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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.

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[Spaltenumbruch] 9 Das Hofleben ist gleich den Tragödienbüchern, die sind schön eingebunden und inwendig voll Jammers. - Luther's Tischr., 437; Eiselein, 316.

Die Russen: Heuchelei ist eine Tochter des Hoflebens. (Altmann VI, 466.)

10 Das Hofleben ist nichts als eine Schwitzbank. - Winckler, XIII, 56.

11 Das Hofleben ist von fern am schönsten.

Dän.: Bedre om hof-levnet at höre, end selv at forsöge. (Prov. dan., 293.)

12 Das Hofleben kennt nur, wer am Hofe gewesen.

Dän.: Man kiender först hoffet, naar man gaaer derfra. (Prov. dan., 294.)

13 Das Hofleben vermeide, eh' es dich beneide!

14 Es ist vmb das hofleben gethan, eben wie vmb die huener, die ym korbe sitzen vnd die draussen frey gehen. - Agricola I, 271; Franck, I, 139b; Petri, II, 278; Lehmann, II, 136, 59; Körte, 2898; Körte2, 3632; Eiselein, 316; Braun, I, 1420.

Die haussen gehen, wollen hinein, und die drin sind, wollen heraus.

15 Hoffleben ist beschwärlich, Hoffsterben ist gefährlich. - Lehmann, 389, 31.

16 Hoffleben - Sewleben. - Petri, II, 381.

17 Hofleben genährt und gefährt.

18 Hofleben ist arm Leben, ausser dass es einen grossen Schein hat. - Seybold, 46.

Als Erasmus von Rotterdam 1510 an den Hof Heinrich's VIII. berufen wurde, wo er die ansehnlichsten Stellen erhalten konnte, schlug er sie alle aus, indem er sagte: "Glück am Hofe ist ein glänzendes Elend und eine Larve von Zufriedenheit." Auch Franz I. von Frankreich, der ihn ebenfalls an seinen Hof einlud, dankte er für die Gnade, indem er ihm schrieb: Er sei mit gelehrten Leuten wie mit schöner Tapezerie, die desto schöner anzusehen, je weiter sie von dem Gesicht entfernt; wenn man sie nahe beschaue, dünke sie einem nicht schön. (Einfälle, 141-142.) Merck war sehr ärgerlich darüber, dass Goethe an den Hof zu Weimar ging. "Was Teufel fällt dem Wolfgang ein", rief er aus, "zu Weimar am Hofe herumzuschranzen und scherwenzen, andere zu hudeln oder sich hudeln zu lassen." (Allgemeine Modenzeitung, Leipzig 1857, S. 108.)

19 Hofleben ist ein herrlich Elend. - Petri, II, 381; Henisch, 872, 62; Mathesy, 53b.

20 Hofleben ist ein sauer Leben.

21 Hofleben ist ein Stammhaus des Betrugs, ein Vaterland der Laster, ein Fegefeuer guter Sitten, ein Paradies der Wollust und die Hölle der Tugend.

It.: Esca di corte chi ad esser santo aspira. (Pazzaglia, 72, 20.)

22 Wer das Hofleben tadelt, hat die Ungnade der Hofschranzen zum Lohn.

23 Zum Hoffleben wie zum Fewer nicht zu nahe, noch zu weit; das ist das best. - Petri, II, 825.


Hofleute.

1 Böse Hofleute machen aus Nacht Tag und aus Tag Nacht.

2 Da sind wir Hofleute, sagte der Teufel, da ritt er auf einer Sau.

3 Die Hofleute fiedern die Bolzen und die Narren müssen sie verschiessen. - Herberger, I, 2, 319.

4 Die Hofleute können sich stellen, wie man sie haben will.

5 Hofeleute, geschwinde Leute. - Herberger, II, 416.

6 Hoffleut sind wie Rechenpfenning, gelten bald viel, bald wenig, bald gar nichts, darnach sie gesetzt werden. - Lehmann, 389, 35.

