Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

dasjenige Wirthschaftssystem, dem man das am mehrsten
bereichernde Saatenverhältniß zutheilt, den Sieg davon
tragen.

Soll nun die Vergleichung zweier Wirthschaftssysteme
nicht zur Begriffsverwirrung sondern zur klaren Einsicht
führen, so müssen folgende Gesichtspunkte scharf geschieden
werden:

1) Wenn der Zweck der Wirthschaft ist, den Boden in
Hinsicht seines Reichthums in einem beharrenden Zu-
stand zu erhalten, welches Wirthschaftssystem liefert
dann den höchsten Geldertrag?
2) Unter welchen Verhältnissen ist es vortheilhaft, den
Reichthum des Bodens auf Kosten des Geldertrags
zu erhöhen, und bis zu welchem Grad kann der Reich-
thum des Bodens mit Vortheil vermehrt werden?
3) Wenn der Zweck der Wirthschaft nicht auf den höch-
sten Geldertrag sondern auf die Bereicherung des
Bodens gerichtet ist, durch welches Wirthschaftssystem
wird dann die Vermehrung des Reichthums mit den
mindesten Kosten erreicht?

Die Lösung der ersten, aber nicht die der zweiten
und dritten Aufgabe ist Gegenstand dieser Schrift: wir
haben zwar Acker von verschiedenen Stuffen des Reich-
thums neben einander gestellt und mit einander vergli-
chen; aber immer haben wir den Acker als im beharren-
den Zustande befindlich betrachtet und betrachten müssen.
Die zweite und dritte Aufgabe, fast noch wichtiger als
die erste, erwarten ihre Lösung vielmehr von den derein-
stigen Fortschritten der Statik des Landbaues.

B. Verhältniß des Heuertrags aus den Wiesen zur Größe des
Ackerlandes.

Wenn mit einem Gute, welches in Koppel- oder
Dreifelderwirthschaft liegt, keine Wiesen verbunden sind,

dasjenige Wirthſchaftsſyſtem, dem man das am mehrſten
bereichernde Saatenverhaͤltniß zutheilt, den Sieg davon
tragen.

Soll nun die Vergleichung zweier Wirthſchaftsſyſteme
nicht zur Begriffsverwirrung ſondern zur klaren Einſicht
fuͤhren, ſo muͤſſen folgende Geſichtspunkte ſcharf geſchieden
werden:

1) Wenn der Zweck der Wirthſchaft iſt, den Boden in
Hinſicht ſeines Reichthums in einem beharrenden Zu-
ſtand zu erhalten, welches Wirthſchaftsſyſtem liefert
dann den hoͤchſten Geldertrag?
2) Unter welchen Verhaͤltniſſen iſt es vortheilhaft, den
Reichthum des Bodens auf Koſten des Geldertrags
zu erhoͤhen, und bis zu welchem Grad kann der Reich-
thum des Bodens mit Vortheil vermehrt werden?
3) Wenn der Zweck der Wirthſchaft nicht auf den hoͤch-
ſten Geldertrag ſondern auf die Bereicherung des
Bodens gerichtet iſt, durch welches Wirthſchaftsſyſtem
wird dann die Vermehrung des Reichthums mit den
mindeſten Koſten erreicht?

Die Loͤſung der erſten, aber nicht die der zweiten
und dritten Aufgabe iſt Gegenſtand dieſer Schrift: wir
haben zwar Acker von verſchiedenen Stuffen des Reich-
thums neben einander geſtellt und mit einander vergli-
chen; aber immer haben wir den Acker als im beharren-
den Zuſtande befindlich betrachtet und betrachten muͤſſen.
Die zweite und dritte Aufgabe, faſt noch wichtiger als
die erſte, erwarten ihre Loͤſung vielmehr von den derein-
ſtigen Fortſchritten der Statik des Landbaues.

