Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

eine Bussole dar. Die Magnetnadel schwebt mit ihrem Hütchen auf einer Stahl-
spitze und ist zu ihrem Schutze in ein Messinggehäuse mit Glasplatte ein-
geschlossen. In diesem Gehäuse ist ein getheilter Kreis angebracht und sind die
Weltrichtungen durch die Buchstaben N S und O W bezeichnet. In die Kapsel
ragt ferner ein um c drehbarer Hebel a b hinein, durch dessen Hinabdrücken bei
d die Nadel gegen den Glasdeckel angedrückt und in dieser Art arretirt werden
kann. Der in der Schifffahrt in Verwendung kommende Compaß weicht von der
eben angegebenen Einrichtung etwas ab. Er besitzt an Stelle der Kreistheilung
die sogenannte Windrose, d. h. es sind 32 Weltgegenden verzeichnet. Die Windrose
ist derart befestigt, daß sie an der Drehung der Magnetnadel theilnimmt. Der
Steuermann erkennt, ob er die gewünschte Richtung einhält, daran, daß der
betreffende Strahl der Windrose mit zwei Kreidestrichen, die er sich am Compaß-
gehäuse gemacht hat, in eine Gerade fällt. Bei Anwendung des Compasses auf
Schiffen muß die Einwirkung der Eisenmassen der letzteren entweder durch Rech-

[Abbildung] Fig. 17.

Bussole.

nung bestimmt oder durch Anbrin-
gung entgegenwirkender Eisenstücke
beim Compaß aufgehoben werden.
Auch muß man wegen der oft be-
deutenden Schwankungen des Schiffes
für eine Aufhängung der Nadel
sorgen, die dieser gestattet, stets in
einer horizontalen Ebene zu schwin-
gen. Dies wird durch die sogenannte
Cardan'sche Aufhängung erreicht,
d. h. dadurch, daß man der Compaß-
büchse die Drehung um drei auf-
einander senkrechte Axen ermöglicht
und durch Beschweren des unteren
Theiles der Büchse mit Blei sie zwingt, die Drehungen immer so auszuführen,
daß die Magnetnadel in einer Horizontalebene schwingt.

Wirkung zweier Magnete aufeinander.

Es wurde gesagt, daß ein Magnet die Eigenschaft besitze, Eisen anzuziehen,
und daß die Kraft, mit welcher er letzteres anzieht, am stärksten an beiden Polen
ist, gegen die Indifferenzzone zu fortwährend abnimmt und endlich in dieser selbst
gleich der Null wird. Hierbei ergab sich kein Unterschied der Wirkungen des Nord-
und Südpoles. Daß ein solcher aber vorhanden sein muß, zeigt schon das Ver-
halten einer frei beweglichen Magnetnadel; diese stellt sich, wie wir bereits wissen,
nie mit dem Südpole gegen Norden oder mit dem Nordpole gegen Süden, sondern
weist, sich selbst überlassen, stets mit dem Nordpole nach Norden und mit dem
Südpole nach Süden. Daraus folgt einerseits, daß Nord- und Südpol verschieden-
artig wirken müssen, und andererseits, da sämmtliche Nadeln an allen Punkten der
Erde nach einem nördlichen und einem südlichen Punkt der letzteren zeigen, daß
auch die Erde einen magnetischen Nord- und einen magnetischen Südpol besitzen
müsse. Letzteres wurde auch in der That durch vielfache Beobachtungen an den
verschiedensten Punkten der Erde nachgewiesen und zugleich fand man, daß die magne-
tischen Pole der Erde nicht mit ihren geographischen Polen zusammenfallen.