Dän.: Hof-folk ere som regne-penge, gielder nu högt, nu lidet, nu ringe, ligesom de blive satte. (Prov. dan., 293.)

7 Hoffleut vnd Müller hören das Hiha gern. - Petri, II, 381.

8 Hoffleut - wunderliche Leut. - Petri, II, 381.

9 Hoffleuth spielen mit jhrem Fürsten wie mit einem Ballen. - Lehmann, 387, 11.

10 Hofleut' sind verkehrte Leut'; sie machen aus Tag Nacht und aus Nacht Tag.

Frz.: Courtisans font de la nuit le jour et du jour la nuit. (Kritzinger, 482b.)

11 Hofleute haben alle Augenblicke ein ander Gesicht.

Frz.: Les courtisans ont des visages qui se demontent. (Kritzinger, 183b.)

[Spaltenumbruch] 12 Hofleute lieben das Vaterland, wie Sperlinge die Kirschen. - Welt und Zeit, III, 115, 206.

13 Hofleute machen ihre Herren zu Göttern und alle Grossen zu ihren Vettern.

14 Hofleute sind Brennspiegel, die ihre Hitze von der Sonne empfangen. - Winckler, VIII, 75.

15 Hofleute sind des Teufels Festtagsbeute.

16 Hofleute sind Thiere mit zwei Zungen.

It.: La piu parte de cortegiani sono mostri con due lingue, e con due cuori. (Pazzaglia, 70, 16.)

17 Hofleute streuen einander gern Erbsen auf den Weg.

Der Freiherr von Knigge ging noch weiter; er liess durch Bettelkinder Läuse sammeln, in Federspulen bringen und blies sie den Hofdamen in den Abendgesellschaften unter Ohrgeflüster in die Frisur. (Vgl. H. Koenig, Seltsame Geschichten, Frankfurt a. M. 1856.)

18 Hofleute und Misgunst sind beieinander wie Mist und Gunst.

19 Hofleute werden (meist) mit Rauch gespeist und beim Feuer von Angst und Sorgen gebraten. - Winckler, VIII, 26.

20 Junge Hoffleut sind hungrig. - Petri, II, 410.

21 Wenig Hofleute trachten gen Himmel. - Agricola II, 319.

22 Wenn die Hofleute dem Teufel dienen, kann ein armer Schlucker zu unserm Herrgott kommen. (S. Hofbursche.)


Höflich.

1 Gar zu höflich ist halb bäuerisch (grob). Hollenberg, I, 23; Simrock, 4856.

Frz.: Trop de civilite engendre importunite. (Cahier, 387.)

2 Gar zu höflich sein, ist auch ein grobheit. - Petri, II, 324; Henisch, 1749, 16.

Und wenn keine Grobheit, vielleicht eine Lächerlichkeit. Oder ist es nicht lächerlich, wenn eines Tags ein vornehmer Perser zum französischen Gesandten kam, "um ihn wegen der schlechten Witterung um Verzeihung zu bitten". Zeugt es von gesundem Verstande, wenn Chesterfield eine Banknote von 10 Pfd. St. anzündet, um einem Lord zu leuchten, dem eine Guinee hinuntergefallen ist? (Jachmann, Reliquien, I, 247.)

3 Höflich gegen alle, aber mit wenigen freund (vertraut).

Böhm.: S kazdmy pekne, s nemnohymi duverne. (Celakovsky, 247.)

Dän.: Vier beleven mod alde, men ven med faa. (Prov. dan., 21.)

4 Höflich mit dem Munde, hurtig mit dem Hut kostet nicht viel und ist doch sehr gut.

Frz.: Courtois de bouche, main au chapeau, peu coaute et bon est. - Courtois de bouche, promt du chapeau ne coaute guere, et est fort beau. (Kritzinger, 185a.)

5 Höflich sein und gute Worte geben, bricht keinem das Maul ab. - Eiselein, 317.

6 Zu höflich, ist tölpisch. - Eiselein, 317; Simrock, 4857.

*7 Er ist höflich wie ein Kamel. - Parömiakon, 2975.

