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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] Bastille den Franzosen viel Anstrengung gekostet habe. Die Franzosen, sagte der seines Witzes wegen bekannte Castellan Jezierski, hätten von uns einige Starosten verlangen sollen und sie würden sich alle Mühe erspart haben. An diese alten Starosten erinnert das Sprichwort: Slomiany starosta starodebowego ziemianina zwalczy. (Wurzbach, I, 116, 34.) (Ein Starost von Stroh wirft einen alteichenen Landmann um.)

Dän.: En foged og en arsvisk are snart giorde, og snart igien bortkaste. (Prov. dan., 171.)

Holl.: Een schout en ene aarwisch zijn even dra gemaakt. (Harrebomee, II, 261a.)

4 Kompt der Schultheiss vom Ampt, der Bawer verkaufft jhm nicht, was er jhm zuvor geschenkt hatt. - Lehmann, 772, 17.

5 Lass no de Schultiss noar geifera1, no wed der Burgemoaster schaon driela. (Rottenburg.) - Birlinger, 462.

1) Schäumen vor Aerger. - D. h. der letztere spricht schon den erstern zu Gefallen.

6 Seid ihr denn nicht Schultheiss mehr? - Eiselein, 557; Wurzbach III, 186.

Der Schultheiss von Kandersweil war abgesetzt worden und wollte sich desselbigen Tags den Verdruss darüber über Land etwas vergehen. Er kam an den Punkt eines Baches, wo es an einem Stege gebrach. Indem er darüber nachsann, wie er hinüber kommen sollte, kam ein Bauer auf ihn zu und sagte: "Herr Schultheiss, wollt Ihr gern über das Wasser?" Der Schultheiss erwiderte: "Ja wohl!" Der Bauer sprach: "Ich will den Herrn hinübertragen, so braucht er die Stiefeln nicht auszuthun und die Füsse nass zu machen." Der Schultheiss war dies wol zufrieden und also nahm ihn der Bauer auf den Rücken. Als sie mitten im Wasser waren, sagte der Schultheiss: "Sobald mir Gott wieder zu meinem Amte verhilft, will ich es dir nicht unvergolten lassen." Als das der Bauer hörte, stand er still und fragte: "Seid ihr denn nicht Schultheiss mehr?" "Nein", sagte dieser. "Ei, so wollte ich, dass ich so einen Lump trüge", rief der Bauer, warf ihn ins Wasser und ging davon.

7 Und wer em Schultes mäht und drischt, dear wird ufs Johr au Weingertsschütz. (Schwaben.)

8 Was dem Schultheissen geschah, ist dem Herrn geschehen. - Graf, 404, 16.

Der ausübende Richter, wie jeder Beamte, ist Stellvertreter des Landesoberhaupts. "Waz dem Schultheissen da geschien ist, daz ist dem Herrn geschiehn." (Bodmann, 641.)

9 Was der Schultheiss richten kann, dazu bedarf man des Vogts nicht. - Graf, 436, 296.

Es soll keine Sache mit Umgehung des untern Richters sogleich an den höhern gebracht werden.

Mhd.: Waz der schultheis gerichten kan, darzu bedarff er nit foits dazu. (Grimm, Weisth., II, 223.)

10 Wo der Schultheiss schencket Wein, die Bürgermeister verkäuffer seyn, die Schöffen backen brodt, ist die gemein in grosser noth. - Zinkgref, IV, 387.

Holl.: Daar de meijers tappen wijn, de burgemeesters kornkoopers zijn, en de schepens bakken brood, daar is de gemeente in grooten nood. (Harrebomee, II, 228.)

*11 Er muss mithatschen wie der Schultheiss von Hundsfelden.

*12 Er würd' ein guter Schultheiss, er kann thun, was die Leute verdreusst. - Simrock, 9275.


Schultheissohr.

