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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Ernährung des Rindviehes.
Purgiren bringe, und daß man dies verhüte, wenn man ihn mit Stroh schnei-
den läßt. Aber man kann dies eben sowohl verhüten und mindern, wenn
man dem Viehe langes Stroh vorgiebt; es frißt selbiges mit Begierde, wenn
durch die saftige grüne Fütterung ihm die Gedärme erschlafft sind. Sehr gut
ist es in solchen Fällen, auch Morgens ein Heufutter zu geben.

§. 42.

Bei der Fütterung selbst ist es von großer Wichtigkeit, daß das Vieh Futterord-
nung.

nicht zu schnell hintereinander fresse, was es immer thun würde, wenn man
ihm seine Mahlzeit auf einmal gäbe. Jede Mahlzeit, deren in der Regel
täglich drei gegeben werden, muß man daher wieder wenigstens in drei Theile
theilen und alle Stunde eine geben. Z. B. Morgens um 5, um 6 und um
7 Uhr, Mittags um 12, um 1 und um 2 Uhr, Abends um 7, um 8 und um 9 Uhr.

§. 43.

Das Tränken des Viehes muß in den Zwischenzeiten, und nicht unmit-
telbar nach dem Füttern geschehen. Vormittags gegen 11 Uhr, Nachmittags
gegen 6 Uhr. Gutes Teichwasser ist dem Viehe mehrentheils angenehmer, wie
Fluß- und Brunnenwasser.

Wo es einigermaßen zu bewerkstelligen ist, da mache man Anstalt zu ei-
ner Schwemme, um das Vieh täglich zweimal durchzutreiben. Es ist nichts
was das Vieh im Sommer so erfrischt, so gesund erhält und so reinlich.

§. 44.

Es muß so viel Klee und anderes grünes Futter angebauet werden, daß
man in jeder Periode sicher genug sey und Ueberfluß habe, damit es auchBedarf an
Grünfutter.

beim Mißwachse des einen oder des andern nicht fehle. Sobald man bemerkt,
daß Ueberschuß da sey, und besorgen muß, daß es zu hartstenglich werde,
muß man es zu Heu mähen lassen und zu einer anderen Fütterung übergehen.

Wie viel an Flächeninhalt auf einen Kopf von jedem Futterkraut komme
und gerechnet werden müsse, läßt sich auch nicht ungefähr bestimmen; da der
Ertrag eines Feldes so verschieden seyn, und in einem Jahre leicht das dop-
pelte von der Landfläche erfordert werden kann, die im andern zureichte. Auf gu-
tem Gerstboden wird man mit einem Morgen Futterkräuter auf den Kopf im Durch-
schnitt ausreichen, und ich weiß Fälle, wo man mit 100 zwölffüßige Quadrat-

Ernaͤhrung des Rindviehes.
Purgiren bringe, und daß man dies verhuͤte, wenn man ihn mit Stroh ſchnei-
den laͤßt. Aber man kann dies eben ſowohl verhuͤten und mindern, wenn
man dem Viehe langes Stroh vorgiebt; es frißt ſelbiges mit Begierde, wenn
durch die ſaftige gruͤne Fuͤtterung ihm die Gedaͤrme erſchlafft ſind. Sehr gut
iſt es in ſolchen Faͤllen, auch Morgens ein Heufutter zu geben.

§. 42.

Bei der Fuͤtterung ſelbſt iſt es von großer Wichtigkeit, daß das Vieh Futterord-
nung.

nicht zu ſchnell hintereinander freſſe, was es immer thun wuͤrde, wenn man
ihm ſeine Mahlzeit auf einmal gaͤbe. Jede Mahlzeit, deren in der Regel
taͤglich drei gegeben werden, muß man daher wieder wenigſtens in drei Theile
theilen und alle Stunde eine geben. Z. B. Morgens um 5, um 6 und um
7 Uhr, Mittags um 12, um 1 und um 2 Uhr, Abends um 7, um 8 und um 9 Uhr.

§. 43.

Das Traͤnken des Viehes muß in den Zwiſchenzeiten, und nicht unmit-
telbar nach dem Fuͤttern geſchehen. Vormittags gegen 11 Uhr, Nachmittags
gegen 6 Uhr. Gutes Teichwaſſer iſt dem Viehe mehrentheils angenehmer, wie
Fluß- und Brunnenwaſſer.