*8 Er ist höflich wie Kain's Keule. - Parömiakon, 1787.

*9 Er ist so höflich wie das Hintertheil eines Schweins.

*10 So höflich wie die Parnosim (Gemeindevorsteher) zu Worms. - Tendlau, 1028.

Wenn zwei oder mehrere Personen in ihren gegenseitigen Begrüssungen kein Ende finden können. Von den wormser Gemeindevorstehern wird erzählt, dass sie nach einer Sitzung sich gegenseitig die ganze Nacht bis an den Morgen zu Hause begleitet haben, weil keiner zugeben wollte, dass der andere an seiner Thür allein fortgehen sollte.

Frz.: Courtois comme un Pouloignoix. (Leroux, I, 197.)


Höfliche (der).

Bey den Höflichen erlangt man Lob. - Petri, II, 42.


Höflichkeit.

Eine Höflichkeit erfordert die andere. - Reinsberg III, 57.

Böhm.: Jedna zdvorilost druhou stiha. (Celakovsky, 86.)

Frz.: Courtoisie qui ne vient que d'ung coste ne peult longuement durer. (Leroux, II, 206; Bohn I, 14.)

2 Eine Höflichkeit ist der andern werth. - Simrock, 4855; Körte, 2923.

It.: Una cortesia ricerca l'altra. (Pazzaglia, 72, 1; Gaal, 618.)

3 Feine Höfflichkeit vnd Tischzucht hat jhr Lob vnd Preiss bey den Leuten. - Petri, II, 310.

[Spaltenumbruch] 9 Das Hofleben ist gleich den Tragödienbüchern, die sind schön eingebunden und inwendig voll Jammers.Luther's Tischr., 437; Eiselein, 316.

Die Russen: Heuchelei ist eine Tochter des Hoflebens. (Altmann VI, 466.)

10 Das Hofleben ist nichts als eine Schwitzbank.Winckler, XIII, 56.

11 Das Hofleben ist von fern am schönsten.

Dän.: Bedre om hof-levnet at høre, end selv at forsøge. (Prov. dan., 293.)

12 Das Hofleben kennt nur, wer am Hofe gewesen.

Dän.: Man kiender først hoffet, naar man gaaer derfra. (Prov. dan., 294.)

13 Das Hofleben vermeide, eh' es dich beneide!

14 Es ist vmb das hofleben gethan, eben wie vmb die huener, die ym korbe sitzen vnd die draussen frey gehen.Agricola I, 271; Franck, I, 139b; Petri, II, 278; Lehmann, II, 136, 59; Körte, 2898; Körte2, 3632; Eiselein, 316; Braun, I, 1420.

Die haussen gehen, wollen hinein, und die drin sind, wollen heraus.

15 Hoffleben ist beschwärlich, Hoffsterben ist gefährlich.Lehmann, 389, 31.

16 Hoffleben – Sewleben.Petri, II, 381.

17 Hofleben genährt und gefährt.

18 Hofleben ist arm Leben, ausser dass es einen grossen Schein hat.Seybold, 46.

Als Erasmus von Rotterdam 1510 an den Hof Heinrich's VIII. berufen wurde, wo er die ansehnlichsten Stellen erhalten konnte, schlug er sie alle aus, indem er sagte: „Glück am Hofe ist ein glänzendes Elend und eine Larve von Zufriedenheit.“ Auch Franz I. von Frankreich, der ihn ebenfalls an seinen Hof einlud, dankte er für die Gnade, indem er ihm schrieb: Er sei mit gelehrten Leuten wie mit schöner Tapezerie, die desto schöner anzusehen, je weiter sie von dem Gesicht entfernt; wenn man sie nahe beschaue, dünke sie einem nicht schön. (Einfälle, 141-142.) Merck war sehr ärgerlich darüber, dass Goethe an den Hof zu Weimar ging. „Was Teufel fällt dem Wolfgang ein“, rief er aus, „zu Weimar am Hofe herumzuschranzen und scherwenzen, andere zu hudeln oder sich hudeln zu lassen.“ (Allgemeine Modenzeitung, Leipzig 1857, S. 108.)

