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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Erbsen.

Die Witterung und insbesondere die, welche die Erbsen in gewissen Perioden
ihrer Entwickelung trifft, hat auf das Gedeihen und den Fruchtansatz derselben
einen noch größern Einfluß, als auf die meisten andern Feldfrüchte, weswegen sich
auch der Ertrag der Erbsen kaum im allgemeinen Durchschnitt bestimmen läßt.
Eine feuchte Blütezeit schadet ihnen nicht, ist ihnen vielmehr sehr zuträglich, da
der Bau ihrer Blüte sie gegen alles Eindringen der Feuchtigkeit schützt. Bei dür-
rer Witterung vertrocknet dagegen die Blüte, ohne anzusetzen. Sehr übel ist es,
wenn sie in dem Zeitpunkte ihrer stärksten Blüte -- denn zu Anfange derselben
geschieht es selten -- mit Mehlthau befallen werden. Dann ist zuweilen in
24 Stunden die hoffnungsvollste Blüte plötzlich zerstört, und fällt ab, ohne an-
gesetzt zu haben. Zuweilen scheint auch ein besonderer Luftzustand vorhanden zu
seyn, der auf eine noch unbekannte Weise, wie bei dem Buchweizen und mehreren
Früchten das Ansetzen verhindert.

Man hat auch die Felderbsen zuweilen wie die Gartenerbsen gestiefelt, d. h.
in gewissen Entfernungen trockne Reiser dazwischen gesetzt, wodurch allerdings das
Lagern derselben verhindert und die Frucht zu größerer Vollkommenheit gebracht
werden muß; aber nicht nur dieses Stiefeln, sondern hauptsächlich die Ernte muß
ungemein beschwerlich seyn.

Auch hat man das Erbsenfeld nach der Aussaat dick mit Stroh belegt, und
die Erbsen hindurch wachsen lassen, wodurch man das Unkraut unterdrückte, dem
Boden die Feuchtigkeit erhielt, und das Anfaulen des Erbsenstengels am Boden
verhinderte. Es gehört nur ein großer Ueberfluß an Stroh dazu, welches freilich
dem Acker als Dünger zu Gute kommt.

§. 130.

Der gerechte Zeitpunkt der Ernte ist bei den Erbsen genau wahrzunehmen.Ernte.
In der Regel muß man sich nur nach der Reife der untern Schooten richten, und
sich um das Nachreifen der spätern nicht kümmern; man verliert sonst leicht den
größern und besten Theil. Nur selten wird diese Regel eine Ausnahme leiden:
wenn man nämlich sehr deutlich erkennt, daß die ersten Blüten eines besondern
Witterungszustandes wegen fast gar nicht angesetzt hatten; dagegen die späteren
bei günstiger Witterung um so mehr. Allein der Fall ist selten, und weit häufiger
kömmt es vor, daß die Erbsen oben noch grünen und blühen, wenn die untern

Erbſen.

Die Witterung und insbeſondere die, welche die Erbſen in gewiſſen Perioden
ihrer Entwickelung trifft, hat auf das Gedeihen und den Fruchtanſatz derſelben
einen noch groͤßern Einfluß, als auf die meiſten andern Feldfruͤchte, weswegen ſich
auch der Ertrag der Erbſen kaum im allgemeinen Durchſchnitt beſtimmen laͤßt.
Eine feuchte Bluͤtezeit ſchadet ihnen nicht, iſt ihnen vielmehr ſehr zutraͤglich, da
der Bau ihrer Bluͤte ſie gegen alles Eindringen der Feuchtigkeit ſchuͤtzt. Bei duͤr-
rer Witterung vertrocknet dagegen die Bluͤte, ohne anzuſetzen. Sehr uͤbel iſt es,
wenn ſie in dem Zeitpunkte ihrer ſtaͤrkſten Bluͤte — denn zu Anfange derſelben
geſchieht es ſelten — mit Mehlthau befallen werden. Dann iſt zuweilen in
24 Stunden die hoffnungsvollſte Bluͤte ploͤtzlich zerſtoͤrt, und faͤllt ab, ohne an-
geſetzt zu haben. Zuweilen ſcheint auch ein beſonderer Luftzuſtand vorhanden zu
ſeyn, der auf eine noch unbekannte Weiſe, wie bei dem Buchweizen und mehreren
Fruͤchten das Anſetzen verhindert.

Man hat auch die Felderbſen zuweilen wie die Gartenerbſen geſtiefelt, d. h.
in gewiſſen Entfernungen trockne Reiſer dazwiſchen geſetzt, wodurch allerdings das
Lagern derſelben verhindert und die Frucht zu groͤßerer Vollkommenheit gebracht
werden muß; aber nicht nur dieſes Stiefeln, ſondern hauptſaͤchlich die Ernte muß
ungemein beſchwerlich ſeyn.

