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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

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[Spaltenumbruch] Zeichen der Treue. Eine uralte schlesische Urkunde gibt dafür einen Beleg. Ein Ritter Namens Stephan machte im Jahre 1208 Ansprüche auf ein Gut, welches ein gewisser Karl innehatte. Auf des regierenden Herzogs Heinrich Vermittelung zahlte Karl dem Stephan 14 Mark und dieser musste geloben, dass er besagtes Gut nie wieder zurückfordern wolle. Damit dieses Versprechen und Bündniss unumstösslich bleibe, wurde der ganze Handel nicht etwa durch ein Stempelpapier unumstösslich gemacht, sondern der Herzog befahl dem Stephan nach "Landessitte ein Glas Wasser" zu trinken. Zum Glück erhielt er noch zu rechter Zeit die Erlaubniss, statt des Wassers Meth zu nehmen, und diesen trank er dann vor dem Herzog und seinen Baronen zum Zeugniss gegen sich. Ursprünglich war also Wasser das Zeichen der Treue. Späterhin nahm man dazu andere Getränke. Bei den Schlesiern z. B. stand als solches Gelöbnisszeichen der Meth anfangs in Gebrauch; im Lauf der Zeit trat Bier, später auch Branntwein an die Stelle. Die Sitte also, ein gegebenes Wort nach erfolgtem Abschluss eines Handels oder Geschäfts durch einen Trunk Bier, Branntwein oder Wein zu bekräftigen, die Leikauf trinken heisst, ist eine sehr alte. Wenn man sehr allgemein dafür "Leinkauf" vernimmt, so ist der Ausdruck falsch, was daher kommt, dass die Abstammung des Wortes "Lei" vom althochdeutschen lida = Trunk, aus dem Volksbewusstsein entschwunden ist.


Leim.

1 Nur aus dem Leim, sagte Dietrich, da der Sessel brach, als er sich daraufsetzte.

Veranlassung dazu soll folgender Vorgang gegeben haben. Zu Anfang des Jahres 1868 überbrachte eine Deputation der treugebliebenen Anhänger des entthronten Kurfürsten von Hessen demselben einen Thronsessel. Der Fürst dankte und sagte zum Schluss, während er sich auf den Sessel niederliess: "So wahr ich mich hier im Kreise einer Deputation meiner Getreuen auf diesen Sessel niederlasse, werde ich mich bald in meinem Staate nieder ..." Mitten in diesem Satze brach das Untergestell zusammen. Jeder griff nach dem Fürsten, um ihn zu halten; und dieser tröstete die Tiefergriffenen mit den Worten: "Nur aus dem Leim!" worauf wie ein Echo die Deputation wiederholte: "Nur aus dem Leim!" (Hirschberger Zeitung, 1869, Nr. 125.)

2 Zu viel Leim hält nicht, und mit zu viel Worten richtet man nichts aus.

*3 Das geht aus dem Leime. - Frischbier2, 2395.

*4 Der Leim hält (hielt) nicht.

Engl.: The glue did not hold. (Bohn II, 162.)

*5 Doas eich d'r ne a Leim worm mache! (Hirschberg.)

Als Drohung.

*6 Man könnte Leim aus ihm sieden.

*7 Mit jemand um den Leim (auch Lam) fahren. - Idiot. Austr.

Ihn hintergehen, betrügen.


Leimen (s. Lehm).

1 Du verstehst den Leimen, sollst ein Hafner werden. - Mayer, II, 187.

*2 Einem den Leimen (s. Lehm 9) klopfen, wie die Basler den armen Gecken im Loche. - Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 387.

"Wann sie solchs vnderstand, so must man jn den leymen klopfen." "Vnd müst jr erst das Har ausropffen, auch noch vil bass den leymen klopffen." (Murner, Nb., in Kloster, IV, 833 u. 838.)


Leimleder.

* Doas eis'm ais Laimled'r g'krocha. (Oesterr.-Schles.) - Peter, I, 146.

Das hat er sich auf die Seite gemacht. (S. Flecken.)


Leimruthe.

*1 Dä ess ens räet an de Leimroth kumen. (Bedburg.)

Zu Schaden, durch List übervortheilt worden.

