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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

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[Spaltenumbruch] Nach dem Michaelistage richten sich die Witterungs- und andern Erscheinungen des Jahres. In Mailand sagt man: Am Sanct-Michel steigt die Hitze auf zum Himmel. - Sanct-Michaelisregen bleibt nie am Himmel. - Wenn der Erzengel sich die Flügel badet, so regnet's bis zu Weihnachten. Daher sagen die Venetier: An Sanct-Michael siehe gut zu, ob der Himmel heiter ist. (Reinsberg VIII, 176 u. 196.) Die Russen behaupten: Was der Erzengel Michael (dort 8. Nov.) zusammenschmiedet, das schmiede Nikola auseinander. Sie meinen, wenn es zu Anfang November stark friere, so thaue es um Nikola (ihr 9. Mai).

8 Wenn's a der Nacht vor Michelstag warm isch, so bedütet's e chalte Winter. (Solothurn.) - Schild, 116, 148.

9 Wenn's am Michaelis- und Sanct Gallustage (16. Oct.) nicht regnet, so hofft man auf ein trocknes Frühjahr. - Reinsberg VIII, 175.

*10 Aem de Mächelsdog. (Siebenbürg.-sächs.) - Frommann, V, 328, 3.

Um die Herbstzeit zu bestimmen, wofür man auch folgende Redensarten hat: Aen Aendagen (in den Eintagen, d. h. in der Zeit, da das Jahr einwärts, seinem Ende, oder dem kürzesten Tage zugeht). Won em list (wenn man Weinlese hält). Won de Schwalwen zän (wenn die Schwalben ziehn). Won der Bäsch der weit (wenn der Busch, Wald dürr wird). (S. Georgstag 4 und Johannistag 21.)


Micheln.

Wer michelt, sichelt. (Wurmlingen.) - Birlinger, 631.

D. h. wer an Michaeli säet, hat auf gute Ernte zu hoffen.


Michoel.

* Das is e Michoel! - Tendlau, 312.

Jüdisch-deutsch, um einen Schmeichler, einen der kriecht, sich besonders vor Reichen und Vornehmen biegt und schmiegt, zu bezeichnen.


Micken.

* He darv nig micken. - Dähnert, 306b.

Er darf nicht hören lassen, dass er da ist. Micken = den Mund zum Weinen bewegen, wie die Kinder. "Schweig un micke man nich."


Middenmank.

* Middenmank as Swinkötel manken de Plummen. - Eichwald, 1522; Schlingmann, 1139.


Miene.

1 An den Mienen erkennt man den Schalk.

Den Wirth, sagen die Russen. (Altmann VI, 452.)

2 Man muss gute Miene zum bösen Spiel machen. - Gaal, 1439; Lohrengel, II, 307; Braun, I, 2706.

Die Unzufriedenheit mit einer Sache, einem Zustande nicht merken lassen, indem man sich äusserlich einverstanden damit zeigt oder ausspricht. Auch: Bei unangenehmen Gefühlen, Erfahrungen vergnügt aussehen. Seinen Aerger, seine Besorgniss, seinen Kummer hinter einer heitern Stirn verbergen.

Engl.: To set a good face on a thing. (Bohn II, 158.)

Frz.: Contre mauvaise fortune bon coeur. - Faire de son poing maillet. (Masson, 267.) - Il faut faire bonne mine a mauvais jeu. (Lendroy, 704; Gaal, 1439; Recueil, 4.)

Holl.: Bij een slecht spel een goed gezigt zetten. (Harrebomee, I, 2.)

It.: Far faccia da mercante.

Lat.: Vultu ridere invito.

Schwed.: Halla god min i elakt spel. (Marin, 16.)

3 Mit frommen Mienen kann man den Himmel nicht verdienen.

*4 Die Miene eines Höflings, die Tugend eines Heiducken. (Polen.)

Der Werth der Höflingsmiene ist bekannt; und was die Tugend der Heiducken betrifft, so war im 16. Jahrhundert Heiduck und Schelm gleichbedeutend. (Wurzbach I, 16.)

*5 Eine ernste Miene machen.

"Dar macht och schun anne rechte arnste Mine und zieht de Stirne zusammen wie a Wolckebrat." (Keller, 163b.)