1 Schultheissen Ohren hören nicht gern jhre eigen Sach. - Petri, II, 533.

*2 Er hat Schultheissohren. - Simrock, 9281.

"Schultens Ohren haben, d. i. langmüthig vnd bedächtig seyn." (Mathesy, 55b.)

Lat.: Facio me alias res agere, facio aures meas peregrinari. (Aus einem Ms. von 1624.)


Schultinte.

* Er hat die Schultinte noch an den Fingern und will andere hofmeistern.

Böhm.: Ledwa se vyklub ze skoly uz chce jine ucite. (Skola, III, 74.)


Schulumpe.

* I will nit di Schuelumpe si. - Sutermeister, 22.


Schulweg.

1 Wer sich auf dem Schulweg verirrt, findet sich durchs ganze Leben nicht zurecht. - Sprichwörtergarten, 293.

Wer die rechte Lebensrichtung in seiner Jugend verfehlt, wird die Folgen davon durch sein ganzes Leben fühlen.

*2 Sich auf dem Schulwege verirren.

Den Weg seiner Bildung verfehlen.


[Spaltenumbruch]
Schulze (Starost).

1 A lausiger Schulze, a nissige Gemeind. - Idiot. Austr., 99.

Wie die Läuse Nisse zeugen, so pflegen sich die Mitglieder der Gemeinde nach dem Vorsteher derselben zu bilden und zu richten.

2 Bei dem Herrn Schulzen richtet man mehr aus als beim Schulzen.

Nur ja nicht zu wenig Ehre geben. Die Russen scheinen darin aber gar zu weit zu gehen, denn eins ihrer vielen Schulzensprichwörter sagt: Wer vor des Starosten Hunde die Mütze zieht, wie will er seine Höflichkeit vor dem Kaiser beweisen. (Altmann VI, 487.)

3 Der ist kein rechter Schulze, der nicht thun kann, was die Leute verdriesst. - Eiselein, 557.

4 Der Schulze des geringsten Dörfleins lässt sich nicht verachten.

5 Der Schulze und die Bauern denken nicht über alles gleich.

Wenn sie überhaupt denken.

Holl.: Een burger en een burgemeester, dat is twee. (Harrebomee, I, 104.)

6 Der Schulze von Birkenfeld (Prügel, Ruthe) kann den Handel am besten schlichten. - Florini, IV, 811.

7 Des Schultzen Kuh wil immer einen Vortheil haben. - Petri, II, 835.

8 Des Schulzen Bauch drückt auf die ganze Gemeinde.

9 Des Schulzen Kuh und eines andern Kühe sind zweierlei Kühe, sagte der Feldschütz. - Eiselein, 557; Blum, 427; Pistor., V, 22; Körte, 5436; Simrock, 9278; Braun, I, 4005.