*2 Sich auf der Leimruthe fangen lassen.


Leimsieder.

* Er ist ein rechter Leimsieder. (Frankenwald.)

In Oberösterreich: A rechta Leimsieda sein, d. i. ein untüchtiger, apathischer Mensch.


Leimstange.

1 Wer mit der Leimstang biss zum alter laufft, der erlaufft ein Narren. - Lehmann, 409, 12.

*2 Mit der Leimstange lauffen. - Simplic., 482; Grimmelshausen, Vogelnest, II.

Davon auch: Leimstängler. (Simplic., 483.) In Pommern: He löppt bi de Leimstange. (Dähnert, 278b.) "Dieweil ich also mit der Leimstange geloffen." (Grimmelshausen, Vogelnest, II.) "Loffwerdigede wahr vnd kundtbahr ysset, dat under den Krygeslüden vnd Landesknechten vele wunderselsame Hilligen gefunden werden, dar erer etlike sick als geputzede Gökeler vnde Lymstenger ladüncklick (vgl. den Artikel Lassdünkel bei Frisch) vnde rhomredichlik hervor dohn." (Gryse, Fr. 19; Schiller, III, 18a.)

Holl.: Hij loopt met de lijmstang. (Harrebomee, II, 32.)


[Spaltenumbruch]
Lein.

1 Lein gesäet an Esther (24. Mai) wächst am allerbesten. (Westpreuss.) - Boebel, 25.

2 Lein, gesäet auf Petronell, wachset lang, zerfället schnell. (Westpreuss.) - Boebel, 26.

3 Lein, gesäet Marientag (25. März), wol dem Nachtfrost trotzen mag. (Westpreuss.) - Boebel, 18.

4 Lein, gesäet Sophientag (15. Mai), stets vortrefflich wachsen mag, säet man ihn Vormittag; doch gesäet am Sams- (oder Nachmit)-Tag nur ein Knötlein gibt Ertrag. (Westpreuss.) - Boebel, 24.

5 Lein liegt sich zu Seide, Wolle zum Wolf. (Lit.)

Linnen wird besser, Wolle geht durch Liegen zu Grunde.

6 Wenn der Lein alt ist, muss er reisen. - Sprichwörtergarten, 413.

Von dem günstigen Einflusse, den ein Wechsel unserer äussern Verhältnisse auf die Frische unsers Geistes hat.

7 Wenn der Lein ist gesäet, und wird dann fein geeet (geegget), und gibt dann wenig Regen, das gibt dem Flachs den Segen. - Kehrein, VIII, 230.

8 Wer den Lein säet nach Vit, geht der Saat quitt; wer ihn säet vor Medar (8. Juni) ist ein Narr. (Ostpreuss.) - Boebel, 29.


Leine (Name).

De Leine fret alle Jahr teine. (Göttingen.) - Schambach, II, 378.

Man will bemerkt haben, dass jährlich zehn Ertrinkungsfälle in der Leine vorkommen. (S. Ruhme.)


Leine.

*1 De Leine hängen laten.

Eigentlich: Den Pferden ihren Willen lassen, uneigentlich von schlaffem, nachsichtigem Regiment.

*2 Eene de lange Line laten. - Eichwald, 1189.

*3 Eene Line trecken. - Eichwald, 1190.

Die holländische Redensart: Een lijntje trekken, heisst nach Harrebomee, II, 32, mit jemand über Tisch ein Glas Wein trinken; ich weiss nicht, ob die obige niederdeutsche denselben Sinn hat.

*4 Sie ziehen an einer Leine, aber jeder an einem andern Ende.

Holl.: Zij trekken eene lijn, maar ieder aan een einde. (Harrebomee, II, 32.)

*5 Ziehe deine Leine.


Leinen.

* Einem den Leinen klopfen. - Körte, 3765c.

Den Kopf, wie Körte (a. a. O.) bemerkt, für einen Leinknoten ansehen. Ich vermuthe indess, dass diese Redensart sammt ihrer Erklärung auf einem Irrthum beruht, und aus Leimen (s. d. 2) entstanden ist, da ich sie sonst nirgends gefunden habe.


Leinen (Adj.).

