Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Liebe aller Menschen.
Leistung der Gutthaten bey demjenigen der die-
selben empfähet/ eine andere Tugend/ in Danck-
barkeit
entstehet: also man wegen allgemerner
Dienste
der Leutseeligkeit/ von dem andern kei-
ne Danckbarkeit
fordern könne/ eben deshal-
ben/ weil uns dieselben nicht sauer ankommen
sind.

26.

Hierinnen aber ist eine Gleichheit zwischen
denen Officiis humanitatis und denen Guttha-
ten/ daß man weder zu jenen noch zu diesen/ so
wohl auch zu der Danckbarkeit keinen Menschen
zu zwingen pflege.
Ja daß wenn man gleich zu
der Leutseeligkeit/ Gutthätigkeit und Danck-
barkeit
jemand zwingen wolte/ (wie denn auff
gewisse Maasse in denen Gesellschafften/ darinnen
ein Ober-Herr ist/ dieser seine Unteren gar wohl
zu denen Leistungen dieser Tugenden nach Gele-
genheit der Sachen und Umbstände zwingen kan)
dennoch so dann die aus einen Zwang herrühren-
de Leistungen/ eben deswegen weil sie nicht frey-
willig sondern gezwungen geschehen den Nahmen
der Leutseeligkeit/ Gutthätigkeit und Danckbar-
keit verliehren würden.

27.

Jedoch ist hiebey nicht zu läugnen/ daß die
Ursachen/ wegen welcher man nach Anleitung
der gesunden Vernunfft niemand zu einer von die-
sen dreyen Tugenden zwingen kan/ dennoch unter-
schieden seyn/ und solcher gestalt dennoch ein
mercklicher Unterscheid zwischen der Leutsee-
ligkeit
an einem und am andern Theile zwischen

der
O

Liebe aller Menſchen.
Leiſtung der Gutthaten bey demjenigen der die-
ſelben empfaͤhet/ eine andere Tugend/ in Danck-
barkeit
entſtehet: alſo man wegen allgemeꝛner
Dienſte
der Leutſeeligkeit/ von dem andern kei-
ne Danckbarkeit
fordern koͤnne/ eben deshal-
ben/ weil uns dieſelben nicht ſauer ankommen
ſind.

26.

Hierinnen aber iſt eine Gleichheit zwiſchen
denen Officiis humanitatis und denen Guttha-
ten/ daß man weder zu jenen noch zu dieſen/ ſo
wohl auch zu der Danckbarkeit keinen Menſchẽ
zu zwingen pflege.
Ja daß wenn man gleich zu
der Leutſeeligkeit/ Gutthaͤtigkeit und Danck-
barkeit
jemand zwingen wolte/ (wie denn auff
gewiſſe Maaſſe in denen Geſellſchafften/ darinnen
ein Ober-Herr iſt/ dieſer ſeine Unteren gar wohl
zu denen Leiſtungen dieſer Tugenden nach Gele-
genheit der Sachen und Umbſtaͤnde zwingen kan)
dennoch ſo dann die aus einen Zwang herruͤhren-
de Leiſtungen/ eben deswegen weil ſie nicht frey-
willig ſondern gezwungen geſchehen den Nahmen
der Leutſeeligkeit/ Gutthaͤtigkeit und Danckbar-
keit verliehren wuͤrden.

27.

Jedoch iſt hiebey nicht zu laͤugnen/ daß die
Urſachen/ wegen welcher man nach Anleitung
der geſunden Vernunfft niemand zu einer von die-
ſen dreyen Tugenden zwingen kan/ dennoch unter-
ſchieden ſeyn/ und ſolcher geſtalt dennoch ein
mercklicher Unterſcheid zwiſchen der Leutſee-
ligkeit
an einem und am andern Theile zwiſchen

