden. Allein diese Supposition findet unter tausend Wirthschaf-
ten nicht bei einer statt.

§. 118.

Der Vortheil der Drillkultur besteht nun aber doch nicht, wie einige gemeintHöherer Er-
trag.

haben, in der Ersparung der Einsaat, sondern in dem höheren Ertrage, den sie
von einer gleichen Fläche gleichen Landes giebt. Dieser ist durch tausendfältige
Versuche gegen jeden Zweifel erwiesen, und selbst die entschiedensten Gegner der
Drillkultur leugnen ihn nicht ab. Um wie viel er höher sey, läßt sich im Allge-
meinen nicht bestimmen, da die angestellten komparativen Versuche verschiedene
Resultate geben. Nach manchen Versuchen hat gedrillter Weizen 1/3 stärkeren Er-
trag gegeben, als breitgesäeter -- nicht nach der Aussaat, sondern nach der Acker-
fläche gerechnet --; nach andern nur 1/5 , und nach einigen nur 1/10 mehr. Es
kommt dabei hauptsächlich auf die Kultur an, worin der Boden schon stand. Je
kraftvoller, reiner und tiefer der Boden ist, desto größer wird der Vorzug des
Drillsäens; auf armem Boden ist er unbedeutend. Manche Drillsäer versichern,

Vierter Thell. O

Drillkultur.
Pferd ſehr hoch, taͤglich zu 12 gr. an, und den Tagelohn zweier damit beſchaͤftig-
ter Leute auch zu 12 gr., folglich die Tagesarbeit zu 1 rthlr. Es wird einmal
gedrillet und zweimal gepferdehacket; betraͤgt alſo auf 10 Morgen 3 rthlr. oder auf
100 Morgen 30 rthlr. Auf 100 Morgen erſpare ich, wenn ich 9 Metzen ſtatt
18 Metzen ausſaͤe 900 Metzen oder 56¼ Scheffel. Den Scheffel nur rund zu
1 rthlr. angenommen, ſo gewinne ich dabei 26¼ rthlr. Auf 100 Morgen Winte-
rung brauche ich, um in 10 Tagen damit fertig zu werden, eine Maſchine — wo-
mit ich dann auch eben ſo viel Soͤmmerung drillen und pferdehacken koͤnnte —
dieſe koſtet mit allem Apparat 150 rthlr. Ich will ſolche jaͤhrlich mit 4 Prozent
verzinſen, unerachtet das Kapital ſich jaͤhrlich um ⅙ abtraͤgt, folglich in 6 Jahren
186 rthlr. Im ſiebenten Jahre hat ſie ſich durch den Ueberſchuß Saaterſparung be-
zahlt. Sie haͤlt gewiß 20 Jahre aus, beſonders wenn ſie nur zur Winterung ge-
braucht wird. Nach 3 bis 4 Jahren werden einige Reparaturen daran vorfallen, aber
dieſe werden wenigſtens durch die Erſparung des Saͤemanns gedeckt, und ſpaͤterhin
bleibt Ueberſchuß genug, um etwa die Pferdehacken neu vorſchuhen zu laſſen.

Wenn man, wie einige geſagt haben, ein beſonderes Pferd darauf halten
muͤßte, was außer jenen 30 Tagen ganz uͤberfluͤſſig waͤre, ſo wuͤrde es dadurch
freilich koſtbar werden. Allein dieſe Suppoſition findet unter tauſend Wirthſchaf-
ten nicht bei einer ſtatt.

§. 118.

Der Vortheil der Drillkultur beſteht nun aber doch nicht, wie einige gemeintHoͤherer Er-
trag.

