Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 37.
Konsumtionssteuer und Kopfsteuer.

Konsumtionssteuern auf solche Waaren gelegt, die
nicht zu den nothwendigen Bedürfnissen gehören und die
von den ärmern Klassen des Volks ganz entbehrt werden
können, beschränken den Luxus der Reichen und Wohlha-
benden, ohne die Ausbreitung der Kultur des Bodens
und die nützliche Anwendung von Kapitalien zu hindern.
Sie sind nur nachtheilig für diejenigen, die mit der Her-
vorbringung und Verarbeitung der Luxuswaaren beschäf-
tigt sind: denn die Steuer vermindert den Gebrauch die-
ser Waaren und ein Theil dieser Menschen verliert da-
durch ihren Erwerb; aber diese Klasse von Arbeitern ist
weder so zahlreich noch so wichtig für den Staat, als
diejenige Klasse, die sich mit der Verarbeitung der noth-
wendigen Lebensbedürfnisse beschäftigt.

Wird die Steuer auf Luxuswaaren, die aus dem
Auslande kommen, gelegt, so verlieren dadurch bloß die
Kaufleute, Schiffer und Frachtfahrer, die den Transport
dieser Waaren besorgen, ihren Erwerb.

Konsumtionssteuern auf die unentbehrlichen Bedürf-
nisse des gemeinen Mannes gelegt, sind weit nachtheili-
ger, als die Kopfsteuern. Denn eines Theils ist die Er-
hebung der Konsumtionssteuer so kostspielig, daß da-
durch ein großer Theil der Einnahme wieder verschlungen
wird, weshalb denn den Unterthanen weit mehr entnom-
men werden muß, als die Staatskasse bedarf und em-
pfängt; andern Theils trifft diese Steuer auch den wirk-
lich Hülfsbedürftigen, der nur von der Wohlthätigkeit
andrer Menschen lebt; während die Kopfsteuer doch nur
von denjenigen Personen erhoben wird, die einen Erwerb
und ein wirkliches Einkommen besitzen.

Die Kopfsteuer, welche für die ungleichste aller Ab-
gaben gilt, weil sie ohne Rücksicht auf Einkommen und

§. 37.
Konſumtionsſteuer und Kopfſteuer.

Konſumtionsſteuern auf ſolche Waaren gelegt, die
nicht zu den nothwendigen Beduͤrfniſſen gehoͤren und die
von den aͤrmern Klaſſen des Volks ganz entbehrt werden
koͤnnen, beſchraͤnken den Luxus der Reichen und Wohlha-
benden, ohne die Ausbreitung der Kultur des Bodens
und die nuͤtzliche Anwendung von Kapitalien zu hindern.
Sie ſind nur nachtheilig fuͤr diejenigen, die mit der Her-
vorbringung und Verarbeitung der Luxuswaaren beſchaͤf-
tigt ſind: denn die Steuer vermindert den Gebrauch die-
ſer Waaren und ein Theil dieſer Menſchen verliert da-
durch ihren Erwerb; aber dieſe Klaſſe von Arbeitern iſt
weder ſo zahlreich noch ſo wichtig fuͤr den Staat, als
diejenige Klaſſe, die ſich mit der Verarbeitung der noth-
wendigen Lebensbeduͤrfniſſe beſchaͤftigt.

Wird die Steuer auf Luxuswaaren, die aus dem
Auslande kommen, gelegt, ſo verlieren dadurch bloß die
Kaufleute, Schiffer und Frachtfahrer, die den Transport
dieſer Waaren beſorgen, ihren Erwerb.

Konſumtionsſteuern auf die unentbehrlichen Beduͤrf-
niſſe des gemeinen Mannes gelegt, ſind weit nachtheili-
ger, als die Kopfſteuern. Denn eines Theils iſt die Er-
hebung der Konſumtionsſteuer ſo koſtſpielig, daß da-
durch ein großer Theil der Einnahme wieder verſchlungen
wird, weshalb denn den Unterthanen weit mehr entnom-
men werden muß, als die Staatskaſſe bedarf und em-
pfaͤngt; andern Theils trifft dieſe Steuer auch den wirk-
lich Huͤlfsbeduͤrftigen, der nur von der Wohlthaͤtigkeit
andrer Menſchen lebt; waͤhrend die Kopfſteuer doch nur
von denjenigen Perſonen erhoben wird, die einen Erwerb
und ein wirkliches Einkommen beſitzen.

