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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Das 10. H. von dem Ehrgeitz
ren solte/ sondern so viel als zu Ehren nöthig ist/
hat er/ und hält sich auch selbst reinlich/ aber er
wendet doch noch weniger auff sich als ein Tu-
gendhaffter/ er hat wohl Silber-Geschirr und
andere meublen nach seinem Stande/ aber für
seine Gäste und Frembde die ihn besuchen; Er
alleine speiset und hält sich in einen andern Zim-
mer auff und bedienet sich schlechteren Hauß-
raths und Geschirrs. Seine Gäste tractiret
er herrlich/ er aber für sich vergnügt sich mit
gebratenen Rüben; Er kleidet seine Diener
prächtig/ er aber selbst trägt ein unansehnlich
Kleid/ daß die travaillen die er thut aushalten
kan/ wenn er nemlich nicht bey andern zu Ehren
erscheinen muß.

47. Dieses alles verursacht auch/ daß ein
Ehrgeitziger zu wachsamer Arbeitsamkeit
geneigt sey. Wo viel essen und trincken ist/ da
ist auch viel schlaffen und dieses verursachet
Faulheit. Es ist ein sicher remedium ohne die
geringsten Kosten zu gebrauchen/ wider die Un-
mäßigkeit und Faulheit als den radicem vieler
Kranckheiten: Claude os & aperi oculos. Wer
das erste thut/ dem kommt das andere nicht sauer
an/ weil nun ein Ehrgeitziger wenig ißt und
trinckt/
so kan er auch desto eher wachsam
seyn. Diese Wachsamkeit macht ihn geschickt
und lustig viele Geschäffte mit Lust zu verrich-
ten. Seine Arbeitsamkeit unterhält wechsels-
weise die Wachsamkeit/ weil seine Arbeitsamkeit

fast

Das 10. H. von dem Ehrgeitz
ren ſolte/ ſondern ſo viel als zu Ehren noͤthig iſt/
hat er/ und haͤlt ſich auch ſelbſt reinlich/ aber er
wendet doch noch weniger auff ſich als ein Tu-
gendhaffter/ er hat wohl Silber-Geſchirr und
andere meublen nach ſeinem Stande/ aber fuͤr
ſeine Gaͤſte und Frembde die ihn beſuchen; Er
alleine ſpeiſet und haͤlt ſich in einen andern Zim-
mer auff und bedienet ſich ſchlechteren Hauß-
raths und Geſchirrs. Seine Gaͤſte tractiret
er herrlich/ er aber fuͤr ſich vergnuͤgt ſich mit
gebratenen Ruͤben; Er kleidet ſeine Diener
praͤchtig/ er aber ſelbſt traͤgt ein unanſehnlich
Kleid/ daß die travaillen die er thut aushalten
kan/ wenn er nemlich nicht bey andern zu Ehren
erſcheinen muß.

47. Dieſes alles verurſacht auch/ daß ein
Ehrgeitziger zu wachſamer Arbeitſamkeit
geneigt ſey. Wo viel eſſen und trincken iſt/ da
iſt auch viel ſchlaffen und dieſes verurſachet
Faulheit. Es iſt ein ſicher remedium ohne die
geringſten Koſten zu gebrauchen/ wider die Un-
maͤßigkeit und Faulheit als den radicem vieler
Kranckheiten: Claude os & aperi oculos. Wer
das erſte thut/ dem kom̃t das andere nicht ſauer
an/ weil nun ein Ehrgeitziger wenig ißt und
trinckt/
ſo kan er auch deſto eher wachſam
ſeyn. Dieſe Wachſamkeit macht ihn geſchickt
und luſtig viele Geſchaͤffte mit Luſt zu verrich-
ten. Seine Arbeitſamkeit unterhaͤlt wechſels-
weiſe die Wachſamkeit/ weil ſeine Arbeitſamkeit

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[254/0266] Das 10. H. von dem Ehrgeitz ren ſolte/ ſondern ſo viel als zu Ehren noͤthig iſt/ hat er/ und haͤlt ſich auch ſelbſt reinlich/ aber er wendet doch noch weniger auff ſich als ein Tu- gendhaffter/ er hat wohl Silber-Geſchirr und andere meublen nach ſeinem Stande/ aber fuͤr ſeine Gaͤſte und Frembde die ihn beſuchen; Er alleine ſpeiſet und haͤlt ſich in einen andern Zim- mer auff und bedienet ſich ſchlechteren Hauß- raths und Geſchirrs. Seine Gaͤſte tractiret er herrlich/ er aber fuͤr ſich vergnuͤgt ſich mit gebratenen Ruͤben; Er kleidet ſeine Diener praͤchtig/ er aber ſelbſt traͤgt ein unanſehnlich Kleid/ daß die travaillen die er thut aushalten kan/ wenn er nemlich nicht bey andern zu Ehren erſcheinen muß. 47. Dieſes alles verurſacht auch/ daß ein Ehrgeitziger zu wachſamer Arbeitſamkeit geneigt ſey. Wo viel eſſen und trincken iſt/ da iſt auch viel ſchlaffen und dieſes verurſachet Faulheit. Es iſt ein ſicher remedium ohne die geringſten Koſten zu gebrauchen/ wider die Un- maͤßigkeit und Faulheit als den radicem vieler Kranckheiten: Claude os & aperi oculos. Wer das erſte thut/ dem kom̃t das andere nicht ſauer an/ weil nun ein Ehrgeitziger wenig ißt und trinckt/ ſo kan er auch deſto eher wachſam ſeyn. Dieſe Wachſamkeit macht ihn geſchickt und luſtig viele Geſchaͤffte mit Luſt zu verrich- ten. Seine Arbeitſamkeit unterhaͤlt wechſels- weiſe die Wachſamkeit/ weil ſeine Arbeitſamkeit faſt

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/266>, abgerufen am 28.03.2024.