*6 Er hat die Miene, Almosen in dem Winkel eines Gehölzes zu bitten.

D. h. er sieht aus wie einer, der den Reisenden an der Strasse auflauert, um ihm die Taschen zu leeren, oder wie eine Bassermann'sche Gestalt (s. d.).


Mies.

* Meis, meis.

Dies Katzenlockwort wird in Pommern als höchstes Zeichen der Verachtung vor Drohungen, oder Verspottung der Selbstüberhebung des andern gebraucht, mit der Handbewegung, als würde eine Katze gelockt, gleichsam als wollte man sagen: das ist für die Katzen, nicht für mich.


Miethe.

1 Miethe bricht Kauf. - Graf, 281, 327.

In Hamburg: Hur brickt koep. (Lappenberg, 244.)

[Spaltenumbruch] 2 Miethe geht oft vor Kauf. - Kamptz, II, 312, 9 u. 316, 17; Graf, 281, 324; Steinen, III, 143.

Man kauft, bezahlt nicht, gebraucht die Sache eine Zeit lang und gibt sie dann zurück; oder auch in Heirathsangelegenheiten.

Holl.: Huur gaat voor koop. (Mitterm., II, 661; Harrebomee, I, 347a.)

3 Miethe geht vor andern Schulden. - Graf, 115, 287.

4 Miethe geht vor sich. - Graf, 281, 326.

In Hamburg: Hur gheyt vor sick. (Lappenberg, 244.)

5 Miethe ist fester als Kauf. - Graf, 280, 322.

Nach römischem Recht bricht der Kauf die Miethe oder hebt den Miethtvertrag auf; nach deutschem Rechte war dies, da der Miethsvertrag ein dingliches Recht auf den Gebrauch der gemietheten Sache gewährte, nicht möglich, weil niemand auf einen andern mehr Recht an einer Sache übertragen kann, als er selbst besitzt. Ist die Sache durch Verträge belastet, so kann er sie nur in dieser Belastung veräussern und der neue Erwerber muss den Gebrauch der Sache bis zum Verlaufe der bedungenen Zeit gewähren.

Altfries.: Her is fester sa thi cap. (Richthofen, 209, 40; Hettema, Landrecht, 74, 40; Wicht, II, 270, 588.)

6 Wer die erste Miethe beweist, behält sie. - Graf, 281, 338.

Weil der frühere Vertrag dem spätern vorgeht. Wenn der Postwagen voll ist, bleibt nicht der zurück, welcher seinen Platz zuerst, sondern der, welcher ihn zuletzt genommen hat.

7 Wohlfeile Miethe und theure Zeche ist eine alte Gastwirthsregel.

Lat.: Caupones gratis locant hospitibus domus, sed carius cibant. (Philippi, I, 76.)


Miethling.

1 Ein Miethling achtet der Schafe nicht. - Joh. 10, 13; Eiselein, 462; Simrock, 7014; Schulze, 244.

Dän.: Lejet hyrde gior syge faar. (Prov. dan., 381.)

Lat.: Quia mercenarius est non poenitet eum de ovibus.

2 Ein Miethling, der heut oder morgen von den Schafen muss, bedenkt das Heil derselben nicht so wie der Herr. - Opel, 389.


Miethpferd.

1 Wer auf Miethpferden reitet, schont die Peitsche nicht.

Als jemand von einem verschuldeten Edelmann, der grosse Summen verspielte, sagte: "Sehen sie, wie der sich hineinreitet", antwortete dieser: "Er reitet auf Miethpferden, die schont man nicht." (Braun, Bibliothek des Frohsinns, III, 1, 107.)

2 Wer ein Miethpferd reitet, reitet nicht oft.


Miethsleute.

Wenn Miethsleute kommen in ein Bauernhaus, so zieht die Stadt aufs Land hinaus.

"Zur Miethe wohnen ist durchaus nicht bäuerlich; in einem rechtschaffenen Dorfe muss jede Familie ihr eigenes Haus allein bewohnen, und wäre es auch nur eine Hütte." (Riehl, Land und Leute.)


Miethszettel.

* Es hängt ihm ein Miethszettel an.

