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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

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[Spaltenumbruch] Vesperprot in die Grube und die Mispeln geschält. Die Spanier geben die Regel: Am Sanct-Lukas tödte dein Schwein und spunde deine Tonne zu. In Venetien betrachtet man den Lukastag als das Ende der Gewitter. Man hat den Reim: Da san Luca el ton va in zuca. (Am Sanct-Lukas geht der Donner in die Kürbisse.) Die Serben sprechen aus, dass um diese Zeit Kälte eintritt, indem sie sagen: Bis Sanct-Lukas habe die Hände wo du willst, nach Sanct-Lukas aber stecke sie in den Busen. (Orakel, 844 u. 845.) Bei den Franzosen vertritt in dieser Hinsicht der heilige Cerbonnet diese Stelle, dessen Gedächtniss dem 17. Oct. bestimmt ist. Sie haben dafür das Wortspiel: Le jour de St.-Cerbonnet les pretres prennent le camail et serrent le bonnet carre. (Reinsberg VIII, 182-183.)

3 Sanct Lukas schreibt nichts davon, wir wollen's auch heimlich halten, sagte der Mönch zur Nonne. - Klosterspiegel, 11, 10.

*4 Da schreibet weder Lucas noch Syrach etwas (viel) daruon. - Mathesy, 193a; Eiselein, 438; Simrock, 6622.

Wortspiel mit Lugas und Lukas.

Holl.: Lukas schrijft daar nit van. (Harrebomee, II, 42.)

*5 Dat is en ut Luks Ohm sein Büel. - Kern, 151a.

Wenn jemand sehr aufschneidet; es ist eine classische Lüge.

*6 Er weiss wo Luks Bier holt. (Preuss.)

Luks (Lukas) soll ein Schuhmacher in Königsberg gewesen sein, der, ein tüchtiger Bierkenner, aus allen Häusern Proben geholt, um sich dann, wo er das beste gefunden, sein Bier so lange holen lassen, als er es gut gefunden, nachher aber seine Versuche aufs neue begonnen. Diese Redensart wird von jemand gebraucht, der sich das Beste aussucht, seine Sache immer am rechten Ende anfasst, der über gewisse Dinge mehr als andere weiss, oder mehr als man ihm zugetraut hat. (Bock, Idiot. pruss.)

*7 In d' Lukas gehen. (Oesterreich.) - Klein, I, 289.

In der Pfalz: Indukas gehen. (S. Dux.)

*8 Lukas schreibt nicht also. - Agricola I, 422; Egenolff, 200a; Eyering, I, 37; III, 180; Theatrum Diabolorum, 436b; Schottel, 1136b; Meisner, 115; Sailer, 142; Lohrengel, II, 90.

Die Sache ist anders, oder: Das ist eine eingebildete, thörichte Erwartung.

Dän.: Lucas skriver ei saa. (Prov. dan., 397.)


Lukaswoche.

Wer in der Lukaswoche Roggen streut, es nicht in nächster Ernte bereut. (Arnsberg.) - Boebel, 50.


Luke.

1 Wer nicht kann vor die Luke stahn, der soll des Weibes müssig gahn. - Eiselein, 438.

*2 Einen andern für die Lucken stellen. - Mathesy, 104a.

*3 Fall man nich aut de Lauk. - Volksbote, X.

Glaube dich nicht zu sicher.

*4 Krüpst du ut de Luk? (Ukermark.)

Kriechst du aus der Luke? D. i.: Nimmt die Sache so einen Ausgang?

*5 Sich in die Luke stellen.

Die drohende Gefahr abwenden.

*6 Vor die Luke treten.


Lüke.

Lüke1 lävt noch. - Stürenburg, 141a; Kehrein, 148; Hauskalender, II.

1) Name. Lukas, Leukel; dann Lichtchen. So sagen die Kinder mit Anspielung auf den Namen Lüke, wenn sie einen angebrannten, noch glimmenden Halm (aus dem Besen) aus der einen Hand in die andere gehen lassen. Die Redensart stammt aus einem Kinderspiel, bei welchem die Kinder einen brennenden Strohhalm, begleitet von dem obigen Ausrufe, von Hand zu Hand schicken. Dasjenige Kind, in dessen Hand der Halm erlöscht, muss ein Pfand geben.


Lulaffe.