B. Verhaͤltniß des Heuertrags aus den Wieſen zur Groͤße des
Ackerlandes.

Wenn mit einem Gute, welches in Koppel- oder
Dreifelderwirthſchaft liegt, keine Wieſen verbunden ſind,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0128" n="114"/>
dasjenige Wirth&#x017F;chafts&#x017F;y&#x017F;tem, dem man das am mehr&#x017F;ten<lb/>
bereichernde Saatenverha&#x0364;ltniß zutheilt, den Sieg davon<lb/>
tragen.</p><lb/>
            <p>Soll nun die Vergleichung zweier Wirth&#x017F;chafts&#x017F;y&#x017F;teme<lb/>
nicht zur Begriffsverwirrung &#x017F;ondern zur klaren Ein&#x017F;icht<lb/>
fu&#x0364;hren, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en folgende Ge&#x017F;ichtspunkte &#x017F;charf ge&#x017F;chieden<lb/>
werden:</p><lb/>
            <list>
              <item>1) Wenn der Zweck der Wirth&#x017F;chaft i&#x017F;t, den Boden in<lb/>
Hin&#x017F;icht &#x017F;eines Reichthums in einem beharrenden Zu-<lb/>
&#x017F;tand zu erhalten, welches Wirth&#x017F;chafts&#x017F;y&#x017F;tem liefert<lb/>
dann den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Geldertrag?</item><lb/>
              <item>2) Unter welchen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t es vortheilhaft, den<lb/>
Reichthum des Bodens auf Ko&#x017F;ten des Geldertrags<lb/>
zu erho&#x0364;hen, und bis zu welchem Grad kann der Reich-<lb/>
thum des Bodens mit Vortheil vermehrt werden?</item><lb/>
              <item>3) Wenn der Zweck der Wirth&#x017F;chaft nicht auf den ho&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;ten Geldertrag &#x017F;ondern auf die Bereicherung des<lb/>
Bodens gerichtet i&#x017F;t, durch welches Wirth&#x017F;chafts&#x017F;y&#x017F;tem<lb/>
wird dann die Vermehrung des Reichthums mit den<lb/>
minde&#x017F;ten Ko&#x017F;ten erreicht?</item>
            </list><lb/>
            <p>Die Lo&#x0364;&#x017F;ung der er&#x017F;ten, aber nicht die der zweiten<lb/>
und dritten Aufgabe i&#x017F;t Gegen&#x017F;tand die&#x017F;er Schrift: wir<lb/>
haben zwar Acker von ver&#x017F;chiedenen Stuffen des Reich-<lb/>
thums neben einander ge&#x017F;tellt und mit einander vergli-<lb/>
chen; aber immer haben wir den Acker als im beharren-<lb/>
den Zu&#x017F;tande befindlich betrachtet und betrachten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Die zweite und dritte Aufgabe, fa&#x017F;t noch wichtiger als<lb/>
die er&#x017F;te, erwarten ihre Lo&#x0364;&#x017F;ung vielmehr von den derein-<lb/>
&#x017F;tigen Fort&#x017F;chritten der Statik des Landbaues.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#aq">B.</hi> Verha&#x0364;ltniß des Heuertrags aus den Wie&#x017F;en zur Gro&#x0364;ße des<lb/>
Ackerlandes.</head><lb/>
            <p>Wenn mit einem Gute, welches in Koppel- oder<lb/>
Dreifelderwirth&#x017F;chaft liegt, keine Wie&#x017F;en verbunden &#x017F;ind,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0128] dasjenige Wirthſchaftsſyſtem, dem man das am mehrſten bereichernde Saatenverhaͤltniß zutheilt, den Sieg davon tragen. Soll nun die Vergleichung zweier Wirthſchaftsſyſteme nicht zur Begriffsverwirrung ſondern zur klaren Einſicht fuͤhren, ſo muͤſſen folgende Geſichtspunkte ſcharf geſchieden werden: 1) Wenn der Zweck der Wirthſchaft iſt, den Boden in Hinſicht ſeines Reichthums in einem beharrenden Zu- ſtand zu erhalten, welches Wirthſchaftsſyſtem liefert dann den hoͤchſten Geldertrag? 2) Unter welchen Verhaͤltniſſen iſt es vortheilhaft, den Reichthum des Bodens auf Koſten des Geldertrags zu erhoͤhen, und bis zu welchem Grad kann der Reich- thum des Bodens mit Vortheil vermehrt werden? 3) Wenn der Zweck der Wirthſchaft nicht auf den hoͤch- ſten Geldertrag ſondern auf die Bereicherung des Bodens gerichtet iſt, durch welches Wirthſchaftsſyſtem wird dann die Vermehrung des Reichthums mit den mindeſten Koſten erreicht? Die Loͤſung der erſten, aber nicht die der zweiten und dritten Aufgabe iſt Gegenſtand dieſer Schrift: wir haben zwar Acker von verſchiedenen Stuffen des Reich- thums neben einander geſtellt und mit einander vergli- chen; aber immer haben wir den Acker als im beharren- den Zuſtande befindlich betrachtet und betrachten muͤſſen. Die zweite und dritte Aufgabe, faſt noch wichtiger als die erſte, erwarten ihre Loͤſung vielmehr von den derein- ſtigen Fortſchritten der Statik des Landbaues. B. Verhaͤltniß des Heuertrags aus den Wieſen zur Groͤße des Ackerlandes. Wenn mit einem Gute, welches in Koppel- oder Dreifelderwirthſchaft liegt, keine Wieſen verbunden ſind,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/128
Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/128>, abgerufen am 18.04.2024.