Satire auf die saubern Gerichtshöfe, welche dem Reichen und Angesehenen, der zum Schadenersatz verurtheilt werden sollte, durchhelfen, während sie den Geringern den nämlichen Schaden streng ersetzen lassen. Nach Erasmus hat das Sprichwort folgenden Ursprung. In einem seeländischen Dorfe verwundete einst der Stier des Schulzen die Kuh eines Bauern so, dass sie sterben musste. Der Bauer ging darauf zum Schulzen und berichtete gegen die Wirklichkeit Folgendes: "Ich habe das Unglück gehabt, dass mein Stier über den Graben gesprungen ist und eure Kuh getödtet hat, was ist in diesem Falle Rechtens" - "Dass ihr die Kuh bezahlt", erwiderte der Schulz ohne weiteres. "Aber", versetzte hierauf der Bauer, "es findet just das Gegentheil statt; der Stier war euer und die getödtete Kuh die meinige." - "Nun dann", meinte der verlegene Schulze, "hat es nichts zu sagen. Ein anderes ist des Schulzen Kuh. Schaden wird nicht ersetzt, denn des Schulzen Kuh und eines andern Kuh sind zweierlei Kühe." Auch bei nichtdeutschen Völkern sind die Schulzen nicht aufs beste angeschrieben. Die Slawen, deren Wojwoden auf drei Jahre gewählt wurden, lassen ihren Schulzen ein Jahr sich gütlich thun und zwei Jahr jagen. Legen ihm also amtliche Unthätigkeit zur Last und schreiben ihm die Neigung zu, dafür sich selbst zu pflegen und seinem Vergnügen nachzugehen oder, wie viele Sprichwörter behaupten, sein Amt zu benutzen, um sich Privatvortheile zu verschaffen, sich auf Kosten der Gemeinde zu bereichern. So sagen die Russen: Den Starost frage nicht nach seinem Hause, sondern nach seinem Palast. (Altmann V, 112.) Der Starost nimmt uns nur das Kummt, aber der Gutsherr (s. d.) auch den Gaul. (Altmann V, 125.) Wer die innige Verbindung zwischen Gutsherrn und Schulzen in Deutschland kennt, wird das vorstehende russische Sprichwort verstehen. Die Russen empfehlen: Den Starosten musst du zum Freunde erhalten, denn seine Macht im Dorfe ist grösser als die des Zaren im Reiche. (Altmann V, 90.) Aber seine Freundschaft zu behalten ist kostspielig, denn die Russen behaupten: Wenn du dem Starosten neun Würste gibst und eine im Rauch fang hängen lässt, so hast du ihm keine gegeben. (Altmann V, 105.) - Im Sinne des obigen Sprichworts: Was anders ist des Schulzen Kuh, heisst es jüdisch-deutsch: Dem Rebben's (Rabbiners) Kuh. Es wird erzählt, es sei am Sabbat eine Kuh auf dem Felde wiedergefunden worden, was an den Ruhetagen verboten ist. Der Rabbiner des Ortes, der darüber befragt wurde, sprach das Urtheil: "Die Kuh muss gesteinigt werden." "Aber die Kuh gehört euch", sagte man: "So bringt sie schnell nach Hause", erwiderte er. s. Büchmann, 8. Aufl., S. 5-7.

Böhm.: Rychtar rok hovi, a dve leta lovi. (Celakovsky, 363.)

Holl.: De koeijen van den schout gaan voor. (Harrebomee, I, 422b.)

Lat.: Duo cum faciunt idem, non est idem. (Pistor., IV, 11.)

10 Ein Schulz ohne Kopf, ein Koch ohne Topf und eine Flasch' ohne Pfropf sind nicht viel werth.

Die Türken sagen: Wenn sich der Iman vergisst, verliert die ganze Versammlung den Werth von ihm.

[Spaltenumbruch] Bastille den Franzosen viel Anstrengung gekostet habe. Die Franzosen, sagte der seines Witzes wegen bekannte Castellan Jezierski, hätten von uns einige Starosten verlangen sollen und sie würden sich alle Mühe erspart haben. An diese alten Starosten erinnert das Sprichwort: Słomiany starosta starodębowego ziemianina zwalczy. (Wurzbach, I, 116, 34.) (Ein Starost von Stroh wirft einen alteichenen Landmann um.)

Dän.: En foged og en arsvisk are snart giorde, og snart igien bortkaste. (Prov. dan., 171.)

Holl.: Een schout en ene aarwisch zijn even dra gemaakt. (Harrebomée, II, 261a.)

4 Kompt der Schultheiss vom Ampt, der Bawer verkaufft jhm nicht, was er jhm zuvor geschenkt hatt.Lehmann, 772, 17.

5 Lass no de Schultiss noar geifera1, no wed der Burgemoaster schaon driela. (Rottenburg.) – Birlinger, 462.

1) Schäumen vor Aerger. – D. h. der letztere spricht schon den erstern zu Gefallen.