* Du Lulaffe.

"Was ist's nun gesagt, lieber Lulaffe?" (Luther's Werke, V, 327.)


Lulaffen.

* Sie lulaffen und alfanzen.

"Der Pabst mit den Seinen haben eine heidnische Weise aufbracht, dass sie mögen lulaffen und alfanzen, was sie wollen." (Luther's Kirchenpostille, 84b.)


Lüling.

1 Biäter en Lülink1 in der Hant, as en Kranek oppem Dake. (Iserlohn.) - Woeste, 72, 183.

1) Auch Lüning, Leining = Sperling.

2 En Lüling in de Hand is better oss 'ne Dauwe uppem Dake. (Waldeck.) - Curtze, 332, 216; für Attendorn: Firmenich, I, 356, 1.


[Spaltenumbruch]
Lülke.

* An ausgeräucherte1 Lülke2. (Jüd.-deutsch. Warschau.)

1) Durchgerauchte.

2) Lulka, ruthenisch = Pfeife. Von erfahrenen, durchtriebenen Menschen, in dem Sinne von Junge 78 und Kind 1164. Die Pfeifen, besonders die meerschaumenen, sind nur dann dauerhaft und geschätzt, wenn sie eine Zeit lang im Gebrauch gewesen, also durchgeraucht sind. (Ueber Lülke vgl. Ave-Lallemant, IV, 568.)


Lüll.

* De wet nig van Lüll edder Tüll. - Dähnert, 287a.

Sie ist gänzlich unerfahren.


Lumen.

* Er ist ein lumen mundi, vier aufs Pfund.


Lümmel.

1 Lümmel vom Lande, kennt er seinen König nicht? (Pommern.)

Häufig gebraucht von einem Bekannten gegen den andern, der an ihm vorübergeht, ohne ihn zu beachten oder zu sehen. Ursprung unbekannt.

*2 Er hat den Lümmel verschüttet. - Keller, 140a.

"Führet einer sich gar zu grob auff, so saget man, er hat Lümmel verschüttet. Lümmel aber ist ein altdeutsch Wort und heisst im lateinischen Minutal, dass bedeutet eine zerhackte Speise."

*3 'S ies a rechter Vierschrietiger Limmel. (S. Hund 1521.) - Robinson, 613; Gomolcke, 972.

*4 Soll ich den Lümmel läuten? (S. Lümmelglöckel.) - Weinhold, 55.


Lümmelglöckel.

* Das Lümmelglöckel läuten. (Breslau.)

Dies "Glöckel" befand sich im Schweidnitzer Keller zu Breslau und wurde stets geläutet, wenn jemand ein Glas zerbrach oder einen andern Lümmelstreich machte. (Fülleborn, Bresl. Erzähler, I, 644.)


Lummert.

* Dat geit na de Lummert. - Stürenburg, 142b.

D. h. es geht verloren. Lummert ist der niederdeutsche Ausdruck für Lombard = Leihhaus, so genannt, weil in der Lombardei die ersten Leihhäuser im 14. Jahrhundert entstanden.


Lump.

1 Beschissene Lumpen gehören olle ei e Loch. (Böhmen.)

2 D' Lumpe si Lüt, und us Narre gits nüt. (Solothurn.) - Schild, 65, 109; Sutermeister, 126.

3 Der ein Lump werden soll, wird erst Schöffe. - Horn, Spinnstube, 1846, 191.

4 Der Lump gilt nichts, wo die Leute theuer sind. - Eiselein, 438; Simrock, 6680.

5 Der Lump ist einer von denen, wo dreizehn auf ein Dutzend gehen. - Eiselein, 438.

6 Ein Lump auswendig ist auch ein Lump inwendig.

7 Ein Lump ist ein Lump und wär' er mit Gold überzogen. - Lohrengel, I, 233.

8 Ein rechter Lump fängt frühe an.

9 Es ist kein Lumpen, er findet seinen Lappen.

Böhm.: Hadr onuci, kmet babu pojal. - Hadr onuci vzdy najde. (Celakovsky, 38.)

10 Ist ein Lump bei dir, so lass ihn nicht gehen, es möchte ein noch grösserer Lump zu dir kommen. - Burckhardt, 5.

Besonders von Dienstboten, deren Spitzbüberei und Unverschämtheit in Aegypten der Gegenstand allgemeiner Klage ist. Allgemein aber: Es ist besser gegenwärtige Uebel zu ertragen, als sich durch den Versuch, sie zu entfernen, noch grössern aussetzen.