In Berlin von einem kleinen Knaben, dem das Hemd aus den Hosen hervorguckt. (Reinsberg VI, 58.)


Mieze.

Dat este säget me Mieze un hingenoh säget me Katte. (Waldeck.) - Curtze, 349, 433.

Voran geht das freundliche Lockwort.


Miezel.

1 Ging Miezel aus, so halten die Mäuse Tanz im Haus.

Lat.: Perstrepunt, domini ubi absunt. (Terenz.) (Philippi, II, 93.) - Ubi summus imperator non adest ad exercitum, citius quod non facto 'st opus, fit, quam quod facto 'st opus. (Plautus.) (Philippi, II, 231.)

*2 Mützel wilst a Floimel hon. - Robinson, 474; Gomolcke, 794.

Eine breslauer Kräuterin in Bezug auf eine träge Magd: "Sie stiht auch kein maul uf biss haller lichter tag iss. Ich wulde sie a kürtzer führen und ihr 's Brud Kirble hiher hengen; ober dazu hott ich inna Wespen Nast gestirt, denn sie wulde meh Luhn hoan. Je, ducht ich, woald's der Trichter, Mitzle, wilste a Floimle hoa." (Keller, 166b.)


Migen.

1 Wenn man miggt, mut man ok scheiden, sonst hett dat ken Ansehen. (Rendsburg.)

*2 He meigt (pisst) up'n Snebal (Schneeball) un fret'n (frisst ihn) vör'n Dörst. (Ostfries.) - Frommann, V, 525, 261; Goldschmidt, 153.

Um den niedrigen, schmuzigen Geiz zu geiseln.


[Spaltenumbruch] Nach dem Michaelistage richten sich die Witterungs- und andern Erscheinungen des Jahres. In Mailand sagt man: Am Sanct-Michel steigt die Hitze auf zum Himmel. – Sanct-Michaelisregen bleibt nie am Himmel. – Wenn der Erzengel sich die Flügel badet, so regnet's bis zu Weihnachten. Daher sagen die Venetier: An Sanct-Michael siehe gut zu, ob der Himmel heiter ist. (Reinsberg VIII, 176 u. 196.) Die Russen behaupten: Was der Erzengel Michael (dort 8. Nov.) zusammenschmiedet, das schmiede Nikola auseinander. Sie meinen, wenn es zu Anfang November stark friere, so thaue es um Nikola (ihr 9. Mai).

8 Wenn's a der Nacht vor Michelstag warm isch, so bedütet's e chalte Winter. (Solothurn.) – Schild, 116, 148.

9 Wenn's am Michaelis- und Sanct Gallustage (16. Oct.) nicht regnet, so hofft man auf ein trocknes Frühjahr.Reinsberg VIII, 175.

*10 Aem de Mächelsdog. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 328, 3.

Um die Herbstzeit zu bestimmen, wofür man auch folgende Redensarten hat: Aen Aendagen (in den Eintagen, d. h. in der Zeit, da das Jahr einwärts, seinem Ende, oder dem kürzesten Tage zugeht). Won em list (wenn man Weinlese hält). Won de Schwalwen zän (wenn die Schwalben ziehn). Won der Bäsch der wît (wenn der Busch, Wald dürr wird). (S. Georgstag 4 und Johannistag 21.)


Micheln.

Wer michelt, sichelt. (Wurmlingen.) – Birlinger, 631.

D. h. wer an Michaeli säet, hat auf gute Ernte zu hoffen.


Michóel.

* Das is e Michóel!Tendlau, 312.

Jüdisch-deutsch, um einen Schmeichler, einen der kriecht, sich besonders vor Reichen und Vornehmen biegt und schmiegt, zu bezeichnen.


Micken.

* He darv nig micken.Dähnert, 306b.

Er darf nicht hören lassen, dass er da ist. Micken = den Mund zum Weinen bewegen, wie die Kinder. „Schweig un micke man nich.“


Middenmank.

* Middenmank as Swinkötel manken de Plummen.Eichwald, 1522; Schlingmann, 1139.


Miene.

1 An den Mienen erkennt man den Schalk.

Den Wirth, sagen die Russen. (Altmann VI, 452.)