Wo es einigermaßen zu bewerkſtelligen iſt, da mache man Anſtalt zu ei-
ner Schwemme, um das Vieh taͤglich zweimal durchzutreiben. Es iſt nichts
was das Vieh im Sommer ſo erfriſcht, ſo geſund erhaͤlt und ſo reinlich.

§. 44.

Es muß ſo viel Klee und anderes gruͤnes Futter angebauet werden, daß
man in jeder Periode ſicher genug ſey und Ueberfluß habe, damit es auchBedarf an
Gruͤnfutter.

beim Mißwachſe des einen oder des andern nicht fehle. Sobald man bemerkt,
daß Ueberſchuß da ſey, und beſorgen muß, daß es zu hartſtenglich werde,
muß man es zu Heu maͤhen laſſen und zu einer anderen Fuͤtterung uͤbergehen.

Wie viel an Flaͤcheninhalt auf einen Kopf von jedem Futterkraut komme
und gerechnet werden muͤſſe, laͤßt ſich auch nicht ungefaͤhr beſtimmen; da der
Ertrag eines Feldes ſo verſchieden ſeyn, und in einem Jahre leicht das dop-
pelte von der Landflaͤche erfordert werden kann, die im andern zureichte. Auf gu-
tem Gerſtboden wird man mit einem Morgen Futterkraͤuter auf den Kopf im Durch-
ſchnitt ausreichen, und ich weiß Faͤlle, wo man mit 100 zwoͤlffuͤßige Quadrat-

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[341/0365] Ernaͤhrung des Rindviehes. Purgiren bringe, und daß man dies verhuͤte, wenn man ihn mit Stroh ſchnei- den laͤßt. Aber man kann dies eben ſowohl verhuͤten und mindern, wenn man dem Viehe langes Stroh vorgiebt; es frißt ſelbiges mit Begierde, wenn durch die ſaftige gruͤne Fuͤtterung ihm die Gedaͤrme erſchlafft ſind. Sehr gut iſt es in ſolchen Faͤllen, auch Morgens ein Heufutter zu geben. §. 42. Bei der Fuͤtterung ſelbſt iſt es von großer Wichtigkeit, daß das Vieh nicht zu ſchnell hintereinander freſſe, was es immer thun wuͤrde, wenn man ihm ſeine Mahlzeit auf einmal gaͤbe. Jede Mahlzeit, deren in der Regel taͤglich drei gegeben werden, muß man daher wieder wenigſtens in drei Theile theilen und alle Stunde eine geben. Z. B. Morgens um 5, um 6 und um 7 Uhr, Mittags um 12, um 1 und um 2 Uhr, Abends um 7, um 8 und um 9 Uhr. Futterord- nung. §. 43. Das Traͤnken des Viehes muß in den Zwiſchenzeiten, und nicht unmit- telbar nach dem Fuͤttern geſchehen. Vormittags gegen 11 Uhr, Nachmittags gegen 6 Uhr. Gutes Teichwaſſer iſt dem Viehe mehrentheils angenehmer, wie Fluß- und Brunnenwaſſer. Wo es einigermaßen zu bewerkſtelligen iſt, da mache man Anſtalt zu ei- ner Schwemme, um das Vieh taͤglich zweimal durchzutreiben. Es iſt nichts was das Vieh im Sommer ſo erfriſcht, ſo geſund erhaͤlt und ſo reinlich. §. 44. Es muß ſo viel Klee und anderes gruͤnes Futter angebauet werden, daß man in jeder Periode ſicher genug ſey und Ueberfluß habe, damit es auch beim Mißwachſe des einen oder des andern nicht fehle. Sobald man bemerkt, daß Ueberſchuß da ſey, und beſorgen muß, daß es zu hartſtenglich werde, muß man es zu Heu maͤhen laſſen und zu einer anderen Fuͤtterung uͤbergehen. Bedarf an Gruͤnfutter. Wie viel an Flaͤcheninhalt auf einen Kopf von jedem Futterkraut komme und gerechnet werden muͤſſe, laͤßt ſich auch nicht ungefaͤhr beſtimmen; da der Ertrag eines Feldes ſo verſchieden ſeyn, und in einem Jahre leicht das dop- pelte von der Landflaͤche erfordert werden kann, die im andern zureichte. Auf gu- tem Gerſtboden wird man mit einem Morgen Futterkraͤuter auf den Kopf im Durch- ſchnitt ausreichen, und ich weiß Faͤlle, wo man mit 100 zwoͤlffuͤßige Quadrat-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/365>, abgerufen am 29.03.2024.