Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite
Fragmente z. Gesetzlehre d. individuellen Entwickelung.

d. In jedem Organe, welches in ausgebildetem Zustande
Lappen hat, entstehen diese dadurch, dass sich kleinere Läppchen
zu grösseren Abtheilungen sammeln, nicht aber etwa dadurch,
dass diese von Anfang an schon angedeutet worden wären, z. B.
bei den Lungen, der Leber u. dgl. Dieses Gesetz ist eine blosse
Modification des unmittelbar Vorhergehenden.

16. Hohle Organe entstehen durch Veränderung des Urstoffes
und zwar

a. Der Urstoff ist flüssig und scheidet sich in dichtere Wan-
dung, während die Flüssigkeit im Innern beharrt und gar nicht
oder erst zuletzt schwindet. So im Gehirn, im Rückenmarke,
zum Theil in den Sinnesorganen u. dgl.

b. Der Urstoff ist dichterer Natur und scheidet sich in festere
Wandung und Höhlung. So in den Drüsenorganen, dem Ureter,
den Trompeten u. dgl.

VIII.
Entstehung der Organtheile und Gewebe.

Das mehr Flüssige ist, wie Carus schon treffend bemerkt, das
Bestimmbare, aus welchem durch Gegensatz eines mehr Festen und
mehr Flüssigen das Bestimmte hervorgeht. Da aber die Keim-
haut schon das Produkt eines solchen Gegensatzes zwischen Em
bryonaltheil und Dotter ist, so muss sie schon in der Form eines
Halbfesten sich zeigen. Ja als das mehr Individualisirte und einer
noch höheren Individualisation Fähige ist sie dichter als der ihr
gegenüberstehende Dotter, wiewohl zarter, als die beide schüt-
zende Hülle. Sie selbst besteht aber aus einer zähen, farblo-
sen Masse und einer Menge in dieser enthaltener durchsichtiger
Kügelchen. Mit ihrer Spaltung in Blätter werden diese beiden
Substanzen derselben wahrscheinlieh ebenfalls verändert. Da aber
die feineren Nuancirungen in dem halbflüssigen Stoffe dem Auge
unmittelbar entgehen und chemische Untersuchungen der Art mit
der wünschenswerthen Schärfe noch nicht durchzuführen sind,
so müssen wir uns für jetzt allein auf die Metamorphosen der
Kügelchen beschränken. Dass die des serösen Blattes von denen
des Schleimblattes bestimmt abweichen, haben wir oben bei Ge-
legenheit der Genese des Blutes angegeben. Diese Verschieden-
heit ist im Anfange der individuellen Entwickelung am deutlich-

sten
Fragmente z. Gesetzlehre d. individuellen Entwickelung.

d. In jedem Organe, welches in ausgebildetem Zustande
Lappen hat, entstehen diese dadurch, daſs sich kleinere Läppchen
zu gröſseren Abtheilungen sammeln, nicht aber etwa dadurch,
daſs diese von Anfang an schon angedeutet worden wären, z. B.
bei den Lungen, der Leber u. dgl. Dieses Gesetz ist eine bloſse
Modification des unmittelbar Vorhergehenden.

16. Hohle Organe entstehen durch Veränderung des Urstoffes
und zwar

a. Der Urstoff ist flüssig und scheidet sich in dichtere Wan-
dung, während die Flüssigkeit im Innern beharrt und gar nicht
oder erst zuletzt schwindet. So im Gehirn, im Rückenmarke,
zum Theil in den Sinnesorganen u. dgl.

b. Der Urstoff ist dichterer Natur und scheidet sich in festere
Wandung und Höhlung. So in den Drüsenorganen, dem Ureter,
den Trompeten u. dgl.

VIII.
Entstehung der Organtheile und Gewebe.

Das mehr Flüssige ist, wie Carus schon treffend bemerkt, das
Bestimmbare, aus welchem durch Gegensatz eines mehr Festen und
mehr Flüssigen das Bestimmte hervorgeht. Da aber die Keim-
haut schon das Produkt eines solchen Gegensatzes zwischen Em
bryonaltheil und Dotter ist, so muſs sie schon in der Form eines
Halbfesten sich zeigen. Ja als das mehr Individualisirte und einer
noch höheren Individualisation Fähige ist sie dichter als der ihr
gegenüberstehende Dotter, wiewohl zarter, als die beide schüt-
zende Hülle. Sie selbst besteht aber aus einer zähen, farblo-
sen Masse und einer Menge in dieser enthaltener durchsichtiger
Kügelchen. Mit ihrer Spaltung in Blätter werden diese beiden
Substanzen derselben wahrscheinlieh ebenfalls verändert. Da aber
die feineren Nuancirungen in dem halbflüssigen Stoffe dem Auge
unmittelbar entgehen und chemische Untersuchungen der Art mit
der wünschenswerthen Schärfe noch nicht durchzuführen sind,
so müssen wir uns für jetzt allein auf die Metamorphosen der
Kügelchen beschränken. Daſs die des serösen Blattes von denen
des Schleimblattes bestimmt abweichen, haben wir oben bei Ge-
legenheit der Genese des Blutes angegeben. Diese Verschieden-
heit ist im Anfange der individuellen Entwickelung am deutlich-