2 Man muss gute Miene zum bösen Spiel machen.Gaal, 1439; Lohrengel, II, 307; Braun, I, 2706.

Die Unzufriedenheit mit einer Sache, einem Zustande nicht merken lassen, indem man sich äusserlich einverstanden damit zeigt oder ausspricht. Auch: Bei unangenehmen Gefühlen, Erfahrungen vergnügt aussehen. Seinen Aerger, seine Besorgniss, seinen Kummer hinter einer heitern Stirn verbergen.

Engl.: To set a good face on a thing. (Bohn II, 158.)

Frz.: Contre mauvaise fortune bon coeur. – Faire de son poing maillet. (Masson, 267.) – Il faut faire bonne mine à mauvais jeu. (Lendroy, 704; Gaal, 1439; Recueil, 4.)

Holl.: Bij een slecht spel een goed gezigt zetten. (Harrebomée, I, 2.)

It.: Far faccia da mercante.

Lat.: Vultu ridere invito.

Schwed.: Hålla god min i elakt spel. (Marin, 16.)

3 Mit frommen Mienen kann man den Himmel nicht verdienen.

*4 Die Miene eines Höflings, die Tugend eines Heiducken. (Polen.)

Der Werth der Höflingsmiene ist bekannt; und was die Tugend der Heiducken betrifft, so war im 16. Jahrhundert Heiduck und Schelm gleichbedeutend. (Wurzbach I, 16.)

*5 Eine ernste Miene machen.

„Dar macht och schun anne rechte arnste Mine und zieht de Stirne zusammen wie a Wolckebrat.“ (Keller, 163b.)

*6 Er hat die Miene, Almosen in dem Winkel eines Gehölzes zu bitten.

D. h. er sieht aus wie einer, der den Reisenden an der Strasse auflauert, um ihm die Taschen zu leeren, oder wie eine Bassermann'sche Gestalt (s. d.).


Mies.

* Mîs, mîs.

Dies Katzenlockwort wird in Pommern als höchstes Zeichen der Verachtung vor Drohungen, oder Verspottung der Selbstüberhebung des andern gebraucht, mit der Handbewegung, als würde eine Katze gelockt, gleichsam als wollte man sagen: das ist für die Katzen, nicht für mich.


Miethe.

1 Miethe bricht Kauf.Graf, 281, 327.

In Hamburg: Hur brickt koep. (Lappenberg, 244.)

[Spaltenumbruch] 2 Miethe geht oft vor Kauf.Kamptz, II, 312, 9 u. 316, 17; Graf, 281, 324; Steinen, III, 143.

Man kauft, bezahlt nicht, gebraucht die Sache eine Zeit lang und gibt sie dann zurück; oder auch in Heirathsangelegenheiten.

Holl.: Huur gaat vóór koop. (Mitterm., II, 661; Harrebomée, I, 347a.)

3 Miethe geht vor andern Schulden.Graf, 115, 287.

4 Miethe geht vor sich.Graf, 281, 326.

In Hamburg: Hur gheyt vor sick. (Lappenberg, 244.)

5 Miethe ist fester als Kauf.Graf, 280, 322.

Nach römischem Recht bricht der Kauf die Miethe oder hebt den Miethtvertrag auf; nach deutschem Rechte war dies, da der Miethsvertrag ein dingliches Recht auf den Gebrauch der gemietheten Sache gewährte, nicht möglich, weil niemand auf einen andern mehr Recht an einer Sache übertragen kann, als er selbst besitzt. Ist die Sache durch Verträge belastet, so kann er sie nur in dieser Belastung veräussern und der neue Erwerber muss den Gebrauch der Sache bis zum Verlaufe der bedungenen Zeit gewähren.

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6 Wer die erste Miethe beweist, behält sie.Graf, 281, 338.

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7 Wohlfeile Miethe und theure Zeche ist eine alte Gastwirthsregel.

Lat.: Caupones gratis locant hospitibus domus, sed carius cibant. (Philippi, I, 76.)


Miethling.

1 Ein Miethling achtet der Schafe nicht.Joh. 10, 13; Eiselein, 462; Simrock, 7014; Schulze, 244.

Dän.: Lejet hyrde gior syge faar. (Prov. dan., 381.)

