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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Handelsgewächse.
Gewächse erfordern, bequem folgen und eingreifen, so ist eine größere Mannig-
faltigkeit dieser Gewächse am vortheilhaftesten, und den Wirthschaftsverhältnissen
am angemessensten. Man kann dann die Arbeiter, welche bei fortdauernder ähn-
licher Manipulation mehrere Gewandheit bekommen, beständig beschäftigen, und
wo es immer fortdauernde Beschäftigung giebt, da wird es einer Wirthschaft an
Arbeitern zu billigen Preisen nicht leicht fehlen; wogegen es sehr schwierig ist,
sie herbeizuschaffen, wenn man sie auf eine kurze Zeit gebraucht; insbesondere
solche, denen man Verrichtungen anvertrauen kann, die eine ungewohnte Umsicht
und Gewandtheit erfordern.

Wer aber in dieser Hinsicht keine richtige Auswahl zu treffen weiß, und
sich verleiten läßt, sie gar nicht zu beachten, sondern nur diejenigen Gewächse
etwa bauen wollte, die ihm bei ihrem vollkommensten Gedeihen den höchsten Vor-
theil versprechen, der würde sich um so leichter festwirthschaften, und um allen
Vortheil bringen.

§. 187.

Die meisten dieser Gewächse können nicht so zum Verkauf gebracht werden,
wie man sie vom Felde bringt. Sie erfordern Aufbewahrungsräume, Werkzeuge
und Vorrichtungen, und manchmal sehr große. Die Einrichtung derselben ist kost-
spielig, und wenn sie nur auf ein einzelnes Gewächs berechnet sind, so fallen die-
sem Gewächse beträchtliche Zinsen zur Last. Ueberdem kann der Bau eines die-
ser Gewächse durch merkantilische Konjunkturen unvortheilhaft werden, und so ist
das Kapital, welches man auf diese Einrichtungen verwandt hat, verloren. Man
muß diese Einrichtungen also dergestalt treffen, daß sie zu mehreren Zwecken zu-
gleich oder nacheinander dienen können.

Am Absatze aller nützlichen Produkte kann es dem umsichtigen Landwirthe
zwar nie fehlen; mehrere dieser Gewächse aber können in manchen Gegenden
nicht unmittelbar an ihre Konsumenten verkauft werden, sondern müssen erst durch
die Hand des Kaufmanns gehen. Den Kaufleuten ist es nicht zu verargen, daß
sie nach dem ersten Grundsatze ihres Gewerbes: den möglichst höchsten Gewinn
zu machen -- sie aufs wohlfeilste einzukaufen suchen, und die Verlegenheit des
Landwirths, besonders wenn er des Geldes bedürftig ist, benutzen. Man muß
sich also, bevor man den Anbau eines Gewächses dieser Art, besonders in

einer

Handelsgewaͤchſe.
Gewaͤchſe erfordern, bequem folgen und eingreifen, ſo iſt eine groͤßere Mannig-
faltigkeit dieſer Gewaͤchſe am vortheilhafteſten, und den Wirthſchaftsverhaͤltniſſen
am angemeſſenſten. Man kann dann die Arbeiter, welche bei fortdauernder aͤhn-
licher Manipulation mehrere Gewandheit bekommen, beſtaͤndig beſchaͤftigen, und
wo es immer fortdauernde Beſchaͤftigung giebt, da wird es einer Wirthſchaft an
Arbeitern zu billigen Preiſen nicht leicht fehlen; wogegen es ſehr ſchwierig iſt,
ſie herbeizuſchaffen, wenn man ſie auf eine kurze Zeit gebraucht; insbeſondere
ſolche, denen man Verrichtungen anvertrauen kann, die eine ungewohnte Umſicht
und Gewandtheit erfordern.

Wer aber in dieſer Hinſicht keine richtige Auswahl zu treffen weiß, und
ſich verleiten laͤßt, ſie gar nicht zu beachten, ſondern nur diejenigen Gewaͤchſe
etwa bauen wollte, die ihm bei ihrem vollkommenſten Gedeihen den hoͤchſten Vor-
theil verſprechen, der wuͤrde ſich um ſo leichter feſtwirthſchaften, und um allen
Vortheil bringen.

§. 187.