19 Hofleben ist ein herrlich Elend.Petri, II, 381; Henisch, 872, 62; Mathesy, 53b.

20 Hofleben ist ein sauer Leben.

21 Hofleben ist ein Stammhaus des Betrugs, ein Vaterland der Laster, ein Fegefeuer guter Sitten, ein Paradies der Wollust und die Hölle der Tugend.

It.: Esca di corte chi ad esser santo aspira. (Pazzaglia, 72, 20.)

22 Wer das Hofleben tadelt, hat die Ungnade der Hofschranzen zum Lohn.

23 Zum Hoffleben wie zum Fewer nicht zu nahe, noch zu weit; das ist das best.Petri, II, 825.


Hofleute.

1 Böse Hofleute machen aus Nacht Tag und aus Tag Nacht.

2 Da sind wir Hofleute, sagte der Teufel, da ritt er auf einer Sau.

3 Die Hofleute fiedern die Bolzen und die Narren müssen sie verschiessen.Herberger, I, 2, 319.

4 Die Hofleute können sich stellen, wie man sie haben will.

5 Hofeleute, geschwinde Leute.Herberger, II, 416.

6 Hoffleut sind wie Rechenpfenning, gelten bald viel, bald wenig, bald gar nichts, darnach sie gesetzt werden.Lehmann, 389, 35.

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8 Hoffleut – wunderliche Leut.Petri, II, 381.

9 Hoffleuth spielen mit jhrem Fürsten wie mit einem Ballen.Lehmann, 387, 11.

10 Hofleut' sind verkehrte Leut'; sie machen aus Tag Nacht und aus Nacht Tag.

Frz.: Courtisans font de la nuit le jour et du jour la nuit. (Kritzinger, 482b.)

11 Hofleute haben alle Augenblicke ein ander Gesicht.

Frz.: Les courtisans ont des visages qui se démontent. (Kritzinger, 183b.)

[Spaltenumbruch] 12 Hofleute lieben das Vaterland, wie Sperlinge die Kirschen.Welt und Zeit, III, 115, 206.

13 Hofleute machen ihre Herren zu Göttern und alle Grossen zu ihren Vettern.

14 Hofleute sind Brennspiegel, die ihre Hitze von der Sonne empfangen.Winckler, VIII, 75.

15 Hofleute sind des Teufels Festtagsbeute.

16 Hofleute sind Thiere mit zwei Zungen.

It.: La più parte de cortegiani sono mostri con due lingue, e con due cuori. (Pazzaglia, 70, 16.)

17 Hofleute streuen einander gern Erbsen auf den Weg.

Der Freiherr von Knigge ging noch weiter; er liess durch Bettelkinder Läuse sammeln, in Federspulen bringen und blies sie den Hofdamen in den Abendgesellschaften unter Ohrgeflüster in die Frisur. (Vgl. H. Koenig, Seltsame Geschichten, Frankfurt a. M. 1856.)

18 Hofleute und Misgunst sind beieinander wie Mist und Gunst.

19 Hofleute werden (meist) mit Rauch gespeist und beim Feuer von Angst und Sorgen gebraten.Winckler, VIII, 26.

20 Junge Hoffleut sind hungrig.Petri, II, 410.

21 Wenig Hofleute trachten gen Himmel.Agricola II, 319.

22 Wenn die Hofleute dem Teufel dienen, kann ein armer Schlucker zu unserm Herrgott kommen. (S. Hofbursche.)


Höflich.

1 Gar zu höflich ist halb bäuerisch (grob). Hollenberg, I, 23; Simrock, 4856.

Frz.: Trop de civilité engendre importunité. (Cahier, 387.)

