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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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Drittes Capitel.

Der Morgen kam. Franz hatte eine Ge¬
sellschaft gefunden, die auf dem Kanal mit
einem Schiffe nach Rotterdam fahren woll¬
te, dort wollten sie ein größers nehmen, um
vollends nach Antwerpen zu kommen.

Es war helles Wetter, als sie in das
Boot stiegen; die Gesellschaft schien bei gu¬
ter Laune. Franz betrachtete sie nach der
Reihe, und keiner darunter fiel ihm beson¬
ders auf, außer ein junger Mensch, der ei¬
nige zwanzig Jahre alt zu seyn schien, und
ungemein schön im Gesicht und in seinen
Gebährden war. Franz fühlte sich immer
mehr zu den jüngern als zu den ältern Leuten
hingezogen; er sprach mit den leztern un¬
gern, weil er nur selten in ihre Empfindun¬
gen einstimmen konnte. Bei alten Leuten
empfand er seine Beschränkung noch quälen¬

Drittes Capitel.

Der Morgen kam. Franz hatte eine Ge¬
ſellſchaft gefunden, die auf dem Kanal mit
einem Schiffe nach Rotterdam fahren woll¬
te, dort wollten ſie ein größers nehmen, um
vollends nach Antwerpen zu kommen.

Es war helles Wetter, als ſie in das
Boot ſtiegen; die Geſellſchaft ſchien bei gu¬
ter Laune. Franz betrachtete ſie nach der
Reihe, und keiner darunter fiel ihm beſon¬
ders auf, außer ein junger Menſch, der ei¬
nige zwanzig Jahre alt zu ſeyn ſchien, und
ungemein ſchön im Geſicht und in ſeinen
Gebährden war. Franz fühlte ſich immer
mehr zu den jüngern als zu den ältern Leuten
hingezogen; er ſprach mit den leztern un¬
gern, weil er nur ſelten in ihre Empfindun¬
gen einſtimmen konnte. Bei alten Leuten
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[265/0276] Drittes Capitel. Der Morgen kam. Franz hatte eine Ge¬ ſellſchaft gefunden, die auf dem Kanal mit einem Schiffe nach Rotterdam fahren woll¬ te, dort wollten ſie ein größers nehmen, um vollends nach Antwerpen zu kommen. Es war helles Wetter, als ſie in das Boot ſtiegen; die Geſellſchaft ſchien bei gu¬ ter Laune. Franz betrachtete ſie nach der Reihe, und keiner darunter fiel ihm beſon¬ ders auf, außer ein junger Menſch, der ei¬ nige zwanzig Jahre alt zu ſeyn ſchien, und ungemein ſchön im Geſicht und in ſeinen Gebährden war. Franz fühlte ſich immer mehr zu den jüngern als zu den ältern Leuten hingezogen; er ſprach mit den leztern un¬ gern, weil er nur ſelten in ihre Empfindun¬ gen einſtimmen konnte. Bei alten Leuten empfand er ſeine Beſchränkung noch quälen¬

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/276>, abgerufen am 18.04.2024.