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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Saat.
nicht mehr wie sie, und habe noch nicht nöthig gehabt, um des überhandneh-
menden Unkrauts willen einen Acker zu Grase liegen zu lassen. Denn die
gewöhnliche Saat ist überflüssig zureichend, den Acker so zu bedecken, daß
auf jedem Flecke Pflanzen genug und überflüssig stehen. Nur den ein-
furchigen Dreischhafer säe ich stärker aus, weil nicht alle Körner in eine zum
Keimen günstige Lage kommen.

§. 12.

Das Säen.Die Handgriffe des Säens sind mannichfaltig verschieden und lassen sich
durch Worte schwerlich versinnlichen. Im Allgemeinen sind sie keineswegs
gleichgültig, und derjenige ist ohne Zweifel der beste, wo der Säemann beim
Heraufgehen mit der rechten Hand nach der linken Seite, beim Herabgehen mit
der linken Hand nach der rechten Seite, oder immer mit dem Winde wirft, und
seinen Tritt an die Grenze des vorigen Wurfs gehörig anschließt -- wenn sie
vollkommen ausgeführt wird. Es kommt aber hierbei viel auf genaue Beachtung
des Windes und seiner Stärke an. In jedem concreten Falle kann man sa-
gen, diejenige Methode sey die beste, worin der Säemann am geübtesten ist;
und es ist sehr bedenklich, einem Säemann eine andere Methode vorzuschreiben,
bevor man sie ihn völlig hat erlernen und üben lassen.

Daß der Säemann der wichtigste Handarbeiter in einer Wirthschaft sey,
ist ziemlich anerkannt. Indessen sind manche in der Wahl desselben sehr
leichtsinnig, und vertrauen dieses Geschäft jedem Tagelöhner oder Fröhner an.
Sie schreiben ihm dann wohl gar als Tagesarbeit ein Maaß von Getreide
vor, welches er aussäen soll. Hiermit dient er gern, denn es ist ihm sehr
bequem eine große Menge Saat wegzuwerfen. In solchen Wirthschaften er-
giebt sich dann eine erstaunliche Aussaat im Verhältniß ihrer Ackerfläche,
und es muß allerdings stark ausgesäet werden, weil schlecht ausgefäet wird.
Wenn man etwas bestimmen will, so bestimme man doch nur die Fläche,
die besäet werden soll. Aber man suche vor allem einen guten Säemann
auf, halte ihn in Ehren und übereile ihn nicht.

Es ist häufig gefragt worden, wie viel ein Säemann täglich beschicken
könne? von Münchhausen hat es im 1sten Stück seines Hausvaters nach
Würfen und nach Minuten berechnet. Aber man sey zufrieden, wenn er

Die Saat.
nicht mehr wie ſie, und habe noch nicht noͤthig gehabt, um des uͤberhandneh-
menden Unkrauts willen einen Acker zu Graſe liegen zu laſſen. Denn die
gewoͤhnliche Saat iſt uͤberfluͤſſig zureichend, den Acker ſo zu bedecken, daß
auf jedem Flecke Pflanzen genug und uͤberfluͤſſig ſtehen. Nur den ein-
furchigen Dreiſchhafer ſaͤe ich ſtaͤrker aus, weil nicht alle Koͤrner in eine zum
Keimen guͤnſtige Lage kommen.

§. 12.

Das Saͤen.Die Handgriffe des Saͤens ſind mannichfaltig verſchieden und laſſen ſich
durch Worte ſchwerlich verſinnlichen. Im Allgemeinen ſind ſie keineswegs
gleichguͤltig, und derjenige iſt ohne Zweifel der beſte, wo der Saͤemann beim
Heraufgehen mit der rechten Hand nach der linken Seite, beim Herabgehen mit
der linken Hand nach der rechten Seite, oder immer mit dem Winde wirft, und
ſeinen Tritt an die Grenze des vorigen Wurfs gehoͤrig anſchließt — wenn ſie
vollkommen ausgefuͤhrt wird. Es kommt aber hierbei viel auf genaue Beachtung
des Windes und ſeiner Staͤrke an. In jedem concreten Falle kann man ſa-
gen, diejenige Methode ſey die beſte, worin der Saͤemann am geuͤbteſten iſt;
und es iſt ſehr bedenklich, einem Saͤemann eine andere Methode vorzuſchreiben,
bevor man ſie ihn voͤllig hat erlernen und uͤben laſſen.