Auch hat man das Erbſenfeld nach der Ausſaat dick mit Stroh belegt, und
die Erbſen hindurch wachſen laſſen, wodurch man das Unkraut unterdruͤckte, dem
Boden die Feuchtigkeit erhielt, und das Anfaulen des Erbſenſtengels am Boden
verhinderte. Es gehoͤrt nur ein großer Ueberfluß an Stroh dazu, welches freilich
dem Acker als Duͤnger zu Gute kommt.

§. 130.

Der gerechte Zeitpunkt der Ernte iſt bei den Erbſen genau wahrzunehmen.Ernte.
In der Regel muß man ſich nur nach der Reife der untern Schooten richten, und
ſich um das Nachreifen der ſpaͤtern nicht kuͤmmern; man verliert ſonſt leicht den
groͤßern und beſten Theil. Nur ſelten wird dieſe Regel eine Ausnahme leiden:
wenn man naͤmlich ſehr deutlich erkennt, daß die erſten Bluͤten eines beſondern
Witterungszuſtandes wegen faſt gar nicht angeſetzt hatten; dagegen die ſpaͤteren
bei guͤnſtiger Witterung um ſo mehr. Allein der Fall iſt ſelten, und weit haͤufiger
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[117/0141] Erbſen. Die Witterung und insbeſondere die, welche die Erbſen in gewiſſen Perioden ihrer Entwickelung trifft, hat auf das Gedeihen und den Fruchtanſatz derſelben einen noch groͤßern Einfluß, als auf die meiſten andern Feldfruͤchte, weswegen ſich auch der Ertrag der Erbſen kaum im allgemeinen Durchſchnitt beſtimmen laͤßt. Eine feuchte Bluͤtezeit ſchadet ihnen nicht, iſt ihnen vielmehr ſehr zutraͤglich, da der Bau ihrer Bluͤte ſie gegen alles Eindringen der Feuchtigkeit ſchuͤtzt. Bei duͤr- rer Witterung vertrocknet dagegen die Bluͤte, ohne anzuſetzen. Sehr uͤbel iſt es, wenn ſie in dem Zeitpunkte ihrer ſtaͤrkſten Bluͤte — denn zu Anfange derſelben geſchieht es ſelten — mit Mehlthau befallen werden. Dann iſt zuweilen in 24 Stunden die hoffnungsvollſte Bluͤte ploͤtzlich zerſtoͤrt, und faͤllt ab, ohne an- geſetzt zu haben. Zuweilen ſcheint auch ein beſonderer Luftzuſtand vorhanden zu ſeyn, der auf eine noch unbekannte Weiſe, wie bei dem Buchweizen und mehreren Fruͤchten das Anſetzen verhindert. Man hat auch die Felderbſen zuweilen wie die Gartenerbſen geſtiefelt, d. h. in gewiſſen Entfernungen trockne Reiſer dazwiſchen geſetzt, wodurch allerdings das Lagern derſelben verhindert und die Frucht zu groͤßerer Vollkommenheit gebracht werden muß; aber nicht nur dieſes Stiefeln, ſondern hauptſaͤchlich die Ernte muß ungemein beſchwerlich ſeyn. Auch hat man das Erbſenfeld nach der Ausſaat dick mit Stroh belegt, und die Erbſen hindurch wachſen laſſen, wodurch man das Unkraut unterdruͤckte, dem Boden die Feuchtigkeit erhielt, und das Anfaulen des Erbſenſtengels am Boden verhinderte. Es gehoͤrt nur ein großer Ueberfluß an Stroh dazu, welches freilich dem Acker als Duͤnger zu Gute kommt. §. 130. Der gerechte Zeitpunkt der Ernte iſt bei den Erbſen genau wahrzunehmen. In der Regel muß man ſich nur nach der Reife der untern Schooten richten, und ſich um das Nachreifen der ſpaͤtern nicht kuͤmmern; man verliert ſonſt leicht den groͤßern und beſten Theil. Nur ſelten wird dieſe Regel eine Ausnahme leiden: wenn man naͤmlich ſehr deutlich erkennt, daß die erſten Bluͤten eines beſondern Witterungszuſtandes wegen faſt gar nicht angeſetzt hatten; dagegen die ſpaͤteren bei guͤnſtiger Witterung um ſo mehr. Allein der Fall iſt ſelten, und weit haͤufiger koͤmmt es vor, daß die Erbſen oben noch gruͤnen und bluͤhen, wenn die untern Ernte.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/141>, abgerufen am 29.03.2024.