sten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0652" n="624"/>
          <fw place="top" type="header">Fragmente z. Gesetzlehre d. individuellen Entwickelung.</fw><lb/>
          <p>d. In jedem Organe, welches in ausgebildetem Zustande<lb/>
Lappen hat, entstehen diese dadurch, da&#x017F;s sich kleinere Läppchen<lb/>
zu grö&#x017F;seren Abtheilungen sammeln, nicht aber etwa dadurch,<lb/>
da&#x017F;s diese von Anfang an schon angedeutet worden wären, z. B.<lb/>
bei den Lungen, der Leber u. dgl. Dieses Gesetz ist eine blo&#x017F;se<lb/>
Modification des unmittelbar Vorhergehenden.</p><lb/>
          <p>16. Hohle Organe entstehen durch Veränderung des Urstoffes<lb/>
und zwar</p><lb/>
          <p>a. Der Urstoff ist flüssig und scheidet sich in dichtere Wan-<lb/>
dung, während die Flüssigkeit im Innern beharrt und gar nicht<lb/>
oder erst zuletzt schwindet. So im Gehirn, im Rückenmarke,<lb/>
zum Theil in den Sinnesorganen u. dgl.</p><lb/>
          <p>b. Der Urstoff ist dichterer Natur und scheidet sich in festere<lb/>
Wandung und Höhlung. So in den Drüsenorganen, dem Ureter,<lb/>
den Trompeten u. dgl.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>VIII.<lb/>
Entstehung der Organtheile und Gewebe.</head><lb/>
          <p>Das mehr Flüssige ist, wie Carus schon treffend bemerkt, das<lb/>
Bestimmbare, aus welchem durch Gegensatz eines mehr Festen und<lb/>
mehr Flüssigen das Bestimmte hervorgeht. Da aber die Keim-<lb/>
haut schon das Produkt eines solchen Gegensatzes zwischen Em<lb/>
bryonaltheil und Dotter ist, so mu&#x017F;s sie schon in der Form eines<lb/>
Halbfesten sich zeigen. Ja als das mehr Individualisirte und einer<lb/>
noch höheren Individualisation Fähige ist sie dichter als der ihr<lb/>
gegenüberstehende Dotter, wiewohl zarter, als die beide schüt-<lb/>
zende Hülle. Sie selbst besteht aber aus einer zähen, farblo-<lb/>
sen Masse und einer Menge in dieser enthaltener durchsichtiger<lb/>
Kügelchen. Mit ihrer Spaltung in Blätter werden diese beiden<lb/>
Substanzen derselben wahrscheinlieh ebenfalls verändert. Da aber<lb/>
die feineren Nuancirungen in dem halbflüssigen Stoffe dem Auge<lb/>
unmittelbar entgehen und chemische Untersuchungen der Art mit<lb/>
der wünschenswerthen Schärfe noch nicht durchzuführen sind,<lb/>
so müssen wir uns für jetzt allein auf die Metamorphosen der<lb/>
Kügelchen beschränken. Da&#x017F;s die des serösen Blattes von denen<lb/>
des Schleimblattes bestimmt abweichen, haben wir oben bei Ge-<lb/>
legenheit der Genese des Blutes angegeben. Diese Verschieden-<lb/>
heit ist im Anfange der individuellen Entwickelung am deutlich-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">sten</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[624/0652] Fragmente z. Gesetzlehre d. individuellen Entwickelung. d. In jedem Organe, welches in ausgebildetem Zustande Lappen hat, entstehen diese dadurch, daſs sich kleinere Läppchen zu gröſseren Abtheilungen sammeln, nicht aber etwa dadurch, daſs diese von Anfang an schon angedeutet worden wären, z. B. bei den Lungen, der Leber u. dgl. Dieses Gesetz ist eine bloſse Modification des unmittelbar Vorhergehenden. 16. Hohle Organe entstehen durch Veränderung des Urstoffes und zwar a. Der Urstoff ist flüssig und scheidet sich in dichtere Wan- dung, während die Flüssigkeit im Innern beharrt und gar nicht oder erst zuletzt schwindet. So im Gehirn, im Rückenmarke, zum Theil in den Sinnesorganen u. dgl. b. Der Urstoff ist dichterer Natur und scheidet sich in festere Wandung und Höhlung. So in den Drüsenorganen, dem Ureter, den Trompeten u. dgl. VIII. Entstehung der Organtheile und Gewebe. Das mehr Flüssige ist, wie Carus schon treffend bemerkt, das Bestimmbare, aus welchem durch Gegensatz eines mehr Festen und mehr Flüssigen das Bestimmte hervorgeht. Da aber die Keim- haut schon das Produkt eines solchen Gegensatzes zwischen Em bryonaltheil und Dotter ist, so muſs sie schon in der Form eines Halbfesten sich zeigen. Ja als das mehr Individualisirte und einer noch höheren Individualisation Fähige ist sie dichter als der ihr gegenüberstehende Dotter, wiewohl zarter, als die beide schüt- zende Hülle. Sie selbst besteht aber aus einer zähen, farblo- sen Masse und einer Menge in dieser enthaltener durchsichtiger Kügelchen. Mit ihrer Spaltung in Blätter werden diese beiden Substanzen derselben wahrscheinlieh ebenfalls verändert. Da aber die feineren Nuancirungen in dem halbflüssigen Stoffe dem Auge unmittelbar entgehen und chemische Untersuchungen der Art mit der wünschenswerthen Schärfe noch nicht durchzuführen sind, so müssen wir uns für jetzt allein auf die Metamorphosen der Kügelchen beschränken. Daſs die des serösen Blattes von denen des Schleimblattes bestimmt abweichen, haben wir oben bei Ge- legenheit der Genese des Blutes angegeben. Diese Verschieden- heit ist im Anfange der individuellen Entwickelung am deutlich- sten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/652
Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 624. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/652>, abgerufen am 29.03.2024.