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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Capitel. insonderheit.
chers aus der Affter-Welt/ das ist/ die Bestraffung/ einzurichten
damit niemanden hierinnen zu viel geschehe. Denn auch allhier
und also überall die Quantität vornehmlich zubeobachten ist.

§. 16. Zwischen beyderley Qualitäten/ nehmlich zwischen
den gültigen und mißgültigen/ stehet gleichsam mitten ein/ und ist
ohne einige Zurechnung

1. Peregrinitas, die Qualität eines Frembden/ der zumahl ein
lebendiges Glied/ nicht unserer/ sondern einer andern Re-
publiqist.

Denn dieser hat zwar in der That bey uns keine ordentliche
Achtbarkeit; Weil er aber in seiner Republiq eine gewisse Gel-
tung hat/ so lassen wir es dabey bewenden/ geben äusserlich ihm sei-
nen Respect beynahen so hoch/ als er daheim gilt; aber partici-
piren
lassen wir ihn nicht/ wenn was Gutes auszutheilen kompt.

Ohne daß wir zu gewisser Zeit (als wenn Jahrmarckt ist)
alle Frembdigkeit gleichsam auffheben/ und alle Frembde so lang
vor einheimisch halten. Ja so bald ein unausgeschlossener Fremb-
der in der Stadt eine zeitlang zuverharren gedencket/ so wird er
vor ein interims Glied unsers politischen Leibes erkant/ und ge-
nieset etliche gemeine Annehmligkeiten/ dergleichen wir bey ihm
auch zugeniessen. Woraus zu sehen/ daß die Republiquen nicht
gantz und gar von einander entschieden sind/ sondern zusammen
halten/ und alle mit einander einen Aristocratischen Staat be-
stellen.

2. So kan hieher in die Mitte gezogen werden Nullitas die
Nullität/ wenn in einem willkührlichen Geschäffte nicht
recht verfahren/ sondern darinnen in einem darzu gesetz-
ten essential Stück gefehlet worden; so hat zwar niemand
mißgehandelt; aber gleichwohl ists so viel/ als wenn gar
nichts in der Sache vorgenommen worden wäre. Der-
gleichen Nullitäten offtmals in Handlungen und vor Ge-
richt sich einschleichen.

Eben also kan man in Ansehen der Affter-Welt auch beyde
Mittel-Qualitäten bemercken. Und zwar

3. Wenn ein redlicher Mensch unter die Gesellschafft eines o-
der etlicher Verbrecher unversehens kompt/ und bey der
bösen
O ij

Capitel. inſonderheit.
chers aus der Affter-Welt/ das iſt/ die Beſtraffung/ einzurichten
damit niemanden hierinnen zu viel geſchehe. Denn auch allhier
und alſo uͤberall die Quantitaͤt vornehmlich zubeobachten iſt.

§. 16. Zwiſchen beyderley Qualitaͤten/ nehmlich zwiſchen
den guͤltigen und mißguͤltigen/ ſtehet gleichſam mitten ein/ und iſt
ohne einige Zurechnung

1. Peregrinitas, die Qualitaͤt eines Frembden/ der zumahl ein
lebendiges Glied/ nicht unſerer/ ſondern einer andern Re-
publiqiſt.

Denn dieſer hat zwar in der That bey uns keine ordentliche
Achtbarkeit; Weil er aber in ſeiner Republiq eine gewiſſe Gel-
tung hat/ ſo laſſen wir es dabey bewenden/ geben aͤuſſerlich ihm ſei-
nen Reſpect beynahen ſo hoch/ als er daheim gilt; aber partici-
piren
laſſen wir ihn nicht/ wenn was Gutes auszutheilen kompt.

