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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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und denen daher rührenden Untugenden.
läufftigkeit offt obscur und kein guter methodicus
u. s. w.

30. Was nun die Laster und Untugenden
anbelanget/ wodurch der Geld-Geitz von der
wahren Tugend/ und von denen Beschaffen-
heiten der Wohllust und des Ehr-Geitzes ent-
schieden wird/ so ist bey einem Geitzigen an
Statt der verschwiegenen Offenhertzigkeit
der Tugend/ Tückisches Wesen und
Simuli-
rung anzutreffen. Hierdurch verstehe ich ein
Laster/ durch welches ein Geitziger ange-
trieben wird/ sich gegen andere Menschen
freundlich und treu anzustellen/ seinen Haß
und Feindschafft zu verbergen/ die Wahr-
heit zu verkehren/ und an Statt derselben
sich die Lügen anzugewehnen.
Ein Geitzi-
ger liebet keinen Menschen/ also trauet er auch
keinem/ sondern fürchtet ihn/ und dencket ihn mit
seiner Verstellung zu betriegen/ und dadurch
Geld und Gut von ihm zu erlangen. Er liebet
alle andere Creaturen/ und denckt/ andere sind
wie er/ und trachten auch darnach. Diese
Furcht nun und das Mißtrauen treiben ihn zur
Simulation, Dissimulation und Lügen an/ und der
Mangel der Menschen-Liebe giebt ihm Kräffte/
solchen Vorsatz auszuüben. Ein Tugendhaff-
ter ist verschwiegen aus Liebe; Ein Ehr-Geitzi-
ger aus Furcht fur der Schande: Ein Wohllü-
stiger wolte es wohl zuweilen gerne seyn/ aber
seine Wohllust hindert ihn am Vermögen/ wel-

ches
T

und denen daher ruͤhrenden Untugenden.
laͤufftigkeit offt obſcur und kein guter methodicus
u. ſ. w.

30. Was nun die Laſter und Untugenden
anbelanget/ wodurch der Geld-Geitz von der
wahren Tugend/ und von denen Beſchaffen-
heiten der Wohlluſt und des Ehr-Geitzes ent-
ſchieden wird/ ſo iſt bey einem Geitzigen an
Statt der verſchwiegenen Offenhertzigkeit
der Tugend/ Tuͤckiſches Weſen und
Simuli-
rung anzutreffen. Hierdurch verſtehe ich ein
Laſter/ durch welches ein Geitziger ange-
trieben wird/ ſich gegen andere Menſchen
freundlich und treu anzuſtellen/ ſeinen Haß
und Feindſchafft zu verbergen/ die Wahr-
heit zu verkehren/ und an Statt derſelben
ſich die Luͤgen anzugewehnen.
Ein Geitzi-
ger liebet keinen Menſchen/ alſo trauet er auch
keinem/ ſondern fuͤrchtet ihn/ und dencket ihn mit
ſeiner Verſtellung zu betriegen/ und dadurch
Geld und Gut von ihm zu erlangen. Er liebet
alle andere Creaturen/ und denckt/ andere ſind
wie er/ und trachten auch darnach. Dieſe
Furcht nun und das Mißtrauen treiben ihn zur
Simulation, Diſſimulation und Luͤgen an/ und der
Mangel der Menſchen-Liebe giebt ihm Kraͤffte/
ſolchen Vorſatz auszuuͤben. Ein Tugendhaff-
ter iſt verſchwiegen aus Liebe; Ein Ehr-Geitzi-
ger aus Furcht fur der Schande: Ein Wohlluͤ-
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[289/0301] und denen daher ruͤhrenden Untugenden. laͤufftigkeit offt obſcur und kein guter methodicus u. ſ. w. 30. Was nun die Laſter und Untugenden anbelanget/ wodurch der Geld-Geitz von der wahren Tugend/ und von denen Beſchaffen- heiten der Wohlluſt und des Ehr-Geitzes ent- ſchieden wird/ ſo iſt bey einem Geitzigen an Statt der verſchwiegenen Offenhertzigkeit der Tugend/ Tuͤckiſches Weſen und Simuli- rung anzutreffen. Hierdurch verſtehe ich ein Laſter/ durch welches ein Geitziger ange- trieben wird/ ſich gegen andere Menſchen freundlich und treu anzuſtellen/ ſeinen Haß und Feindſchafft zu verbergen/ die Wahr- heit zu verkehren/ und an Statt derſelben ſich die Luͤgen anzugewehnen. Ein Geitzi- ger liebet keinen Menſchen/ alſo trauet er auch keinem/ ſondern fuͤrchtet ihn/ und dencket ihn mit ſeiner Verſtellung zu betriegen/ und dadurch Geld und Gut von ihm zu erlangen. Er liebet alle andere Creaturen/ und denckt/ andere ſind wie er/ und trachten auch darnach. Dieſe Furcht nun und das Mißtrauen treiben ihn zur Simulation, Diſſimulation und Luͤgen an/ und der Mangel der Menſchen-Liebe giebt ihm Kraͤffte/ ſolchen Vorſatz auszuuͤben. Ein Tugendhaff- ter iſt verſchwiegen aus Liebe; Ein Ehr-Geitzi- ger aus Furcht fur der Schande: Ein Wohlluͤ- ſtiger wolte es wohl zuweilen gerne ſeyn/ aber ſeine Wohlluſt hindert ihn am Vermoͤgen/ wel- ches T

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/301>, abgerufen am 29.03.2024.