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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.

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[Spaltenumbruch] *213 Unsern Herr Gott zum Fenster hinauswerffen. - Luther's Tischr., 294a.

Die Achtung vor ihm aus den Augen setzen.

*214 Use Heargoed kiwt (keift). (Büren.)

Wenn's donnert.

*215 Vnsern herrgot in die schul füren. - Franck, II, 21b.

Etwas sehr Ueberflüssiges thun, was auch durch die Redensart ausgedrückt wird: den heiligen Geist reden, den Adler fliegen, den Fisch schwimmen lehren, den Hühnern die Schwänze aufbinden. (S. Aal 21 und Frosch 87.)

*216 Wenn ihn nur der Herrgott ins Futter nähme. (Oberlausitz.)

Von Personen, deren Nützlichkeit für die menschliche Gesellschaft fraglich erscheint.

*217 Wenn unser Herrgott nur einen schönen Engel brauchte. (Nürtingen.)

Ironisch von jemand, dessen Tod man wünscht.

*218 Zu vnserm Herr Gott gehen. - Mathesius, Postilla, III, CVIIIb.

"Wie die alten Deutschen vom Nachtmal reden."


Herrgottbeisser.

* Er ist ein Herrgottbeisser. (Baiern.)

Ein Andächtler, welcher dem Crucifix gleichsam die Füsse abbeiseen will. Die Franzosen sagen Crucifix- und die Italiener Paradiesfresser.


Hergottel.

*1 Es wäre gut, Herrgottel nach ihm zu schnitzen.

*2 Wie der polsche Herrgottel auf dem Neumarkte. - Weinhold, 28.

Damit vergleicht man in Breslau einen steifen Menschen.


Herrgottlein.

Lieb Herrgottlein, dir sei's geklagt. - Eiselein, 305.


Herrgottsfresser.

* Es ist ein Herrgottsfresser.

"Ein vornehmer Herr auss dem Ritterstand der Gülischen Ritterschafft fragt einen Münch auss dem Kloster Aldenberg im Bergischen Land, warumb nur ein Gott und so viel Teufel wären. Der Münch schwieg, weil er dessen kein Ursach konte anzeigen. Der Herr sagte: Das kompt daher, dieweil ihr Geistliche alle Tag so viel Herrgotten in eure Mess fresst, also dass Wunder, dass noch ein Herrgott übrig ist; die Teuffel aber lasst ihr wohl ungefressen, darumb seynd ihr noch so viel." (Zinkgref, III, 69.)


Herrgottsfrüh.

* En aller Härrgottsfröh hät hä ald gebagert1 un gekross2. (Köln.) - Firmenich, I, 477, 259.

1) War er schon auf den Beinen und angestrengt thätig.

2) Emsig gearbeitet.


Herrgottswelt.

* Er ist auf der Herrgottswelt nichts nutz. (Nürtingen.)


Herrin.

1 Man soll nicht Herrin und Dienerin zugleich lieben.

Lat.: Non potest Thetidem simul et Galateam amare. (Faselius, 173.)

2 Wenn die Herrin lauft aus, so ist nur für die Hunde gut das Haus. (Hindostan.)

3 Wie die Herrin, so das Hündchen.

4 Wie die Herrin, so die Dienerin.

Die Russen: Ist die Herrin im Hemd, so erscheint die Magd nackt vor ihr. (Altmann VI, 448.)

It.: Qual e la signora, tal e la cagnuola. (Gaal, 486.)

*5 Die Herrin hat viel Muhmen. (Wend. Lausitz.)


Herrje.

1 Herrje, ik kreige de kole Pisse, sä' de Voss, da schölle hänget weren. (Lüneburg.)

*2 Ach Herrje, min Oelgeglas. - Frischbier2, 1591.


Herrlichkeit.

1 Grosse Herrlichkeit, grosse Beschwerlichkeit. - Sutor, 324; Seybold, 222 u. 281.

2 Herrlicheit darff vil. - Franck, I, 156b; Petri, II, 376; Gruter, I, 47; Sailer, 244; Eselein, 305; Simrock, 4677.

3 Herrlichkeit - Fährlichkeit.

Dän.: Stor herlighed fölger stor farlighed. (Prov. dan., 280.)

