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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Ursprung aller menschl. Glückseeligk.
der alten Lehren ersoffene nicht Gelegen-
heit nehmen dieselbe boßhaffter Weise zu lä-
stern.

34.

Erstlich ist nicht die Frage von innerlichen
Gottesdienst/
nemlich wenn der Mensch in sei-
nen Gedancken Gott vertrauet/ ihn liebet/ fürch-
tet und sein Thun und lassen nach der Erkäntniß
seines Willens/ die er natürlicher Weise davon
hat einrichtet. Denn hierzu treibet ihn aller-
dings auch die Erkäntniß seiner Natur an/ wie
wir allbereit erwiesen haben. Sondern man
redet von äußerlichen Gottesdienst/ der in
äußerlichen Ceremonien bestehet/ und der entwe-
der allen Völckern oder doch deren meisten ge-
mein/ oder in Ansehen des Unterscheids der
Völcker auch unterschieden ist.

35.

Jener bestehet überhaupt in einem äußer-
lichen beten/ loben und dancken. Denn es
ist kein Volck unter der Sonnen/ das nicht sei-
nem GOtt diese drey Stücke des äußerlichen
Gottesdienstes erweisen solte. Dieser aber be-
ruhet in denen gantz unterschiedenen Arten und
Weisen GOtt anzuruffen/ zu loben und zu dan-
cken. Als wenn z. e. bey denen Christen ge-
bräuchlich ist/ oder zum Theil seyn solte/ GOtt
im Nahmen unsers HErrn JEsu Christi ohne
Zorn und Zweiffel/ öffentlich/ mit auffgehobenen
Händen/ auch für die Feinde vermittelst einer
Music, auch nach Gelegenheit bey Fasten und
Anhörung GOttes Worts anzuruffen/ wohin

auch
J 4

Urſprung aller menſchl. Gluͤckſeeligk.
der alten Lehren erſoffene nicht Gelegen-
heit nehmen dieſelbe boßhaffter Weiſe zu laͤ-
ſtern.

34.

Erſtlich iſt nicht die Frage von innerlichen
Gottesdienſt/
nemlich wenn der Menſch in ſei-
nen Gedancken Gott vertrauet/ ihn liebet/ fuͤrch-
tet und ſein Thun und laſſen nach der Erkaͤntniß
ſeines Willens/ die er natuͤrlicher Weiſe davon
hat einrichtet. Denn hierzu treibet ihn aller-
dings auch die Erkaͤntniß ſeiner Natur an/ wie
wir allbereit erwieſen haben. Sondern man
redet von aͤußerlichen Gottesdienſt/ der in
aͤußerlichen Ceremonien beſtehet/ und der entwe-
der allen Voͤlckern oder doch deren meiſten ge-
mein/ oder in Anſehen des Unterſcheids der
Voͤlcker auch unterſchieden iſt.

35.

Jener beſtehet uͤberhaupt in einem aͤußer-
lichen beten/ loben und dancken. Denn es
iſt kein Volck unter der Sonnen/ das nicht ſei-
nem GOtt dieſe drey Stuͤcke des aͤußerlichen
Gottesdienſtes erweiſen ſolte. Dieſer aber be-
ruhet in denen gantz unterſchiedenen Arten und
Weiſen GOtt anzuruffen/ zu loben und zu dan-
cken. Als wenn z. e. bey denen Chriſten ge-
braͤuchlich iſt/ oder zum Theil ſeyn ſolte/ GOtt
im Nahmen unſers HErrn JEſu Chriſti ohne
Zorn und Zweiffel/ oͤffentlich/ mit auffgehobenen
Haͤnden/ auch fuͤr die Feinde vermittelſt einer
Muſic, auch nach Gelegenheit bey Faſten und
Anhoͤrung GOttes Worts anzuruffen/ wohin

auch
J 4
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[135/0167] Urſprung aller menſchl. Gluͤckſeeligk. der alten Lehren erſoffene nicht Gelegen- heit nehmen dieſelbe boßhaffter Weiſe zu laͤ- ſtern. 34. Erſtlich iſt nicht die Frage von innerlichen Gottesdienſt/ nemlich wenn der Menſch in ſei- nen Gedancken Gott vertrauet/ ihn liebet/ fuͤrch- tet und ſein Thun und laſſen nach der Erkaͤntniß ſeines Willens/ die er natuͤrlicher Weiſe davon hat einrichtet. Denn hierzu treibet ihn aller- dings auch die Erkaͤntniß ſeiner Natur an/ wie wir allbereit erwieſen haben. Sondern man redet von aͤußerlichen Gottesdienſt/ der in aͤußerlichen Ceremonien beſtehet/ und der entwe- der allen Voͤlckern oder doch deren meiſten ge- mein/ oder in Anſehen des Unterſcheids der Voͤlcker auch unterſchieden iſt. 35. Jener beſtehet uͤberhaupt in einem aͤußer- lichen beten/ loben und dancken. Denn es iſt kein Volck unter der Sonnen/ das nicht ſei- nem GOtt dieſe drey Stuͤcke des aͤußerlichen Gottesdienſtes erweiſen ſolte. Dieſer aber be- ruhet in denen gantz unterſchiedenen Arten und Weiſen GOtt anzuruffen/ zu loben und zu dan- cken. Als wenn z. e. bey denen Chriſten ge- braͤuchlich iſt/ oder zum Theil ſeyn ſolte/ GOtt im Nahmen unſers HErrn JEſu Chriſti ohne Zorn und Zweiffel/ oͤffentlich/ mit auffgehobenen Haͤnden/ auch fuͤr die Feinde vermittelſt einer Muſic, auch nach Gelegenheit bey Faſten und Anhoͤrung GOttes Worts anzuruffen/ wohin auch J 4

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/167>, abgerufen am 28.03.2024.