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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Futtergewächse.
Aber auch zur Viehfütterung bloß verwandt, kann der Kohlbau auf angemesse-
nem Boden sehr rathsam seyn, wenn gleich 6 Ctr. Kohl in ihrer Nahrungskraft
nur 1 Ctr. Heu und 2 Ctr. Kartoffeln gleichkommen. Er mästet, in reichlichem
Maaße gegeben, alles Vieh vortrefflich, und ist auch sehr milcherzeugend. Milch
und Butter bekommt davon, wenn man nur angefaulte Blätter vermeidet, einen
lieblichen Grasgeschmack. Den Schaafmüttern hält man den Kohl nach dem
Lammen besonders nützlich.

Ein Mastochse verzehrt nach dem Durchschnitt der Erfahrungen täglich
150 bis 180 Pfd., ein Masthammel 12 Pfd.

§. 319.

Durchwinte-
rung.
Nur ist seine Aufbewahrung im Winter sehr schwierig. Denn wenn er
gleich der freien Luft ausgesetzt und ganz vom Froste durchdrungen, nach dem
Aufthauen nicht schnell verdirbt, so ist doch ein großer Verlust dabei, indem die
äußeren Blätter größtentheils verfaulen. In Kellern und an wärmern Oertern
hält er sich gar nicht, sondern fault. Das sicherste bleibt immer, ihn auf seinem
Stamme stehen zu lassen, und ihn hereinzuholen, wenn man ihn braucht. Man
sucht ihn aber doch immer in den ersten Wintermonaten zu verfüttern. Ihn als
Sauerkraut für das Vieh einzumachen, ist eine zwar recht gute, aber sehr weit-
läuftige Methode, die sich im Großen nicht gut ausführen läßt.

§. 320.

Unfälle.Vielen Unfällen ist diese Pflanze ausgesetzt: dem Erdfloh in der Jugend;
dem Befallen mit Mehlthau, nach welchem sich sogleich eine besondere Gattung
von Blattläusen einfindet; den Würmern, welche die Wurzeln angreifen, und den
Raupen, die ihn späterhin zuweilen völlig zerstören. Doch befallen ihn alle diese
Feinde im freien Felde nicht so arg als im Garten. Das Gedeihen hängt übrigens
sehr von der Witterung ab, besonders ob diese nach der Verpflanzung günstig ist.

Die Möhren, Mohrrüben, Karotten, gelbe Wurzeln,
gelbe Rüben.
§. 321.

Der Anbau dieses Gewächses zur Viehfütterung wird außer England und
Belgien, auch in manchen Gegenden Deutschlands häufig betrieben, und man er-

Futtergewaͤchſe.
Aber auch zur Viehfuͤtterung bloß verwandt, kann der Kohlbau auf angemeſſe-
nem Boden ſehr rathſam ſeyn, wenn gleich 6 Ctr. Kohl in ihrer Nahrungskraft
nur 1 Ctr. Heu und 2 Ctr. Kartoffeln gleichkommen. Er maͤſtet, in reichlichem
Maaße gegeben, alles Vieh vortrefflich, und iſt auch ſehr milcherzeugend. Milch
und Butter bekommt davon, wenn man nur angefaulte Blaͤtter vermeidet, einen
lieblichen Grasgeſchmack. Den Schaafmuͤttern haͤlt man den Kohl nach dem
Lammen beſonders nuͤtzlich.

Ein Maſtochſe verzehrt nach dem Durchſchnitt der Erfahrungen taͤglich
150 bis 180 Pfd., ein Maſthammel 12 Pfd.

§. 319.

Durchwinte-
rung.
Nur iſt ſeine Aufbewahrung im Winter ſehr ſchwierig. Denn wenn er
gleich der freien Luft ausgeſetzt und ganz vom Froſte durchdrungen, nach dem
Aufthauen nicht ſchnell verdirbt, ſo iſt doch ein großer Verluſt dabei, indem die
aͤußeren Blaͤtter groͤßtentheils verfaulen. In Kellern und an waͤrmern Oertern
haͤlt er ſich gar nicht, ſondern fault. Das ſicherſte bleibt immer, ihn auf ſeinem
Stamme ſtehen zu laſſen, und ihn hereinzuholen, wenn man ihn braucht. Man
ſucht ihn aber doch immer in den erſten Wintermonaten zu verfuͤttern. Ihn als
Sauerkraut fuͤr das Vieh einzumachen, iſt eine zwar recht gute, aber ſehr weit-
laͤuftige Methode, die ſich im Großen nicht gut ausfuͤhren laͤßt.