4 Wenn man die Herrlichkeit mit Butter schmiert, entgleitet sie der Hand.


Herrnhuter.

Herrnhutter, Hundsvutter.

Ueber die Entstehung dieses aus dem görlitzer Kreise eingesandten Sprichworts wurde Folgendes mitgetheilt. [Spaltenumbruch] Ein das ganze fromme Gepräge der Herrnhuter in Haltung und Sprache tragender Bote aus Niesky, der wöchentlich oder täglich die Bestellungen seines Orts in Görlitz zu besorgen hatte, soll die Neigung gehabt haben, steuerbare Victualien in seinem kleinen Wagen nach Görlitz einzuschmuggeln. Der Einnehmer am betreffenden görlitzer Thore hatte daher sein besonderes Augenmerk auf ihn, und liebte es, sich selbst mitunter zu überzeugen, dass der Bote, wie derselbe meist versicherte, nichts Steuerbares bei sich führe. Als der Beamte aber dieser Versicherung ungeachtet eine Quantität Graupen fand und der Bote mit frommen Redensarten (er sei alt und der Herr habe sein Gedächtniss geschwächt u. s. w.) sich entschuldigen wollte, erwiderte der Einnehmer obige Worte, welche von Umstehenden vernommen und wiederholt und verbreitet wurden. Es gilt von ihm, was anderwärts über allgemeine Urtheile der Art gesagt ist. (S. z. B. Advocat 1; Bauer 3 u. v. a.)


Herrschaft.

1 Alle Herrschaft nimmt einmal ein End'.

Lat.: Nulla potentia longa est. (Ovid.) (Philippi, II, 51.)

2 Die Herrschaft das Fleisch, das Gesinde die Knochen.

Böhm.: Maso panum, kosti sluham. (Celakovsky, 378.)

3 Die Herrschaft ist ein lebendiges Gesetz und das Gesetz ist eine stumme Herrschaft.

Wenn es möglich wäre, sagt Luther, sollten Regenten und Hausväter eitel David, Abraham, Salomon, Josua sein. Denn der allerbesten und nützlichen Gesetze recht und wohl brauchen, ist nicht eine geringere Kunst, denn gute Gesetze geben oder machen. Darum haben auch die Heiden gesagt: Magistratus est viva lex, et lex mutus magistratus. (Heuseler, 294.)

4 Die Herrschaft ist ein Wirthshaus, aus dem kommen wenige nüchtern heraus.

"Geld und Gewalt, das ist eine bekannte Erfahrung, berauschen wie starker Branntwein." (Welt und Zeit, V, 111, 49.)

5 Ein Herrschafl't, die das böss nicht strafft, ist eben so gut, als der es thut. - Lehmann, 729, 34.

6 Herrschaft duldet keine Gemeinschaft.

Lat.: Nulla fides regni sociis. (Lucanus.) (Binder II, 2278.) - Nulla regni societas. (Colum.) (Binder II, 2289.) - Nulla sancta societas nec fides regni est. (Binder II, 2292.) - Omnis potestas impatiens con sortis. (Lucanus.) (Binder II, 2417.) - Summa potestas non patitur plures. (Palingen.) (Kinder II, 3237.)

7 Herrschaft ohne Gnad gilt nicht in Gottes Rath.

Dän.: Naade-lös herskab er skiult for gud. (Prov. dan., 285.)

8 Herrschaft ohne Schutz, Reichthum ohne Nutz; Richter ohne Recht, Lotter1 und Spitzknecht2; Bäume ohne Frucht, Frauen ohne Zucht; Adel ohne Tugend, unverschämte Jugend; hochmüthige Pfaffen, Buben, so nur klaffen; unartig Kind, faul Gesind, geizige Platten3, der ist leicht zu entrathen. - Einfälle, 303; Luther's Tischr., 437.

1) Lotterbuben, d. i. faule, unnütze Buben.

2) Spitzbuben.

3) Mönche = Capite rasi.