Lat.: Quia mercenarius est non poenitet eum de ovibus.

2 Ein Miethling, der heut oder morgen von den Schafen muss, bedenkt das Heil derselben nicht so wie der Herr.Opel, 389.


Miethpferd.

1 Wer auf Miethpferden reitet, schont die Peitsche nicht.

Als jemand von einem verschuldeten Edelmann, der grosse Summen verspielte, sagte: „Sehen sie, wie der sich hineinreitet“, antwortete dieser: „Er reitet auf Miethpferden, die schont man nicht.“ (Braun, Bibliothek des Frohsinns, III, 1, 107.)

2 Wer ein Miethpferd reitet, reitet nicht oft.


Miethsleute.

Wenn Miethsleute kommen in ein Bauernhaus, so zieht die Stadt aufs Land hinaus.

„Zur Miethe wohnen ist durchaus nicht bäuerlich; in einem rechtschaffenen Dorfe muss jede Familie ihr eigenes Haus allein bewohnen, und wäre es auch nur eine Hütte.“ (Riehl, Land und Leute.)


Miethszettel.

* Es hängt ihm ein Miethszettel an.

In Berlin von einem kleinen Knaben, dem das Hemd aus den Hosen hervorguckt. (Reinsberg VI, 58.)


Mieze.

Dat este säget me Mieze un hingenoh säget me Katte. (Waldeck.) – Curtze, 349, 433.

Voran geht das freundliche Lockwort.


Miezel.

1 Ging Miezel aus, so halten die Mäuse Tanz im Haus.

Lat.: Perstrepunt, domini ubi absunt. (Terenz.) (Philippi, II, 93.) – Ubi summus imperator non adest ad exercitum, citius quod non facto 'st opus, fit, quam quod facto 'st opus. (Plautus.) (Philippi, II, 231.)

*2 Mützel wilst a Floimel hon.Robinson, 474; Gomolcke, 794.

Eine breslauer Kräuterin in Bezug auf eine träge Magd: „Sie stiht auch kein maul uf biss haller lichter tag iss. Ich wulde sie a kürtzer führen und ihr 's Brud Kirble hiher hengen; ober dazu hott ich inna Wespen Nast gestirt, denn sie wulde meh Luhn hoan. Je, ducht ich, woald's der Trichter, Mitzle, wilste a Floimle hoa.“ (Keller, 166b.)


Migen.

1 Wenn man miggt, mut man ok schîden, sonst hett dat ken Ansehen. (Rendsburg.)

*2 He mîgt (pisst) up'n Snêbal (Schneeball) un fret'n (frisst ihn) vör'n Dörst. (Ostfries.) – Frommann, V, 525, 261; Goldschmidt, 153.