6 Seid ihr denn nicht Schultheiss mehr?Eiselein, 557; Wurzbach III, 186.

Der Schultheiss von Kandersweil war abgesetzt worden und wollte sich desselbigen Tags den Verdruss darüber über Land etwas vergehen. Er kam an den Punkt eines Baches, wo es an einem Stege gebrach. Indem er darüber nachsann, wie er hinüber kommen sollte, kam ein Bauer auf ihn zu und sagte: „Herr Schultheiss, wollt Ihr gern über das Wasser?“ Der Schultheiss erwiderte: „Ja wohl!“ Der Bauer sprach: „Ich will den Herrn hinübertragen, so braucht er die Stiefeln nicht auszuthun und die Füsse nass zu machen.“ Der Schultheiss war dies wol zufrieden und also nahm ihn der Bauer auf den Rücken. Als sie mitten im Wasser waren, sagte der Schultheiss: „Sobald mir Gott wieder zu meinem Amte verhilft, will ich es dir nicht unvergolten lassen.“ Als das der Bauer hörte, stand er still und fragte: „Seid ihr denn nicht Schultheiss mehr?“ „Nein“, sagte dieser. „Ei, so wollte ich, dass ich so einen Lump trüge“, rief der Bauer, warf ihn ins Wasser und ging davon.

7 Und wer em Schultes mäht und drischt, dear wird ufs Johr au Weingertsschütz. (Schwaben.)

8 Was dem Schultheissen geschah, ist dem Herrn geschehen.Graf, 404, 16.

Der ausübende Richter, wie jeder Beamte, ist Stellvertreter des Landesoberhaupts. „Waz dem Schultheissen da geschien ist, daz ist dem Herrn geschiehn.“ (Bodmann, 641.)

9 Was der Schultheiss richten kann, dazu bedarf man des Vogts nicht.Graf, 436, 296.

Es soll keine Sache mit Umgehung des untern Richters sogleich an den höhern gebracht werden.

Mhd.: Waz der schultheis gerichten kan, darzu bedarff er nit foits dazu. (Grimm, Weisth., II, 223.)

10 Wo der Schultheiss schencket Wein, die Bürgermeister verkäuffer seyn, die Schöffen backen brodt, ist die gemein in grosser noth.Zinkgref, IV, 387.

Holl.: Daar de meijers tappen wijn, de burgemeesters kornkoopers zijn, en de schepens bakken brood, daar is de gemeente in grooten nood. (Harrebomée, II, 228.)

*11 Er muss mithatschen wie der Schultheiss von Hundsfelden.

*12 Er würd' ein guter Schultheiss, er kann thun, was die Leute verdreusst.Simrock, 9275.


Schultheissohr.

1 Schultheissen Ohren hören nicht gern jhre eigen Sach.Petri, II, 533.

*2 Er hat Schultheissohren.Simrock, 9281.

„Schultens Ohren haben, d. i. langmüthig vnd bedächtig seyn.“ (Mathesy, 55b.)

Lat.: Facio me alias res agere, facio aures meas peregrinari. (Aus einem Ms. von 1624.)


Schultinte.

* Er hat die Schultinte noch an den Fingern und will andere hofmeistern.

Böhm.: Ledwa se vyklub ze skoly už chce jiné učite. (Skola, III, 74.)


Schulumpe.

* I will nit di Schuelumpe si.Sutermeister, 22.


Schulweg.

1 Wer sich auf dem Schulweg verirrt, findet sich durchs ganze Leben nicht zurecht.Sprichwörtergarten, 293.

Wer die rechte Lebensrichtung in seiner Jugend verfehlt, wird die Folgen davon durch sein ganzes Leben fühlen.

*2 Sich auf dem Schulwege verirren.

Den Weg seiner Bildung verfehlen.


[Spaltenumbruch]
Schulze (Starost).

1 A lausiger Schulze, a nissige Gemeind.Idiot. Austr., 99.

Wie die Läuse Nisse zeugen, so pflegen sich die Mitglieder der Gemeinde nach dem Vorsteher derselben zu bilden und zu richten.