eine Buſſole dar. Die Magnetnadel ſchwebt mit ihrem Hütchen auf einer Stahl-
ſpitze und iſt zu ihrem Schutze in ein Meſſinggehäuſe mit Glasplatte ein-
geſchloſſen. In dieſem Gehäuſe iſt ein getheilter Kreis angebracht und ſind die
Weltrichtungen durch die Buchſtaben N S und O W bezeichnet. In die Kapſel
ragt ferner ein um c drehbarer Hebel a b hinein, durch deſſen Hinabdrücken bei
d die Nadel gegen den Glasdeckel angedrückt und in dieſer Art arretirt werden
kann. Der in der Schifffahrt in Verwendung kommende Compaß weicht von der
eben angegebenen Einrichtung etwas ab. Er beſitzt an Stelle der Kreistheilung
die ſogenannte Windroſe, d. h. es ſind 32 Weltgegenden verzeichnet. Die Windroſe
iſt derart befeſtigt, daß ſie an der Drehung der Magnetnadel theilnimmt. Der
Steuermann erkennt, ob er die gewünſchte Richtung einhält, daran, daß der
betreffende Strahl der Windroſe mit zwei Kreideſtrichen, die er ſich am Compaß-
gehäuſe gemacht hat, in eine Gerade fällt. Bei Anwendung des Compaſſes auf
Schiffen muß die Einwirkung der Eiſenmaſſen der letzteren entweder durch Rech-

[Abbildung] Fig. 17.

Buſſole.

nung beſtimmt oder durch Anbrin-
gung entgegenwirkender Eiſenſtücke
beim Compaß aufgehoben werden.
Auch muß man wegen der oft be-
deutenden Schwankungen des Schiffes
für eine Aufhängung der Nadel
ſorgen, die dieſer geſtattet, ſtets in
einer horizontalen Ebene zu ſchwin-
gen. Dies wird durch die ſogenannte
Cardan’ſche Aufhängung erreicht,
d. h. dadurch, daß man der Compaß-
büchſe die Drehung um drei auf-
einander ſenkrechte Axen ermöglicht
und durch Beſchweren des unteren
Theiles der Büchſe mit Blei ſie zwingt, die Drehungen immer ſo auszuführen,
daß die Magnetnadel in einer Horizontalebene ſchwingt.

Wirkung zweier Magnete aufeinander.

