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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889.

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philosophia.

Dagegen lässt sich die für uns zufällig zuerst durch Alexandros von
Pleuron ausgesprochene tradition nicht wol abweisen, dass Euripides zu
Anaxagoras in persönlichem verkehr gestanden hat, und dieser hat in
der tat sehr stark auf ihn gewirkt. der verkehr kann schon in Euri-
pides jünglingszeit begonnen und fast ein menschenalter gedauert haben,
denn Anaxagoras lebte in Athen friedlich und still seinen studien. dass
Euripides lehrsätze desselben berührt oder auch geradezu citirt, zeugt
nur von seinem studium des in weiten kreisen gelesenen buches, auch
war Anaxagoras lange tot, als Euripides die berufensten stellen in der
Melanippe (488) und im Chrysippos (836) schrieb. aber 438 lässt er den
chor der Alkestis (903) von einem manne seiner verwandtschaft erzählen,
der als greis den tod seines einzigen sohnes gefasst ertragen hätte.
damals war Anaxagoras ein greis, von ihm erzählt die legende das
edein oti thneton egennesa, wie freilich von manchem andern: wir
dürfen also, wie neuerdings vielfach geschehen ist, die legende als ge-
schichte und Euripides als ihren zeugen betrachten. auch das hat man
mit recht bemerkt, dass Euripides dem wegen gotteslästerung nicht sowol
als wegen medismos vertriebenen lehrer ein ehrendenkmal gestiftet hat
in den versen (902) olbios ostis tes istorias eskhe mathesin, mete
politon epi pemosunas met eis adikous praxeis ormon, all
athanatou kathoron phuseos kosmon agero pe te suneste khothen

lotimia abhält (786). eme [nun] "ede kalei", phaie an aner tragikos, e eimar-
mene sagt Sokrates Phaid. 115a. eimarmene sagt der tragiker nicht: aber Alkestis
ruft 254 Kharon m ede kalei; ti melleis; epeigou, su kateirgeis. so citirt die con-
versation das erste wort eines allbekannten verses. am meisten aber hat Platon
den Hippolytos gelesen. das motiv des Symposions, Erota de ton turannon an-
dron ou sebizomen stammt aus ihm, 538. in der wunderbaren schilderung des tyrannen
(Staat 573) entzückt das bild, wie die umgebung die den werdenden mit nachgiebig-
keit (Hipp. 462) und müssiggang (Danae 324) verdirbt, ihm einen Eros schafft, upo-
pteron kai megan kephena tina. sie treiben es aber schliesslich so weit, dass diese
drohne einen stachel bekommt und nun verderblich wird: deshalb heisst Eros turan-
nos. das ist eine schilderung, die freilich einer entwirft, der selbst ein dichter ist,
aber jenes chorlied des Hippolytos, das den Eros schildert perthonta kai dia pasas
ionta sumphoras thnaton, otan elthe, schliesst mit dem nicht ausgeführten bilde
dass Aphrodite deina men ta pant epipnei; melissa d oia tis pepotatai, das
man wol versteht, wenn man die definition der liebe ediston tauton algeinon th
ama hinzunimmt und andere andeutungen, das aber doch unverstanden geblieben
ist: Platon liefert die erklärung, weil der same in seiner seele aufgegangen ist.
der Hippolytos, 374 ff., enthält auch die euripideische lehre von des fleisches schwäche,
die den willen überwindet; auch diese schärfste formulirung des gegensatzes zur
Sokratik hat Platon aufgenommen, natürlich mit schärfster verurteilung als ansicht
der polloi Protag. 352b. die stellen sind zu lang zum ausschreiben.
φιλοσοφία.