2 Gar zu höflich sein, ist auch ein grobheit.Petri, II, 324; Henisch, 1749, 16.

Und wenn keine Grobheit, vielleicht eine Lächerlichkeit. Oder ist es nicht lächerlich, wenn eines Tags ein vornehmer Perser zum französischen Gesandten kam, „um ihn wegen der schlechten Witterung um Verzeihung zu bitten“. Zeugt es von gesundem Verstande, wenn Chesterfield eine Banknote von 10 Pfd. St. anzündet, um einem Lord zu leuchten, dem eine Guinee hinuntergefallen ist? (Jachmann, Reliquien, I, 247.)

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4 Höflich mit dem Munde, hurtig mit dem Hut kostet nicht viel und ist doch sehr gut.

Frz.: Courtois de bouche, main au chapeau, peu coûte et bon est. – Courtois de bouche, promt du chapeau ne coûte guère, et est fort beau. (Kritzinger, 185a.)

5 Höflich sein und gute Worte geben, bricht keinem das Maul ab.Eiselein, 317.

6 Zu höflich, ist tölpisch.Eiselein, 317; Simrock, 4857.

*7 Er ist höflich wie ein Kamel.Parömiakon, 2975.

*8 Er ist höflich wie Kain's Keule.Parömiakon, 1787.

*9 Er ist so höflich wie das Hintertheil eines Schweins.

*10 So höflich wie die Parnosim (Gemeindevorsteher) zu Worms.Tendlau, 1028.

Wenn zwei oder mehrere Personen in ihren gegenseitigen Begrüssungen kein Ende finden können. Von den wormser Gemeindevorstehern wird erzählt, dass sie nach einer Sitzung sich gegenseitig die ganze Nacht bis an den Morgen zu Hause begleitet haben, weil keiner zugeben wollte, dass der andere an seiner Thür allein fortgehen sollte.

Frz.: Courtois comme un Pouloignoix. (Leroux, I, 197.)


Höfliche (der).

Bey den Höflichen erlangt man Lob.Petri, II, 42.


Höflichkeit.

Eine Höflichkeit erfordert die andere.Reinsberg III, 57.

Böhm.: Jedna zdvořilost druhou stíhá. (Čelakovsky, 86.)

Frz.: Courtoisie qui ne vient que d'ung costé ne peult longuement durer. (Leroux, II, 206; Bohn I, 14.)