9 Herrschaft ohne Verstand hat nicht lange Bestand.

Lat.: Male imperando summum imperium amittetur. (Philippi, I, 237.)

10 Herrschaft auber Schafe bringt Wolle, aber keine Ehre.

"Je roher und dümmer die Völker sind, je weniger Ehre kommt bei ihrer Beherrschung heraus; denn was wäre für ein Unterschied zwischen dem Gebieter der Pescherähs und einem Viehhirten! Nur derjenige, welcher einem aufgeklärten, freien und tüchtigen Volke gebietet, hat ein Recht stolz auf seine Herrschaft zu sein." (Welt und Zeit, V, 337, 162.)

11 Herrschaft und Liebschaft dulden keine Gemeinschaft.

Lat.: Nec regna socium ferre, nec taedae sciunt. (Seneca.) (Binder II, 2020.)

12 Herrschaft wird nicht gefunden.

Lat.: Nemo alten concedit imperium volens. (Philippi, II, 13.)

13 Herrschaften haben viel Augen und Ohren. - Simrock, 4670.

14 Herrschaften sind Hemden, die man nur mit der Haut ablegt. - Winckler, III, 91.

15 Ist die Herrschaft zu gelinde, schafft sie schlaff (faul) Gesinde.

16 Je grösser Herrschaft, je grösser Knechtschaft. - Gruter, III, 53; Lehmann, II, 282, 24.

[Spaltenumbruch] *213 Unsern Herr Gott zum Fenster hinauswerffen.Luther's Tischr., 294a.

Die Achtung vor ihm aus den Augen setzen.

*214 Use Heargoed kiwt (keift). (Büren.)

Wenn's donnert.

*215 Vnsern herrgot in die schul füren.Franck, II, 21b.

Etwas sehr Ueberflüssiges thun, was auch durch die Redensart ausgedrückt wird: den heiligen Geist reden, den Adler fliegen, den Fisch schwimmen lehren, den Hühnern die Schwänze aufbinden. (S. Aal 21 und Frosch 87.)

*216 Wenn ihn nur der Herrgott ins Futter nähme. (Oberlausitz.)

Von Personen, deren Nützlichkeit für die menschliche Gesellschaft fraglich erscheint.

*217 Wenn unser Herrgott nur einen schönen Engel brauchte. (Nürtingen.)

Ironisch von jemand, dessen Tod man wünscht.

*218 Zu vnserm Herr Gott gehen.Mathesius, Postilla, III, CVIIIb.

„Wie die alten Deutschen vom Nachtmal reden.“


Herrgottbeisser.

* Er ist ein Herrgottbeisser. (Baiern.)

Ein Andächtler, welcher dem Crucifix gleichsam die Füsse abbeiseen will. Die Franzosen sagen Crucifix- und die Italiener Paradiesfresser.


Hergottel.

*1 Es wäre gut, Herrgottel nach ihm zu schnitzen.

*2 Wie der polsche Herrgottel auf dem Neumarkte.Weinhold, 28.

Damit vergleicht man in Breslau einen steifen Menschen.


Herrgottlein.

Lieb Herrgottlein, dir sei's geklagt.Eiselein, 305.


Herrgottsfresser.

* Es ist ein Herrgottsfresser.

„Ein vornehmer Herr auss dem Ritterstand der Gülischen Ritterschafft fragt einen Münch auss dem Kloster Aldenberg im Bergischen Land, warumb nur ein Gott und so viel Teufel wären. Der Münch schwieg, weil er dessen kein Ursach konte anzeigen. Der Herr sagte: Das kompt daher, dieweil ihr Geistliche alle Tag so viel Herrgotten in eure Mess fresst, also dass Wunder, dass noch ein Herrgott übrig ist; die Teuffel aber lasst ihr wohl ungefressen, darumb seynd ihr noch so viel.“ (Zinkgref, III, 69.)


Herrgottsfrüh.

* En aller Härrgottsfröh hät hä ald gebagert1 un gekross2. (Köln.) – Firmenich, I, 477, 259.

1) War er schon auf den Beinen und angestrengt thätig.

