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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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und denen daher rührenden Unt.
Leutseligkeit gezieret/ und jemehr wird er durch
Hochmuth verunehret.

27. Welcher Mensch wolte so närrisch seyn
und einen andern umb nichts hoch achten/ nur
weil er selbst viel auff sich hält? Dieses be-
greifft nun auch ein Ehrgeitziger wohl/ drumb be-
müht er sich nebst seiner Hochachtung gegen sich/
andere Leute durch seine Thaten zu verblen-
den. Denn er kan an den Fingern abzehlen/
daß der jenige den man als einen ungemeinen
Menschen hoch achten solle/ auch ungemeine
Thaten thun müsse. Was sol nun ein Ehrgei-
tziger für Thaten thun; Ungemeine Liebe hat er
nicht/ aber er hat einen ungemeinen Verstand/
und ungemeinen Muth; also trachtet er dar-
nach wie er durch selbigen sich bey andern Men-
schen in Hochachtung bringen möge: Seine
Anschläge seyn scharffsinnig und voll Witze/
seine Thaten kühne und gewaltthätig/ er
scheuet keine Gefahr und waget sein Leben so zu
sagen umb nichts/ und dadurch erlanget er den
Nahmen eines klugen und Hertzhafften Men-
schen/ bey denen die die wahre Klugheit und
Hertzhafftigkeit nicht kennen/ das ist bey den
meisten Menschen. Dieses beredt sie/ daß sie
einem Ehrgeitzigen eußerlichen respect und Ge-
horsam erweisen/ entweder aus Furcht für seiner
Kühnheit/ wenn sie Wohllüstig/ und Ver-
schlagenheit/
wenn sie Geldgeitzig/ oder aus

Hoff-

und denen daher ruͤhrenden Unt.
Leutſeligkeit gezieret/ und jemehr wird er durch
Hochmuth verunehret.

27. Welcher Menſch wolte ſo naͤrriſch ſeyn
und einen andern umb nichts hoch achten/ nur
weil er ſelbſt viel auff ſich haͤlt? Dieſes be-
greifft nun auch ein Ehrgeitziger wohl/ drumb be-
muͤht er ſich nebſt ſeiner Hochachtung gegen ſich/
andere Leute durch ſeine Thaten zu verblen-
den. Denn er kan an den Fingern abzehlen/
daß der jenige den man als einen ungemeinen
Menſchen hoch achten ſolle/ auch ungemeine
Thaten thun muͤſſe. Was ſol nun ein Ehrgei-
tziger fuͤr Thaten thun; Ungemeine Liebe hat er
nicht/ aber er hat einen ungemeinen Verſtand/
und ungemeinen Muth; alſo trachtet er dar-
nach wie er durch ſelbigen ſich bey andern Men-
ſchen in Hochachtung bringen moͤge: Seine
Anſchlaͤge ſeyn ſcharffſinnig und voll Witze/
ſeine Thaten kuͤhne und gewaltthaͤtig/ er
ſcheuet keine Gefahr und waget ſein Leben ſo zu
ſagen umb nichts/ und dadurch erlanget er den
Nahmen eines klugen und Hertzhafften Men-
ſchen/ bey denen die die wahre Klugheit und
Hertzhafftigkeit nicht kennen/ das iſt bey den
meiſten Menſchen. Dieſes beredt ſie/ daß ſie
einem Ehrgeitzigen eußerlichen reſpect und Ge-
horſam erweiſen/ entweder aus Furcht fuͤr ſeiner
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[237/0249] und denen daher ruͤhrenden Unt. Leutſeligkeit gezieret/ und jemehr wird er durch Hochmuth verunehret. 27. Welcher Menſch wolte ſo naͤrriſch ſeyn und einen andern umb nichts hoch achten/ nur weil er ſelbſt viel auff ſich haͤlt? Dieſes be- greifft nun auch ein Ehrgeitziger wohl/ drumb be- muͤht er ſich nebſt ſeiner Hochachtung gegen ſich/ andere Leute durch ſeine Thaten zu verblen- den. Denn er kan an den Fingern abzehlen/ daß der jenige den man als einen ungemeinen Menſchen hoch achten ſolle/ auch ungemeine Thaten thun muͤſſe. Was ſol nun ein Ehrgei- tziger fuͤr Thaten thun; Ungemeine Liebe hat er nicht/ aber er hat einen ungemeinen Verſtand/ und ungemeinen Muth; alſo trachtet er dar- nach wie er durch ſelbigen ſich bey andern Men- ſchen in Hochachtung bringen moͤge: Seine Anſchlaͤge ſeyn ſcharffſinnig und voll Witze/ ſeine Thaten kuͤhne und gewaltthaͤtig/ er ſcheuet keine Gefahr und waget ſein Leben ſo zu ſagen umb nichts/ und dadurch erlanget er den Nahmen eines klugen und Hertzhafften Men- ſchen/ bey denen die die wahre Klugheit und Hertzhafftigkeit nicht kennen/ das iſt bey den meiſten Menſchen. Dieſes beredt ſie/ daß ſie einem Ehrgeitzigen eußerlichen reſpect und Ge- horſam erweiſen/ entweder aus Furcht fuͤr ſeiner Kuͤhnheit/ wenn ſie Wohlluͤſtig/ und Ver- ſchlagenheit/ wenn ſie Geldgeitzig/ oder aus Hoff-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/249>, abgerufen am 29.03.2024.