Es wurde geſagt, daß ein Magnet die Eigenſchaft beſitze, Eiſen anzuziehen,
und daß die Kraft, mit welcher er letzteres anzieht, am ſtärkſten an beiden Polen
iſt, gegen die Indifferenzzone zu fortwährend abnimmt und endlich in dieſer ſelbſt
gleich der Null wird. Hierbei ergab ſich kein Unterſchied der Wirkungen des Nord-
und Südpoles. Daß ein ſolcher aber vorhanden ſein muß, zeigt ſchon das Ver-
halten einer frei beweglichen Magnetnadel; dieſe ſtellt ſich, wie wir bereits wiſſen,
nie mit dem Südpole gegen Norden oder mit dem Nordpole gegen Süden, ſondern
weiſt, ſich ſelbſt überlaſſen, ſtets mit dem Nordpole nach Norden und mit dem
Südpole nach Süden. Daraus folgt einerſeits, daß Nord- und Südpol verſchieden-
artig wirken müſſen, und andererſeits, da ſämmtliche Nadeln an allen Punkten der
Erde nach einem nördlichen und einem ſüdlichen Punkt der letzteren zeigen, daß
auch die Erde einen magnetiſchen Nord- und einen magnetiſchen Südpol beſitzen
müſſe. Letzteres wurde auch in der That durch vielfache Beobachtungen an den
verſchiedenſten Punkten der Erde nachgewieſen und zugleich fand man, daß die magne-
tiſchen Pole der Erde nicht mit ihren geographiſchen Polen zuſammenfallen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0054" n="40"/>
eine Bu&#x017F;&#x017F;ole dar. Die Magnetnadel &#x017F;chwebt mit ihrem Hütchen auf einer Stahl-<lb/>
&#x017F;pitze und i&#x017F;t zu ihrem Schutze in ein Me&#x017F;&#x017F;inggehäu&#x017F;e mit Glasplatte ein-<lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. In die&#x017F;em Gehäu&#x017F;e i&#x017F;t ein getheilter Kreis angebracht und &#x017F;ind die<lb/>
Weltrichtungen durch die Buch&#x017F;taben <hi rendition="#aq">N S</hi> und <hi rendition="#aq">O W</hi> bezeichnet. In die Kap&#x017F;el<lb/>
ragt ferner ein um <hi rendition="#aq">c</hi> drehbarer Hebel <hi rendition="#aq">a b</hi> hinein, durch de&#x017F;&#x017F;en Hinabdrücken bei<lb/><hi rendition="#aq">d</hi> die Nadel gegen den Glasdeckel angedrückt und in die&#x017F;er Art arretirt werden<lb/>
kann. Der in der Schifffahrt in Verwendung kommende Compaß weicht von der<lb/>
eben angegebenen Einrichtung etwas ab. Er be&#x017F;itzt an Stelle der Kreistheilung<lb/>
die &#x017F;ogenannte Windro&#x017F;e, d. h. es &#x017F;ind 32 Weltgegenden verzeichnet. Die Windro&#x017F;e<lb/>
i&#x017F;t derart befe&#x017F;tigt, daß &#x017F;ie an der Drehung der Magnetnadel theilnimmt. Der<lb/>
Steuermann erkennt, ob er die gewün&#x017F;chte Richtung einhält, daran, daß der<lb/>
betreffende Strahl der Windro&#x017F;e mit zwei Kreide&#x017F;trichen, die er &#x017F;ich am Compaß-<lb/>
gehäu&#x017F;e gemacht hat, in eine Gerade fällt. Bei Anwendung des Compa&#x017F;&#x017F;es auf<lb/>
Schiffen muß die Einwirkung der Ei&#x017F;enma&#x017F;&#x017F;en der letzteren entweder durch Rech-<lb/><figure><head>Fig. 17.</head><lb/><p>Bu&#x017F;&#x017F;ole.</p></figure><lb/>
nung be&#x017F;timmt oder durch Anbrin-<lb/>
gung entgegenwirkender Ei&#x017F;en&#x017F;tücke<lb/>
beim Compaß aufgehoben werden.<lb/>
Auch muß man wegen der oft be-<lb/>
deutenden Schwankungen des Schiffes<lb/>
für eine Aufhängung der Nadel<lb/>
&#x017F;orgen, die die&#x017F;er ge&#x017F;tattet, &#x017F;tets in<lb/>
einer horizontalen Ebene zu &#x017F;chwin-<lb/>
gen. Dies wird durch die &#x017F;ogenannte<lb/>
Cardan&#x2019;&#x017F;che Aufhängung erreicht,<lb/>
d. h. dadurch, daß man der Compaß-<lb/>
büch&#x017F;e die Drehung um drei auf-<lb/>
einander &#x017F;enkrechte Axen ermöglicht<lb/>
und durch Be&#x017F;chweren des unteren<lb/>
Theiles der Büch&#x017F;e mit Blei &#x017F;ie zwingt, die Drehungen immer &#x017F;o auszuführen,<lb/>
daß die Magnetnadel in einer Horizontalebene &#x017F;chwingt.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Wirkung zweier Magnete aufeinander.</head><lb/>
            <p>Es wurde ge&#x017F;agt, daß ein Magnet die Eigen&#x017F;chaft be&#x017F;itze, Ei&#x017F;en anzuziehen,<lb/>
und daß die Kraft, mit welcher er letzteres anzieht, am &#x017F;tärk&#x017F;ten an beiden Polen<lb/>
i&#x017F;t, gegen die Indifferenzzone zu fortwährend abnimmt und endlich in die&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
gleich der Null wird. Hierbei ergab &#x017F;ich kein Unter&#x017F;chied der Wirkungen des Nord-<lb/>
und Südpoles. Daß ein &#x017F;olcher aber vorhanden &#x017F;ein muß, zeigt &#x017F;chon das Ver-<lb/>
