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Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.

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Das I. Capitul
13. Pflegt man denn aber nur die Worte am
Ende der Zeilen mit einander zu
reimen?

Jnsgemein pfleget solches zu geschehen: Jedoch kan
man auch zuweilen in einer Linie etliche Worte mit ein-
ander reimen. z. e.

Es singen und springen die Knaben mit Freuden,
Sie lachen und machen sich selten ein Leyden.

Oder dreyfältig:

Wir nützen durch Sitzen und Schwitzen nicht viel,
GOtt leget, GOtt heget, GOtt träget das Ziel.

Allein ich will einen versichern, er soll von dieser Gat-
tung wenig Verse zusammen bringen, so ein Geschicke
haben. Sonst kan man auch zuweilen den Anfang
zweyer Zeilen mit einander reimen. z. e.

Meine Freunde sind gestorben,
Deine sind durch Schuld verdorben.
14. Jch habe bisher genug vernommen, was
es mit den Reimen vor eine Beschaffenheit
habe: Nunmehro möchte ich wissen,
woher man die Reime zusammen
suchen müsse?

Man kan die Reime gar leicht zusammen brin-
gen, wenn man das Wort, worauf sich ein ande-
res reimen soll, in einem guten Reim-Register auf-
schläget, oder auch nur das Alphabeth im Sinne
durchlauffet. z. e. Habe ich das Wort: Leben, so
reimet sich darauf: Beben, eben, geben, heben,

kleben,
Das I. Capitul
13. Pflegt man denn aber nur die Worte am
Ende der Zeilen mit einander zu
reimen?

Jnsgemein pfleget ſolches zu geſchehen: Jedoch kan
man auch zuweilen in einer Linie etliche Worte mit ein-
ander reimen. z. e.

Es ſingen und ſpringen die Knaben mit Freuden,
Sie lachen und machen ſich ſelten ein Leyden.

Oder dreyfaͤltig:

Wir nuͤtzen durch Sitzen und Schwitzen nicht viel,
GOtt leget, GOtt heget, GOtt traͤget das Ziel.

Allein ich will einen verſichern, er ſoll von dieſer Gat-
tung wenig Verſe zuſammen bringen, ſo ein Geſchicke
haben. Sonſt kan man auch zuweilen den Anfang
zweyer Zeilen mit einander reimen. z. e.

Meine Freunde ſind geſtorben,
Deine ſind durch Schuld verdorben.
14. Jch habe bisher genug vernommen, was
es mit den Reimen vor eine Beſchaffenheit
habe: Nunmehro moͤchte ich wiſſen,
woher man die Reime zuſammen
ſuchen muͤſſe?

Man kan die Reime gar leicht zuſammen brin-
gen, wenn man das Wort, worauf ſich ein ande-
res reimen ſoll, in einem guten Reim-Regiſter auf-
ſchlaͤget, oder auch nur das Alphabeth im Sinne
durchlauffet. z. e. Habe ich das Wort: Leben, ſo
reimet ſich darauf: Beben, eben, geben, heben,

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[28/0032] Das I. Capitul 13. Pflegt man denn aber nur die Worte am Ende der Zeilen mit einander zu reimen? Jnsgemein pfleget ſolches zu geſchehen: Jedoch kan man auch zuweilen in einer Linie etliche Worte mit ein- ander reimen. z. e. Es ſingen und ſpringen die Knaben mit Freuden, Sie lachen und machen ſich ſelten ein Leyden. Oder dreyfaͤltig: Wir nuͤtzen durch Sitzen und Schwitzen nicht viel, GOtt leget, GOtt heget, GOtt traͤget das Ziel. Allein ich will einen verſichern, er ſoll von dieſer Gat- tung wenig Verſe zuſammen bringen, ſo ein Geſchicke haben. Sonſt kan man auch zuweilen den Anfang zweyer Zeilen mit einander reimen. z. e. Meine Freunde ſind geſtorben, Deine ſind durch Schuld verdorben. 14. Jch habe bisher genug vernommen, was es mit den Reimen vor eine Beſchaffenheit habe: Nunmehro moͤchte ich wiſſen, woher man die Reime zuſammen ſuchen muͤſſe? Man kan die Reime gar leicht zuſammen brin- gen, wenn man das Wort, worauf ſich ein ande- res reimen ſoll, in einem guten Reim-Regiſter auf- ſchlaͤget, oder auch nur das Alphabeth im Sinne durchlauffet. z. e. Habe ich das Wort: Leben, ſo reimet ſich darauf: Beben, eben, geben, heben, kleben,

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Zitationshilfe: Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/32>, abgerufen am 29.03.2024.