2) Emsig gearbeitet.


Herrgottswelt.

* Er ist auf der Herrgottswelt nichts nutz. (Nürtingen.)


Herrin.

1 Man soll nicht Herrin und Dienerin zugleich lieben.

Lat.: Non potest Thetidem simul et Galateam amare. (Faselius, 173.)

2 Wenn die Herrin lauft aus, so ist nur für die Hunde gut das Haus. (Hindostan.)

3 Wie die Herrin, so das Hündchen.

4 Wie die Herrin, so die Dienerin.

Die Russen: Ist die Herrin im Hemd, so erscheint die Magd nackt vor ihr. (Altmann VI, 448.)

It.: Qual è la signora, tal è la cagnuola. (Gaal, 486.)

*5 Die Herrin hat viel Muhmen. (Wend. Lausitz.)


Herrje.

1 Herrje, ik krîge de kôle Pisse, sä' de Voss, da schölle hänget wêren. (Lüneburg.)

*2 Ach Herrje, min Oelgeglas.Frischbier2, 1591.


Herrlichkeit.

1 Grosse Herrlichkeit, grosse Beschwerlichkeit.Sutor, 324; Seybold, 222 u. 281.

2 Herrlicheit darff vil.Franck, I, 156b; Petri, II, 376; Gruter, I, 47; Sailer, 244; Eselein, 305; Simrock, 4677.

3 Herrlichkeit – Fährlichkeit.

Dän.: Stor herlighed følger stor farlighed. (Prov. dan., 280.)

4 Wenn man die Herrlichkeit mit Butter schmiert, entgleitet sie der Hand.


Herrnhuter.

Herrnhutter, Hundsvutter.

Ueber die Entstehung dieses aus dem görlitzer Kreise eingesandten Sprichworts wurde Folgendes mitgetheilt. [Spaltenumbruch] Ein das ganze fromme Gepräge der Herrnhuter in Haltung und Sprache tragender Bote aus Niesky, der wöchentlich oder täglich die Bestellungen seines Orts in Görlitz zu besorgen hatte, soll die Neigung gehabt haben, steuerbare Victualien in seinem kleinen Wagen nach Görlitz einzuschmuggeln. Der Einnehmer am betreffenden görlitzer Thore hatte daher sein besonderes Augenmerk auf ihn, und liebte es, sich selbst mitunter zu überzeugen, dass der Bote, wie derselbe meist versicherte, nichts Steuerbares bei sich führe. Als der Beamte aber dieser Versicherung ungeachtet eine Quantität Graupen fand und der Bote mit frommen Redensarten (er sei alt und der Herr habe sein Gedächtniss geschwächt u. s. w.) sich entschuldigen wollte, erwiderte der Einnehmer obige Worte, welche von Umstehenden vernommen und wiederholt und verbreitet wurden. Es gilt von ihm, was anderwärts über allgemeine Urtheile der Art gesagt ist. (S. z. B. Advocat 1; Bauer 3 u. v. a.)


Herrschaft.

1 Alle Herrschaft nimmt einmal ein End'.

Lat.: Nulla potentia longa est. (Ovid.) (Philippi, II, 51.)

2 Die Herrschaft das Fleisch, das Gesinde die Knochen.

Böhm.: Maso pánům, kosti sluhám. (Čelakovský, 378.)

3 Die Herrschaft ist ein lebendiges Gesetz und das Gesetz ist eine stumme Herrschaft.

Wenn es möglich wäre, sagt Luther, sollten Regenten und Hausväter eitel David, Abraham, Salomon, Josua sein. Denn der allerbesten und nützlichen Gesetze recht und wohl brauchen, ist nicht eine geringere Kunst, denn gute Gesetze geben oder machen. Darum haben auch die Heiden gesagt: Magistratus est viva lex, et lex mutus magistratus. (Heuseler, 294.)

4 Die Herrschaft ist ein Wirthshaus, aus dem kommen wenige nüchtern heraus.

„Geld und Gewalt, das ist eine bekannte Erfahrung, berauschen wie starker Branntwein.“ (Welt und Zeit, V, 111, 49.)