haben, in der Erſparung der Einſaat, ſondern in dem hoͤheren Ertrage, den ſie
von einer gleichen Flaͤche gleichen Landes giebt. Dieſer iſt durch tauſendfaͤltige
Verſuche gegen jeden Zweifel erwieſen, und ſelbſt die entſchiedenſten Gegner der
Drillkultur leugnen ihn nicht ab. Um wie viel er hoͤher ſey, laͤßt ſich im Allge-
meinen nicht beſtimmen, da die angeſtellten komparativen Verſuche verſchiedene
Reſultate geben. Nach manchen Verſuchen hat gedrillter Weizen ⅓ ſtaͤrkeren Er-
trag gegeben, als breitgeſaͤeter — nicht nach der Ausſaat, ſondern nach der Acker-
flaͤche gerechnet —; nach andern nur ⅕, und nach einigen nur 1/10 mehr. Es
kommt dabei hauptſaͤchlich auf die Kultur an, worin der Boden ſchon ſtand. Je
kraftvoller, reiner und tiefer der Boden iſt, deſto groͤßer wird der Vorzug des
Drillſaͤens; auf armem Boden iſt er unbedeutend. Manche Drillſaͤer verſichern,

Vierter Thell. O
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[105/0129] Drillkultur. Pferd ſehr hoch, taͤglich zu 12 gr. an, und den Tagelohn zweier damit beſchaͤftig- ter Leute auch zu 12 gr., folglich die Tagesarbeit zu 1 rthlr. Es wird einmal gedrillet und zweimal gepferdehacket; betraͤgt alſo auf 10 Morgen 3 rthlr. oder auf 100 Morgen 30 rthlr. Auf 100 Morgen erſpare ich, wenn ich 9 Metzen ſtatt 18 Metzen ausſaͤe 900 Metzen oder 56¼ Scheffel. Den Scheffel nur rund zu 1 rthlr. angenommen, ſo gewinne ich dabei 26¼ rthlr. Auf 100 Morgen Winte- rung brauche ich, um in 10 Tagen damit fertig zu werden, eine Maſchine — wo- mit ich dann auch eben ſo viel Soͤmmerung drillen und pferdehacken koͤnnte — dieſe koſtet mit allem Apparat 150 rthlr. Ich will ſolche jaͤhrlich mit 4 Prozent verzinſen, unerachtet das Kapital ſich jaͤhrlich um ⅙ abtraͤgt, folglich in 6 Jahren 186 rthlr. Im ſiebenten Jahre hat ſie ſich durch den Ueberſchuß Saaterſparung be- zahlt. Sie haͤlt gewiß 20 Jahre aus, beſonders wenn ſie nur zur Winterung ge- braucht wird. Nach 3 bis 4 Jahren werden einige Reparaturen daran vorfallen, aber dieſe werden wenigſtens durch die Erſparung des Saͤemanns gedeckt, und ſpaͤterhin bleibt Ueberſchuß genug, um etwa die Pferdehacken neu vorſchuhen zu laſſen. Wenn man, wie einige geſagt haben, ein beſonderes Pferd darauf halten muͤßte, was außer jenen 30 Tagen ganz uͤberfluͤſſig waͤre, ſo wuͤrde es dadurch freilich koſtbar werden. Allein dieſe Suppoſition findet unter tauſend Wirthſchaf- ten nicht bei einer ſtatt. §. 118. Der Vortheil der Drillkultur beſteht nun aber doch nicht, wie einige gemeint haben, in der Erſparung der Einſaat, ſondern in dem hoͤheren Ertrage, den ſie von einer gleichen Flaͤche gleichen Landes giebt. Dieſer iſt durch tauſendfaͤltige Verſuche gegen jeden Zweifel erwieſen, und ſelbſt die entſchiedenſten Gegner der Drillkultur leugnen ihn nicht ab. Um wie viel er hoͤher ſey, laͤßt ſich im Allge- meinen nicht beſtimmen, da die angeſtellten komparativen Verſuche verſchiedene Reſultate geben. Nach manchen Verſuchen hat gedrillter Weizen ⅓ ſtaͤrkeren Er- trag gegeben, als breitgeſaͤeter — nicht nach der Ausſaat, ſondern nach der Acker- flaͤche gerechnet —; nach andern nur ⅕, und nach einigen nur 1/10 mehr. Es kommt dabei hauptſaͤchlich auf die Kultur an, worin der Boden ſchon ſtand. Je kraftvoller, reiner und tiefer der Boden iſt, deſto groͤßer wird der Vorzug des Drillſaͤens; auf armem Boden iſt er unbedeutend. Manche Drillſaͤer verſichern, Hoͤherer Er- trag. Vierter Thell. O

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/129>, abgerufen am 29.03.2024.