Ohne daß wir zu gewiſſer Zeit (als wenn Jahrmarckt iſt)
alle Frembdigkeit gleichſam auffheben/ und alle Frembde ſo lang
vor einheimiſch halten. Ja ſo bald ein unausgeſchloſſener Fremb-
der in der Stadt eine zeitlang zuverharren gedencket/ ſo wird er
vor ein interims Glied unſers politiſchen Leibes erkant/ und ge-
nieſet etliche gemeine Annehmligkeiten/ dergleichen wir bey ihm
auch zugenieſſen. Woraus zu ſehen/ daß die Republiquen nicht
gantz und gar von einander entſchieden ſind/ ſondern zuſammen
halten/ und alle mit einander einen Ariſtocratiſchen Staat be-
ſtellen.

2. So kan hieher in die Mitte gezogen werden Nullitas die
Nullitaͤt/ wenn in einem willkuͤhrlichen Geſchaͤffte nicht
recht verfahren/ ſondern darinnen in einem darzu geſetz-
ten eſſential Stuͤck gefehlet worden; ſo hat zwar niemand
mißgehandelt; aber gleichwohl iſts ſo viel/ als wenn gar
nichts in der Sache vorgenommen worden waͤre. Der-
gleichen Nullitaͤten offtmals in Handlungen und vor Ge-
richt ſich einſchleichen.

Eben alſo kan man in Anſehen der Affter-Welt auch beyde
Mittel-Qualitaͤten bemercken. Und zwar

3. Wenn ein redlicher Menſch unter die Geſellſchafft eines o-
der etlicher Verbrecher unverſehens kompt/ und bey der
boͤſen
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[107/0117] Capitel. inſonderheit. chers aus der Affter-Welt/ das iſt/ die Beſtraffung/ einzurichten damit niemanden hierinnen zu viel geſchehe. Denn auch allhier und alſo uͤberall die Quantitaͤt vornehmlich zubeobachten iſt. §. 16. Zwiſchen beyderley Qualitaͤten/ nehmlich zwiſchen den guͤltigen und mißguͤltigen/ ſtehet gleichſam mitten ein/ und iſt ohne einige Zurechnung 1. Peregrinitas, die Qualitaͤt eines Frembden/ der zumahl ein lebendiges Glied/ nicht unſerer/ ſondern einer andern Re- publiqiſt. Denn dieſer hat zwar in der That bey uns keine ordentliche Achtbarkeit; Weil er aber in ſeiner Republiq eine gewiſſe Gel- tung hat/ ſo laſſen wir es dabey bewenden/ geben aͤuſſerlich ihm ſei- nen Reſpect beynahen ſo hoch/ als er daheim gilt; aber partici- piren laſſen wir ihn nicht/ wenn was Gutes auszutheilen kompt. Ohne daß wir zu gewiſſer Zeit (als wenn Jahrmarckt iſt) alle Frembdigkeit gleichſam auffheben/ und alle Frembde ſo lang vor einheimiſch halten. Ja ſo bald ein unausgeſchloſſener Fremb- der in der Stadt eine zeitlang zuverharren gedencket/ ſo wird er vor ein interims Glied unſers politiſchen Leibes erkant/ und ge- nieſet etliche gemeine Annehmligkeiten/ dergleichen wir bey ihm auch zugenieſſen. Woraus zu ſehen/ daß die Republiquen nicht gantz und gar von einander entſchieden ſind/ ſondern zuſammen halten/ und alle mit einander einen Ariſtocratiſchen Staat be- ſtellen. 2. So kan hieher in die Mitte gezogen werden Nullitas die Nullitaͤt/ wenn in einem willkuͤhrlichen Geſchaͤffte nicht recht verfahren/ ſondern darinnen in einem darzu geſetz- ten eſſential Stuͤck gefehlet worden; ſo hat zwar niemand mißgehandelt; aber gleichwohl iſts ſo viel/ als wenn gar nichts in der Sache vorgenommen worden waͤre. Der- gleichen Nullitaͤten offtmals in Handlungen und vor Ge- richt ſich einſchleichen. Eben alſo kan man in Anſehen der Affter-Welt auch beyde Mittel-Qualitaͤten bemercken. Und zwar 3. Wenn ein redlicher Menſch unter die Geſellſchafft eines o- der etlicher Verbrecher unverſehens kompt/ und bey der boͤſen O ij

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/117>, abgerufen am 19.04.2024.