5 Ein Herrschafl't, die das böss nicht strafft, ist eben so gut, als der es thut.Lehmann, 729, 34.

6 Herrschaft duldet keine Gemeinschaft.

Lat.: Nulla fides regni sociis. (Lucanus.) (Binder II, 2278.) – Nulla regni societas. (Colum.) (Binder II, 2289.) – Nulla sancta societas nec fides regni est. (Binder II, 2292.) – Omnis potestas impatiens con sortis. (Lucanus.) (Binder II, 2417.) – Summa potestas non patitur plures. (Palingen.) (Kinder II, 3237.)

7 Herrschaft ohne Gnad gilt nicht in Gottes Rath.

Dän.: Naade-løs herskab er skiult for gud. (Prov. dan., 285.)

8 Herrschaft ohne Schutz, Reichthum ohne Nutz; Richter ohne Recht, Lotter1 und Spitzknecht2; Bäume ohne Frucht, Frauen ohne Zucht; Adel ohne Tugend, unverschämte Jugend; hochmüthige Pfaffen, Buben, so nur klaffen; unartig Kind, faul Gesind, geizige Platten3, der ist leicht zu entrathen.Einfälle, 303; Luther's Tischr., 437.

1) Lotterbuben, d. i. faule, unnütze Buben.

2) Spitzbuben.

3) Mönche = Capite rasi.

9 Herrschaft ohne Verstand hat nicht lange Bestand.

Lat.: Male imperando summum imperium amittetur. (Philippi, I, 237.)

10 Herrschaft ûber Schafe bringt Wolle, aber keine Ehre.

„Je roher und dümmer die Völker sind, je weniger Ehre kommt bei ihrer Beherrschung heraus; denn was wäre für ein Unterschied zwischen dem Gebieter der Pescherähs und einem Viehhirten! Nur derjenige, welcher einem aufgeklärten, freien und tüchtigen Volke gebietet, hat ein Recht stolz auf seine Herrschaft zu sein.“ (Welt und Zeit, V, 337, 162.)

11 Herrschaft und Liebschaft dulden keine Gemeinschaft.

Lat.: Nec regna socium ferre, nec taedae sciunt. (Seneca.) (Binder II, 2020.)

12 Herrschaft wird nicht gefunden.

Lat.: Nemo alten concedit imperium volens. (Philippi, II, 13.)