Dagegen läſst sich die für uns zufällig zuerst durch Alexandros von
Pleuron ausgesprochene tradition nicht wol abweisen, daſs Euripides zu
Anaxagoras in persönlichem verkehr gestanden hat, und dieser hat in
der tat sehr stark auf ihn gewirkt. der verkehr kann schon in Euri-
pides jünglingszeit begonnen und fast ein menschenalter gedauert haben,
denn Anaxagoras lebte in Athen friedlich und still seinen studien. daſs
Euripides lehrsätze desselben berührt oder auch geradezu citirt, zeugt
nur von seinem studium des in weiten kreisen gelesenen buches, auch
war Anaxagoras lange tot, als Euripides die berufensten stellen in der
Melanippe (488) und im Chrysippos (836) schrieb. aber 438 läſst er den
chor der Alkestis (903) von einem manne seiner verwandtschaft erzählen,
der als greis den tod seines einzigen sohnes gefaſst ertragen hätte.
damals war Anaxagoras ein greis, von ihm erzählt die legende das
ᾔδειν ὅτι ϑνητὸν ἐγέννησα, wie freilich von manchem andern: wir
dürfen also, wie neuerdings vielfach geschehen ist, die legende als ge-
schichte und Euripides als ihren zeugen betrachten. auch das hat man
mit recht bemerkt, daſs Euripides dem wegen gotteslästerung nicht sowol
als wegen μηδισμός vertriebenen lehrer ein ehrendenkmal gestiftet hat
in den versen (902) ὄλβιος ὅστις τῆς ἱστορίας ἔσχε μάϑησιν, μήτε
πολιτῶν ἐπὶ πημοσύνας μήτ̕ εἰς ἀδίκους πράξεις ὁρμῶν, ἀλλ̕
ἀϑανάτου καϑορῶν φύσεως κόσμον ἀγήρω πῇ τε συνέστη χὤϑεν