1 Halb leinen und halb schweinen. - Frommann, III, 45, 13.

Nur halb, nicht echt in irgendeiner Liegenschaft. Halb herrisch und halb bäuerisch. Schmeller wendet die Redensart auf Personen an, die aus einem Stand in den andern hinüberpfuschen. Ferner: Sauber und unsauber verbunden.

Lat.: Semi suemque virum, semi virumque. - Hibrida. - Hermaphroditus.

*2 Nöt leinen sein. (Oberösterreich.)

D. h. physisch stark sein, körperliche Ausdauer besitzen; häufig aber auch, namentlich in Oberösterreich, Reiz für das andere Geschlecht besitzen. Ueber die Etymologie stellt Schmeller zwar mehrere Vermuthungen auf, entscheidet aber nicht.


Leinenes.

* Er will Leinenes durch Wollenes abkühlen. (Lit.)

So sagt der Litauer vom Prachtsüchtigen.

Lit.: Marsskon's willnonu ataustas.


Leinert.

Wat Leinert nich deit, moet Leenert wohl laten. (Ostfries.)


Leinfeld.

* Er geht nicht gern bei einem Leinfeld vorbei. - Simrock, 6336; Körte, 3765.

Aus einer sehr lebhaften Furcht vorm Strick.


Leini.

* Ar eit nit leini1. (Franken.) - Frommann, VI, 319, 255.

1) Gelind. (Vgl. Schmeller, II, 471.)


Leinsamen.

1 Dem Leinsamen und dem Unkraut geschieht Gleiches in der Oelmühle. (Oberlausitz.) - Reinsberg II, 156.

[Spaltenumbruch] Zeichen der Treue. Eine uralte schlesische Urkunde gibt dafür einen Beleg. Ein Ritter Namens Stephan machte im Jahre 1208 Ansprüche auf ein Gut, welches ein gewisser Karl innehatte. Auf des regierenden Herzogs Heinrich Vermittelung zahlte Karl dem Stephan 14 Mark und dieser musste geloben, dass er besagtes Gut nie wieder zurückfordern wolle. Damit dieses Versprechen und Bündniss unumstösslich bleibe, wurde der ganze Handel nicht etwa durch ein Stempelpapier unumstösslich gemacht, sondern der Herzog befahl dem Stephan nach „Landessitte ein Glas Wasser“ zu trinken. Zum Glück erhielt er noch zu rechter Zeit die Erlaubniss, statt des Wassers Meth zu nehmen, und diesen trank er dann vor dem Herzog und seinen Baronen zum Zeugniss gegen sich. Ursprünglich war also Wasser das Zeichen der Treue. Späterhin nahm man dazu andere Getränke. Bei den Schlesiern z. B. stand als solches Gelöbnisszeichen der Meth anfangs in Gebrauch; im Lauf der Zeit trat Bier, später auch Branntwein an die Stelle. Die Sitte also, ein gegebenes Wort nach erfolgtem Abschluss eines Handels oder Geschäfts durch einen Trunk Bier, Branntwein oder Wein zu bekräftigen, die Leikauf trinken heisst, ist eine sehr alte. Wenn man sehr allgemein dafür „Leinkauf“ vernimmt, so ist der Ausdruck falsch, was daher kommt, dass die Abstammung des Wortes „Lei“ vom althochdeutschen lida = Trunk, aus dem Volksbewusstsein entschwunden ist.


Leim.

1 Nur aus dem Leim, sagte Dietrich, da der Sessel brach, als er sich daraufsetzte.

Veranlassung dazu soll folgender Vorgang gegeben haben. Zu Anfang des Jahres 1868 überbrachte eine Deputation der treugebliebenen Anhänger des entthronten Kurfürsten von Hessen demselben einen Thronsessel. Der Fürst dankte und sagte zum Schluss, während er sich auf den Sessel niederliess: „So wahr ich mich hier im Kreise einer Deputation meiner Getreuen auf diesen Sessel niederlasse, werde ich mich bald in meinem Staate nieder ...“ Mitten in diesem Satze brach das Untergestell zusammen. Jeder griff nach dem Fürsten, um ihn zu halten; und dieser tröstete die Tiefergriffenen mit den Worten: „Nur aus dem Leim!“ worauf wie ein Echo die Deputation wiederholte: „Nur aus dem Leim!“ (Hirschberger Zeitung, 1869, Nr. 125.)