11 Je grösser der Lump, je mehr gilt er vor Gericht.

Der Abgeordnete Dr. Sepp in der 36. Sitzung der bairischen Kammer der Abgeordneten, München am 19. Mai 1870, in der Verhandlung über Todesstrafe: "In der Staatszeitung von Illinois las ich neulich: An die Abschaffung der Todesstrafe denkt bei uns niemand, wenn der Arm der ordentlichen Gerichte nicht ausreicht, wird gelyncht (s. Lynchen); denn gegen Menschen, welche das Leben ihrer Mitbürger nicht achten, muss jeder sich wehren wie gegen ein wildes Thier. Auch bei uns sträubt sich das Gewissen des Volks dagegen, mehr Mitleid mit Verbrechern als mit ehrlichen Leuten zu haben. Nur das Gewissen der Juristen ist so human, so zart, so nervenschwach, nämlich den Verbrechern gegenüber; wenn es darauf ankommt, einem ehrlichen Manne das Fell abzuziehen, so stürzen sie sich wie die Tiger auf den Nacken ihres Opfers und saugen ihm das Blut aus. Unsereiner weiss davon zu erzählen, wenn die Rechtszustände eines Volks derart sind, dass das Volk sich das Sprichwort gemacht hat: Je grösser der Lump,

[Spaltenumbruch] Vesperprot in die Grube und die Mispeln geschält. Die Spanier geben die Regel: Am Sanct-Lukas tödte dein Schwein und spunde deine Tonne zu. In Venetien betrachtet man den Lukastag als das Ende der Gewitter. Man hat den Reim: Da san Luca el ton va in zuca. (Am Sanct-Lukas geht der Donner in die Kürbisse.) Die Serben sprechen aus, dass um diese Zeit Kälte eintritt, indem sie sagen: Bis Sanct-Lukas habe die Hände wo du willst, nach Sanct-Lukas aber stecke sie in den Busen. (Orakel, 844 u. 845.) Bei den Franzosen vertritt in dieser Hinsicht der heilige Cerbonnet diese Stelle, dessen Gedächtniss dem 17. Oct. bestimmt ist. Sie haben dafür das Wortspiel: Le jour de St.-Cerbonnet les prêtres prennent le camail et serrent le bonnet carré. (Reinsberg VIII, 182-183.)

3 Sanct Lukas schreibt nichts davon, wir wollen's auch heimlich halten, sagte der Mönch zur Nonne.Klosterspiegel, 11, 10.

*4 Da schreibet weder Lucas noch Syrach etwas (viel) daruon.Mathesy, 193a; Eiselein, 438; Simrock, 6622.

Wortspiel mit Lugas und Lukas.

Holl.: Lukas schrijft daar nit van. (Harrebomée, II, 42.)

*5 Dat is ên ut Luks Ohm sîn Büel.Kern, 151a.

Wenn jemand sehr aufschneidet; es ist eine classische Lüge.

*6 Er weiss wo Luks Bier holt. (Preuss.)

Luks (Lukas) soll ein Schuhmacher in Königsberg gewesen sein, der, ein tüchtiger Bierkenner, aus allen Häusern Proben geholt, um sich dann, wo er das beste gefunden, sein Bier so lange holen lassen, als er es gut gefunden, nachher aber seine Versuche aufs neue begonnen. Diese Redensart wird von jemand gebraucht, der sich das Beste aussucht, seine Sache immer am rechten Ende anfasst, der über gewisse Dinge mehr als andere weiss, oder mehr als man ihm zugetraut hat. (Bock, Idiot. pruss.)

*7 In d' Lukas gehen. (Oesterreich.) – Klein, I, 289.

In der Pfalz: Indukas gehen. (S. Dux.)

*8 Lukas schreibt nicht also.Agricola I, 422; Egenolff, 200a; Eyering, I, 37; III, 180; Theatrum Diabolorum, 436b; Schottel, 1136b; Meisner, 115; Sailer, 142; Lohrengel, II, 90.

Die Sache ist anders, oder: Das ist eine eingebildete, thörichte Erwartung.

Dän.: Lucas skriver ei saa. (Prov. dan., 397.)