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[[328]/0342] Nach dem Michaelistage richten sich die Witterungs- und andern Erscheinungen des Jahres. In Mailand sagt man: Am Sanct-Michel steigt die Hitze auf zum Himmel. – Sanct-Michaelisregen bleibt nie am Himmel. – Wenn der Erzengel sich die Flügel badet, so regnet's bis zu Weihnachten. Daher sagen die Venetier: An Sanct-Michael siehe gut zu, ob der Himmel heiter ist. (Reinsberg VIII, 176 u. 196.) Die Russen behaupten: Was der Erzengel Michael (dort 8. Nov.) zusammenschmiedet, das schmiede Nikola auseinander. Sie meinen, wenn es zu Anfang November stark friere, so thaue es um Nikola (ihr 9. Mai). 8 Wenn's a der Nacht vor Michelstag warm isch, so bedütet's e chalte Winter. (Solothurn.) – Schild, 116, 148. 9 Wenn's am Michaelis- und Sanct Gallustage (16. Oct.) nicht regnet, so hofft man auf ein trocknes Frühjahr. – Reinsberg VIII, 175. *10 Aem de Mächelsdog. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 328, 3. Um die Herbstzeit zu bestimmen, wofür man auch folgende Redensarten hat: Aen Aendagen (in den Eintagen, d. h. in der Zeit, da das Jahr einwärts, seinem Ende, oder dem kürzesten Tage zugeht). Won em list (wenn man Weinlese hält). Won de Schwalwen zän (wenn die Schwalben ziehn). Won der Bäsch der wît (wenn der Busch, Wald dürr wird). (S. Georgstag 4 und Johannistag 21.) Micheln. Wer michelt, sichelt. (Wurmlingen.) – Birlinger, 631. D. h. wer an Michaeli säet, hat auf gute Ernte zu hoffen. Michóel. * Das is e Michóel! – Tendlau, 312. Jüdisch-deutsch, um einen Schmeichler, einen der kriecht, sich besonders vor Reichen und Vornehmen biegt und schmiegt, zu bezeichnen. Micken. * He darv nig micken. – Dähnert, 306b. Er darf nicht hören lassen, dass er da ist. Micken = den Mund zum Weinen bewegen, wie die Kinder. „Schweig un micke man nich.“ Middenmank. * Middenmank as Swinkötel manken de Plummen. – Eichwald, 1522; Schlingmann, 1139. Miene. 1 An den Mienen erkennt man den Schalk. Den Wirth, sagen die Russen. (Altmann VI, 452.) 2 Man muss gute Miene zum bösen Spiel machen. – Gaal, 1439; Lohrengel, II, 307; Braun, I, 2706. Die Unzufriedenheit mit einer Sache, einem Zustande nicht merken lassen, indem man sich äusserlich einverstanden damit zeigt oder ausspricht. Auch: Bei unangenehmen Gefühlen, Erfahrungen vergnügt aussehen. Seinen Aerger, seine Besorgniss, seinen Kummer hinter einer heitern Stirn verbergen. Engl.: To set a good face on a thing. (Bohn II, 158.) Frz.: Contre mauvaise fortune bon coeur. – Faire de son poing maillet. (Masson, 267.) – Il faut faire bonne mine à mauvais jeu. (Lendroy, 704; Gaal, 1439; Recueil, 4.) Holl.: Bij een slecht spel een goed gezigt zetten. (Harrebomée, I, 2.) It.: Far faccia da mercante. Lat.: Vultu ridere invito. Schwed.: Hålla god min i elakt spel. (Marin, 16.) 3 Mit frommen Mienen kann man den Himmel nicht verdienen. *4 Die Miene eines Höflings, die Tugend eines Heiducken. (Polen.) Der Werth der Höflingsmiene ist bekannt; und was die Tugend der Heiducken betrifft, so war im 16. Jahrhundert Heiduck und Schelm gleichbedeutend. (Wurzbach I, 16.) *5 Eine ernste Miene machen. „Dar macht och schun anne rechte arnste Mine und zieht de Stirne zusammen wie a Wolckebrat.“ (Keller, 163b.) *6 Er hat die Miene, Almosen in dem Winkel eines Gehölzes zu bitten. D. h. er sieht aus wie einer, der den Reisenden an der Strasse auflauert, um ihm die Taschen zu leeren, oder wie eine Bassermann'sche Gestalt (s. d.). Mies. * Mîs, mîs. Dies Katzenlockwort wird in Pommern als höchstes Zeichen der Verachtung vor Drohungen, oder Verspottung der Selbstüberhebung des andern gebraucht, mit der Handbewegung, als würde eine Katze gelockt, gleichsam als wollte man sagen: das ist für die Katzen, nicht für mich. Miethe. 1 Miethe bricht Kauf. – Graf, 281, 327. In Hamburg: Hur brickt koep. (Lappenberg, 244.) 