2 Zu viel Leim hält nicht, und mit zu viel Worten richtet man nichts aus.

*3 Das geht aus dem Leime.Frischbier2, 2395.

*4 Der Leim hält (hielt) nicht.

Engl.: The glue did not hold. (Bohn II, 162.)

*5 Doas îch d'r nê a Leim worm mache! (Hirschberg.)

Als Drohung.

*6 Man könnte Leim aus ihm sieden.

*7 Mit jemand um den Leim (auch Lam) fahren.Idiot. Austr.

Ihn hintergehen, betrügen.


Leimen (s. Lehm).

1 Du verstehst den Leimen, sollst ein Hafner werden.Mayer, II, 187.

*2 Einem den Leimen (s. Lehm 9) klopfen, wie die Basler den armen Gecken im Loche.Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 387.

„Wann sie solchs vnderstand, so must man jn den leymen klopfen.“ „Vnd müst jr erst das Har ausropffen, auch noch vil bass den leymen klopffen.“ (Murner, Nb., in Kloster, IV, 833 u. 838.)


Leimleder.

* Doas îs'm ais Laimled'r g'krocha. (Oesterr.-Schles.) – Peter, I, 146.

Das hat er sich auf die Seite gemacht. (S. Flecken.)


Leimruthe.

*1 Dä ess ens räet an de Lîmroth kumen. (Bedburg.)

Zu Schaden, durch List übervortheilt worden.

*2 Sich auf der Leimruthe fangen lassen.


Leimsieder.

* Er ist ein rechter Leimsieder. (Frankenwald.)

In Oberösterreich: A rechta Leimsieda sein, d. i. ein untüchtiger, apathischer Mensch.


Leimstange.

1 Wer mit der Leimstang biss zum alter laufft, der erlaufft ein Narren.Lehmann, 409, 12.

*2 Mit der Leimstange lauffen.Simplic., 482; Grimmelshausen, Vogelnest, II.

Davon auch: Leimstängler. (Simplic., 483.) In Pommern: He löppt bi de Lîmstange. (Dähnert, 278b.) „Dieweil ich also mit der Leimstange geloffen.“ (Grimmelshausen, Vogelnest, II.) „Loffwerdigede wahr vnd kundtbahr ysset, dat under den Krygeslüden vnd Landesknechten vele wunderselsame Hilligen gefunden werden, dar erer etlike sick als geputzede Gökeler vnde Lymstenger ladüncklick (vgl. den Artikel Lassdünkel bei Frisch) vnde rhomredichlik hervor dohn.“ (Gryse, Fr. 19; Schiller, III, 18a.)

Holl.: Hij loopt met de lijmstang. (Harrebomée, II, 32.)


[Spaltenumbruch]
Lein.

1 Lein gesäet an Esther (24. Mai) wächst am allerbesten. (Westpreuss.) – Boebel, 25.

2 Lein, gesäet auf Petronell, wachset lang, zerfället schnell. (Westpreuss.) – Boebel, 26.

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4 Lein, gesäet Sophientag (15. Mai), stets vortrefflich wachsen mag, säet man ihn Vormittag; doch gesäet am Sams- (oder Nachmit)-Tag nur ein Knötlein gibt Ertrag. (Westpreuss.) – Boebel, 24.

5 Lein liegt sich zu Seide, Wolle zum Wolf. (Lit.)

Linnen wird besser, Wolle geht durch Liegen zu Grunde.

6 Wenn der Lein alt ist, muss er reisen.Sprichwörtergarten, 413.

Von dem günstigen Einflusse, den ein Wechsel unserer äussern Verhältnisse auf die Frische unsers Geistes hat.

7 Wenn der Lein ist gesäet, und wird dann fein geeet (geegget), und gibt dann wenig Regen, das gibt dem Flachs den Segen.Kehrein, VIII, 230.

8 Wer den Lein säet nach Vit, geht der Saat quitt; wer ihn säet vor Medar (8. Juni) ist ein Narr. (Ostpreuss.) – Boebel, 29.


Leine (Name).

De Leine fret alle Jahr teine. (Göttingen.) – Schambach, II, 378.