Lukaswoche.

Wer in der Lukaswoche Roggen streut, es nicht in nächster Ernte bereut. (Arnsberg.) – Boebel, 50.


Luke.

1 Wer nicht kann vor die Luke stahn, der soll des Weibes müssig gahn.Eiselein, 438.

*2 Einen andern für die Lucken stellen.Mathesy, 104a.

*3 Fall man nich ût de Lûk.Volksbote, X.

Glaube dich nicht zu sicher.

*4 Krüpst du ut de Luk? (Ukermark.)

Kriechst du aus der Luke? D. i.: Nimmt die Sache so einen Ausgang?

*5 Sich in die Luke stellen.

Die drohende Gefahr abwenden.

*6 Vor die Luke treten.


Lüke.

Lüke1 lävt noch.Stürenburg, 141a; Kehrein, 148; Hauskalender, II.

1) Name. Lukas, Leukel; dann Lichtchen. So sagen die Kinder mit Anspielung auf den Namen Lüke, wenn sie einen angebrannten, noch glimmenden Halm (aus dem Besen) aus der einen Hand in die andere gehen lassen. Die Redensart stammt aus einem Kinderspiel, bei welchem die Kinder einen brennenden Strohhalm, begleitet von dem obigen Ausrufe, von Hand zu Hand schicken. Dasjenige Kind, in dessen Hand der Halm erlöscht, muss ein Pfand geben.


Lulaffe.

* Du Lulaffe.

„Was ist's nun gesagt, lieber Lulaffe?“ (Luther's Werke, V, 327.)


Lulaffen.

* Sie lulaffen und alfanzen.

„Der Pabst mit den Seinen haben eine heidnische Weise aufbracht, dass sie mögen lulaffen und alfanzen, was sie wollen.“ (Luther's Kirchenpostille, 84b.)


Lüling.

1 Biäter en Lülink1 in der Hant, as en Kranek oppem Dâke. (Iserlohn.) – Woeste, 72, 183.

1) Auch Lüning, Leining = Sperling.

2 En Lüling in de Hand is better oss 'ne Dûwe uppem Dâke. (Waldeck.) – Curtze, 332, 216; für Attendorn: Firmenich, I, 356, 1.


[Spaltenumbruch]
Lülke.

* An ausgeräucherte1 Lülke2. (Jüd.-deutsch. Warschau.)

1) Durchgerauchte.

2) Lulka, ruthenisch = Pfeife. Von erfahrenen, durchtriebenen Menschen, in dem Sinne von Junge 78 und Kind 1164. Die Pfeifen, besonders die meerschaumenen, sind nur dann dauerhaft und geschätzt, wenn sie eine Zeit lang im Gebrauch gewesen, also durchgeraucht sind. (Ueber Lülke vgl. Avé-Lallemant, IV, 568.)


Lüll.

* De wet nig van Lüll edder Tüll.Dähnert, 287a.

Sie ist gänzlich unerfahren.


Lumen.

* Er ist ein lumen mundi, vier aufs Pfund.


Lümmel.

1 Lümmel vom Lande, kennt er seinen König nicht? (Pommern.)

Häufig gebraucht von einem Bekannten gegen den andern, der an ihm vorübergeht, ohne ihn zu beachten oder zu sehen. Ursprung unbekannt.

*2 Er hat den Lümmel verschüttet.Keller, 140a.

„Führet einer sich gar zu grob auff, so saget man, er hat Lümmel verschüttet. Lümmel aber ist ein altdeutsch Wort und heisst im lateinischen Minutal, dass bedeutet eine zerhackte Speise.“

*3 'S ies a rechter Vierschrietiger Limmel. (S. Hund 1521.) – Robinson, 613; Gomolcke, 972.

*4 Soll ich den Lümmel läuten? (S. Lümmelglöckel.) – Weinhold, 55.


Lümmelglöckel.

* Das Lümmelglöckel läuten. (Breslau.)

Dies „Glöckel“ befand sich im Schweidnitzer Keller zu Breslau und wurde stets geläutet, wenn jemand ein Glas zerbrach oder einen andern Lümmelstreich machte. (Fülleborn, Bresl. Erzähler, I, 644.)


Lummert.

* Dat geit na de Lummert.Stürenburg, 142b.