Die Kopfſteuer, welche fuͤr die ungleichſte aller Ab-
gaben gilt, weil ſie ohne Ruͤckſicht auf Einkommen und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0288" n="274"/>
        <div n="2">
          <head>§. 37.<lb/>
Kon&#x017F;umtions&#x017F;teuer und Kopf&#x017F;teuer.</head><lb/>
          <p>Kon&#x017F;umtions&#x017F;teuern auf &#x017F;olche Waaren gelegt, die<lb/>
nicht zu den nothwendigen Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;en geho&#x0364;ren und die<lb/>
von den a&#x0364;rmern Kla&#x017F;&#x017F;en des Volks ganz entbehrt werden<lb/>
ko&#x0364;nnen, be&#x017F;chra&#x0364;nken den Luxus der Reichen und Wohlha-<lb/>
benden, ohne die Ausbreitung der Kultur des Bodens<lb/>
und die nu&#x0364;tzliche Anwendung von Kapitalien zu hindern.<lb/>
Sie &#x017F;ind nur nachtheilig fu&#x0364;r diejenigen, die mit der Her-<lb/>
vorbringung und Verarbeitung der Luxuswaaren be&#x017F;cha&#x0364;f-<lb/>
tigt &#x017F;ind: denn die Steuer vermindert den Gebrauch die-<lb/>
&#x017F;er Waaren und ein Theil die&#x017F;er Men&#x017F;chen verliert da-<lb/>
durch ihren Erwerb; aber die&#x017F;e Kla&#x017F;&#x017F;e von Arbeitern i&#x017F;t<lb/>
weder &#x017F;o zahlreich noch &#x017F;o wichtig fu&#x0364;r den Staat, als<lb/>
diejenige Kla&#x017F;&#x017F;e, die &#x017F;ich mit der Verarbeitung der noth-<lb/>
wendigen Lebensbedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;cha&#x0364;ftigt.</p><lb/>
          <p>Wird die Steuer auf Luxuswaaren, die aus dem<lb/>
Auslande kommen, gelegt, &#x017F;o verlieren dadurch bloß die<lb/>
Kaufleute, Schiffer und Frachtfahrer, die den Transport<lb/>
die&#x017F;er Waaren be&#x017F;orgen, ihren Erwerb.</p><lb/>
          <p>Kon&#x017F;umtions&#x017F;teuern auf die unentbehrlichen Bedu&#x0364;rf-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e des gemeinen Mannes gelegt, &#x017F;ind weit nachtheili-<lb/>
ger, als die Kopf&#x017F;teuern. Denn eines Theils i&#x017F;t die Er-<lb/>
hebung der Kon&#x017F;umtions&#x017F;teuer &#x017F;o ko&#x017F;t&#x017F;pielig, daß da-<lb/>
durch ein großer Theil der Einnahme wieder ver&#x017F;chlungen<lb/>
wird, weshalb denn den Unterthanen weit mehr entnom-<lb/>
men werden muß, als die Staatska&#x017F;&#x017F;e bedarf und em-<lb/>
pfa&#x0364;ngt; andern Theils trifft die&#x017F;e Steuer auch den wirk-<lb/>
lich Hu&#x0364;lfsbedu&#x0364;rftigen, der nur von der Wohltha&#x0364;tigkeit<lb/>
andrer Men&#x017F;chen lebt; wa&#x0364;hrend die Kopf&#x017F;teuer doch nur<lb/>
von denjenigen Per&#x017F;onen erhoben wird, die einen Erwerb<lb/>
und ein wirkliches Einkommen be&#x017F;itzen.</p><lb/>
          <p>Die Kopf&#x017F;teuer, welche fu&#x0364;r die ungleich&#x017F;te aller Ab-<lb/>
gaben gilt, weil &#x017F;ie ohne Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf Einkommen und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[274/0288] §. 37. Konſumtionsſteuer und Kopfſteuer. Konſumtionsſteuern auf ſolche Waaren gelegt, die nicht zu den nothwendigen Beduͤrfniſſen gehoͤren und die von den aͤrmern Klaſſen des Volks ganz entbehrt werden koͤnnen, beſchraͤnken den Luxus der Reichen und Wohlha- benden, ohne die Ausbreitung der Kultur des Bodens und die nuͤtzliche Anwendung von Kapitalien zu hindern. Sie ſind nur nachtheilig fuͤr diejenigen, die mit der Her- vorbringung und Verarbeitung der Luxuswaaren beſchaͤf- tigt ſind: denn die Steuer vermindert den Gebrauch die- ſer Waaren und ein Theil dieſer Menſchen verliert da- durch ihren Erwerb; aber dieſe Klaſſe von Arbeitern iſt weder ſo zahlreich noch ſo wichtig fuͤr den Staat, als diejenige Klaſſe, die ſich mit der Verarbeitung der noth- wendigen Lebensbeduͤrfniſſe beſchaͤftigt. Wird die Steuer auf Luxuswaaren, die aus dem Auslande kommen, gelegt, ſo verlieren dadurch bloß die Kaufleute, Schiffer und Frachtfahrer, die den Transport dieſer Waaren beſorgen, ihren Erwerb. Konſumtionsſteuern auf die unentbehrlichen Beduͤrf- niſſe des gemeinen Mannes gelegt, ſind weit nachtheili- ger, als die Kopfſteuern. Denn eines Theils iſt die Er- hebung der Konſumtionsſteuer ſo koſtſpielig, daß da- durch ein großer Theil der Einnahme wieder verſchlungen wird, weshalb denn den Unterthanen weit mehr entnom- men werden muß, als die Staatskaſſe bedarf und em- pfaͤngt; andern Theils trifft dieſe Steuer auch den wirk- lich Huͤlfsbeduͤrftigen, der nur von der Wohlthaͤtigkeit andrer Menſchen lebt; waͤhrend die Kopfſteuer doch nur von denjenigen Perſonen erhoben wird, die einen Erwerb und ein wirkliches Einkommen beſitzen. Die Kopfſteuer, welche fuͤr die ungleichſte aller Ab- gaben gilt, weil ſie ohne Ruͤckſicht auf Einkommen und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/288
Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/288>, abgerufen am 19.04.2024.