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Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727.

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Die XVII. Anmerckung. (bb)
lich zu continuiren, biß sie zur Familiarität,
und denn endlich zu ihrem Zweck gelangen.
Denn sie nehmen sich die Gedult, denselben
gantze Wochen und Monathe, bey allen Oc-
casion
en, aufs höflichste und dienstfertigste zu
wodurch
sie unsere
Confidence
zu erhal-
ten,
tractiren, und, um seine Confidence zu ge-
winnen, pflegen sie ihn wohl gar mit einer
aufrichtigen Mine und gantz vertrauten Er-
mahnungen, von dem Umgange mit ge-
winnsüchtigen Spielern und wollüstigen
Frauens-Personen umständlich abzurathen.
Sie sondiren seine Haupt-Passion, und
wenn sie solche erkant haben und wissen,
ob er ein Liebhaber von Wein, Weibern oder
Würffeln ist, so haben sie gewonnen. Sie
machen darauf allerhand Projecte, um ein
subtiles Mittel zu erfinden, ihr Vorhaben
auszuführen. Zum Exempel: Sie bitten
ihn anfänglich zu einem Souper, dabey sie lu-
stig zusammen sind, und weder gesoffen, noch
gespielet, noch gehuret wird. Er a son tour
will ihnen nichts schuldig bleiben, und thut
desgleichen wieder, es gehet auch dieses mahl
alles wieder ohne sündlichen und kostbahren
Zeit-Vertreib ab; und er kommt nach und
nach auf die Gedancken: Sie wären wahr-
hafftig seine Freunde und rechte ehrliche und
aufrichtige Leute. Wenn sie ihn nun in die-
sem Vertrauen eine Zeitlang gantz fest gese-
tzet, und vollkommen sicher gemacht haben,
so laden sie ihn auf ein Souper, oder auf
Die XVII. Anmerckung. (bb)
lich zu continuiren, biß ſie zur Familiaritaͤt,
und denn endlich zu ihrem Zweck gelangen.
Denn ſie nehmen ſich die Gedult, denſelben
gantze Wochen und Monathe, bey allen Oc-
caſion
en, aufs hoͤflichſte und dienſtfertigſte zu
wodurch
ſie unſere
Confidence
zu erhal-
ten,
tractiren, und, um ſeine Confidence zu ge-
winnen, pflegen ſie ihn wohl gar mit einer
aufrichtigen Mine und gantz vertrauten Er-
mahnungen, von dem Umgange mit ge-
winnſuͤchtigen Spielern und wolluͤſtigen
Frauens-Perſonen umſtaͤndlich abzurathen.
Sie ſondiren ſeine Haupt-Paſſion, und
wenn ſie ſolche erkant haben und wiſſen,
ob er ein Liebhaber von Wein, Weibern oder
Wuͤrffeln iſt, ſo haben ſie gewonnen. Sie
machen darauf allerhand Projecte, um ein
ſubtiles Mittel zu erfinden, ihr Vorhaben
auszufuͤhren. Zum Exempel: Sie bitten
ihn anfaͤnglich zu einem Souper, dabey ſie lu-
ſtig zuſammen ſind, und weder geſoffen, noch
geſpielet, noch gehuret wird. Er à ſon tour
will ihnen nichts ſchuldig bleiben, und thut
desgleichen wieder, es gehet auch dieſes mahl
alles wieder ohne ſuͤndlichen und koſtbahren
Zeit-Vertreib ab; und er kommt nach und
nach auf die Gedancken: Sie waͤren wahr-
hafftig ſeine Freunde und rechte ehrliche und
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[144/0166] Die XVII. Anmerckung. (bb) ⁽bb⁾ lich zu continuiren, biß ſie zur Familiaritaͤt, und denn endlich zu ihrem Zweck gelangen. Denn ſie nehmen ſich die Gedult, denſelben gantze Wochen und Monathe, bey allen Oc- caſionen, aufs hoͤflichſte und dienſtfertigſte zu tractiren, und, um ſeine Confidence zu ge- winnen, pflegen ſie ihn wohl gar mit einer aufrichtigen Mine und gantz vertrauten Er- mahnungen, von dem Umgange mit ge- winnſuͤchtigen Spielern und wolluͤſtigen Frauens-Perſonen umſtaͤndlich abzurathen. Sie ſondiren ſeine Haupt-Paſſion, und wenn ſie ſolche erkant haben und wiſſen, ob er ein Liebhaber von Wein, Weibern oder Wuͤrffeln iſt, ſo haben ſie gewonnen. Sie machen darauf allerhand Projecte, um ein ſubtiles Mittel zu erfinden, ihr Vorhaben auszufuͤhren. Zum Exempel: Sie bitten ihn anfaͤnglich zu einem Souper, dabey ſie lu- ſtig zuſammen ſind, und weder geſoffen, noch geſpielet, noch gehuret wird. Er à ſon tour will ihnen nichts ſchuldig bleiben, und thut desgleichen wieder, es gehet auch dieſes mahl alles wieder ohne ſuͤndlichen und koſtbahren Zeit-Vertreib ab; und er kommt nach und nach auf die Gedancken: Sie waͤren wahr- hafftig ſeine Freunde und rechte ehrliche und aufrichtige Leute. Wenn ſie ihn nun in die- ſem Vertrauen eine Zeitlang gantz feſt geſe- tzet, und vollkommen ſicher gemacht haben, ſo laden ſie ihn auf ein Souper, oder auf eine

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Zitationshilfe: Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727/166>, abgerufen am 28.03.2024.