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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Zellenterritorien und Intercellularsubstanz.
Art von gesellschaftlicher Einrichtung herauskommt, eine Ein-
richtung socialer Art, wo eine Masse von einzelnen Existen-
zen auf einander angewiesen ist, aber so, dass jedes Element für
sich eine besondere Thätigkeit hat, und dass jedes, wenn es
auch die Anregung zu seiner Thätigkeit von anderen Theilen
her empfängt, doch die eigentliche Leistung von sich ausge-
hen lässt.

Ich habe es deshalb für nothwendig erachtet, und ich glaube,
dass Sie Nutzen davon haben werden, den Körper zu zerlegen
in Zellenterritorien. Ich habe gesagt Territorien, weil wir
in der thierischen Organisation eine Eigenthümlichkeit finden,
welche in der Pflanze fast gar nicht zur Anschauung kommt,
nämlich die Entwicklung grosser Massen sogenannten inter-
cellularen Gewebes
. Während die Pflanzenzellen in der
Regel mit ihren äusseren Absonderungsschichten unmittelbar
aneinander stossen, so jedoch, dass man immer noch die alten
Grenzen unterscheiden kann, so finden wir bei den thieri-
schen Geweben, dass diese Art der Anordnung die seltnere
ist. Hier treffen wir eine oft sehr reichliche Masse zwischen
den Zellen (Zwischensubstanz, Intercellularsubstanz),
aber wir können selten von vornherein übersehen, inwieweit

[Abbildung] Fig. 6.

Fig. 6. Epiphysenknorpel vom Oberarme eines Kindes, an der Ellen-
beuge. Das Object war zuerst mit chromsaurem Kali und dann mit Essig-
säure behandelt. In der homogenen Grundsubstanz (Intercellularge-
webe) sieht man bei a. Knorpelhöhlen mit noch dünner Wand (Capsel),
in welchen die Knorpelzellen, mit Kern und Kernkörperchen versehen,
sich deutlich abgrenzen. b. Capseln (Höhlen) mit zwei, durch Thei-
lung der früher einfachen, entstandenen Zellen. c. Theilung der Cap-
seln nach Theilung der Zellen. d. Auseinanderrücken der getheilten
Capseln durch Zwischenlagerung von Intercellularsubstanz. -- Knorpel-
wachsthum.

Zellenterritorien und Intercellularsubstanz.
Art von gesellschaftlicher Einrichtung herauskommt, eine Ein-
richtung socialer Art, wo eine Masse von einzelnen Existen-
zen auf einander angewiesen ist, aber so, dass jedes Element für
sich eine besondere Thätigkeit hat, und dass jedes, wenn es
auch die Anregung zu seiner Thätigkeit von anderen Theilen
her empfängt, doch die eigentliche Leistung von sich ausge-
hen lässt.

Ich habe es deshalb für nothwendig erachtet, und ich glaube,
dass Sie Nutzen davon haben werden, den Körper zu zerlegen
in Zellenterritorien. Ich habe gesagt Territorien, weil wir
in der thierischen Organisation eine Eigenthümlichkeit finden,
welche in der Pflanze fast gar nicht zur Anschauung kommt,
nämlich die Entwicklung grosser Massen sogenannten inter-
cellularen Gewebes
. Während die Pflanzenzellen in der
Regel mit ihren äusseren Absonderungsschichten unmittelbar
aneinander stossen, so jedoch, dass man immer noch die alten
Grenzen unterscheiden kann, so finden wir bei den thieri-
schen Geweben, dass diese Art der Anordnung die seltnere
ist. Hier treffen wir eine oft sehr reichliche Masse zwischen
den Zellen (Zwischensubstanz, Intercellularsubstanz),
aber wir können selten von vornherein übersehen, inwieweit

[Abbildung] Fig. 6.

Fig. 6. Epiphysenknorpel vom Oberarme eines Kindes, an der Ellen-
beuge. Das Object war zuerst mit chromsaurem Kali und dann mit Essig-
säure behandelt. In der homogenen Grundsubstanz (Intercellularge-
webe) sieht man bei a. Knorpelhöhlen mit noch dünner Wand (Capsel),
in welchen die Knorpelzellen, mit Kern und Kernkörperchen versehen,
sich deutlich abgrenzen. b. Capseln (Höhlen) mit zwei, durch Thei-
lung der früher einfachen, entstandenen Zellen. c. Theilung der Cap-
seln nach Theilung der Zellen. d. Auseinanderrücken der getheilten
Capseln durch Zwischenlagerung von Intercellularsubstanz. — Knorpel-
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[13/0035] Zellenterritorien und Intercellularsubstanz. Art von gesellschaftlicher Einrichtung herauskommt, eine Ein- richtung socialer Art, wo eine Masse von einzelnen Existen- zen auf einander angewiesen ist, aber so, dass jedes Element für sich eine besondere Thätigkeit hat, und dass jedes, wenn es auch die Anregung zu seiner Thätigkeit von anderen Theilen her empfängt, doch die eigentliche Leistung von sich ausge- hen lässt. Ich habe es deshalb für nothwendig erachtet, und ich glaube, dass Sie Nutzen davon haben werden, den Körper zu zerlegen in Zellenterritorien. Ich habe gesagt Territorien, weil wir in der thierischen Organisation eine Eigenthümlichkeit finden, welche in der Pflanze fast gar nicht zur Anschauung kommt, nämlich die Entwicklung grosser Massen sogenannten inter- cellularen Gewebes. Während die Pflanzenzellen in der Regel mit ihren äusseren Absonderungsschichten unmittelbar aneinander stossen, so jedoch, dass man immer noch die alten Grenzen unterscheiden kann, so finden wir bei den thieri- schen Geweben, dass diese Art der Anordnung die seltnere ist. Hier treffen wir eine oft sehr reichliche Masse zwischen den Zellen (Zwischensubstanz, Intercellularsubstanz), aber wir können selten von vornherein übersehen, inwieweit [Abbildung Fig. 6. ] Fig. 6. Epiphysenknorpel vom Oberarme eines Kindes, an der Ellen- beuge. Das Object war zuerst mit chromsaurem Kali und dann mit Essig- säure behandelt. In der homogenen Grundsubstanz (Intercellularge- webe) sieht man bei a. Knorpelhöhlen mit noch dünner Wand (Capsel), in welchen die Knorpelzellen, mit Kern und Kernkörperchen versehen, sich deutlich abgrenzen. b. Capseln (Höhlen) mit zwei, durch Thei- lung der früher einfachen, entstandenen Zellen. c. Theilung der Cap- seln nach Theilung der Zellen. d. Auseinanderrücken der getheilten Capseln durch Zwischenlagerung von Intercellularsubstanz. — Knorpel- wachsthum.

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/35>, abgerufen am 24.04.2024.