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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Capitel. im gemeinen Wesen.
Dinge/ vor sich frey und niemand angewachsen oder anklebend sind/
daß sie dahero recht eigenthümlich Mein oder Dein oder Sein ge-
nennet werden könten; Dennoch weil wir dero unordentliche Viel-
heit eben so wenig/ als die in ihrer Unordnung gelassenen Eins/ Eins/
Eins/ wohl gebrauchen und füglich anwenden mögen; so hat es die
Nothdurfft erfordert/ solche Vielheit der natürlichen brauchbaren Sa-
chen unter die Personen (gleichwie die zehlbaren Sachen unter die Zif-
fern) außzutheilen/ und ihnen also gleichsam eine andere Gestalt anzu-
thun/ daß sie nun nicht mehr als blosse natürliche Dinge/ sondern als
Mittel und Nebensachen/ darauff das gemeine Menschliche Leben
sich gründet/ betrachtet werden müssen. Dahero sie auch andere Nah-
men bekommen/ daß zum Exempel/ Acker/ Wiesen/ Hauß/ nicht bloß
Acker/ Wiesen/ Hauß/ sondern ein Gut/ ein Rittergut/ eine liegende
Habe (praedium) genennet zuwerden pfleget. Und diß ist das andere
Geschlecht der Moralischen oder Sittlichen Dinge.

Das Neundte Capitel.
Von den Moralischen Eigenschafften
derer Personen und derer Sachen des
Menschlichen Lebens in ge-
mein.

§. 1.

WJe die Zahlen allerhand Benennungen unterworffen sind/
so man Eigenschafften heisset/ derer etliche natürlich/ als
gerad/ ungerad/ etc. etliche Künstlich und notionalisch
sind/ als daß eine Ziffer gegen der andern ihren gewissen Stand/ und
darinnen ihre gewisse Geltung und dergleichen habe; also sind die Per-
sonen und die Sachen im gemeinen Wesen vielerhand Benennungen
unterworffen/ die man Eigenschafften heisset/ deren etliche natürlich/ et-
liche künstlich und moralisch/ wie vorhero schon zum Theil ange-
führt.

§. 2. Unter allen Eigenschafften aber eines ieden Dinges geben

die
G ij

Capitel. im gemeinen Weſen.
Dinge/ vor ſich frey und niemand angewachſen oder anklebend ſind/
daß ſie dahero recht eigenthuͤmlich Mein oder Dein oder Sein ge-
nennet werden koͤnten; Dennoch weil wir dero unordentliche Viel-
heit eben ſo wenig/ als die in ihrer Unordnung gelaſſenen Eins/ Eins/
Eins/ wohl gebrauchen und fuͤglich anwenden moͤgen; ſo hat es die
Nothdurfft erfordert/ ſolche Vielheit der natuͤrlichen brauchbaren Sa-
chen unter die Perſonen (gleichwie die zehlbaren Sachen unter die Zif-
fern) außzutheilen/ und ihnen alſo gleichſam eine andere Geſtalt anzu-
thun/ daß ſie nun nicht mehr als bloſſe natuͤrliche Dinge/ ſondern als
Mittel und Nebenſachen/ darauff das gemeine Menſchliche Leben
ſich gruͤndet/ betrachtet werden muͤſſen. Dahero ſie auch andere Nah-
men bekommen/ daß zum Exempel/ Acker/ Wieſen/ Hauß/ nicht bloß
Acker/ Wieſen/ Hauß/ ſondern ein Gut/ ein Rittergut/ eine liegende
Habe (prædium) genennet zuwerden pfleget. Und diß iſt das andere
Geſchlecht der Moraliſchen oder Sittlichen Dinge.

Das Neundte Capitel.
Von den Moraliſchen Eigenſchafften
derer Perſonen und derer Sachen des
Menſchlichen Lebens in ge-
mein.

§. 1.

WJe die Zahlen allerhand Benennungen unterworffen ſind/
ſo man Eigenſchafften heiſſet/ derer etliche natuͤrlich/ als
gerad/ ungerad/ ꝛc. etliche Kuͤnſtlich und notionaliſch
ſind/ als daß eine Ziffer gegen der andern ihren gewiſſen Stand/ und
darinnen ihre gewiſſe Geltung und dergleichen habe; alſo ſind die Per-
ſonen und die Sachen im gemeinen Weſen vielerhand Benennungen
unterworffen/ die man Eigenſchafften heiſſet/ deren etliche natuͤrlich/ et-
liche kuͤnſtlich und moraliſch/ wie vorhero ſchon zum Theil ange-
fuͤhrt.

§. 2. Unter allen Eigenſchafften aber eines ieden Dinges geben

die
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[51/0061] Capitel. im gemeinen Weſen. Dinge/ vor ſich frey und niemand angewachſen oder anklebend ſind/ daß ſie dahero recht eigenthuͤmlich Mein oder Dein oder Sein ge- nennet werden koͤnten; Dennoch weil wir dero unordentliche Viel- heit eben ſo wenig/ als die in ihrer Unordnung gelaſſenen Eins/ Eins/ Eins/ wohl gebrauchen und fuͤglich anwenden moͤgen; ſo hat es die Nothdurfft erfordert/ ſolche Vielheit der natuͤrlichen brauchbaren Sa- chen unter die Perſonen (gleichwie die zehlbaren Sachen unter die Zif- fern) außzutheilen/ und ihnen alſo gleichſam eine andere Geſtalt anzu- thun/ daß ſie nun nicht mehr als bloſſe natuͤrliche Dinge/ ſondern als Mittel und Nebenſachen/ darauff das gemeine Menſchliche Leben ſich gruͤndet/ betrachtet werden muͤſſen. Dahero ſie auch andere Nah- men bekommen/ daß zum Exempel/ Acker/ Wieſen/ Hauß/ nicht bloß Acker/ Wieſen/ Hauß/ ſondern ein Gut/ ein Rittergut/ eine liegende Habe (prædium) genennet zuwerden pfleget. Und diß iſt das andere Geſchlecht der Moraliſchen oder Sittlichen Dinge. Das Neundte Capitel. Von den Moraliſchen Eigenſchafften derer Perſonen und derer Sachen des Menſchlichen Lebens in ge- mein. §. 1. WJe die Zahlen allerhand Benennungen unterworffen ſind/ ſo man Eigenſchafften heiſſet/ derer etliche natuͤrlich/ als gerad/ ungerad/ ꝛc. etliche Kuͤnſtlich und notionaliſch ſind/ als daß eine Ziffer gegen der andern ihren gewiſſen Stand/ und darinnen ihre gewiſſe Geltung und dergleichen habe; alſo ſind die Per- ſonen und die Sachen im gemeinen Weſen vielerhand Benennungen unterworffen/ die man Eigenſchafften heiſſet/ deren etliche natuͤrlich/ et- liche kuͤnſtlich und moraliſch/ wie vorhero ſchon zum Theil ange- fuͤhrt. §. 2. Unter allen Eigenſchafften aber eines ieden Dinges geben die G ij

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/61>, abgerufen am 19.04.2024.