§. 320.

Unfaͤlle.Vielen Unfaͤllen iſt dieſe Pflanze ausgeſetzt: dem Erdfloh in der Jugend;
dem Befallen mit Mehlthau, nach welchem ſich ſogleich eine beſondere Gattung
von Blattlaͤuſen einfindet; den Wuͤrmern, welche die Wurzeln angreifen, und den
Raupen, die ihn ſpaͤterhin zuweilen voͤllig zerſtoͤren. Doch befallen ihn alle dieſe
Feinde im freien Felde nicht ſo arg als im Garten. Das Gedeihen haͤngt uͤbrigens
ſehr von der Witterung ab, beſonders ob dieſe nach der Verpflanzung guͤnſtig iſt.

Die Moͤhren, Mohrruͤben, Karotten, gelbe Wurzeln,
gelbe Ruͤben.
§. 321.

Der Anbau dieſes Gewaͤchſes zur Viehfuͤtterung wird außer England und
Belgien, auch in manchen Gegenden Deutſchlands haͤufig betrieben, und man er-

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[242/0266] Futtergewaͤchſe. Aber auch zur Viehfuͤtterung bloß verwandt, kann der Kohlbau auf angemeſſe- nem Boden ſehr rathſam ſeyn, wenn gleich 6 Ctr. Kohl in ihrer Nahrungskraft nur 1 Ctr. Heu und 2 Ctr. Kartoffeln gleichkommen. Er maͤſtet, in reichlichem Maaße gegeben, alles Vieh vortrefflich, und iſt auch ſehr milcherzeugend. Milch und Butter bekommt davon, wenn man nur angefaulte Blaͤtter vermeidet, einen lieblichen Grasgeſchmack. Den Schaafmuͤttern haͤlt man den Kohl nach dem Lammen beſonders nuͤtzlich. Ein Maſtochſe verzehrt nach dem Durchſchnitt der Erfahrungen taͤglich 150 bis 180 Pfd., ein Maſthammel 12 Pfd. §. 319. Nur iſt ſeine Aufbewahrung im Winter ſehr ſchwierig. Denn wenn er gleich der freien Luft ausgeſetzt und ganz vom Froſte durchdrungen, nach dem Aufthauen nicht ſchnell verdirbt, ſo iſt doch ein großer Verluſt dabei, indem die aͤußeren Blaͤtter groͤßtentheils verfaulen. In Kellern und an waͤrmern Oertern haͤlt er ſich gar nicht, ſondern fault. Das ſicherſte bleibt immer, ihn auf ſeinem Stamme ſtehen zu laſſen, und ihn hereinzuholen, wenn man ihn braucht. Man ſucht ihn aber doch immer in den erſten Wintermonaten zu verfuͤttern. Ihn als Sauerkraut fuͤr das Vieh einzumachen, iſt eine zwar recht gute, aber ſehr weit- laͤuftige Methode, die ſich im Großen nicht gut ausfuͤhren laͤßt. Durchwinte- rung. §. 320. Vielen Unfaͤllen iſt dieſe Pflanze ausgeſetzt: dem Erdfloh in der Jugend; dem Befallen mit Mehlthau, nach welchem ſich ſogleich eine beſondere Gattung von Blattlaͤuſen einfindet; den Wuͤrmern, welche die Wurzeln angreifen, und den Raupen, die ihn ſpaͤterhin zuweilen voͤllig zerſtoͤren. Doch befallen ihn alle dieſe Feinde im freien Felde nicht ſo arg als im Garten. Das Gedeihen haͤngt uͤbrigens ſehr von der Witterung ab, beſonders ob dieſe nach der Verpflanzung guͤnſtig iſt. Unfaͤlle. Die Moͤhren, Mohrruͤben, Karotten, gelbe Wurzeln, gelbe Ruͤben. §. 321. Der Anbau dieſes Gewaͤchſes zur Viehfuͤtterung wird außer England und Belgien, auch in manchen Gegenden Deutſchlands haͤufig betrieben, und man er-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/266>, abgerufen am 29.03.2024.