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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887.

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und ist einer bestimmten Menge Geldes gleichzusetzen. "Nur
diejenigen Handlungen aber sind zu Obligationen geeignet,
die einen solchen äusserlichen Charakter annehmen können
und dadurch fähig werden, gleich den Sachen einem frem-
den Willen unterworfen zu werden. Dazu aber wird vor-
ausgesetzt, dass diese Handlungen einen Vermögenswerth
haben oder einer Schätzung in Geld empfänglich sind"
(Savigny, Obligationenr. I, S. 9). Umgekehrter Weise kann
daher ein Versprechen von Sachen, welche Tauschwerth
haben, also insbesondere Geldversprechen, mithin eine
Obligation, selber als Geld dienen und umlaufen. Das Ver-
sprechen, als Ausdruck einer Willkürform, des Beschlusses,
ist selber Macht, Waaren oder Geld zu erwerben, insofern
es angenommen wird; ist Vermögen. Die allgemeine
Annahme muss für sich als Gegenstand einer (stillschweigen-
den) Verabredung, der gesellschaftlichen Convention gedacht
werden, deren Grund, einer Person solchen "Credit" zu
gewähren, die wie immer basirte Grösse der Wahrschein-
lichkeit
ist, dass ein dergleichen Versprechen gehalten,
dass die Obligation erfüllt, der "Wechsel" bezahlt oder reali-
sirt werde. Solche Creditzeichen sind mithin und wirken
in um so vollkommenerer Weise dem Gelde gleich, je mehr
diese Wahrscheinlichkeit der Gewissheit und Sicherheit nahe
ist. Also ist aber das Geld als Obligation und die Obli-
gation als Geld der vollkommene und abstracte Ausdruck
des gesellschaftlichen Eigenthums oder des Vermögens, als
der sicheren Macht über fremde, ihrer Natur nach freie, aber
hierzu verbundene Willkür.

§ 7.

Nunmehr ergibt sich hieraus folgende Tabelle zu-
sammengehöriger und entgegengesetzter Begriffe:

Gemeinschaft.Gesellschaft.
WesenwilleWillkür
SelbstPerson
BesitzVermögen
Grund und BodenGeld
FamilienrechtObligationenrecht.

Zu diesen Gegensätzen gehört ferner und ist in allen

und ist einer bestimmten Menge Geldes gleichzusetzen. »Nur
diejenigen Handlungen aber sind zu Obligationen geeignet,
die einen solchen äusserlichen Charakter annehmen können
und dadurch fähig werden, gleich den Sachen einem frem-
den Willen unterworfen zu werden. Dazu aber wird vor-
ausgesetzt, dass diese Handlungen einen Vermögenswerth
haben oder einer Schätzung in Geld empfänglich sind«
(Savigny, Obligationenr. I, S. 9). Umgekehrter Weise kann
daher ein Versprechen von Sachen, welche Tauschwerth
haben, also insbesondere Geldversprechen, mithin eine
Obligation, selber als Geld dienen und umlaufen. Das Ver-
sprechen, als Ausdruck einer Willkürform, des Beschlusses,
ist selber Macht, Waaren oder Geld zu erwerben, insofern
es angenommen wird; ist Vermögen. Die allgemeine
Annahme muss für sich als Gegenstand einer (stillschweigen-
den) Verabredung, der gesellschaftlichen Convention gedacht
werden, deren Grund, einer Person solchen »Credit« zu
gewähren, die wie immer basirte Grösse der Wahrschein-
lichkeit
ist, dass ein dergleichen Versprechen gehalten,
dass die Obligation erfüllt, der »Wechsel« bezahlt oder reali-
sirt werde. Solche Creditzeichen sind mithin und wirken
in um so vollkommenerer Weise dem Gelde gleich, je mehr
diese Wahrscheinlichkeit der Gewissheit und Sicherheit nahe
ist. Also ist aber das Geld als Obligation und die Obli-
gation als Geld der vollkommene und abstracte Ausdruck
des gesellschaftlichen Eigenthums oder des Vermögens, als
der sicheren Macht über fremde, ihrer Natur nach freie, aber
hierzu verbundene Willkür.

§ 7.

Nunmehr ergibt sich hieraus folgende Tabelle zu-
sammengehöriger und entgegengesetzter Begriffe:

Gemeinschaft.Gesellschaft.
WesenwilleWillkür
SelbstPerson
BesitzVermögen
Grund und BodenGeld
FamilienrechtObligationenrecht.

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[212/0248] und ist einer bestimmten Menge Geldes gleichzusetzen. »Nur diejenigen Handlungen aber sind zu Obligationen geeignet, die einen solchen äusserlichen Charakter annehmen können und dadurch fähig werden, gleich den Sachen einem frem- den Willen unterworfen zu werden. Dazu aber wird vor- ausgesetzt, dass diese Handlungen einen Vermögenswerth haben oder einer Schätzung in Geld empfänglich sind« (Savigny, Obligationenr. I, S. 9). Umgekehrter Weise kann daher ein Versprechen von Sachen, welche Tauschwerth haben, also insbesondere Geldversprechen, mithin eine Obligation, selber als Geld dienen und umlaufen. Das Ver- sprechen, als Ausdruck einer Willkürform, des Beschlusses, ist selber Macht, Waaren oder Geld zu erwerben, insofern es angenommen wird; ist Vermögen. Die allgemeine Annahme muss für sich als Gegenstand einer (stillschweigen- den) Verabredung, der gesellschaftlichen Convention gedacht werden, deren Grund, einer Person solchen »Credit« zu gewähren, die wie immer basirte Grösse der Wahrschein- lichkeit ist, dass ein dergleichen Versprechen gehalten, dass die Obligation erfüllt, der »Wechsel« bezahlt oder reali- sirt werde. Solche Creditzeichen sind mithin und wirken in um so vollkommenerer Weise dem Gelde gleich, je mehr diese Wahrscheinlichkeit der Gewissheit und Sicherheit nahe ist. Also ist aber das Geld als Obligation und die Obli- gation als Geld der vollkommene und abstracte Ausdruck des gesellschaftlichen Eigenthums oder des Vermögens, als der sicheren Macht über fremde, ihrer Natur nach freie, aber hierzu verbundene Willkür. § 7. Nunmehr ergibt sich hieraus folgende Tabelle zu- sammengehöriger und entgegengesetzter Begriffe: Gemeinschaft. Gesellschaft. Wesenwille Willkür Selbst Person Besitz Vermögen Grund und Boden Geld Familienrecht Obligationenrecht. Zu diesen Gegensätzen gehört ferner und ist in allen

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Zitationshilfe: Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/248>, abgerufen am 18.04.2024.