D. h. es geht verloren. Lummert ist der niederdeutsche Ausdruck für Lombard = Leihhaus, so genannt, weil in der Lombardei die ersten Leihhäuser im 14. Jahrhundert entstanden.


Lump.

1 Beschissene Lumpen gehören olle ei ê Loch. (Böhmen.)

2 D' Lumpe si Lüt, und us Narre gits nüt. (Solothurn.) – Schild, 65, 109; Sutermeister, 126.

3 Der ein Lump werden soll, wird erst Schöffe.Horn, Spinnstube, 1846, 191.

4 Der Lump gilt nichts, wo die Leute theuer sind.Eiselein, 438; Simrock, 6680.

5 Der Lump ist einer von denen, wo dreizehn auf ein Dutzend gehen.Eiselein, 438.

6 Ein Lump auswendig ist auch ein Lump inwendig.

7 Ein Lump ist ein Lump und wär' er mit Gold überzogen.Lohrengel, I, 233.

8 Ein rechter Lump fängt frühe an.

9 Es ist kein Lumpen, er findet seinen Lappen.

Böhm.: Hadr onuci, kmet bábu pojal. – Hadr onuci vždy najde. (Čelakovsky, 38.)

10 Ist ein Lump bei dir, so lass ihn nicht gehen, es möchte ein noch grösserer Lump zu dir kommen.Burckhardt, 5.

Besonders von Dienstboten, deren Spitzbüberei und Unverschämtheit in Aegypten der Gegenstand allgemeiner Klage ist. Allgemein aber: Es ist besser gegenwärtige Uebel zu ertragen, als sich durch den Versuch, sie zu entfernen, noch grössern aussetzen.

11 Je grösser der Lump, je mehr gilt er vor Gericht.

Der Abgeordnete Dr. Sepp in der 36. Sitzung der bairischen Kammer der Abgeordneten, München am 19. Mai 1870, in der Verhandlung über Todesstrafe: „In der Staatszeitung von Illinois las ich neulich: An die Abschaffung der Todesstrafe denkt bei uns niemand, wenn der Arm der ordentlichen Gerichte nicht ausreicht, wird gelyncht (s. Lynchen); denn gegen Menschen, welche das Leben ihrer Mitbürger nicht achten, muss jeder sich wehren wie gegen ein wildes Thier. Auch bei uns sträubt sich das Gewissen des Volks dagegen, mehr Mitleid mit Verbrechern als mit ehrlichen Leuten zu haben. Nur das Gewissen der Juristen ist so human, so zart, so nervenschwach, nämlich den Verbrechern gegenüber; wenn es darauf ankommt, einem ehrlichen Manne das Fell abzuziehen, so stürzen sie sich wie die Tiger auf den Nacken ihres Opfers und saugen ihm das Blut aus. Unsereiner weiss davon zu erzählen, wenn die Rechtszustände eines Volks derart sind, dass das Volk sich das Sprichwort gemacht hat: Je grösser der Lump,