Man will bemerkt haben, dass jährlich zehn Ertrinkungsfälle in der Leine vorkommen. (S. Ruhme.)


Leine.

*1 De Lîne hängen laten.

Eigentlich: Den Pferden ihren Willen lassen, uneigentlich von schlaffem, nachsichtigem Regiment.

*2 Eene de lange Line laten.Eichwald, 1189.

*3 Eene Line trecken.Eichwald, 1190.

Die holländische Redensart: Een lijntje trekken, heisst nach Harrebomée, II, 32, mit jemand über Tisch ein Glas Wein trinken; ich weiss nicht, ob die obige niederdeutsche denselben Sinn hat.

*4 Sie ziehen an einer Leine, aber jeder an einem andern Ende.

Holl.: Zij trekken ééne lijn, maar ieder aan een einde. (Harrebomée, II, 32.)

*5 Ziehe deine Leine.


Leinen.

* Einem den Leinen klopfen.Körte, 3765c.

Den Kopf, wie Körte (a. a. O.) bemerkt, für einen Leinknoten ansehen. Ich vermuthe indess, dass diese Redensart sammt ihrer Erklärung auf einem Irrthum beruht, und aus Leimen (s. d. 2) entstanden ist, da ich sie sonst nirgends gefunden habe.


Leinen (Adj.).

1 Halb leinen und halb schweinen.Frommann, III, 45, 13.

Nur halb, nicht echt in irgendeiner Liegenschaft. Halb herrisch und halb bäuerisch. Schmeller wendet die Redensart auf Personen an, die aus einem Stand in den andern hinüberpfuschen. Ferner: Sauber und unsauber verbunden.

Lat.: Semi suemque virum, semi virumque. – Hibrida. – Hermaphroditus.

*2 Nöt leinen sein. (Oberösterreich.)

D. h. physisch stark sein, körperliche Ausdauer besitzen; häufig aber auch, namentlich in Oberösterreich, Reiz für das andere Geschlecht besitzen. Ueber die Etymologie stellt Schmeller zwar mehrere Vermuthungen auf, entscheidet aber nicht.


Leinenes.

* Er will Leinenes durch Wollenes abkühlen. (Lit.)

So sagt der Litauer vom Prachtsüchtigen.

Lit.: Marsskon's willnonu atáustas.


Leinert.

Wat Leinert nich deit, moet Leenert wohl laten. (Ostfries.)


Leinfeld.

* Er geht nicht gern bei einem Leinfeld vorbei.Simrock, 6336; Körte, 3765.

Aus einer sehr lebhaften Furcht vorm Strick.


Leini.

* Ar ît nit leini1. (Franken.) – Frommann, VI, 319, 255.

1) Gelind. (Vgl. Schmeller, II, 471.)