13 Herrschaften haben viel Augen und Ohren.Simrock, 4670.

14 Herrschaften sind Hemden, die man nur mit der Haut ablegt.Winckler, III, 91.

15 Ist die Herrschaft zu gelinde, schafft sie schlaff (faul) Gesinde.

16 Je grösser Herrschaft, je grösser Knechtschaft.Gruter, III, 53; Lehmann, II, 282, 24.

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[[298]/0304] *213 Unsern Herr Gott zum Fenster hinauswerffen. – Luther's Tischr., 294a. Die Achtung vor ihm aus den Augen setzen. *214 Use Heargoed kiwt (keift). (Büren.) Wenn's donnert. *215 Vnsern herrgot in die schul füren. – Franck, II, 21b. Etwas sehr Ueberflüssiges thun, was auch durch die Redensart ausgedrückt wird: den heiligen Geist reden, den Adler fliegen, den Fisch schwimmen lehren, den Hühnern die Schwänze aufbinden. (S. Aal 21 und Frosch 87.) *216 Wenn ihn nur der Herrgott ins Futter nähme. (Oberlausitz.) Von Personen, deren Nützlichkeit für die menschliche Gesellschaft fraglich erscheint. *217 Wenn unser Herrgott nur einen schönen Engel brauchte. (Nürtingen.) Ironisch von jemand, dessen Tod man wünscht. *218 Zu vnserm Herr Gott gehen. – Mathesius, Postilla, III, CVIIIb. „Wie die alten Deutschen vom Nachtmal reden.“ Herrgottbeisser. * Er ist ein Herrgottbeisser. (Baiern.) Ein Andächtler, welcher dem Crucifix gleichsam die Füsse abbeiseen will. Die Franzosen sagen Crucifix- und die Italiener Paradiesfresser. Hergottel. *1 Es wäre gut, Herrgottel nach ihm zu schnitzen. *2 Wie der polsche Herrgottel auf dem Neumarkte. – Weinhold, 28. Damit vergleicht man in Breslau einen steifen Menschen. Herrgottlein. Lieb Herrgottlein, dir sei's geklagt. – Eiselein, 305. Herrgottsfresser. * Es ist ein Herrgottsfresser. „Ein vornehmer Herr auss dem Ritterstand der Gülischen Ritterschafft fragt einen Münch auss dem Kloster Aldenberg im Bergischen Land, warumb nur ein Gott und so viel Teufel wären. Der Münch schwieg, weil er dessen kein Ursach konte anzeigen. Der Herr sagte: Das kompt daher, dieweil ihr Geistliche alle Tag so viel Herrgotten in eure Mess fresst, also dass Wunder, dass noch ein Herrgott übrig ist; die Teuffel aber lasst ihr wohl ungefressen, darumb seynd ihr noch so viel.“ (Zinkgref, III, 69.) Herrgottsfrüh. * En aller Härrgottsfröh hät hä ald gebagert1 un gekross2. (Köln.) – Firmenich, I, 477, 259. 1) War er schon auf den Beinen und angestrengt thätig. 2) Emsig gearbeitet. Herrgottswelt. * Er ist auf der Herrgottswelt nichts nutz. (Nürtingen.) Herrin. 1 Man soll nicht Herrin und Dienerin zugleich lieben. Lat.: Non potest Thetidem simul et Galateam amare. (Faselius, 173.) 2 Wenn die Herrin lauft aus, so ist nur für die Hunde gut das Haus. (Hindostan.) 3 Wie die Herrin, so das Hündchen. 4 Wie die Herrin, so die Dienerin. Die Russen: Ist die Herrin im Hemd, so erscheint die Magd nackt vor ihr. (Altmann VI, 448.) It.: Qual è la signora, tal è la cagnuola. (Gaal, 486.) *5 Die Herrin hat viel Muhmen. (Wend. Lausitz.) Herrje. 1 Herrje, ik krîge de kôle Pisse, sä' de Voss, da schölle hänget wêren. (Lüneburg.) *2 Ach Herrje, min Oelgeglas. – Frischbier2, 1591. Herrlichkeit. 1 Grosse Herrlichkeit, grosse Beschwerlichkeit. – Sutor, 324; Seybold, 222 u. 281. 2 Herrlicheit darff vil. – Franck, I, 156b; Petri, II, 376; Gruter, I, 47; Sailer, 244; Eselein, 305; Simrock, 4677. 3 Herrlichkeit – Fährlichkeit. Dän.: Stor herlighed følger stor farlighed. (Prov. dan., 280.) 