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[[141]/0155] Vesperprot in die Grube und die Mispeln geschält. Die Spanier geben die Regel: Am Sanct-Lukas tödte dein Schwein und spunde deine Tonne zu. In Venetien betrachtet man den Lukastag als das Ende der Gewitter. Man hat den Reim: Da san Luca el ton va in zuca. (Am Sanct-Lukas geht der Donner in die Kürbisse.) Die Serben sprechen aus, dass um diese Zeit Kälte eintritt, indem sie sagen: Bis Sanct-Lukas habe die Hände wo du willst, nach Sanct-Lukas aber stecke sie in den Busen. (Orakel, 844 u. 845.) Bei den Franzosen vertritt in dieser Hinsicht der heilige Cerbonnet diese Stelle, dessen Gedächtniss dem 17. Oct. bestimmt ist. Sie haben dafür das Wortspiel: Le jour de St.-Cerbonnet les prêtres prennent le camail et serrent le bonnet carré. (Reinsberg VIII, 182-183.) 3 Sanct Lukas schreibt nichts davon, wir wollen's auch heimlich halten, sagte der Mönch zur Nonne. – Klosterspiegel, 11, 10. *4 Da schreibet weder Lucas noch Syrach etwas (viel) daruon. – Mathesy, 193a; Eiselein, 438; Simrock, 6622. Wortspiel mit Lugas und Lukas. Holl.: Lukas schrijft daar nit van. (Harrebomée, II, 42.) *5 Dat is ên ut Luks Ohm sîn Büel. – Kern, 151a. Wenn jemand sehr aufschneidet; es ist eine classische Lüge. *6 Er weiss wo Luks Bier holt. (Preuss.) Luks (Lukas) soll ein Schuhmacher in Königsberg gewesen sein, der, ein tüchtiger Bierkenner, aus allen Häusern Proben geholt, um sich dann, wo er das beste gefunden, sein Bier so lange holen lassen, als er es gut gefunden, nachher aber seine Versuche aufs neue begonnen. Diese Redensart wird von jemand gebraucht, der sich das Beste aussucht, seine Sache immer am rechten Ende anfasst, der über gewisse Dinge mehr als andere weiss, oder mehr als man ihm zugetraut hat. (Bock, Idiot. pruss.) *7 In d' Lukas gehen. (Oesterreich.) – Klein, I, 289. In der Pfalz: Indukas gehen. (S. Dux.) *8 Lukas schreibt nicht also. – Agricola I, 422; Egenolff, 200a; Eyering, I, 37; III, 180; Theatrum Diabolorum, 436b; Schottel, 1136b; Meisner, 115; Sailer, 142; Lohrengel, II, 90. Die Sache ist anders, oder: Das ist eine eingebildete, thörichte Erwartung. Dän.: Lucas skriver ei saa. (Prov. dan., 397.) Lukaswoche. Wer in der Lukaswoche Roggen streut, es nicht in nächster Ernte bereut. (Arnsberg.) – Boebel, 50. Luke. 1 Wer nicht kann vor die Luke stahn, der soll des Weibes müssig gahn. – Eiselein, 438. *2 Einen andern für die Lucken stellen. – Mathesy, 104a. *3 Fall man nich ût de Lûk. – Volksbote, X. Glaube dich nicht zu sicher. *4 Krüpst du ut de Luk? (Ukermark.) Kriechst du aus der Luke? D. i.: Nimmt die Sache so einen Ausgang? *5 Sich in die Luke stellen. Die drohende Gefahr abwenden. *6 Vor die Luke treten. Lüke. Lüke1 lävt noch. – Stürenburg, 141a; Kehrein, 148; Hauskalender, II. 1) Name. Lukas, Leukel; dann Lichtchen. So sagen die Kinder mit Anspielung auf den Namen Lüke, wenn sie einen angebrannten, noch glimmenden Halm (aus dem Besen) aus der einen Hand in die andere gehen lassen. Die Redensart stammt aus einem Kinderspiel, bei welchem die Kinder einen brennenden Strohhalm, begleitet von dem obigen Ausrufe, von Hand zu Hand schicken. Dasjenige Kind, in dessen Hand der Halm erlöscht, muss ein Pfand geben. Lulaffe. * Du Lulaffe. „Was ist's nun gesagt, lieber Lulaffe?“ (Luther's Werke, V, 327.) Lulaffen. * Sie lulaffen und alfanzen. „Der Pabst mit den Seinen haben eine heidnische Weise aufbracht, dass sie mögen lulaffen und alfanzen, was sie wollen.“ (Luther's Kirchenpostille, 84b.) Lüling. 1 Biäter en Lülink1 in der Hant, as en Kranek oppem Dâke. (Iserlohn.) – Woeste, 72, 183. 1) Auch Lüning, Leining = Sperling. 2 En Lüling in de Hand is better oss 'ne Dûwe uppem Dâke. (Waldeck.) – Curtze, 332, 216; für Attendorn: Firmenich, I, 356, 1. Lülke. * An ausgeräucherte1 Lülke2. (Jüd.