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[[14]/0028] Zeichen der Treue. Eine uralte schlesische Urkunde gibt dafür einen Beleg. Ein Ritter Namens Stephan machte im Jahre 1208 Ansprüche auf ein Gut, welches ein gewisser Karl innehatte. Auf des regierenden Herzogs Heinrich Vermittelung zahlte Karl dem Stephan 14 Mark und dieser musste geloben, dass er besagtes Gut nie wieder zurückfordern wolle. Damit dieses Versprechen und Bündniss unumstösslich bleibe, wurde der ganze Handel nicht etwa durch ein Stempelpapier unumstösslich gemacht, sondern der Herzog befahl dem Stephan nach „Landessitte ein Glas Wasser“ zu trinken. Zum Glück erhielt er noch zu rechter Zeit die Erlaubniss, statt des Wassers Meth zu nehmen, und diesen trank er dann vor dem Herzog und seinen Baronen zum Zeugniss gegen sich. Ursprünglich war also Wasser das Zeichen der Treue. Späterhin nahm man dazu andere Getränke. Bei den Schlesiern z. B. stand als solches Gelöbnisszeichen der Meth anfangs in Gebrauch; im Lauf der Zeit trat Bier, später auch Branntwein an die Stelle. Die Sitte also, ein gegebenes Wort nach erfolgtem Abschluss eines Handels oder Geschäfts durch einen Trunk Bier, Branntwein oder Wein zu bekräftigen, die Leikauf trinken heisst, ist eine sehr alte. Wenn man sehr allgemein dafür „Leinkauf“ vernimmt, so ist der Ausdruck falsch, was daher kommt, dass die Abstammung des Wortes „Lei“ vom althochdeutschen lida = Trunk, aus dem Volksbewusstsein entschwunden ist. Leim. 1 Nur aus dem Leim, sagte Dietrich, da der Sessel brach, als er sich daraufsetzte. Veranlassung dazu soll folgender Vorgang gegeben haben. Zu Anfang des Jahres 1868 überbrachte eine Deputation der treugebliebenen Anhänger des entthronten Kurfürsten von Hessen demselben einen Thronsessel. Der Fürst dankte und sagte zum Schluss, während er sich auf den Sessel niederliess: „So wahr ich mich hier im Kreise einer Deputation meiner Getreuen auf diesen Sessel niederlasse, werde ich mich bald in meinem Staate nieder ...“ Mitten in diesem Satze brach das Untergestell zusammen. Jeder griff nach dem Fürsten, um ihn zu halten; und dieser tröstete die Tiefergriffenen mit den Worten: „Nur aus dem Leim!“ worauf wie ein Echo die Deputation wiederholte: „Nur aus dem Leim!“ (Hirschberger Zeitung, 1869, Nr. 125.) 2 Zu viel Leim hält nicht, und mit zu viel Worten richtet man nichts aus. *3 Das geht aus dem Leime. – Frischbier2, 2395. *4 Der Leim hält (hielt) nicht. Engl.: The glue did not hold. (Bohn II, 162.) *5 Doas îch d'r nê a Leim worm mache! (Hirschberg.) Als Drohung. *6 Man könnte Leim aus ihm sieden. *7 Mit jemand um den Leim (auch Lam) fahren. – Idiot. Austr. Ihn hintergehen, betrügen. Leimen (s. Lehm). 1 Du verstehst den Leimen, sollst ein Hafner werden. – Mayer, II, 187. *2 Einem den Leimen (s. Lehm 9) klopfen, wie die Basler den armen Gecken im Loche. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 387. „Wann sie solchs vnderstand, so must man jn den leymen klopfen.“ „Vnd müst jr erst das Har ausropffen, auch noch vil bass den leymen klopffen.“ (Murner, Nb., in Kloster, IV, 833 u. 838.) Leimleder. * Doas îs'm ais Laimled'r g'krocha. (Oesterr.-Schles.) – Peter, I, 146. Das hat er sich auf die Seite gemacht. (S. Flecken.) Leimruthe. *1 Dä ess ens räet an de Lîmroth kumen. (Bedburg.) Zu Schaden, durch List übervortheilt worden. *2 Sich auf der Leimruthe fangen lassen. Leimsieder. * Er ist ein rechter Leimsieder. (Frankenwald.) In Oberösterreich: A rechta Leimsieda sein, d. i. ein untüchtiger, apathischer Mensch. Leimstange. 1 Wer mit der Leimstang biss zum alter laufft, der erlaufft ein Narren. – Lehmann, 409, 12. *2 Mit der Leimstange lauffen. – Simplic., 482; Grimmelshausen, Vogelnest, II. Davon auch: Leimstängler. (Simplic., 483.) In Pommern: He löppt bi de Lîmstange. (Dähnert, 278b.) „Dieweil ich also mit der Leimstange geloffen.