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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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und unwahrscheinlichen Dingen.

4. Und solcher Gestalt wäre alles dasjeni-
ge wahrscheinlich/ was sich ein jeder Mensch/
der keine Grund-Regeln der Warheit weiß/
wahr oder falsch zu seyn einbildet/ es möge
nun sonsten mit der gemeinen Vernunfft über-
einkommen oder nicht.

5. Von dieser Wahrscheinligkeit redet das
gemeine Sprichwort: Mundus regitur opi-
nionibus.

6. Aber diese gehet uns nichts an/ weil
diese Meinungen nichts anders sind/ als Jrr-
thümer
oder doch aus Jrrthümern herge-
leitet
sind.

7. Wir aber wollen von wahrscheinlichen
Dingen reden/ bey welchen der Mensche in sei-
ner Meinung nicht irret/ sondern der Mensch-
liche Verstand wohl erkennet/ daß es eine
blosse Meinung sey/ die er zu keiner Ge-
wißheit bringen könne
/ und in dessen Anse-
hen unerkant bleibe.

8. Jch habe diese Wahrscheinligkeit in vor-
hergehenden Capitel mit einen beweglichen
punct verglichen/ vielleicht kanst du dir solches
deutlicher einbilden mit einem Züngelgen in
der Wage.

9. Jn Göttlichen Dingen soll der Mensch-

liche
und unwahrſcheinlichen Dingen.

4. Und ſolcher Geſtalt waͤre alles dasjeni-
ge wahrſcheinlich/ was ſich ein jeder Menſch/
der keine Grund-Regeln der Warheit weiß/
wahr oder falſch zu ſeyn einbildet/ es moͤge
nun ſonſten mit der gemeinen Vernunfft uͤber-
einkommen oder nicht.

5. Von dieſer Wahrſcheinligkeit redet das
gemeine Sprichwort: Mundus regitur opi-
nionibus.

6. Aber dieſe gehet uns nichts an/ weil
dieſe Meinungen nichts anders ſind/ als Jrr-
thuͤmer
oder doch aus Jrrthuͤmern herge-
leitet
ſind.

7. Wir aber wollen von wahrſcheinlichen
Dingen reden/ bey welchen der Menſche in ſei-
ner Meinung nicht irret/ ſondern der Menſch-
liche Verſtand wohl erkennet/ daß es eine
bloſſe Meinung ſey/ die er zu keiner Ge-
wißheit bringen koͤnne
/ und in deſſen Anſe-
hen unerkant bleibe.

8. Jch habe dieſe Wahrſcheinligkeit in vor-
hergehenden Capitel mit einen beweglichen
punct verglichen/ vielleicht kanſt du dir ſolches
deutlicher einbilden mit einem Zuͤngelgen in
der Wage.

9. Jn Goͤttlichen Dingen ſoll der Menſch-

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[221/0239] und unwahrſcheinlichen Dingen. 4. Und ſolcher Geſtalt waͤre alles dasjeni- ge wahrſcheinlich/ was ſich ein jeder Menſch/ der keine Grund-Regeln der Warheit weiß/ wahr oder falſch zu ſeyn einbildet/ es moͤge nun ſonſten mit der gemeinen Vernunfft uͤber- einkommen oder nicht. 5. Von dieſer Wahrſcheinligkeit redet das gemeine Sprichwort: Mundus regitur opi- nionibus. 6. Aber dieſe gehet uns nichts an/ weil dieſe Meinungen nichts anders ſind/ als Jrr- thuͤmer oder doch aus Jrrthuͤmern herge- leitet ſind. 7. Wir aber wollen von wahrſcheinlichen Dingen reden/ bey welchen der Menſche in ſei- ner Meinung nicht irret/ ſondern der Menſch- liche Verſtand wohl erkennet/ daß es eine bloſſe Meinung ſey/ die er zu keiner Ge- wißheit bringen koͤnne/ und in deſſen Anſe- hen unerkant bleibe. 8. Jch habe dieſe Wahrſcheinligkeit in vor- hergehenden Capitel mit einen beweglichen punct verglichen/ vielleicht kanſt du dir ſolches deutlicher einbilden mit einem Zuͤngelgen in der Wage. 9. Jn Goͤttlichen Dingen ſoll der Menſch- liche

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/239>, abgerufen am 19.04.2024.