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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 2: Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. Leipzig, 1882.

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Blücher über die Lütticher Meuterei. Die Teplitzer Punktation.
erbringen, den ich nun an seiner Stelle erbringen mußte: daß Wrede an dem Oelser
Raube nicht betheiligt war.


II. Blücher über die Lütticher Meuterei.
Zu Bd. I S. 734. (738 der 3. Aufl.)
Generalfeldmarschall Fürst Blücher an König Friedrich August von Sachsen.

Euere Königliche Majestät
haben durch Ihre früher ergriffenen Maßregeln Ihre Unterthanen, einen geachteten deut-
schen Völkerstamm, in das tiefste Unglück gestürzt.

Durch Ihre späteren Maßregeln kann es dahin kommen, daß er allgemein mit
Schande bedeckt wird.

Die Rebellion, welche von Friedrichsfelde und Preßburg aus in der Armee orga-
nisirt wurde, ist ausgebrochen, in einer Zeit ausgebrochen, wo ganz Deutschland gegen
den allgemeinen Feind auftritt. Die Verbrecher haben Bonaparte als ihren Beschützer
öffentlich proclamirt und mich, der ich in einer fünfundfünfzigjährigen Dienstzeit in der
glücklichen Lage gewesen bin, nur das Blut meiner Feinde zu vergießen, genöthigt, zum
ersten Male Hinrichtungen in meiner eigenen Armee vornehmen zu müssen.

Aus der Anlage*) werden Ew. Maj. ersehen, wie ich es bis jetzt noch versucht
habe, die Ehre des sächsischen Namens zu retten, aber es ist der letzte Versuch.

Wird meine Stimme nicht gehört, so werde ich, nicht ohne Schmerz, aber mit
der Ruhe meines guten Gewissens und erfüllter Pflicht, die Ordnung mit Gewalt her-
stellen, und sollte ich genöthigt sein, die ganze sächsische Armee niederschießen zu lassen.

Das vergossene Blut wird dereinst vor Gottes Gericht über den kommen, der es
verschuldet hat, und vor dem Allwissenden wird Befehle geben und Befehle dulden, als
ein- und dasselbe geachtet werden müssen.

Ew. Maj. wissen, daß ein Greis von dreiundsiebzig Jahren keine anderen irdischen
Absichten mehr haben kann, als daß die Stimme der Wahrheit gehört werde und das
Rechte geschehe.

So haben Ew. Königl. Maj. dieses Schreiben aufzunehmen.

Hauptquartier Lüttich, 6. Mai 1815.

Blücher.


III. Die Teplitzer Punktation.
Zu Bd. II S. 550.

Einige Sätze der Teplitzer Punktation sind, wie oben erwähnt, wörtlich aufge-
nommen in die "Punktation für die Hauptgegenstände dieser Verhandlungen", welche
Fürst Metternich in der ersten Conferenz zu Karlsbad vorlegte (abgedruckt bei Welcker-
Klüber, Wichtige Urkunden für den Rechtszustand der deutschen Nation, S. 185 f.). Ich
gebe im Folgenden den vollständigen Text und bezeichne in den Noten die Abweichungen
von der Karlsbader Punktation.

*) Beigelegt war die bekannte Proclamation Blüchers an die Soldaten des sächsischen Armeecorps
vom 6. Mai 1815.

Blücher über die Lütticher Meuterei. Die Teplitzer Punktation.
erbringen, den ich nun an ſeiner Stelle erbringen mußte: daß Wrede an dem Oelſer
Raube nicht betheiligt war.


II. Blücher über die Lütticher Meuterei.
Zu Bd. I S. 734. (738 der 3. Aufl.)
Generalfeldmarſchall Fürſt Blücher an König Friedrich Auguſt von Sachſen.

Euere Königliche Majeſtät
haben durch Ihre früher ergriffenen Maßregeln Ihre Unterthanen, einen geachteten deut-
ſchen Völkerſtamm, in das tiefſte Unglück geſtürzt.

Durch Ihre ſpäteren Maßregeln kann es dahin kommen, daß er allgemein mit
Schande bedeckt wird.

Die Rebellion, welche von Friedrichsfelde und Preßburg aus in der Armee orga-
niſirt wurde, iſt ausgebrochen, in einer Zeit ausgebrochen, wo ganz Deutſchland gegen
den allgemeinen Feind auftritt. Die Verbrecher haben Bonaparte als ihren Beſchützer
öffentlich proclamirt und mich, der ich in einer fünfundfünfzigjährigen Dienſtzeit in der
glücklichen Lage geweſen bin, nur das Blut meiner Feinde zu vergießen, genöthigt, zum
erſten Male Hinrichtungen in meiner eigenen Armee vornehmen zu müſſen.

Aus der Anlage*) werden Ew. Maj. erſehen, wie ich es bis jetzt noch verſucht
habe, die Ehre des ſächſiſchen Namens zu retten, aber es iſt der letzte Verſuch.