2 Bei dem Herrn Schulzen richtet man mehr aus als beim Schulzen.

Nur ja nicht zu wenig Ehre geben. Die Russen scheinen darin aber gar zu weit zu gehen, denn eins ihrer vielen Schulzensprichwörter sagt: Wer vor des Starosten Hunde die Mütze zieht, wie will er seine Höflichkeit vor dem Kaiser beweisen. (Altmann VI, 487.)

3 Der ist kein rechter Schulze, der nicht thun kann, was die Leute verdriesst.Eiselein, 557.

4 Der Schulze des geringsten Dörfleins lässt sich nicht verachten.

5 Der Schulze und die Bauern denken nicht über alles gleich.

Wenn sie überhaupt denken.

Holl.: Een burger en een burgemeester, dat is twee. (Harrebomée, I, 104.)

6 Der Schulze von Birkenfeld (Prügel, Ruthe) kann den Handel am besten schlichten.Florini, IV, 811.

7 Des Schultzen Kuh wil immer einen Vortheil haben.Petri, II, 835.

8 Des Schulzen Bauch drückt auf die ganze Gemeinde.

9 Des Schulzen Kuh und eines andern Kühe sind zweierlei Kühe, sagte der Feldschütz.Eiselein, 557; Blum, 427; Pistor., V, 22; Körte, 5436; Simrock, 9278; Braun, I, 4005.

Satire auf die saubern Gerichtshöfe, welche dem Reichen und Angesehenen, der zum Schadenersatz verurtheilt werden sollte, durchhelfen, während sie den Geringern den nämlichen Schaden streng ersetzen lassen. Nach Erasmus hat das Sprichwort folgenden Ursprung. In einem seeländischen Dorfe verwundete einst der Stier des Schulzen die Kuh eines Bauern so, dass sie sterben musste. Der Bauer ging darauf zum Schulzen und berichtete gegen die Wirklichkeit Folgendes: „Ich habe das Unglück gehabt, dass mein Stier über den Graben gesprungen ist und eure Kuh getödtet hat, was ist in diesem Falle Rechtens“ – „Dass ihr die Kuh bezahlt“, erwiderte der Schulz ohne weiteres. „Aber“, versetzte hierauf der Bauer, „es findet just das Gegentheil statt; der Stier war euer und die getödtete Kuh die meinige.“ – „Nun dann“, meinte der verlegene Schulze, „hat es nichts zu sagen. Ein anderes ist des Schulzen Kuh. Schaden wird nicht ersetzt, denn des Schulzen Kuh und eines andern Kuh sind zweierlei Kühe.“ Auch bei nichtdeutschen Völkern sind die Schulzen nicht aufs beste angeschrieben. Die Slawen, deren Wojwoden auf drei Jahre gewählt wurden, lassen ihren Schulzen ein Jahr sich gütlich thun und zwei Jahr jagen. Legen ihm also amtliche Unthätigkeit zur Last und schreiben ihm die Neigung zu, dafür sich selbst zu pflegen und seinem Vergnügen nachzugehen oder, wie viele Sprichwörter behaupten, sein Amt zu benutzen, um sich Privatvortheile zu verschaffen, sich auf Kosten der Gemeinde zu bereichern. So sagen die Russen: Den Starost frage nicht nach seinem Hause, sondern nach seinem Palast. (Altmann V, 112.) Der Starost nimmt uns nur das Kummt, aber der Gutsherr (s. d.) auch den Gaul. (Altmann V, 125.) Wer die innige Verbindung zwischen Gutsherrn und Schulzen in Deutschland kennt, wird das vorstehende russische Sprichwort verstehen. Die Russen empfehlen: Den Starosten musst du zum Freunde erhalten, denn seine Macht im Dorfe ist grösser als die des Zaren im Reiche. (Altmann V, 90.) Aber seine Freundschaft zu behalten ist kostspielig, denn die Russen behaupten: Wenn du dem Starosten neun Würste gibst und eine im Rauch fang hängen lässt, so hast du ihm keine gegeben. (Altmann V, 105.) – Im Sinne des obigen Sprichworts: Was anders ist des Schulzen Kuh, heisst es jüdisch-deutsch: Dem Rebben's (Rabbiners) Kuh. Es wird erzählt, es sei am Sabbat eine Kuh auf dem Felde wiedergefunden worden, was an den Ruhetagen verboten ist. Der Rabbiner des Ortes, der darüber befragt wurde, sprach das Urtheil: „Die Kuh muss gesteinigt werden.“ „Aber die Kuh gehört euch“, sagte man: „So bringt sie schnell nach Hause“, erwiderte er. s. Büchmann, 8. Aufl., S. 5-7.