“ (Grimmelshausen, Vogelnest, II.) „Loffwerdigede wahr vnd kundtbahr ysset, dat under den Krygeslüden vnd Landesknechten vele wunderselsame Hilligen gefunden werden, dar erer etlike sick als geputzede Gökeler vnde Lymstenger ladüncklick (vgl. den Artikel Lassdünkel bei Frisch) vnde rhomredichlik hervor dohn.“ (Gryse, Fr. 19; Schiller, III, 18a.) Holl.: Hij loopt met de lijmstang. (Harrebomée, II, 32.) Lein. 1 Lein gesäet an Esther (24. Mai) wächst am allerbesten. (Westpreuss.) – Boebel, 25. 2 Lein, gesäet auf Petronell, wachset lang, zerfället schnell. (Westpreuss.) – Boebel, 26. 3 Lein, gesäet Marientag (25. März), wol dem Nachtfrost trotzen mag. (Westpreuss.) – Boebel, 18. 4 Lein, gesäet Sophientag (15. Mai), stets vortrefflich wachsen mag, säet man ihn Vormittag; doch gesäet am Sams- (oder Nachmit)-Tag nur ein Knötlein gibt Ertrag. (Westpreuss.) – Boebel, 24. 5 Lein liegt sich zu Seide, Wolle zum Wolf. (Lit.) Linnen wird besser, Wolle geht durch Liegen zu Grunde. 6 Wenn der Lein alt ist, muss er reisen. – Sprichwörtergarten, 413. Von dem günstigen Einflusse, den ein Wechsel unserer äussern Verhältnisse auf die Frische unsers Geistes hat. 7 Wenn der Lein ist gesäet, und wird dann fein geeet (geegget), und gibt dann wenig Regen, das gibt dem Flachs den Segen. – Kehrein, VIII, 230. 8 Wer den Lein säet nach Vit, geht der Saat quitt; wer ihn säet vor Medar (8. Juni) ist ein Narr. (Ostpreuss.) – Boebel, 29. Leine (Name). De Leine fret alle Jahr teine. (Göttingen.) – Schambach, II, 378. Man will bemerkt haben, dass jährlich zehn Ertrinkungsfälle in der Leine vorkommen. (S. Ruhme.) Leine. *1 De Lîne hängen laten. Eigentlich: Den Pferden ihren Willen lassen, uneigentlich von schlaffem, nachsichtigem Regiment. *2 Eene de lange Line laten. – Eichwald, 1189. *3 Eene Line trecken. – Eichwald, 1190. Die holländische Redensart: Een lijntje trekken, heisst nach Harrebomée, II, 32, mit jemand über Tisch ein Glas Wein trinken; ich weiss nicht, ob die obige niederdeutsche denselben Sinn hat. *4 Sie ziehen an einer Leine, aber jeder an einem andern Ende. Holl.: Zij trekken ééne lijn, maar ieder aan een einde. (Harrebomée, II, 32.) *5 Ziehe deine Leine. Leinen. * Einem den Leinen klopfen. – Körte, 3765c. Den Kopf, wie Körte (a. a. O.) bemerkt, für einen Leinknoten ansehen. Ich vermuthe indess, dass diese Redensart sammt ihrer Erklärung auf einem Irrthum beruht, und aus Leimen (s. d. 2) entstanden ist, da ich sie sonst nirgends gefunden habe. Leinen (Adj.). 1 Halb leinen und halb schweinen. – Frommann, III, 45, 13. Nur halb, nicht echt in irgendeiner Liegenschaft. Halb herrisch und halb bäuerisch. Schmeller wendet die Redensart auf Personen an, die aus einem Stand in den andern hinüberpfuschen. Ferner: Sauber und unsauber verbunden. Lat.: Semi suemque virum, semi virumque. – Hibrida. – Hermaphroditus. *2 Nöt leinen sein. (Oberösterreich.) D. h. physisch stark sein, körperliche Ausdauer besitzen; häufig aber auch, namentlich in Oberösterreich, Reiz für das andere Geschlecht besitzen. Ueber die Etymologie stellt Schmeller zwar mehrere Vermuthungen auf, entscheidet aber nicht. Leinenes. * Er will Leinenes durch Wollenes abkühlen. (Lit.) So sagt der Litauer vom Prachtsüchtigen. Lit.: Marsskon's willnonu atáustas. Leinert. Wat Leinert nich deit, moet Leenert wohl laten. (Ostfries.) Leinfeld. * Er geht nicht gern bei einem Leinfeld vorbei. – Simrock, 6336; Körte, 3765. Aus einer sehr lebhaften Furcht vorm Strick. Leini. * Ar ît nit leini1. (Franken.) – Frommann, VI, 319, 255. 1) Gelind. (Vgl. Schmeller, II, 471.) Leinsamen. 1 Dem Leinsamen und dem Unkraut geschieht Gleiches in der Oelmühle. (Oberlausitz.) – Reinsberg II, 156.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [14]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/28>, abgerufen am 18.04.2024.