Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Blaubart.
ausgelegte Dächer im Schein der Morgensonne
funkelnd: steile Berge und weite Aussichten von
oben, immer neue Menschengesichter, dichte Wäl-
der, und einsame verschlungene Fußpfade durch
das dunkelgrüne Labyrinth im Widerklang der
Nachtigallen: -- und nun ist alles so anders, und
mir wird immer bänger und bänger, je mehr ich
mich von der gewohnten Heimath entferne.
Hugo. Wir treffen unterwegs noch auf merk-
würdige Gegenden.
Agnes. Seht, wie das Feld wüst ist dort-
hin, die sandigen, kahlen Hügel, über denen die
dunkeln Regenwolken stehn.
Hugo. Mein Schloß liegt angenehmer.
Agnes. Es regnet schon, und der Himmel
wird immer finsterer.
Hugo. Wir müssen wohl aufbrechen, es
wird sonst zu spät. Wo ist denn deine Schwester?
Rufe sie und höre auf zu wimmern. Komm,
unsre Pferde sind auch abgefüttert.
(sie gehn ab.)


Dritte Scene.
(Saal mit Thüren, im Hintergrunde eine Stiege, die
zu einem obern Zimmer führt.)


Brigitte, Caspar.
Caspar. Nichts! Zimmer und Garten sind
genug für Euch, Fräulein; was braucht Ihr da
Der Blaubart.
ausgelegte Daͤcher im Schein der Morgenſonne
funkelnd: ſteile Berge und weite Ausſichten von
oben, immer neue Menſchengeſichter, dichte Waͤl-
der, und einſame verſchlungene Fußpfade durch
das dunkelgruͤne Labyrinth im Widerklang der
Nachtigallen: — und nun iſt alles ſo anders, und
mir wird immer baͤnger und baͤnger, je mehr ich
mich von der gewohnten Heimath entferne.
Hugo. Wir treffen unterwegs noch auf merk-
wuͤrdige Gegenden.
Agnes. Seht, wie das Feld wuͤſt iſt dort-
hin, die ſandigen, kahlen Huͤgel, uͤber denen die
dunkeln Regenwolken ſtehn.
Hugo. Mein Schloß liegt angenehmer.
Agnes. Es regnet ſchon, und der Himmel
wird immer finſterer.
Hugo. Wir muͤſſen wohl aufbrechen, es
wird ſonſt zu ſpaͤt. Wo iſt denn deine Schweſter?
Rufe ſie und hoͤre auf zu wimmern. Komm,
unſre Pferde ſind auch abgefuͤttert.
(ſie gehn ab.)


Dritte Scene.
(Saal mit Thuͤren, im Hintergrunde eine Stiege, die
zu einem obern Zimmer fuͤhrt.)


Brigitte, Caspar.
Caspar. Nichts! Zimmer und Garten ſind
genug fuͤr Euch, Fraͤulein; was braucht Ihr da
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#AGN">
                <p><pb facs="#f0086" n="77"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der Blaubart</hi>.</fw><lb/>
ausgelegte Da&#x0364;cher im Schein der Morgen&#x017F;onne<lb/>
funkelnd: &#x017F;teile Berge und weite Aus&#x017F;ichten von<lb/>
oben, immer neue Men&#x017F;chenge&#x017F;ichter, dichte Wa&#x0364;l-<lb/>
der, und ein&#x017F;ame ver&#x017F;chlungene Fußpfade durch<lb/>
das dunkelgru&#x0364;ne Labyrinth im Widerklang der<lb/>
Nachtigallen: &#x2014; und nun i&#x017F;t alles &#x017F;o anders, und<lb/>
mir wird immer ba&#x0364;nger und ba&#x0364;nger, je mehr ich<lb/>
mich von der gewohnten Heimath entferne.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#HUGO">
                <speaker><hi rendition="#g">Hugo</hi>.</speaker>
                <p>Wir treffen unterwegs noch auf merk-<lb/>
wu&#x0364;rdige Gegenden.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#AGN">
                <speaker><hi rendition="#g">Agnes</hi>.</speaker>
                <p>Seht, wie das Feld wu&#x0364;&#x017F;t i&#x017F;t dort-<lb/>
hin, die &#x017F;andigen, kahlen Hu&#x0364;gel, u&#x0364;ber denen die<lb/>
dunkeln Regenwolken &#x017F;tehn.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#HUGO">
                <speaker><hi rendition="#g">Hugo</hi>.</speaker>
                <p>Mein Schloß liegt angenehmer.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#AGN">
                <speaker><hi rendition="#g">Agnes</hi>.</speaker>
                <p>Es regnet &#x017F;chon, und der Himmel<lb/>
wird immer fin&#x017F;terer.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#HUGO">
                <speaker><hi rendition="#g">Hugo</hi>.</speaker>
                <p>Wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wohl aufbrechen, es<lb/>
wird &#x017F;on&#x017F;t zu &#x017F;pa&#x0364;t. Wo i&#x017F;t denn deine Schwe&#x017F;ter?<lb/>
Rufe &#x017F;ie und ho&#x0364;re auf zu wimmern. Komm,<lb/>
un&#x017F;re Pferde &#x017F;ind auch abgefu&#x0364;ttert.</p>
                <stage>(&#x017F;ie gehn ab.)</stage>
              </sp>
            </div>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Dritte Scene</hi>.</hi> </head><lb/>
            <stage>(Saal mit Thu&#x0364;ren, im Hintergrunde eine Stiege, die<lb/>
zu einem obern Zimmer fu&#x0364;hrt.)</stage><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <stage><hi rendition="#g">Brigitte, Caspar</hi>.</stage><lb/>
            <sp who="#CAS">
              <speaker><hi rendition="#g">Caspar</hi>.</speaker>
              <p>Nichts! Zimmer und Garten &#x017F;ind<lb/>
genug fu&#x0364;r Euch, Fra&#x0364;ulein; was braucht Ihr da<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0086] Der Blaubart. ausgelegte Daͤcher im Schein der Morgenſonne funkelnd: ſteile Berge und weite Ausſichten von oben, immer neue Menſchengeſichter, dichte Waͤl- der, und einſame verſchlungene Fußpfade durch das dunkelgruͤne Labyrinth im Widerklang der Nachtigallen: — und nun iſt alles ſo anders, und mir wird immer baͤnger und baͤnger, je mehr ich mich von der gewohnten Heimath entferne. Hugo. Wir treffen unterwegs noch auf merk- wuͤrdige Gegenden. Agnes. Seht, wie das Feld wuͤſt iſt dort- hin, die ſandigen, kahlen Huͤgel, uͤber denen die dunkeln Regenwolken ſtehn. Hugo. Mein Schloß liegt angenehmer. Agnes. Es regnet ſchon, und der Himmel wird immer finſterer. Hugo. Wir muͤſſen wohl aufbrechen, es wird ſonſt zu ſpaͤt. Wo iſt denn deine Schweſter? Rufe ſie und hoͤre auf zu wimmern. Komm, unſre Pferde ſind auch abgefuͤttert. (ſie gehn ab.) Dritte Scene. (Saal mit Thuͤren, im Hintergrunde eine Stiege, die zu einem obern Zimmer fuͤhrt.) Brigitte, Caspar. Caspar. Nichts! Zimmer und Garten ſind genug fuͤr Euch, Fraͤulein; was braucht Ihr da

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/86
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/86>, abgerufen am 29.03.2024.