Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweite Abtheilung.
Jedweden Stuhl ob Schmerzes Pein verschmä-
hend stand.
Ida.
O Finger du der rachekundgen Nemesis!
Malwina.
Was ruft dies Wort aus deinem Innern mäch-
tig auf?
Ida.
Der Hochgestimmte, wie er edel war und zart,
Pflag einer Sitte, die ihm Scherz bedünkte, doch,
Wodurch der Fackelglanz des Hymen mir erlosch,
Das Herz mit Gram, mit nassem Salz den Blick
gefüllt:
Daß jenen Theil, der nunmehr hat so schwer
gebüßt,
Er mit des Pöbels härtstem Ausdruck oft genannt,
Du kennst wohl selbst das schrecklich bös einsilbge
Wort,
Das meiner Lippen Wölbung nie austönen soll:
Beschwor ich dann mit Thränen ihn, so hartes
Leid
Von mir zu thun, zu tödten nicht das Zartgefühl,
So lacht er, sprach noch lauter aus den Höllenton;
Da ward mein Herz dem frechen Mann zum er-
sten fremd.
Malwina.
Nie folgt er wieder also böslichem Gelüst,
Auch wundert mich, daß er, der Edle, dies vermocht,
Der immer nur der Redensarten Blüth und Grün
Sich gern gepflückt, daß oft mein Sinn ihn nicht
verstand:
Doch
Zweite Abtheilung.
Jedweden Stuhl ob Schmerzes Pein verſchmaͤ-
hend ſtand.
Ida.
O Finger du der rachekundgen Nemeſis!
Malwina.
Was ruft dies Wort aus deinem Innern maͤch-
tig auf?
Ida.
Der Hochgeſtimmte, wie er edel war und zart,
Pflag einer Sitte, die ihm Scherz beduͤnkte, doch,
Wodurch der Fackelglanz des Hymen mir erloſch,
Das Herz mit Gram, mit naſſem Salz den Blick
gefuͤllt:
Daß jenen Theil, der nunmehr hat ſo ſchwer
gebuͤßt,
Er mit des Poͤbels haͤrtſtem Ausdruck oft genannt,
Du kennſt wohl ſelbſt das ſchrecklich boͤs einſilbge
Wort,
Das meiner Lippen Woͤlbung nie austoͤnen ſoll:
Beſchwor ich dann mit Thraͤnen ihn, ſo hartes
Leid
Von mir zu thun, zu toͤdten nicht das Zartgefuͤhl,
So lacht er, ſprach noch lauter aus den Hoͤllenton;
Da ward mein Herz dem frechen Mann zum er-
ſten fremd.
Malwina.
Nie folgt er wieder alſo boͤslichem Geluͤſt,
Auch wundert mich, daß er, der Edle, dies vermocht,
Der immer nur der Redensarten Bluͤth und Gruͤn
Sich gern gepfluͤckt, daß oft mein Sinn ihn nicht
verſtand:
Doch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#MAL">
                <p><pb facs="#f0537" n="528"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/>
Jedweden Stuhl ob Schmerzes Pein ver&#x017F;chma&#x0364;-<lb/><hi rendition="#et">hend &#x017F;tand.</hi></p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#IDA">
                <speaker><hi rendition="#g">Ida</hi>.</speaker><lb/>
                <p>O Finger du der rachekundgen Neme&#x017F;is!</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#MAL">
                <speaker><hi rendition="#g">Malwina</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Was ruft dies Wort aus deinem Innern ma&#x0364;ch-<lb/><hi rendition="#et">tig auf?</hi></p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#IDA">
                <speaker><hi rendition="#g">Ida</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Der Hochge&#x017F;timmte, wie er edel war und zart,<lb/>
Pflag einer Sitte, die ihm Scherz bedu&#x0364;nkte, doch,<lb/>
Wodurch der Fackelglanz des Hymen mir erlo&#x017F;ch,<lb/>
Das Herz mit Gram, mit na&#x017F;&#x017F;em Salz den Blick<lb/><hi rendition="#et">gefu&#x0364;llt:</hi><lb/>
Daß jenen Theil, der nunmehr hat &#x017F;o &#x017F;chwer<lb/><hi rendition="#et">gebu&#x0364;ßt,</hi><lb/>
Er mit des Po&#x0364;bels ha&#x0364;rt&#x017F;tem Ausdruck oft genannt,<lb/>
Du kenn&#x017F;t wohl &#x017F;elb&#x017F;t das &#x017F;chrecklich bo&#x0364;s ein&#x017F;ilbge<lb/><hi rendition="#et">Wort,</hi><lb/>
Das meiner Lippen Wo&#x0364;lbung nie austo&#x0364;nen &#x017F;oll:<lb/>
Be&#x017F;chwor ich dann mit Thra&#x0364;nen ihn, &#x017F;o hartes<lb/><hi rendition="#et">Leid</hi><lb/>
Von mir zu thun, zu to&#x0364;dten nicht das Zartgefu&#x0364;hl,<lb/>
So lacht er, &#x017F;prach noch lauter aus den Ho&#x0364;llenton;<lb/>
Da ward mein Herz dem frechen Mann zum er-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ten fremd.</hi></p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#MAL">
                <speaker><hi rendition="#g">Malwina</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Nie folgt er wieder al&#x017F;o bo&#x0364;slichem Gelu&#x0364;&#x017F;t,<lb/>
Auch wundert mich, daß er, der Edle, dies vermocht,<lb/>
Der immer nur der Redensarten Blu&#x0364;th und Gru&#x0364;n<lb/>
Sich gern gepflu&#x0364;ckt, daß oft mein Sinn ihn nicht<lb/><hi rendition="#et">ver&#x017F;tand:</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Doch</fw><lb/></p>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[528/0537] Zweite Abtheilung. Jedweden Stuhl ob Schmerzes Pein verſchmaͤ- hend ſtand. Ida. O Finger du der rachekundgen Nemeſis! Malwina. Was ruft dies Wort aus deinem Innern maͤch- tig auf? Ida. Der Hochgeſtimmte, wie er edel war und zart, Pflag einer Sitte, die ihm Scherz beduͤnkte, doch, Wodurch der Fackelglanz des Hymen mir erloſch, Das Herz mit Gram, mit naſſem Salz den Blick gefuͤllt: Daß jenen Theil, der nunmehr hat ſo ſchwer gebuͤßt, Er mit des Poͤbels haͤrtſtem Ausdruck oft genannt, Du kennſt wohl ſelbſt das ſchrecklich boͤs einſilbge Wort, Das meiner Lippen Woͤlbung nie austoͤnen ſoll: Beſchwor ich dann mit Thraͤnen ihn, ſo hartes Leid Von mir zu thun, zu toͤdten nicht das Zartgefuͤhl, So lacht er, ſprach noch lauter aus den Hoͤllenton; Da ward mein Herz dem frechen Mann zum er- ſten fremd. Malwina. Nie folgt er wieder alſo boͤslichem Geluͤſt, Auch wundert mich, daß er, der Edle, dies vermocht, Der immer nur der Redensarten Bluͤth und Gruͤn Sich gern gepfluͤckt, daß oft mein Sinn ihn nicht verſtand: Doch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/537
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 528. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/537>, abgerufen am 28.03.2024.