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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Das 9. H. Von der Wollust
continuirliches fressen/ sauffen u. s. w. legen/
und dem studiren und gelehrter Conversation
feind seyn; Aber es folget auch daraus/ daß Lust
am studiren haben der Wollust nicht eben
zuwider sey/
sondern der Lust des essens und
trinckens
subordinirt seyn könne/ und daß
dannenhero der jenige/ der zur Lust auff die Wei-
se/ als wir im vorigen §. beschrieben/ studiret/ un-
ter die jenigen zu rechnen sey/ die von der Wol-
lust das meiste bey sich empfinden/ oder empfin-
den solten.

45. Lasset uns auch nun die andern Neben-
Affecten betrachten/ die wir oben im 7. Haupt-
stück der Wollust zugeeignet haben. Der vor-
nehmste unter ihnen ist die Tochter der Wollust
die Faulheit und Müßiggang. Dieses ist
ein Laster/ das den Menschen antreibet
für allen thun/ das dem Menschlichen Ge-
schlecht zu Nutz gereichen könte/ einen Ab-
scheu zu haben/ und entweder mit schlaffen/
oder/ da man nicht allzeit fressen sauffen und
huren kan/ mit eiteler und unnützer Belu-
stigung der Sinnen die Zeit und lange Weile
zu vertreiben. Sie folget nothwendig aus
der Wollust/
weil es natürlich ist/ daß die Er-
füllung des Magens mit hitziger oder vielerley
Speise/ und die Entgehung der Geister bey
der Hurerey/ mehr Schlaff als sonst erfordern/
oder doch schläffrig und verdrossen mache.
Nun ist offenbahr/ wenn ich so verdrossen und

ge-

Das 9. H. Von der Wolluſt
continuirliches freſſen/ ſauffen u. ſ. w. legen/
und dem ſtudiren und gelehrter Converſation
feind ſeyn; Aber es folget auch daraus/ daß Luſt
am ſtudiren haben der Wolluſt nicht eben
zuwider ſey/
ſondern der Luſt des eſſens und
trinckens
ſubordinirt ſeyn koͤnne/ und daß
dannenhero der jenige/ der zur Luſt auff die Wei-
ſe/ als wir im vorigen §. beſchrieben/ ſtudiret/ un-
ter die jenigen zu rechnen ſey/ die von der Wol-
luſt das meiſte bey ſich empfinden/ oder empfin-
den ſolten.

45. Laſſet uns auch nun die andern Neben-
Affecten betrachten/ die wir oben im 7. Haupt-
ſtuͤck der Wolluſt zugeeignet haben. Der vor-
nehmſte unter ihnen iſt die Tochter der Wolluſt
die Faulheit und Muͤßiggang. Dieſes iſt
ein Laſter/ das den Menſchen antreibet
fuͤr allen thun/ das dem Menſchlichen Ge-
ſchlecht zu Nutz gereichen koͤnte/ einen Ab-
ſcheu zu haben/ und entweder mit ſchlaffen/
oder/ da man nicht allzeit freſſen ſauffen und
huren kan/ mit eiteler und unnuͤtzer Belu-
ſtigung der Sinnen die Zeit und lange Weile
zu vertreiben. Sie folget nothwendig aus
der Wolluſt/
weil es natuͤrlich iſt/ daß die Er-
fuͤllung des Magens mit hitziger oder vielerley
Speiſe/ und die Entgehung der Geiſter bey
der Hurerey/ mehr Schlaff als ſonſt erfordern/
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[210/0222] Das 9. H. Von der Wolluſt continuirliches freſſen/ ſauffen u. ſ. w. legen/ und dem ſtudiren und gelehrter Converſation feind ſeyn; Aber es folget auch daraus/ daß Luſt am ſtudiren haben der Wolluſt nicht eben zuwider ſey/ ſondern der Luſt des eſſens und trinckens ſubordinirt ſeyn koͤnne/ und daß dannenhero der jenige/ der zur Luſt auff die Wei- ſe/ als wir im vorigen §. beſchrieben/ ſtudiret/ un- ter die jenigen zu rechnen ſey/ die von der Wol- luſt das meiſte bey ſich empfinden/ oder empfin- den ſolten. 45. Laſſet uns auch nun die andern Neben- Affecten betrachten/ die wir oben im 7. Haupt- ſtuͤck der Wolluſt zugeeignet haben. Der vor- nehmſte unter ihnen iſt die Tochter der Wolluſt die Faulheit und Muͤßiggang. Dieſes iſt ein Laſter/ das den Menſchen antreibet fuͤr allen thun/ das dem Menſchlichen Ge- ſchlecht zu Nutz gereichen koͤnte/ einen Ab- ſcheu zu haben/ und entweder mit ſchlaffen/ oder/ da man nicht allzeit freſſen ſauffen und huren kan/ mit eiteler und unnuͤtzer Belu- ſtigung der Sinnen die Zeit und lange Weile zu vertreiben. Sie folget nothwendig aus der Wolluſt/ weil es natuͤrlich iſt/ daß die Er- fuͤllung des Magens mit hitziger oder vielerley Speiſe/ und die Entgehung der Geiſter bey der Hurerey/ mehr Schlaff als ſonſt erfordern/ oder doch ſchlaͤffrig und verdroſſen mache. Nun iſt offenbahr/ wenn ich ſo verdroſſen und ge-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/222>, abgerufen am 28.03.2024.