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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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des allgemeinen Unglücks.
oder kaum nach einer oder zweyen/ und zwar ent-
weder kaltsinnigen/ oder verschmitzten und affe-
ctir
ten Conversationen/ oder man beredet sich
und andere/ daß wenn die Gemüther gleich ein-
ander offenbahr zuwieder seyn/ die Liebe sich
doch wohl vermittelst des Beyschlaffes finden
werde/ und betrachtet nicht/ daß eine solche Lie-
be nicht anders als bestialisch seyn könne.

17. Noch viel weniger aber pflegen die Ge-
müther des Brautigams und der Braut einan-
der durch die vertrauliche Gutthätigkeit vor
der völligen Verbindung Jhrer auffrichtigen
und vernünfftigen Liebe zuversichern; und die
Beschenckungen/ die zwischen Jhnen vorge-
hen/ sind allzu vortheilhafft/ als daß sie vor Gut-
thaten könten ausgegeben werden/ wie denn auch
bey denen Ehestifftungen so viel mißtrauische
Cautelen in acht genommen werden müssen/ daß
dieselbigen viel eher betrügerischen Beredungen/
alß gutthätigen Liebes-Bezeugungen ähnlich
sind.

18. Ja ob schon die eheliche Gesellschafft von
jedermann für die genaueste und unaufflößlichste
Freundschafft ausgegeben wird/ so findet sich
doch die Würckung wahrer und vollkommener
Freundschafft die Gemeinschafft der Güter
nicht unter Jhnen. Und wenn gleich dieselbige
dem Nahmen nach bey etlichen Völckern einge-
führet ist/ so gebieret dieselbige doch nichts als
Zanck/ weil die Leute wieder ihren Willen darzu

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des allgemeinen Ungluͤcks.
oder kaum nach einer oder zweyen/ und zwar ent-
weder kaltſinnigen/ oder verſchmitzten und affe-
ctir
ten Converſationen/ oder man beredet ſich
und andere/ daß wenn die Gemuͤther gleich ein-
ander offenbahr zuwieder ſeyn/ die Liebe ſich
doch wohl vermittelſt des Beyſchlaffes finden
werde/ und betrachtet nicht/ daß eine ſolche Lie-
be nicht anders als beſtialiſch ſeyn koͤnne.

17. Noch viel weniger aber pflegen die Ge-
muͤther des Brautigams und der Braut einan-
der durch die vertrauliche Gutthaͤtigkeit vor
der voͤlligen Verbindung Jhrer auffrichtigen
und vernuͤnfftigen Liebe zuverſichern; und die
Beſchenckungen/ die zwiſchen Jhnen vorge-
hen/ ſind allzu vortheilhafft/ als daß ſie vor Gut-
thaten koͤnten ausgegeben werden/ wie denn auch
bey denen Eheſtifftungen ſo viel mißtrauiſche
Cautelen in acht genommen werden muͤſſen/ daß
dieſelbigen viel eher betruͤgeriſchen Beredungen/
alß gutthaͤtigen Liebes-Bezeugungen aͤhnlich
ſind.

18. Ja ob ſchon die eheliche Geſellſchafft von
jedermann fuͤr die genaueſte und unauffloͤßlichſte
Freundſchafft ausgegeben wird/ ſo findet ſich
doch die Wuͤrckung wahrer und vollkommener
Freundſchafft die Gemeinſchafft der Guͤter
nicht unter Jhnen. Und wenn gleich dieſelbige
dem Nahmen nach bey etlichen Voͤlckern einge-
fuͤhret iſt/ ſo gebieret dieſelbige doch nichts als
Zanck/ weil die Leute wieder ihren Willen darzu

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[11/0023] des allgemeinen Ungluͤcks. oder kaum nach einer oder zweyen/ und zwar ent- weder kaltſinnigen/ oder verſchmitzten und affe- ctirten Converſationen/ oder man beredet ſich und andere/ daß wenn die Gemuͤther gleich ein- ander offenbahr zuwieder ſeyn/ die Liebe ſich doch wohl vermittelſt des Beyſchlaffes finden werde/ und betrachtet nicht/ daß eine ſolche Lie- be nicht anders als beſtialiſch ſeyn koͤnne. 17. Noch viel weniger aber pflegen die Ge- muͤther des Brautigams und der Braut einan- der durch die vertrauliche Gutthaͤtigkeit vor der voͤlligen Verbindung Jhrer auffrichtigen und vernuͤnfftigen Liebe zuverſichern; und die Beſchenckungen/ die zwiſchen Jhnen vorge- hen/ ſind allzu vortheilhafft/ als daß ſie vor Gut- thaten koͤnten ausgegeben werden/ wie denn auch bey denen Eheſtifftungen ſo viel mißtrauiſche Cautelen in acht genommen werden muͤſſen/ daß dieſelbigen viel eher betruͤgeriſchen Beredungen/ alß gutthaͤtigen Liebes-Bezeugungen aͤhnlich ſind. 18. Ja ob ſchon die eheliche Geſellſchafft von jedermann fuͤr die genaueſte und unauffloͤßlichſte Freundſchafft ausgegeben wird/ ſo findet ſich doch die Wuͤrckung wahrer und vollkommener Freundſchafft die Gemeinſchafft der Guͤter nicht unter Jhnen. Und wenn gleich dieſelbige dem Nahmen nach bey etlichen Voͤlckern einge- fuͤhret iſt/ ſo gebieret dieſelbige doch nichts als Zanck/ weil die Leute wieder ihren Willen darzu ge- A 6

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/23>, abgerufen am 29.03.2024.