der
O
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0241" n="211[209]"/><fw place="top" type="header">Liebe aller Men&#x017F;chen.</fw><lb/>
Lei&#x017F;tung <hi rendition="#fr">der Gutthaten</hi> bey demjenigen der die-<lb/>
&#x017F;elben empfa&#x0364;het/ eine andere Tugend/ in <hi rendition="#fr">Danck-<lb/>
barkeit</hi> ent&#x017F;tehet: al&#x017F;o man wegen <hi rendition="#fr">allgeme&#xA75B;ner<lb/>
Dien&#x017F;te</hi> der Leut&#x017F;eeligkeit/ von dem andern <hi rendition="#fr">kei-<lb/>
ne Danckbarkeit</hi> fordern ko&#x0364;nne/ eben deshal-<lb/>
ben/ weil uns die&#x017F;elben nicht &#x017F;auer ankommen<lb/>
&#x017F;ind.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>26.</head>
            <p>Hierinnen aber i&#x017F;t eine Gleichheit zwi&#x017F;chen<lb/>
denen <hi rendition="#aq">Officiis humanitatis</hi> und denen Guttha-<lb/>
ten/ daß man weder zu jenen noch zu die&#x017F;en/ &#x017F;o<lb/>
wohl auch zu der Danckbarkeit <hi rendition="#fr">keinen Men&#x017F;che&#x0303;<lb/>
zu zwingen pflege.</hi> Ja daß wenn man gleich zu<lb/>
der <hi rendition="#fr">Leut&#x017F;eeligkeit/ Guttha&#x0364;tigkeit</hi> und <hi rendition="#fr">Danck-<lb/>
barkeit</hi> jemand zwingen wolte/ (wie denn auff<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Maa&#x017F;&#x017F;e in denen Ge&#x017F;ell&#x017F;chafften/ darinnen<lb/>
ein Ober-Herr i&#x017F;t/ die&#x017F;er &#x017F;eine Unteren gar wohl<lb/>
zu denen Lei&#x017F;tungen die&#x017F;er Tugenden nach Gele-<lb/>
genheit der Sachen und Umb&#x017F;ta&#x0364;nde zwingen kan)<lb/>
dennoch &#x017F;o dann die aus einen Zwang herru&#x0364;hren-<lb/>
de Lei&#x017F;tungen/ eben deswegen weil &#x017F;ie nicht frey-<lb/>
willig &#x017F;ondern gezwungen ge&#x017F;chehen den Nahmen<lb/>
der Leut&#x017F;eeligkeit/ Guttha&#x0364;tigkeit und Danckbar-<lb/>
keit verliehren wu&#x0364;rden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>27.</head>
            <p>Jedoch i&#x017F;t hiebey nicht zu la&#x0364;ugnen/ daß die<lb/><hi rendition="#fr">Ur&#x017F;achen/</hi> wegen welcher man nach Anleitung<lb/>
der ge&#x017F;unden Vernunfft niemand zu einer von die-<lb/>
&#x017F;en dreyen Tugenden zwingen kan/ dennoch unter-<lb/>
&#x017F;chieden &#x017F;eyn/ und &#x017F;olcher ge&#x017F;talt dennoch ein<lb/>
mercklicher <hi rendition="#fr">Unter&#x017F;cheid</hi> zwi&#x017F;chen der <hi rendition="#fr">Leut&#x017F;ee-<lb/>
ligkeit</hi> an einem und am andern Theile zwi&#x017F;chen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[211[209]/0241] Liebe aller Menſchen. Leiſtung der Gutthaten bey demjenigen der die- ſelben empfaͤhet/ eine andere Tugend/ in Danck- barkeit entſtehet: alſo man wegen allgemeꝛner Dienſte der Leutſeeligkeit/ von dem andern kei- ne Danckbarkeit fordern koͤnne/ eben deshal- ben/ weil uns dieſelben nicht ſauer ankommen ſind. 26. Hierinnen aber iſt eine Gleichheit zwiſchen denen Officiis humanitatis und denen Guttha- ten/ daß man weder zu jenen noch zu dieſen/ ſo wohl auch zu der Danckbarkeit keinen Menſchẽ zu zwingen pflege. Ja daß wenn man gleich zu der Leutſeeligkeit/ Gutthaͤtigkeit und Danck- barkeit jemand zwingen wolte/ (wie denn auff gewiſſe Maaſſe in denen Geſellſchafften/ darinnen ein Ober-Herr iſt/ dieſer ſeine Unteren gar wohl zu denen Leiſtungen dieſer Tugenden nach Gele- genheit der Sachen und Umbſtaͤnde zwingen kan) dennoch ſo dann die aus einen Zwang herruͤhren- de Leiſtungen/ eben deswegen weil ſie nicht frey- willig ſondern gezwungen geſchehen den Nahmen der Leutſeeligkeit/ Gutthaͤtigkeit und Danckbar- keit verliehren wuͤrden. 27. Jedoch iſt hiebey nicht zu laͤugnen/ daß die Urſachen/ wegen welcher man nach Anleitung der geſunden Vernunfft niemand zu einer von die- ſen dreyen Tugenden zwingen kan/ dennoch unter- ſchieden ſeyn/ und ſolcher geſtalt dennoch ein mercklicher Unterſcheid zwiſchen der Leutſee- ligkeit an einem und am andern Theile zwiſchen der O

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/241
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 211[209]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/241>, abgerufen am 16.04.2024.