2 Eine Höflichkeit ist der andern werth.Simrock, 4855; Körte, 2923.

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[[365]/0371] 9 Das Hofleben ist gleich den Tragödienbüchern, die sind schön eingebunden und inwendig voll Jammers. – Luther's Tischr., 437; Eiselein, 316. Die Russen: Heuchelei ist eine Tochter des Hoflebens. (Altmann VI, 466.) 10 Das Hofleben ist nichts als eine Schwitzbank. – Winckler, XIII, 56. 11 Das Hofleben ist von fern am schönsten. Dän.: Bedre om hof-levnet at høre, end selv at forsøge. (Prov. dan., 293.) 12 Das Hofleben kennt nur, wer am Hofe gewesen. Dän.: Man kiender først hoffet, naar man gaaer derfra. (Prov. dan., 294.) 13 Das Hofleben vermeide, eh' es dich beneide! 14 Es ist vmb das hofleben gethan, eben wie vmb die huener, die ym korbe sitzen vnd die draussen frey gehen. – Agricola I, 271; Franck, I, 139b; Petri, II, 278; Lehmann, II, 136, 59; Körte, 2898; Körte2, 3632; Eiselein, 316; Braun, I, 1420. Die haussen gehen, wollen hinein, und die drin sind, wollen heraus. 15 Hoffleben ist beschwärlich, Hoffsterben ist gefährlich. – Lehmann, 389, 31. 16 Hoffleben – Sewleben. – Petri, II, 381. 17 Hofleben genährt und gefährt. 18 Hofleben ist arm Leben, ausser dass es einen grossen Schein hat. – Seybold, 46. Als Erasmus von Rotterdam 1510 an den Hof Heinrich's VIII. berufen wurde, wo er die ansehnlichsten Stellen erhalten konnte, schlug er sie alle aus, indem er sagte: „Glück am Hofe ist ein glänzendes Elend und eine Larve von Zufriedenheit.“ Auch Franz I. von Frankreich, der ihn ebenfalls an seinen Hof einlud, dankte er für die Gnade, indem er ihm schrieb: Er sei mit gelehrten Leuten wie mit schöner Tapezerie, die desto schöner anzusehen, je weiter sie von dem Gesicht entfernt; wenn man sie nahe beschaue, dünke sie einem nicht schön. (Einfälle, 141-142.) Merck war sehr ärgerlich darüber, dass Goethe an den Hof zu Weimar ging. „Was Teufel fällt dem Wolfgang ein“, rief er aus, „zu Weimar am Hofe herumzuschranzen und scherwenzen, andere zu hudeln oder sich hudeln zu lassen.“ (Allgemeine Modenzeitung, Leipzig 1857, S. 108.) 19 Hofleben ist ein herrlich Elend. – Petri, II, 381; Henisch, 872, 62; Mathesy, 53b. 20 Hofleben ist ein sauer Leben. 21 Hofleben ist ein Stammhaus des Betrugs, ein Vaterland der Laster, ein Fegefeuer guter Sitten, ein Paradies der Wollust und die Hölle der Tugend. It.: Esca di corte chi ad esser santo aspira. (Pazzaglia, 72, 20.) 22 Wer das Hofleben tadelt, hat die Ungnade der Hofschranzen zum Lohn. 23 Zum Hoffleben wie zum Fewer nicht zu nahe, noch zu weit; das ist das best. – Petri, II, 825. Hofleute. 1 Böse Hofleute machen aus Nacht Tag und aus Tag Nacht. 2 Da sind wir Hofleute, sagte der Teufel, da ritt er auf einer Sau. 3 Die Hofleute fiedern die Bolzen und die Narren müssen sie verschiessen. – Herberger, I, 2, 319. 4 Die Hofleute können sich stellen, wie man sie haben will. 5 Hofeleute, geschwinde Leute. – Herberger, II, 416. 6 Hoffleut sind wie Rechenpfenning, gelten bald viel, bald wenig, bald gar nichts, darnach sie gesetzt werden. – Lehmann, 389, 35. Dän.: Hof-folk ere som regne-penge, gielder nu høgt, nu lidet, nu ringe, ligesom de blive satte. (Prov. dan., 293.) 7 Hoffleut vnd Müller hören das Hiha gern. – Petri, II, 381. 8 Hoffleut – wunderliche Leut. – Petri, II, 381. 9 Hoffleuth spielen mit jhrem Fürsten wie mit einem Ballen. – Lehmann, 387, 11. 10 Hofleut' sind verkehrte Leut'; sie machen aus Tag Nacht und aus Nacht Tag. Frz.: Courtisans font de la nuit le jour et du jour la nuit. (Kritzinger, 482b.) 11 Hofleute haben alle Augenblicke ein ander Gesicht. Frz.: Les courtisans ont des visages qui se démontent. (Kritzinger, 183b.) 12 Hofleute lieben das Vaterland, wie Sperlinge die Kirschen. – Welt und Zeit, III, 115, 206. 