4 Wenn man die Herrlichkeit mit Butter schmiert, entgleitet sie der Hand. Herrnhuter. Herrnhutter, Hundsvutter. Ueber die Entstehung dieses aus dem görlitzer Kreise eingesandten Sprichworts wurde Folgendes mitgetheilt. Ein das ganze fromme Gepräge der Herrnhuter in Haltung und Sprache tragender Bote aus Niesky, der wöchentlich oder täglich die Bestellungen seines Orts in Görlitz zu besorgen hatte, soll die Neigung gehabt haben, steuerbare Victualien in seinem kleinen Wagen nach Görlitz einzuschmuggeln. Der Einnehmer am betreffenden görlitzer Thore hatte daher sein besonderes Augenmerk auf ihn, und liebte es, sich selbst mitunter zu überzeugen, dass der Bote, wie derselbe meist versicherte, nichts Steuerbares bei sich führe. Als der Beamte aber dieser Versicherung ungeachtet eine Quantität Graupen fand und der Bote mit frommen Redensarten (er sei alt und der Herr habe sein Gedächtniss geschwächt u. s. w.) sich entschuldigen wollte, erwiderte der Einnehmer obige Worte, welche von Umstehenden vernommen und wiederholt und verbreitet wurden. Es gilt von ihm, was anderwärts über allgemeine Urtheile der Art gesagt ist. (S. z. B. Advocat 1; Bauer 3 u. v. a.) Herrschaft. 1 Alle Herrschaft nimmt einmal ein End'. Lat.: Nulla potentia longa est. (Ovid.) (Philippi, II, 51.) 2 Die Herrschaft das Fleisch, das Gesinde die Knochen. Böhm.: Maso pánům, kosti sluhám. (Čelakovský, 378.) 3 Die Herrschaft ist ein lebendiges Gesetz und das Gesetz ist eine stumme Herrschaft. Wenn es möglich wäre, sagt Luther, sollten Regenten und Hausväter eitel David, Abraham, Salomon, Josua sein. Denn der allerbesten und nützlichen Gesetze recht und wohl brauchen, ist nicht eine geringere Kunst, denn gute Gesetze geben oder machen. Darum haben auch die Heiden gesagt: Magistratus est viva lex, et lex mutus magistratus. (Heuseler, 294.) 4 Die Herrschaft ist ein Wirthshaus, aus dem kommen wenige nüchtern heraus. „Geld und Gewalt, das ist eine bekannte Erfahrung, berauschen wie starker Branntwein.“ (Welt und Zeit, V, 111, 49.) 5 Ein Herrschafl't, die das böss nicht strafft, ist eben so gut, als der es thut. – Lehmann, 729, 34. 6 Herrschaft duldet keine Gemeinschaft. Lat.: Nulla fides regni sociis. (Lucanus.) (Binder II, 2278.) – Nulla regni societas. (Colum.) (Binder II, 2289.) – Nulla sancta societas nec fides regni est. (Binder II, 2292.) – Omnis potestas impatiens con sortis. (Lucanus.) (Binder II, 2417.) – Summa potestas non patitur plures. (Palingen.) (Kinder II, 3237.) 7 Herrschaft ohne Gnad gilt nicht in Gottes Rath. Dän.: Naade-løs herskab er skiult for gud. (Prov. dan., 285.) 8 Herrschaft ohne Schutz, Reichthum ohne Nutz; Richter ohne Recht, Lotter1 und Spitzknecht2; Bäume ohne Frucht, Frauen ohne Zucht; Adel ohne Tugend, unverschämte Jugend; hochmüthige Pfaffen, Buben, so nur klaffen; unartig Kind, faul Gesind, geizige Platten3, der ist leicht zu entrathen. – Einfälle, 303; Luther's Tischr., 437. 1) Lotterbuben, d. i. faule, unnütze Buben. 2) Spitzbuben. 3) Mönche = Capite rasi. 9 Herrschaft ohne Verstand hat nicht lange Bestand. Lat.: Male imperando summum imperium amittetur. (Philippi, I, 237.) 10 Herrschaft ûber Schafe bringt Wolle, aber keine Ehre. „Je roher und dümmer die Völker sind, je weniger Ehre kommt bei ihrer Beherrschung heraus; denn was wäre für ein Unterschied zwischen dem Gebieter der Pescherähs und einem Viehhirten! Nur derjenige, welcher einem aufgeklärten, freien und tüchtigen Volke gebietet, hat ein Recht stolz auf seine Herrschaft zu sein.“ (Welt und Zeit, V, 337, 162.) 11 Herrschaft und Liebschaft dulden keine Gemeinschaft. Lat.: Nec regna socium ferre, nec taedae sciunt. (Seneca.) (Binder II, 2020.) 12 Herrschaft wird nicht gefunden. Lat.: Nemo alten concedit imperium volens. (Philippi, II, 13.) 13 Herrschaften haben viel Augen und Ohren. – Simrock, 4670. 14 Herrschaften sind Hemden, die man nur mit der Haut ablegt. – Winckler, III, 91. 15 Ist die Herrschaft zu gelinde, schafft sie schlaff (faul) Gesinde. 16 Je grösser Herrschaft, je grösser Knechtschaft. – Gruter, III, 53; Lehmann, II, 282, 24.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870, S. [298]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/304>, abgerufen am 25.04.2024.