2 Miethe geht oft vor Kauf. – Kamptz, II, 312, 9 u. 316, 17; Graf, 281, 324; Steinen, III, 143. Man kauft, bezahlt nicht, gebraucht die Sache eine Zeit lang und gibt sie dann zurück; oder auch in Heirathsangelegenheiten. Holl.: Huur gaat vóór koop. (Mitterm., II, 661; Harrebomée, I, 347a.) 3 Miethe geht vor andern Schulden. – Graf, 115, 287. 4 Miethe geht vor sich. – Graf, 281, 326. In Hamburg: Hur gheyt vor sick. (Lappenberg, 244.) 5 Miethe ist fester als Kauf. – Graf, 280, 322. Nach römischem Recht bricht der Kauf die Miethe oder hebt den Miethtvertrag auf; nach deutschem Rechte war dies, da der Miethsvertrag ein dingliches Recht auf den Gebrauch der gemietheten Sache gewährte, nicht möglich, weil niemand auf einen andern mehr Recht an einer Sache übertragen kann, als er selbst besitzt. Ist die Sache durch Verträge belastet, so kann er sie nur in dieser Belastung veräussern und der neue Erwerber muss den Gebrauch der Sache bis zum Verlaufe der bedungenen Zeit gewähren. Altfries.: Hér is fester sa thi cap. (Richthofen, 209, 40; Hettema, Landrecht, 74, 40; Wicht, II, 270, 588.) 6 Wer die erste Miethe beweist, behält sie. – Graf, 281, 338. Weil der frühere Vertrag dem spätern vorgeht. Wenn der Postwagen voll ist, bleibt nicht der zurück, welcher seinen Platz zuerst, sondern der, welcher ihn zuletzt genommen hat. 7 Wohlfeile Miethe und theure Zeche ist eine alte Gastwirthsregel. Lat.: Caupones gratis locant hospitibus domus, sed carius cibant. (Philippi, I, 76.) Miethling. 1 Ein Miethling achtet der Schafe nicht. – Joh. 10, 13; Eiselein, 462; Simrock, 7014; Schulze, 244. Dän.: Lejet hyrde gior syge faar. (Prov. dan., 381.) Lat.: Quia mercenarius est non poenitet eum de ovibus. 2 Ein Miethling, der heut oder morgen von den Schafen muss, bedenkt das Heil derselben nicht so wie der Herr. – Opel, 389. Miethpferd. 1 Wer auf Miethpferden reitet, schont die Peitsche nicht. Als jemand von einem verschuldeten Edelmann, der grosse Summen verspielte, sagte: „Sehen sie, wie der sich hineinreitet“, antwortete dieser: „Er reitet auf Miethpferden, die schont man nicht.“ (Braun, Bibliothek des Frohsinns, III, 1, 107.) 2 Wer ein Miethpferd reitet, reitet nicht oft. Miethsleute. Wenn Miethsleute kommen in ein Bauernhaus, so zieht die Stadt aufs Land hinaus. „Zur Miethe wohnen ist durchaus nicht bäuerlich; in einem rechtschaffenen Dorfe muss jede Familie ihr eigenes Haus allein bewohnen, und wäre es auch nur eine Hütte.“ (Riehl, Land und Leute.) Miethszettel. * Es hängt ihm ein Miethszettel an. In Berlin von einem kleinen Knaben, dem das Hemd aus den Hosen hervorguckt. (Reinsberg VI, 58.) Mieze. Dat este säget me Mieze un hingenoh säget me Katte. (Waldeck.) – Curtze, 349, 433. Voran geht das freundliche Lockwort. Miezel. 1 Ging Miezel aus, so halten die Mäuse Tanz im Haus. Lat.: Perstrepunt, domini ubi absunt. (Terenz.) (Philippi, II, 93.) – Ubi summus imperator non adest ad exercitum, citius quod non facto 'st opus, fit, quam quod facto 'st opus. (Plautus.) (Philippi, II, 231.) *2 Mützel wilst a Floimel hon. – Robinson, 474; Gomolcke, 794. Eine breslauer Kräuterin in Bezug auf eine träge Magd: „Sie stiht auch kein maul uf biss haller lichter tag iss. Ich wulde sie a kürtzer führen und ihr 's Brud Kirble hiher hengen; ober dazu hott ich inna Wespen Nast gestirt, denn sie wulde meh Luhn hoan. Je, ducht ich, woald's der Trichter, Mitzle, wilste a Floimle hoa.“ (Keller, 166b.) Migen. 1 Wenn man miggt, mut man ok schîden, sonst hett dat ken Ansehen. (Rendsburg.) *2 He mîgt (pisst) up'n Snêbal (Schneeball) un fret'n (frisst ihn) vör'n Dörst. (Ostfries.) – Frommann, V, 525, 261; Goldschmidt, 153. Um den niedrigen, schmuzigen Geiz zu geiseln.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [328]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/342>, abgerufen am 19.04.2024.