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Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.

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sagt der modernen Gemeinsamkeit, diesem Zusammenhange
willkürlicher Eigensucht, um in einsamer Gemeinsamkeit
mit sich und der Menschheit der Zukunft sich Befriedigung
zu gewähren, so gut der Einsame es kann.

6.
Maßstab für das Kunstwerk der Zukunft.

Nicht kann der einsame, nach seiner Erlösung in der
Natur künstlerisch strebende Geist das Kunstwerk der Zu¬
kunft schaffen; nur der gemeinsame, durch das Leben be¬
friedigte, vermag dieß. Aber er kann es sich vorstellen,
und daß diese Vorstellung nicht nur ein Wähnen werde,
dafür bewahrt ihn eben die Eigenschaft seines Strebens,
des Strebens nach der Natur. Der nach der Natur sich
zurücksehnende und deshalb in der modernen Gegenwart
unbefriedigte Geist, findet nicht nur in der Totalität der
Natur, sondern namentlich auch in der geschichtlich vor ihm
dargelegten menschlichen Natur, die Bilder, durch deren
Anschauung er sich mit dem Leben im Allgemeinen zu ver¬
söhnen vermag. Für alles Zukünftige erkennt er in dieser
Natur ein in engeren Gränzen bereits dargestelltes Bild:
diese Gränzen zum weitesten Umfange sich ausgedehnt zu
denken, liegt in der Vorstellungsfähigkeit seines natur¬
dürstigen Triebes.

ſagt der modernen Gemeinſamkeit, dieſem Zuſammenhange
willkürlicher Eigenſucht, um in einſamer Gemeinſamkeit
mit ſich und der Menſchheit der Zukunft ſich Befriedigung
zu gewähren, ſo gut der Einſame es kann.

6.
Maßſtab für das Kunſtwerk der Zukunft.

Nicht kann der einſame, nach ſeiner Erlöſung in der
Natur künſtleriſch ſtrebende Geiſt das Kunſtwerk der Zu¬
kunft ſchaffen; nur der gemeinſame, durch das Leben be¬
friedigte, vermag dieß. Aber er kann es ſich vorſtellen,
und daß dieſe Vorſtellung nicht nur ein Wähnen werde,
dafür bewahrt ihn eben die Eigenſchaft ſeines Strebens,
des Strebens nach der Natur. Der nach der Natur ſich
zurückſehnende und deshalb in der modernen Gegenwart
unbefriedigte Geiſt, findet nicht nur in der Totalität der
Natur, ſondern namentlich auch in der geſchichtlich vor ihm
dargelegten menſchlichen Natur, die Bilder, durch deren
Anſchauung er ſich mit dem Leben im Allgemeinen zu ver¬
ſöhnen vermag. Für alles Zukünftige erkennt er in dieſer
Natur ein in engeren Gränzen bereits dargeſtelltes Bild:
dieſe Gränzen zum weiteſten Umfange ſich ausgedehnt zu
denken, liegt in der Vorſtellungsfähigkeit ſeines natur¬
dürſtigen Triebes.

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[33/0049] ſagt der modernen Gemeinſamkeit, dieſem Zuſammenhange willkürlicher Eigenſucht, um in einſamer Gemeinſamkeit mit ſich und der Menſchheit der Zukunft ſich Befriedigung zu gewähren, ſo gut der Einſame es kann. 6. Maßſtab für das Kunſtwerk der Zukunft. Nicht kann der einſame, nach ſeiner Erlöſung in der Natur künſtleriſch ſtrebende Geiſt das Kunſtwerk der Zu¬ kunft ſchaffen; nur der gemeinſame, durch das Leben be¬ friedigte, vermag dieß. Aber er kann es ſich vorſtellen, und daß dieſe Vorſtellung nicht nur ein Wähnen werde, dafür bewahrt ihn eben die Eigenſchaft ſeines Strebens, des Strebens nach der Natur. Der nach der Natur ſich zurückſehnende und deshalb in der modernen Gegenwart unbefriedigte Geiſt, findet nicht nur in der Totalität der Natur, ſondern namentlich auch in der geſchichtlich vor ihm dargelegten menſchlichen Natur, die Bilder, durch deren Anſchauung er ſich mit dem Leben im Allgemeinen zu ver¬ ſöhnen vermag. Für alles Zukünftige erkennt er in dieſer Natur ein in engeren Gränzen bereits dargeſtelltes Bild: dieſe Gränzen zum weiteſten Umfange ſich ausgedehnt zu denken, liegt in der Vorſtellungsfähigkeit ſeines natur¬ dürſtigen Triebes.

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Zitationshilfe: Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_zukunft_1850/49>, abgerufen am 28.03.2024.