Böhm.: Rychtář rok hoví, a dvĕ léta loví. (Čelakovsky, 363.)

Holl.: De koeijen van den schout gaan voor. (Harrebomée, I, 422b.)

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10 Ein Schulz ohne Kopf, ein Koch ohne Topf und eine Flasch' ohne Pfropf sind nicht viel werth.

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[[194]/0200] Bastille den Franzosen viel Anstrengung gekostet habe. Die Franzosen, sagte der seines Witzes wegen bekannte Castellan Jezierski, hätten von uns einige Starosten verlangen sollen und sie würden sich alle Mühe erspart haben. An diese alten Starosten erinnert das Sprichwort: Słomiany starosta starodębowego ziemianina zwalczy. (Wurzbach, I, 116, 34.) (Ein Starost von Stroh wirft einen alteichenen Landmann um.) Dän.: En foged og en arsvisk are snart giorde, og snart igien bortkaste. (Prov. dan., 171.) Holl.: Een schout en ene aarwisch zijn even dra gemaakt. (Harrebomée, II, 261a.) 4 Kompt der Schultheiss vom Ampt, der Bawer verkaufft jhm nicht, was er jhm zuvor geschenkt hatt. – Lehmann, 772, 17. 5 Lass no de Schultiss noar geifera1, no wed der Burgemoaster schaon driela. (Rottenburg.) – Birlinger, 462. 1) Schäumen vor Aerger. – D. h. der letztere spricht schon den erstern zu Gefallen. 6 Seid ihr denn nicht Schultheiss mehr? – Eiselein, 557; Wurzbach III, 186. Der Schultheiss von Kandersweil war abgesetzt worden und wollte sich desselbigen Tags den Verdruss darüber über Land etwas vergehen. Er kam an den Punkt eines Baches, wo es an einem Stege gebrach. Indem er darüber nachsann, wie er hinüber kommen sollte, kam ein Bauer auf ihn zu und sagte: „Herr Schultheiss, wollt Ihr gern über das Wasser?“ Der Schultheiss erwiderte: „Ja wohl!“ Der Bauer sprach: „Ich will den Herrn hinübertragen, so braucht er die Stiefeln nicht auszuthun und die Füsse nass zu machen.“ Der Schultheiss war dies wol zufrieden und also nahm ihn der Bauer auf den Rücken. Als sie mitten im Wasser waren, sagte der Schultheiss: „Sobald mir Gott wieder zu meinem Amte verhilft, will ich es dir nicht unvergolten lassen.“ Als das der Bauer hörte, stand er still und fragte: „Seid ihr denn nicht Schultheiss mehr?“ „Nein“, sagte dieser. „Ei, so wollte ich, dass ich so einen Lump trüge“, rief der Bauer, warf ihn ins Wasser und ging davon. 7 Und wer em Schultes mäht und drischt, dear wird ufs Johr au Weingertsschütz. (Schwaben.) 8 Was dem Schultheissen geschah, ist dem Herrn geschehen. – Graf, 404, 16. Der ausübende Richter, wie jeder Beamte, ist Stellvertreter des Landesoberhaupts. „Waz dem Schultheissen da geschien ist, daz ist dem Herrn geschiehn.“ (Bodmann, 641.) 9 Was der Schultheiss richten kann, dazu bedarf man des Vogts nicht. – Graf, 436, 296. Es soll keine Sache mit Umgehung des untern Richters sogleich an den höhern gebracht werden. Mhd.: Waz der schultheis gerichten kan, darzu bedarff er nit foits dazu. (Grimm, Weisth., II, 223.) 