Wird meine Stimme nicht gehört, ſo werde ich, nicht ohne Schmerz, aber mit
der Ruhe meines guten Gewiſſens und erfüllter Pflicht, die Ordnung mit Gewalt her-
ſtellen, und ſollte ich genöthigt ſein, die ganze ſächſiſche Armee niederſchießen zu laſſen.

Das vergoſſene Blut wird dereinſt vor Gottes Gericht über den kommen, der es
verſchuldet hat, und vor dem Allwiſſenden wird Befehle geben und Befehle dulden, als
ein- und daſſelbe geachtet werden müſſen.

Ew. Maj. wiſſen, daß ein Greis von dreiundſiebzig Jahren keine anderen irdiſchen
Abſichten mehr haben kann, als daß die Stimme der Wahrheit gehört werde und das
Rechte geſchehe.

So haben Ew. Königl. Maj. dieſes Schreiben aufzunehmen.

Hauptquartier Lüttich, 6. Mai 1815.

Blücher.


III. Die Teplitzer Punktation.
Zu Bd. II S. 550.

Einige Sätze der Teplitzer Punktation ſind, wie oben erwähnt, wörtlich aufge-
nommen in die „Punktation für die Hauptgegenſtände dieſer Verhandlungen“, welche
Fürſt Metternich in der erſten Conferenz zu Karlsbad vorlegte (abgedruckt bei Welcker-
Klüber, Wichtige Urkunden für den Rechtszuſtand der deutſchen Nation, S. 185 f.). Ich
gebe im Folgenden den vollſtändigen Text und bezeichne in den Noten die Abweichungen
von der Karlsbader Punktation.

*) Beigelegt war die bekannte Proclamation Blüchers an die Soldaten des ſächſiſchen Armeecorps
vom 6. Mai 1815.
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[632/0646] Blücher über die Lütticher Meuterei. Die Teplitzer Punktation. erbringen, den ich nun an ſeiner Stelle erbringen mußte: daß Wrede an dem Oelſer Raube nicht betheiligt war. II. Blücher über die Lütticher Meuterei. Zu Bd. I S. 734. (738 der 3. Aufl.) Generalfeldmarſchall Fürſt Blücher an König Friedrich Auguſt von Sachſen. Euere Königliche Majeſtät haben durch Ihre früher ergriffenen Maßregeln Ihre Unterthanen, einen geachteten deut- ſchen Völkerſtamm, in das tiefſte Unglück geſtürzt. Durch Ihre ſpäteren Maßregeln kann es dahin kommen, daß er allgemein mit Schande bedeckt wird. Die Rebellion, welche von Friedrichsfelde und Preßburg aus in der Armee orga- niſirt wurde, iſt ausgebrochen, in einer Zeit ausgebrochen, wo ganz Deutſchland gegen den allgemeinen Feind auftritt. Die Verbrecher haben Bonaparte als ihren Beſchützer öffentlich proclamirt und mich, der ich in einer fünfundfünfzigjährigen Dienſtzeit in der glücklichen Lage geweſen bin, nur das Blut meiner Feinde zu vergießen, genöthigt, zum erſten Male Hinrichtungen in meiner eigenen Armee vornehmen zu müſſen. Aus der Anlage *) werden Ew. Maj. erſehen, wie ich es bis jetzt noch verſucht habe, die Ehre des ſächſiſchen Namens zu retten, aber es iſt der letzte Verſuch. Wird meine Stimme nicht gehört, ſo werde ich, nicht ohne Schmerz, aber mit der Ruhe meines guten Gewiſſens und erfüllter Pflicht, die Ordnung mit Gewalt her- ſtellen, und ſollte ich genöthigt ſein, die ganze ſächſiſche Armee niederſchießen zu laſſen. Das vergoſſene Blut wird dereinſt vor Gottes Gericht über den kommen, der es verſchuldet hat, und vor dem Allwiſſenden wird Befehle geben und Befehle dulden, als ein- und daſſelbe geachtet werden müſſen. Ew. Maj. wiſſen, daß ein Greis von dreiundſiebzig Jahren keine anderen irdiſchen Abſichten mehr haben kann, als daß die Stimme der Wahrheit gehört werde und das Rechte geſchehe. So haben Ew. Königl. Maj. dieſes Schreiben aufzunehmen. Hauptquartier Lüttich, 6. Mai 1815. Blücher. III. Die Teplitzer Punktation. Zu Bd. II S. 550. Einige Sätze der Teplitzer Punktation ſind, wie oben erwähnt, wörtlich aufge- nommen in die „Punktation für die Hauptgegenſtände dieſer Verhandlungen“, welche Fürſt Metternich in der erſten Conferenz zu Karlsbad vorlegte (abgedruckt bei Welcker- Klüber, Wichtige Urkunden für den Rechtszuſtand der deutſchen Nation, S. 185 f.). Ich gebe im Folgenden den vollſtändigen Text und bezeichne in den Noten die Abweichungen von der Karlsbader Punktation. *) Beigelegt war die bekannte Proclamation Blüchers an die Soldaten des ſächſiſchen Armeecorps vom 6. Mai 1815.

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Zitationshilfe: Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 2: Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. Leipzig, 1882, S. 632. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte02_1882/646>, abgerufen am 19.04.2024.