13 Hofleute machen ihre Herren zu Göttern und alle Grossen zu ihren Vettern. 14 Hofleute sind Brennspiegel, die ihre Hitze von der Sonne empfangen. – Winckler, VIII, 75. 15 Hofleute sind des Teufels Festtagsbeute. 16 Hofleute sind Thiere mit zwei Zungen. It.: La più parte de cortegiani sono mostri con due lingue, e con due cuori. (Pazzaglia, 70, 16.) 17 Hofleute streuen einander gern Erbsen auf den Weg. Der Freiherr von Knigge ging noch weiter; er liess durch Bettelkinder Läuse sammeln, in Federspulen bringen und blies sie den Hofdamen in den Abendgesellschaften unter Ohrgeflüster in die Frisur. (Vgl. H. Koenig, Seltsame Geschichten, Frankfurt a. M. 1856.) 18 Hofleute und Misgunst sind beieinander wie Mist und Gunst. 19 Hofleute werden (meist) mit Rauch gespeist und beim Feuer von Angst und Sorgen gebraten. – Winckler, VIII, 26. 20 Junge Hoffleut sind hungrig. – Petri, II, 410. 21 Wenig Hofleute trachten gen Himmel. – Agricola II, 319. 22 Wenn die Hofleute dem Teufel dienen, kann ein armer Schlucker zu unserm Herrgott kommen. (S. Hofbursche.) Höflich. 1 Gar zu höflich ist halb bäuerisch (grob). Hollenberg, I, 23; Simrock, 4856. Frz.: Trop de civilité engendre importunité. (Cahier, 387.) 2 Gar zu höflich sein, ist auch ein grobheit. – Petri, II, 324; Henisch, 1749, 16. Und wenn keine Grobheit, vielleicht eine Lächerlichkeit. Oder ist es nicht lächerlich, wenn eines Tags ein vornehmer Perser zum französischen Gesandten kam, „um ihn wegen der schlechten Witterung um Verzeihung zu bitten“. Zeugt es von gesundem Verstande, wenn Chesterfield eine Banknote von 10 Pfd. St. anzündet, um einem Lord zu leuchten, dem eine Guinee hinuntergefallen ist? (Jachmann, Reliquien, I, 247.) 3 Höflich gegen alle, aber mit wenigen freund (vertraut). Böhm.: S každmý pĕknĕ, s nemnohými důvĕrnĕ. (Čelakovsky, 247.) Dän.: Vier beleven mod alde, men ven med faa. (Prov. dan., 21.) 4 Höflich mit dem Munde, hurtig mit dem Hut kostet nicht viel und ist doch sehr gut. Frz.: Courtois de bouche, main au chapeau, peu coûte et bon est. – Courtois de bouche, promt du chapeau ne coûte guère, et est fort beau. (Kritzinger, 185a.) 5 Höflich sein und gute Worte geben, bricht keinem das Maul ab. – Eiselein, 317. 6 Zu höflich, ist tölpisch. – Eiselein, 317; Simrock, 4857. *7 Er ist höflich wie ein Kamel. – Parömiakon, 2975. *8 Er ist höflich wie Kain's Keule. – Parömiakon, 1787. *9 Er ist so höflich wie das Hintertheil eines Schweins. *10 So höflich wie die Parnosim (Gemeindevorsteher) zu Worms. – Tendlau, 1028. Wenn zwei oder mehrere Personen in ihren gegenseitigen Begrüssungen kein Ende finden können. Von den wormser Gemeindevorstehern wird erzählt, dass sie nach einer Sitzung sich gegenseitig die ganze Nacht bis an den Morgen zu Hause begleitet haben, weil keiner zugeben wollte, dass der andere an seiner Thür allein fortgehen sollte. Frz.: Courtois comme un Pouloignoix. (Leroux, I, 197.) Höfliche (der). Bey den Höflichen erlangt man Lob. – Petri, II, 42. Höflichkeit. Eine Höflichkeit erfordert die andere. – Reinsberg III, 57. Böhm.: Jedna zdvořilost druhou stíhá. (Čelakovsky, 86.) Frz.: Courtoisie qui ne vient que d'ung costé ne peult longuement durer. (Leroux, II, 206; Bohn I, 14.) 2 Eine Höflichkeit ist der andern werth. – Simrock, 4855; Körte, 2923. It.: Una cortesia ricerca l'altra. (Pazzaglia, 72, 1; Gaal, 618.) 3 Feine Höfflichkeit vnd Tischzucht hat jhr Lob vnd Preiss bey den Leuten. – Petri, II, 310.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870, S. [365]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/371>, abgerufen am 28.03.2024.