Daß der Saͤemann der wichtigſte Handarbeiter in einer Wirthſchaft ſey,
iſt ziemlich anerkannt. Indeſſen ſind manche in der Wahl deſſelben ſehr
leichtſinnig, und vertrauen dieſes Geſchaͤft jedem Tageloͤhner oder Froͤhner an.
Sie ſchreiben ihm dann wohl gar als Tagesarbeit ein Maaß von Getreide
vor, welches er ausſaͤen ſoll. Hiermit dient er gern, denn es iſt ihm ſehr
bequem eine große Menge Saat wegzuwerfen. In ſolchen Wirthſchaften er-
giebt ſich dann eine erſtaunliche Ausſaat im Verhaͤltniß ihrer Ackerflaͤche,
und es muß allerdings ſtark ausgeſaͤet werden, weil ſchlecht ausgefaͤet wird.
Wenn man etwas beſtimmen will, ſo beſtimme man doch nur die Flaͤche,
die beſaͤet werden ſoll. Aber man ſuche vor allem einen guten Saͤemann
auf, halte ihn in Ehren und uͤbereile ihn nicht.

Es iſt haͤufig gefragt worden, wie viel ein Saͤemann taͤglich beſchicken
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Wuͤrfen und nach Minuten berechnet. Aber man ſey zufrieden, wenn er

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[20/0044] Die Saat. nicht mehr wie ſie, und habe noch nicht noͤthig gehabt, um des uͤberhandneh- menden Unkrauts willen einen Acker zu Graſe liegen zu laſſen. Denn die gewoͤhnliche Saat iſt uͤberfluͤſſig zureichend, den Acker ſo zu bedecken, daß auf jedem Flecke Pflanzen genug und uͤberfluͤſſig ſtehen. Nur den ein- furchigen Dreiſchhafer ſaͤe ich ſtaͤrker aus, weil nicht alle Koͤrner in eine zum Keimen guͤnſtige Lage kommen. §. 12. Die Handgriffe des Saͤens ſind mannichfaltig verſchieden und laſſen ſich durch Worte ſchwerlich verſinnlichen. Im Allgemeinen ſind ſie keineswegs gleichguͤltig, und derjenige iſt ohne Zweifel der beſte, wo der Saͤemann beim Heraufgehen mit der rechten Hand nach der linken Seite, beim Herabgehen mit der linken Hand nach der rechten Seite, oder immer mit dem Winde wirft, und ſeinen Tritt an die Grenze des vorigen Wurfs gehoͤrig anſchließt — wenn ſie vollkommen ausgefuͤhrt wird. Es kommt aber hierbei viel auf genaue Beachtung des Windes und ſeiner Staͤrke an. In jedem concreten Falle kann man ſa- gen, diejenige Methode ſey die beſte, worin der Saͤemann am geuͤbteſten iſt; und es iſt ſehr bedenklich, einem Saͤemann eine andere Methode vorzuſchreiben, bevor man ſie ihn voͤllig hat erlernen und uͤben laſſen. Das Saͤen. Daß der Saͤemann der wichtigſte Handarbeiter in einer Wirthſchaft ſey, iſt ziemlich anerkannt. Indeſſen ſind manche in der Wahl deſſelben ſehr leichtſinnig, und vertrauen dieſes Geſchaͤft jedem Tageloͤhner oder Froͤhner an. Sie ſchreiben ihm dann wohl gar als Tagesarbeit ein Maaß von Getreide vor, welches er ausſaͤen ſoll. Hiermit dient er gern, denn es iſt ihm ſehr bequem eine große Menge Saat wegzuwerfen. In ſolchen Wirthſchaften er- giebt ſich dann eine erſtaunliche Ausſaat im Verhaͤltniß ihrer Ackerflaͤche, und es muß allerdings ſtark ausgeſaͤet werden, weil ſchlecht ausgefaͤet wird. Wenn man etwas beſtimmen will, ſo beſtimme man doch nur die Flaͤche, die beſaͤet werden ſoll. Aber man ſuche vor allem einen guten Saͤemann auf, halte ihn in Ehren und uͤbereile ihn nicht. Es iſt haͤufig gefragt worden, wie viel ein Saͤemann taͤglich beſchicken koͤnne? von Muͤnchhauſen hat es im 1ſten Stuͤck ſeines Hausvaters nach Wuͤrfen und nach Minuten berechnet. Aber man ſey zufrieden, wenn er

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/44>, abgerufen am 16.04.2024.