10 Wo der Schultheiss schencket Wein, die Bürgermeister verkäuffer seyn, die Schöffen backen brodt, ist die gemein in grosser noth. – Zinkgref, IV, 387. Holl.: Daar de meijers tappen wijn, de burgemeesters kornkoopers zijn, en de schepens bakken brood, daar is de gemeente in grooten nood. (Harrebomée, II, 228.) *11 Er muss mithatschen wie der Schultheiss von Hundsfelden. *12 Er würd' ein guter Schultheiss, er kann thun, was die Leute verdreusst. – Simrock, 9275. Schultheissohr. 1 Schultheissen Ohren hören nicht gern jhre eigen Sach. – Petri, II, 533. *2 Er hat Schultheissohren. – Simrock, 9281. „Schultens Ohren haben, d. i. langmüthig vnd bedächtig seyn.“ (Mathesy, 55b.) Lat.: Facio me alias res agere, facio aures meas peregrinari. (Aus einem Ms. von 1624.) Schultinte. * Er hat die Schultinte noch an den Fingern und will andere hofmeistern. Böhm.: Ledwa se vyklub ze skoly už chce jiné učite. (Skola, III, 74.) Schulumpe. * I will nit di Schuelumpe si. – Sutermeister, 22. Schulweg. 1 Wer sich auf dem Schulweg verirrt, findet sich durchs ganze Leben nicht zurecht. – Sprichwörtergarten, 293. Wer die rechte Lebensrichtung in seiner Jugend verfehlt, wird die Folgen davon durch sein ganzes Leben fühlen. *2 Sich auf dem Schulwege verirren. Den Weg seiner Bildung verfehlen. Schulze (Starost). 1 A lausiger Schulze, a nissige Gemeind. – Idiot. Austr., 99. Wie die Läuse Nisse zeugen, so pflegen sich die Mitglieder der Gemeinde nach dem Vorsteher derselben zu bilden und zu richten. 2 Bei dem Herrn Schulzen richtet man mehr aus als beim Schulzen. Nur ja nicht zu wenig Ehre geben. Die Russen scheinen darin aber gar zu weit zu gehen, denn eins ihrer vielen Schulzensprichwörter sagt: Wer vor des Starosten Hunde die Mütze zieht, wie will er seine Höflichkeit vor dem Kaiser beweisen. (Altmann VI, 487.) 3 Der ist kein rechter Schulze, der nicht thun kann, was die Leute verdriesst. – Eiselein, 557. 4 Der Schulze des geringsten Dörfleins lässt sich nicht verachten. 5 Der Schulze und die Bauern denken nicht über alles gleich. Wenn sie überhaupt denken. Holl.: Een burger en een burgemeester, dat is twee. (Harrebomée, I, 104.) 6 Der Schulze von Birkenfeld (Prügel, Ruthe) kann den Handel am besten schlichten. – Florini, IV, 811. 7 Des Schultzen Kuh wil immer einen Vortheil haben. – Petri, II, 835. 8 Des Schulzen Bauch drückt auf die ganze Gemeinde. 9 Des Schulzen Kuh und eines andern Kühe sind zweierlei Kühe, sagte der Feldschütz. – Eiselein, 557; Blum, 427; Pistor., V, 22; Körte, 5436; Simrock, 9278; Braun, I, 4005. Satire auf die saubern Gerichtshöfe, welche dem Reichen und Angesehenen, der zum Schadenersatz verurtheilt werden sollte, durchhelfen, während sie den Geringern den nämlichen Schaden streng ersetzen lassen. Nach Erasmus hat das Sprichwort folgenden Ursprung. In einem seeländischen Dorfe verwundete einst der