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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Die verkehrte Welt.
es möglich ist, daß wir wieder Akteurs in irgend
einem Stücke wären, und einer sähe nun das Zeug
so alles durch einander! Das wäre doch die Con-
fusion aller Confusionen. Wir sind noch glücklich,
daß wir nicht in dieser bedauernswürdigen Lage
sind, denn es wäre nachher kaum möglich, sich auf
gelinde Weise wieder in seinen allerersten vernünfti-
gen Zustand zurück bringen zu lassen, ich fürchte,
man müßte mit Pulver wieder hinein gesprengt
werden.
Scävola. Man träumt oft auf ähnliche
Weise, und es ist erschrecklich; auch manche Gedan-
ken spinnen und spinnen sich auf solche Art immer
weiter und weiter ins Innere hinein. Beides ist
auch, um toll zu werden.


Musik.
Rondo.

Wie sagte doch jener Bauer, als er die Pflau-
men schon zur Suppe essen sollte? ja: darinn ist
kein Verstand!

So oft sich der Philosoph verwundern muß,
so oft er ein Ding nicht begreift, (und das geschieht
meist, weil es zu seinem Systeme nicht paßt, denn
außerdem würde ihm die Sache nicht so fremd seyn,
vielleicht wäre ihm der Gedanke ganz natürlich)
so ruft er aus: darinn ist kein Verstand!


Die verkehrte Welt.
es moͤglich iſt, daß wir wieder Akteurs in irgend
einem Stuͤcke waͤren, und einer ſaͤhe nun das Zeug
ſo alles durch einander! Das waͤre doch die Con-
fuſion aller Confuſionen. Wir ſind noch gluͤcklich,
daß wir nicht in dieſer bedauernswuͤrdigen Lage
ſind, denn es waͤre nachher kaum moͤglich, ſich auf
gelinde Weiſe wieder in ſeinen allererſten vernuͤnfti-
gen Zuſtand zuruͤck bringen zu laſſen, ich fuͤrchte,
man muͤßte mit Pulver wieder hinein geſprengt
werden.
Scaͤvola. Man traͤumt oft auf aͤhnliche
Weiſe, und es iſt erſchrecklich; auch manche Gedan-
ken ſpinnen und ſpinnen ſich auf ſolche Art immer
weiter und weiter ins Innere hinein. Beides iſt
auch, um toll zu werden.


Muſik.
Rondo.

Wie ſagte doch jener Bauer, als er die Pflau-
men ſchon zur Suppe eſſen ſollte? ja: darinn iſt
kein Verſtand!

So oft ſich der Philoſoph verwundern muß,
ſo oft er ein Ding nicht begreift, (und das geſchieht
meiſt, weil es zu ſeinem Syſteme nicht paßt, denn
außerdem wuͤrde ihm die Sache nicht ſo fremd ſeyn,
vielleicht waͤre ihm der Gedanke ganz natuͤrlich)
ſo ruft er aus: darinn iſt kein Verſtand!


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[331/0340] Die verkehrte Welt. es moͤglich iſt, daß wir wieder Akteurs in irgend einem Stuͤcke waͤren, und einer ſaͤhe nun das Zeug ſo alles durch einander! Das waͤre doch die Con- fuſion aller Confuſionen. Wir ſind noch gluͤcklich, daß wir nicht in dieſer bedauernswuͤrdigen Lage ſind, denn es waͤre nachher kaum moͤglich, ſich auf gelinde Weiſe wieder in ſeinen allererſten vernuͤnfti- gen Zuſtand zuruͤck bringen zu laſſen, ich fuͤrchte, man muͤßte mit Pulver wieder hinein geſprengt werden. Scaͤvola. Man traͤumt oft auf aͤhnliche Weiſe, und es iſt erſchrecklich; auch manche Gedan- ken ſpinnen und ſpinnen ſich auf ſolche Art immer weiter und weiter ins Innere hinein. Beides iſt auch, um toll zu werden. Muſik. Rondo. Wie ſagte doch jener Bauer, als er die Pflau- men ſchon zur Suppe eſſen ſollte? ja: darinn iſt kein Verſtand! So oft ſich der Philoſoph verwundern muß, ſo oft er ein Ding nicht begreift, (und das geſchieht meiſt, weil es zu ſeinem Syſteme nicht paßt, denn außerdem wuͤrde ihm die Sache nicht ſo fremd ſeyn, vielleicht waͤre ihm der Gedanke ganz natuͤrlich) ſo ruft er aus: darinn iſt kein Verſtand!

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/340>, abgerufen am 29.03.2024.