-deutsch. Warschau.) 1) Durchgerauchte. 2) Lulka, ruthenisch = Pfeife. Von erfahrenen, durchtriebenen Menschen, in dem Sinne von Junge 78 und Kind 1164. Die Pfeifen, besonders die meerschaumenen, sind nur dann dauerhaft und geschätzt, wenn sie eine Zeit lang im Gebrauch gewesen, also durchgeraucht sind. (Ueber Lülke vgl. Avé-Lallemant, IV, 568.) Lüll. * De wet nig van Lüll edder Tüll. – Dähnert, 287a. Sie ist gänzlich unerfahren. Lumen. * Er ist ein lumen mundi, vier aufs Pfund. Lümmel. 1 Lümmel vom Lande, kennt er seinen König nicht? (Pommern.) Häufig gebraucht von einem Bekannten gegen den andern, der an ihm vorübergeht, ohne ihn zu beachten oder zu sehen. Ursprung unbekannt. *2 Er hat den Lümmel verschüttet. – Keller, 140a. „Führet einer sich gar zu grob auff, so saget man, er hat Lümmel verschüttet. Lümmel aber ist ein altdeutsch Wort und heisst im lateinischen Minutal, dass bedeutet eine zerhackte Speise.“ *3 'S ies a rechter Vierschrietiger Limmel. (S. Hund 1521.) – Robinson, 613; Gomolcke, 972. *4 Soll ich den Lümmel läuten? (S. Lümmelglöckel.) – Weinhold, 55. Lümmelglöckel. * Das Lümmelglöckel läuten. (Breslau.) Dies „Glöckel“ befand sich im Schweidnitzer Keller zu Breslau und wurde stets geläutet, wenn jemand ein Glas zerbrach oder einen andern Lümmelstreich machte. (Fülleborn, Bresl. Erzähler, I, 644.) Lummert. * Dat geit na de Lummert. – Stürenburg, 142b. D. h. es geht verloren. Lummert ist der niederdeutsche Ausdruck für Lombard = Leihhaus, so genannt, weil in der Lombardei die ersten Leihhäuser im 14. Jahrhundert entstanden. Lump. 1 Beschissene Lumpen gehören olle ei ê Loch. (Böhmen.) 2 D' Lumpe si Lüt, und us Narre gits nüt. (Solothurn.) – Schild, 65, 109; Sutermeister, 126. 3 Der ein Lump werden soll, wird erst Schöffe. – Horn, Spinnstube, 1846, 191. 4 Der Lump gilt nichts, wo die Leute theuer sind. – Eiselein, 438; Simrock, 6680. 5 Der Lump ist einer von denen, wo dreizehn auf ein Dutzend gehen. – Eiselein, 438. 6 Ein Lump auswendig ist auch ein Lump inwendig. 7 Ein Lump ist ein Lump und wär' er mit Gold überzogen. – Lohrengel, I, 233. 8 Ein rechter Lump fängt frühe an. 9 Es ist kein Lumpen, er findet seinen Lappen. Böhm.: Hadr onuci, kmet bábu pojal. – Hadr onuci vždy najde. (Čelakovsky, 38.) 10 Ist ein Lump bei dir, so lass ihn nicht gehen, es möchte ein noch grösserer Lump zu dir kommen. – Burckhardt, 5. Besonders von Dienstboten, deren Spitzbüberei und Unverschämtheit in Aegypten der Gegenstand allgemeiner Klage ist. Allgemein aber: Es ist besser gegenwärtige Uebel zu ertragen, als sich durch den Versuch, sie zu entfernen, noch grössern aussetzen. 11 Je grösser der Lump, je mehr gilt er vor Gericht. Der Abgeordnete Dr. Sepp in der 36. Sitzung der bairischen Kammer der Abgeordneten, München am 19. Mai 1870, in der Verhandlung über Todesstrafe: „In der Staatszeitung von Illinois las ich neulich: An die Abschaffung der Todesstrafe denkt bei uns niemand, wenn der Arm der ordentlichen Gerichte nicht ausreicht, wird gelyncht (s. Lynchen); denn gegen Menschen, welche das Leben ihrer Mitbürger nicht achten, muss jeder sich wehren wie gegen ein wildes Thier. Auch bei uns sträubt sich das Gewissen des Volks dagegen, mehr Mitleid mit Verbrechern als mit ehrlichen Leuten zu haben. Nur das Gewissen der Juristen ist so human, so zart, so nervenschwach, nämlich den Verbrechern gegenüber; wenn es darauf ankommt, einem ehrlichen Manne das Fell abzuziehen, so stürzen sie sich wie die Tiger auf den Nacken ihres Opfers und saugen ihm das Blut aus. Unsereiner weiss davon zu erzählen, wenn die Rechtszustände eines Volks derart sind, dass das Volk sich das Sprichwort gemacht hat: Je grösser der Lump,

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [141]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/155>, abgerufen am 28.03.2024.