Stier des Schulzen die Kuh eines Bauern so, dass sie sterben musste. Der Bauer ging darauf zum Schulzen und berichtete gegen die Wirklichkeit Folgendes: „Ich habe das Unglück gehabt, dass mein Stier über den Graben gesprungen ist und eure Kuh getödtet hat, was ist in diesem Falle Rechtens“ – „Dass ihr die Kuh bezahlt“, erwiderte der Schulz ohne weiteres. „Aber“, versetzte hierauf der Bauer, „es findet just das Gegentheil statt; der Stier war euer und die getödtete Kuh die meinige.“ – „Nun dann“, meinte der verlegene Schulze, „hat es nichts zu sagen. Ein anderes ist des Schulzen Kuh. Schaden wird nicht ersetzt, denn des Schulzen Kuh und eines andern Kuh sind zweierlei Kühe.“ Auch bei nichtdeutschen Völkern sind die Schulzen nicht aufs beste angeschrieben. Die Slawen, deren Wojwoden auf drei Jahre gewählt wurden, lassen ihren Schulzen ein Jahr sich gütlich thun und zwei Jahr jagen. Legen ihm also amtliche Unthätigkeit zur Last und schreiben ihm die Neigung zu, dafür sich selbst zu pflegen und seinem Vergnügen nachzugehen oder, wie viele Sprichwörter behaupten, sein Amt zu benutzen, um sich Privatvortheile zu verschaffen, sich auf Kosten der Gemeinde zu bereichern. So sagen die Russen: Den Starost frage nicht nach seinem Hause, sondern nach seinem Palast. (Altmann V, 112.) Der Starost nimmt uns nur das Kummt, aber der Gutsherr (s. d.) auch den Gaul. (Altmann V, 125.) Wer die innige Verbindung zwischen Gutsherrn und Schulzen in Deutschland kennt, wird das vorstehende russische Sprichwort verstehen. Die Russen empfehlen: Den Starosten musst du zum Freunde erhalten, denn seine Macht im Dorfe ist grösser als die des Zaren im Reiche. (Altmann V, 90.) Aber seine Freundschaft zu behalten ist kostspielig, denn die Russen behaupten: Wenn du dem Starosten neun Würste gibst und eine im Rauch fang hängen lässt, so hast du ihm keine gegeben. (Altmann V, 105.) – Im Sinne des obigen Sprichworts: Was anders ist des Schulzen Kuh, heisst es jüdisch-deutsch: Dem Rebben's (Rabbiners) Kuh. Es wird erzählt, es sei am Sabbat eine Kuh auf dem Felde wiedergefunden worden, was an den Ruhetagen verboten ist. Der Rabbiner des Ortes, der darüber befragt wurde, sprach das Urtheil: „Die Kuh muss gesteinigt werden.“ „Aber die Kuh gehört euch“, sagte man: „So bringt sie schnell nach Hause“, erwiderte er. s. Büchmann, 8. Aufl., S. 5-7. Böhm.: Rychtář rok hoví, a dvĕ léta loví. (Čelakovsky, 363.) Holl.: De koeijen van den schout gaan voor. (Harrebomée, I, 422b.) Lat.: Duo cum faciunt idem, non est idem. (Pistor., IV, 11.) 10 Ein Schulz ohne Kopf, ein Koch ohne Topf und eine Flasch' ohne Pfropf sind nicht viel werth. Die Türken sagen: Wenn sich der Iman vergisst, verliert die ganze Versammlung den Werth von ihm.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [194]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/200>, abgerufen am 20.04.2024.