halten einer frei beweglichen Magnetnadel; die&#x017F;e &#x017F;tellt &#x017F;ich, wie wir bereits wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
nie mit dem Südpole gegen Norden oder mit dem Nordpole gegen Süden, &#x017F;ondern<lb/>
wei&#x017F;t, &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t überla&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;tets mit dem Nordpole nach Norden und mit dem<lb/>
Südpole nach Süden. Daraus folgt einer&#x017F;eits, daß Nord- und Südpol ver&#x017F;chieden-<lb/>
artig wirken mü&#x017F;&#x017F;en, und anderer&#x017F;eits, da &#x017F;ämmtliche Nadeln an allen Punkten der<lb/>
Erde nach einem nördlichen und einem &#x017F;üdlichen Punkt der letzteren zeigen, daß<lb/>
auch die Erde einen magneti&#x017F;chen Nord- und einen magneti&#x017F;chen Südpol be&#x017F;itzen<lb/>&#x017F;&#x017F;e. Letzteres wurde auch in der That durch vielfache Beobachtungen an den<lb/>
ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Punkten der Erde nachgewie&#x017F;en und zugleich fand man, daß die magne-<lb/>
ti&#x017F;chen Pole der Erde nicht mit ihren geographi&#x017F;chen Polen zu&#x017F;ammenfallen.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0054] eine Buſſole dar. Die Magnetnadel ſchwebt mit ihrem Hütchen auf einer Stahl- ſpitze und iſt zu ihrem Schutze in ein Meſſinggehäuſe mit Glasplatte ein- geſchloſſen. In dieſem Gehäuſe iſt ein getheilter Kreis angebracht und ſind die Weltrichtungen durch die Buchſtaben N S und O W bezeichnet. In die Kapſel ragt ferner ein um c drehbarer Hebel a b hinein, durch deſſen Hinabdrücken bei d die Nadel gegen den Glasdeckel angedrückt und in dieſer Art arretirt werden kann. Der in der Schifffahrt in Verwendung kommende Compaß weicht von der eben angegebenen Einrichtung etwas ab. Er beſitzt an Stelle der Kreistheilung die ſogenannte Windroſe, d. h. es ſind 32 Weltgegenden verzeichnet. Die Windroſe iſt derart befeſtigt, daß ſie an der Drehung der Magnetnadel theilnimmt. Der Steuermann erkennt, ob er die gewünſchte Richtung einhält, daran, daß der betreffende Strahl der Windroſe mit zwei Kreideſtrichen, die er ſich am Compaß- gehäuſe gemacht hat, in eine Gerade fällt. Bei Anwendung des Compaſſes auf Schiffen muß die Einwirkung der Eiſenmaſſen der letzteren entweder durch Rech- [Abbildung Fig. 17. Buſſole.] nung beſtimmt oder durch Anbrin- gung entgegenwirkender Eiſenſtücke beim Compaß aufgehoben werden. Auch muß man wegen der oft be- deutenden Schwankungen des Schiffes für eine Aufhängung der Nadel ſorgen, die dieſer geſtattet, ſtets in einer horizontalen Ebene zu ſchwin- gen. Dies wird durch die ſogenannte Cardan’ſche Aufhängung erreicht, d. h. dadurch, daß man der Compaß- büchſe die Drehung um drei auf- einander ſenkrechte Axen ermöglicht und durch Beſchweren des unteren Theiles der Büchſe mit Blei ſie zwingt, die Drehungen immer ſo auszuführen, daß die Magnetnadel in einer Horizontalebene ſchwingt. Wirkung zweier Magnete aufeinander. Es wurde geſagt, daß ein Magnet die Eigenſchaft beſitze, Eiſen anzuziehen, und daß die Kraft, mit welcher er letzteres anzieht, am ſtärkſten an beiden Polen iſt, gegen die Indifferenzzone zu fortwährend abnimmt und endlich in dieſer ſelbſt gleich der Null wird. Hierbei ergab ſich kein Unterſchied der Wirkungen des Nord- und Südpoles. Daß ein ſolcher aber vorhanden ſein muß, zeigt ſchon das Ver- halten einer frei beweglichen Magnetnadel; dieſe ſtellt ſich, wie wir bereits wiſſen, nie mit dem Südpole gegen Norden oder mit dem Nordpole gegen Süden, ſondern weiſt, ſich ſelbſt überlaſſen, ſtets mit dem Nordpole nach Norden und mit dem Südpole nach Süden. Daraus folgt einerſeits, daß Nord- und Südpol verſchieden- artig wirken müſſen, und andererſeits, da ſämmtliche Nadeln an allen Punkten der Erde nach einem nördlichen und einem ſüdlichen Punkt der letzteren zeigen, daß auch die Erde einen magnetiſchen Nord- und einen magnetiſchen Südpol beſitzen müſſe. Letzteres wurde auch in der That durch vielfache Beobachtungen an den verſchiedenſten Punkten der Erde nachgewieſen und zugleich fand man, daß die magne- tiſchen Pole der Erde nicht mit ihren geographiſchen Polen zuſammenfallen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/54
Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/54>, abgerufen am 24.04.2024.