Die meiſten dieſer Gewaͤchſe koͤnnen nicht ſo zum Verkauf gebracht werden,
wie man ſie vom Felde bringt. Sie erfordern Aufbewahrungsraͤume, Werkzeuge
und Vorrichtungen, und manchmal ſehr große. Die Einrichtung derſelben iſt koſt-
ſpielig, und wenn ſie nur auf ein einzelnes Gewaͤchs berechnet ſind, ſo fallen die-
ſem Gewaͤchſe betraͤchtliche Zinſen zur Laſt. Ueberdem kann der Bau eines die-
ſer Gewaͤchſe durch merkantiliſche Konjunkturen unvortheilhaft werden, und ſo iſt
das Kapital, welches man auf dieſe Einrichtungen verwandt hat, verloren. Man
muß dieſe Einrichtungen alſo dergeſtalt treffen, daß ſie zu mehreren Zwecken zu-
gleich oder nacheinander dienen koͤnnen.

Am Abſatze aller nuͤtzlichen Produkte kann es dem umſichtigen Landwirthe
zwar nie fehlen; mehrere dieſer Gewaͤchſe aber koͤnnen in manchen Gegenden
nicht unmittelbar an ihre Konſumenten verkauft werden, ſondern muͤſſen erſt durch
die Hand des Kaufmanns gehen. Den Kaufleuten iſt es nicht zu verargen, daß
ſie nach dem erſten Grundſatze ihres Gewerbes: den moͤglichſt hoͤchſten Gewinn
zu machen — ſie aufs wohlfeilſte einzukaufen ſuchen, und die Verlegenheit des
Landwirths, beſonders wenn er des Geldes beduͤrftig iſt, benutzen. Man muß
ſich alſo, bevor man den Anbau eines Gewaͤchſes dieſer Art, beſonders in

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[152/0176] Handelsgewaͤchſe. Gewaͤchſe erfordern, bequem folgen und eingreifen, ſo iſt eine groͤßere Mannig- faltigkeit dieſer Gewaͤchſe am vortheilhafteſten, und den Wirthſchaftsverhaͤltniſſen am angemeſſenſten. Man kann dann die Arbeiter, welche bei fortdauernder aͤhn- licher Manipulation mehrere Gewandheit bekommen, beſtaͤndig beſchaͤftigen, und wo es immer fortdauernde Beſchaͤftigung giebt, da wird es einer Wirthſchaft an Arbeitern zu billigen Preiſen nicht leicht fehlen; wogegen es ſehr ſchwierig iſt, ſie herbeizuſchaffen, wenn man ſie auf eine kurze Zeit gebraucht; insbeſondere ſolche, denen man Verrichtungen anvertrauen kann, die eine ungewohnte Umſicht und Gewandtheit erfordern. Wer aber in dieſer Hinſicht keine richtige Auswahl zu treffen weiß, und ſich verleiten laͤßt, ſie gar nicht zu beachten, ſondern nur diejenigen Gewaͤchſe etwa bauen wollte, die ihm bei ihrem vollkommenſten Gedeihen den hoͤchſten Vor- theil verſprechen, der wuͤrde ſich um ſo leichter feſtwirthſchaften, und um allen Vortheil bringen. §. 187. Die meiſten dieſer Gewaͤchſe koͤnnen nicht ſo zum Verkauf gebracht werden, wie man ſie vom Felde bringt. Sie erfordern Aufbewahrungsraͤume, Werkzeuge und Vorrichtungen, und manchmal ſehr große. Die Einrichtung derſelben iſt koſt- ſpielig, und wenn ſie nur auf ein einzelnes Gewaͤchs berechnet ſind, ſo fallen die- ſem Gewaͤchſe betraͤchtliche Zinſen zur Laſt. Ueberdem kann der Bau eines die- ſer Gewaͤchſe durch merkantiliſche Konjunkturen unvortheilhaft werden, und ſo iſt das Kapital, welches man auf dieſe Einrichtungen verwandt hat, verloren. Man muß dieſe Einrichtungen alſo dergeſtalt treffen, daß ſie zu mehreren Zwecken zu- gleich oder nacheinander dienen koͤnnen. Am Abſatze aller nuͤtzlichen Produkte kann es dem umſichtigen Landwirthe zwar nie fehlen; mehrere dieſer Gewaͤchſe aber koͤnnen in manchen Gegenden nicht unmittelbar an ihre Konſumenten verkauft werden, ſondern muͤſſen erſt durch die Hand des Kaufmanns gehen. Den Kaufleuten iſt es nicht zu verargen, daß ſie nach dem erſten Grundſatze ihres Gewerbes: den moͤglichſt hoͤchſten Gewinn zu machen — ſie aufs wohlfeilſte einzukaufen ſuchen, und die Verlegenheit des Landwirths, beſonders wenn er des Geldes beduͤrftig iſt, benutzen. Man muß ſich alſo, bevor man den Anbau eines Gewaͤchſes dieſer Art, beſonders in einer

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/176>, abgerufen am 29.03.2024.