λοτιμία abhält (786). ἐμὲ [νῦν] “ἤδη καλεῖ”, φαίη ἂν ἀνὴρ τραγικός, ἡ εἱμαρ-
μένη sagt Sokrates Phaid. 115a. εἱμαρμένη sagt der tragiker nicht: aber Alkestis
ruft 254 Χάρων μ̕ ἤδη καλεῖ· τί μέλλεις; ἐπείγου, σὺ κατείργεις. so citirt die con-
versation das erste wort eines allbekannten verses. am meisten aber hat Platon
den Hippolytos gelesen. das motiv des Symposions, Ἔρωτα δὲ τὸν τύραννον ἀν-
δρῶν οὐ σεβίζομεν stammt aus ihm, 538. in der wunderbaren schilderung des tyrannen
(Staat 573) entzückt das bild, wie die umgebung die den werdenden mit nachgiebig-
keit (Hipp. 462) und müſsiggang (Danae 324) verdirbt, ihm einen Ἔρως schafft, ὑπό-
πτερον καὶ μέγαν κηφῆνά τινα. sie treiben es aber schlieſslich so weit, daſs diese
drohne einen stachel bekommt und nun verderblich wird: deshalb heiſst Eros τύραν-
νος. das ist eine schilderung, die freilich einer entwirft, der selbst ein dichter ist,
aber jenes chorlied des Hippolytos, das den Eros schildert πέρϑοντα καὶ διὰ πάσας
ἰόντα συμφορᾶς ϑνατῶν, ὅταν ἔλϑῃ, schlieſst mit dem nicht ausgeführten bilde
daſs Aphrodite δεινὰ μὲν τὰ πάντ̕ ἐπιπνεῖ· μέλισσα δ̕ οἵα τις πεπόταται, das
man wol versteht, wenn man die definition der liebe ἥδιστον ταὐτὸν ἀλγεινὸν ϑ̕
ἅμα hinzunimmt und andere andeutungen, das aber doch unverstanden geblieben
ist: Platon liefert die erklärung, weil der same in seiner seele aufgegangen ist.
der Hippolytos, 374 ff., enthält auch die euripideische lehre von des fleisches schwäche,
die den willen überwindet; auch diese schärfste formulirung des gegensatzes zur
Sokratik hat Platon aufgenommen, natürlich mit schärfster verurteilung als ansicht
der πολλοί Protag. 352b. die stellen sind zu lang zum ausschreiben.
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[25/0045] φιλοσοφία. Dagegen läſst sich die für uns zufällig zuerst durch Alexandros von Pleuron ausgesprochene tradition nicht wol abweisen, daſs Euripides zu Anaxagoras in persönlichem verkehr gestanden hat, und dieser hat in der tat sehr stark auf ihn gewirkt. der verkehr kann schon in Euri- pides jünglingszeit begonnen und fast ein menschenalter gedauert haben, denn Anaxagoras lebte in Athen friedlich und still seinen studien. daſs Euripides lehrsätze desselben berührt oder auch geradezu citirt, zeugt nur von seinem studium des in weiten kreisen gelesenen buches, auch war Anaxagoras lange tot, als Euripides die berufensten stellen in der Melanippe (488) und im Chrysippos (836) schrieb. aber 438 läſst er den chor der Alkestis (903) von einem manne seiner verwandtschaft erzählen, der als greis den tod seines einzigen sohnes gefaſst ertragen hätte. damals war Anaxagoras ein greis, von ihm erzählt die legende das ᾔδειν ὅτι ϑνητὸν ἐγέννησα, wie freilich von manchem andern: wir dürfen also, wie neuerdings vielfach geschehen ist, die legende als ge- schichte und Euripides als ihren zeugen betrachten. auch das hat man mit recht bemerkt, daſs Euripides dem wegen gotteslästerung nicht sowol als wegen μηδισμός vertriebenen lehrer ein ehrendenkmal gestiftet hat in den versen (902) ὄλβιος ὅστις τῆς ἱστορίας ἔσχε μάϑησιν, μήτε πολιτῶν ἐπὶ πημοσύνας μήτ̕ εἰς ἀδίκους πράξεις ὁρμῶν, ἀλλ̕ ἀϑανάτου καϑορῶν φύσεως κόσμον ἀγήρω πῇ τε συνέστη χὤϑεν 44) 44) λοτιμία abhält (786). ἐμὲ [νῦν] “ἤδη καλεῖ”, φαίη ἂν ἀνὴρ τραγικός, ἡ εἱμαρ- μένη sagt Sokrates Phaid. 115a. εἱμαρμένη sagt der tragiker nicht: aber Alkestis ruft 254 Χάρων μ̕ ἤδη καλεῖ· τί μέλλεις; ἐπείγου, σὺ κατείργεις. so citirt die con- versation das erste wort eines allbekannten verses. am meisten aber hat Platon den Hippolytos gelesen. das motiv des Symposions, Ἔρωτα δὲ τὸν τύραννον ἀν- δρῶν οὐ σεβίζομεν stammt aus ihm, 538. in der wunderbaren schilderung des tyrannen (Staat 573) entzückt das bild, wie die umgebung die den werdenden mit nachgiebig- keit (Hipp. 462) und müſsiggang (Danae 324) verdirbt, ihm einen Ἔρως schafft, ὑπό- πτερον καὶ μέγαν κηφῆνά τινα. sie treiben es aber schlieſslich so weit, daſs diese drohne einen stachel bekommt und nun verderblich wird: deshalb heiſst Eros τύραν- νος. das ist eine schilderung, die freilich einer entwirft, der selbst ein dichter ist, aber jenes chorlied des Hippolytos, das den Eros schildert πέρϑοντα καὶ διὰ πάσας ἰόντα συμφορᾶς ϑνατῶν, ὅταν ἔλϑῃ, schlieſst mit dem nicht ausgeführten bilde daſs Aphrodite δεινὰ μὲν τὰ πάντ̕ ἐπιπνεῖ· μέλισσα δ̕ οἵα τις πεπόταται, das man wol versteht, wenn man die definition der liebe ἥδιστον ταὐτὸν ἀλγεινὸν ϑ̕ ἅμα hinzunimmt und andere andeutungen, das aber doch unverstanden geblieben ist: Platon liefert die erklärung, weil der same in seiner seele aufgegangen ist. der Hippolytos, 374 ff., enthält auch die euripideische lehre von des fleisches schwäche, die den willen überwindet; auch diese schärfste formulirung des gegensatzes zur Sokratik hat Platon aufgenommen, natürlich mit schärfster verurteilung als ansicht der πολλοί Protag. 352b. die stellen sind zu lang zum ausschreiben.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_tragoedie_1889/45>, abgerufen am 29.03.2024.