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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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verachten. Lobenswerth ist auch die Vorsicht, die
man beim Besuch der Hundsgrotte beobachtet --
sonderlich wenn's in die Hofluft geht -- man
bücke sich nicht zu oft und zu tief. Abschreckend
ist das Beispiel von Ministern und Hofleuten,
die des Lichtes ihrer Augen und ihres Verstandes
dadurch beraubt worden sind und schwer und
ängstlich nach Luft schnappen.

Dir junges Deutschland widme ich
diese Reden
, dem bräunlichen wie dem blon¬
den, welches letztere mich umgab und die Muse
war, die mich zweimal in der Woche begeisterte.
Ja, begeisternd ist der Anblick aufstrebender Jüng¬
linge, aber Zorn und Unmuth mischt sich in die
Begeisterung, wenn man sie als Züchtlinge ge¬
lehrter Werkanstalten vor sich sieht. Sclaverei ist
ihr Studium, nicht Freiheit. Stricke und Bande
müssen sie flechten für ihre eigenen Arme und
Füße, dazu verurtheilt sie der Staat. Die Un¬
glücklichen, wie haben sie mich gesucht und ge¬
liebt, als ich ihnen die Freiheit wenigstens im
Bilde zeigte.

Preußen trägt sich mit dem Plan, die alten
Universitäten umzuschmelzen. Immerhin, und mag

verachten. Lobenswerth iſt auch die Vorſicht, die
man beim Beſuch der Hundsgrotte beobachtet —
ſonderlich wenn's in die Hofluft geht — man
buͤcke ſich nicht zu oft und zu tief. Abſchreckend
iſt das Beiſpiel von Miniſtern und Hofleuten,
die des Lichtes ihrer Augen und ihres Verſtandes
dadurch beraubt worden ſind und ſchwer und
aͤngſtlich nach Luft ſchnappen.

Dir junges Deutſchland widme ich
dieſe Reden
, dem braͤunlichen wie dem blon¬
den, welches letztere mich umgab und die Muſe
war, die mich zweimal in der Woche begeiſterte.
Ja, begeiſternd iſt der Anblick aufſtrebender Juͤng¬
linge, aber Zorn und Unmuth miſcht ſich in die
Begeiſterung, wenn man ſie als Zuͤchtlinge ge¬
lehrter Werkanſtalten vor ſich ſieht. Sclaverei iſt
ihr Studium, nicht Freiheit. Stricke und Bande
muͤſſen ſie flechten fuͤr ihre eigenen Arme und
Fuͤße, dazu verurtheilt ſie der Staat. Die Un¬
gluͤcklichen, wie haben ſie mich geſucht und ge¬
liebt, als ich ihnen die Freiheit wenigſtens im
Bilde zeigte.

Preußen traͤgt ſich mit dem Plan, die alten
Univerſitaͤten umzuſchmelzen. Immerhin, und mag

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[VII/0011] verachten. Lobenswerth iſt auch die Vorſicht, die man beim Beſuch der Hundsgrotte beobachtet — ſonderlich wenn's in die Hofluft geht — man buͤcke ſich nicht zu oft und zu tief. Abſchreckend iſt das Beiſpiel von Miniſtern und Hofleuten, die des Lichtes ihrer Augen und ihres Verſtandes dadurch beraubt worden ſind und ſchwer und aͤngſtlich nach Luft ſchnappen. Dir junges Deutſchland widme ich dieſe Reden, dem braͤunlichen wie dem blon¬ den, welches letztere mich umgab und die Muſe war, die mich zweimal in der Woche begeiſterte. Ja, begeiſternd iſt der Anblick aufſtrebender Juͤng¬ linge, aber Zorn und Unmuth miſcht ſich in die Begeiſterung, wenn man ſie als Zuͤchtlinge ge¬ lehrter Werkanſtalten vor ſich ſieht. Sclaverei iſt ihr Studium, nicht Freiheit. Stricke und Bande muͤſſen ſie flechten fuͤr ihre eigenen Arme und Fuͤße, dazu verurtheilt ſie der Staat. Die Un¬ gluͤcklichen, wie haben ſie mich geſucht und ge¬ liebt, als ich ihnen die Freiheit wenigſtens im Bilde zeigte. Preußen traͤgt ſich mit dem Plan, die alten Univerſitaͤten umzuſchmelzen. Immerhin, und mag

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/11>, abgerufen am 24.04.2024.