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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

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I Theil. Zweytes Capitel.
Zu den Statuen können die Sphinxe gerechnet werden, und es sind viere
derselben von schwarzem Granite in der Villa Albani, deren Köpfe eine
Bildung haben, die muthmaßlich in Aegypten nicht kann entworfen und
gearbeitet seyn. Die Statuen der Isis in Marmor gehören nicht hierher:
sie sind von der Kaiser Zeiten; denn zu des Cicero Zeiten 1) war der Got-
tesdienst der Isis in Rom noch nicht angenommen.

Von erhobenen Arbeiten, welche zu diesen Nachahmungen gehören, ist
vornehmlich diejenige von grünem Basalt anzuführen, welche in dem Hofe
des Pallastes Maltei stehet 2), und eine Procession eines Aegyptischen
Opfers vorstellet. Ein anderes Werk von dieser Art ist zu Ende dieses
Capitels in Kupfer vorgestellet, und ist bereits anderwerts von mir
berühret. Die Isis auf demselben ist geflügelt, und die Flügel sind von
hinten vorwerts herunter geschlagen, und bedecken den ganzen Unterleib.
Die Isis auf der Isischen Tafel hat ebenfalls große Flügel, welche aber
über den Hüften stehen, und vorwerts ausgestrecket sind, um gleichsam die
Figur zu beschatten, nach Art der Cherubinen. Eben so sieht man 3) auf
einer Münze der Insel Maltha zwo Figuren, wie Cherubine, und welches
zu merken ist, mit Ochsen-Füßen, wie jene gestaltet, welche gegen einan-
der stehen, und die Flügel von den Hüften herunter eine gegen die andere
ausdehnen. Auch auf einer Mumie 4) findet sich eine Figur mit Flügeln
an den Hüften, welche sich erheben, um eine andere sitzende Gottheit zu
beschatten.

Ich kann nicht unberühret lassen, daß die Isische oder Bembische
Tafel von Erzt mit eingelegten Figuren von Silber, von Warburthon 5)

für
1) De nat. deor. L. 3. c. 19.
2) Bartoli Admir.
3) Motraye Voy. T. 1. pl. 14. n. 13. Gronov. Praef. ad T. 6. Antiq. Graec. p. 8. Num.
Pembrock. P. 2. tab. 96.
4) Gordon. l. c.
5) Essay sur les Hierogl. p. 294.

I Theil. Zweytes Capitel.
Zu den Statuen koͤnnen die Sphinxe gerechnet werden, und es ſind viere
derſelben von ſchwarzem Granite in der Villa Albani, deren Koͤpfe eine
Bildung haben, die muthmaßlich in Aegypten nicht kann entworfen und
gearbeitet ſeyn. Die Statuen der Iſis in Marmor gehoͤren nicht hierher:
ſie ſind von der Kaiſer Zeiten; denn zu des Cicero Zeiten 1) war der Got-
tesdienſt der Iſis in Rom noch nicht angenommen.

Von erhobenen Arbeiten, welche zu dieſen Nachahmungen gehoͤren, iſt
vornehmlich diejenige von gruͤnem Baſalt anzufuͤhren, welche in dem Hofe
des Pallaſtes Maltei ſtehet 2), und eine Proceſſion eines Aegyptiſchen
Opfers vorſtellet. Ein anderes Werk von dieſer Art iſt zu Ende dieſes
Capitels in Kupfer vorgeſtellet, und iſt bereits anderwerts von mir
beruͤhret. Die Iſis auf demſelben iſt gefluͤgelt, und die Fluͤgel ſind von
hinten vorwerts herunter geſchlagen, und bedecken den ganzen Unterleib.
Die Iſis auf der Iſiſchen Tafel hat ebenfalls große Fluͤgel, welche aber
uͤber den Huͤften ſtehen, und vorwerts ausgeſtrecket ſind, um gleichſam die
Figur zu beſchatten, nach Art der Cherubinen. Eben ſo ſieht man 3) auf
einer Muͤnze der Inſel Maltha zwo Figuren, wie Cherubine, und welches
zu merken iſt, mit Ochſen-Fuͤßen, wie jene geſtaltet, welche gegen einan-
der ſtehen, und die Fluͤgel von den Huͤften herunter eine gegen die andere
ausdehnen. Auch auf einer Mumie 4) findet ſich eine Figur mit Fluͤgeln
an den Huͤften, welche ſich erheben, um eine andere ſitzende Gottheit zu
beſchatten.

Ich kann nicht unberuͤhret laſſen, daß die Iſiſche oder Bembiſche
Tafel von Erzt mit eingelegten Figuren von Silber, von Warburthon 5)

fuͤr
1) De nat. deor. L. 3. c. 19.
2) Bartoli Admir.
3) Motraye Voy. T. 1. pl. 14. n. 13. Gronov. Præf. ad T. 6. Antiq. Graec. p. 8. Num.
Pembrock. P. 2. tab. 96.
4) Gordon. l. c.
5) Eſſay ſur les Hierogl. p. 294.
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[58/0108] I Theil. Zweytes Capitel. Zu den Statuen koͤnnen die Sphinxe gerechnet werden, und es ſind viere derſelben von ſchwarzem Granite in der Villa Albani, deren Koͤpfe eine Bildung haben, die muthmaßlich in Aegypten nicht kann entworfen und gearbeitet ſeyn. Die Statuen der Iſis in Marmor gehoͤren nicht hierher: ſie ſind von der Kaiſer Zeiten; denn zu des Cicero Zeiten 1) war der Got- tesdienſt der Iſis in Rom noch nicht angenommen. Von erhobenen Arbeiten, welche zu dieſen Nachahmungen gehoͤren, iſt vornehmlich diejenige von gruͤnem Baſalt anzufuͤhren, welche in dem Hofe des Pallaſtes Maltei ſtehet 2), und eine Proceſſion eines Aegyptiſchen Opfers vorſtellet. Ein anderes Werk von dieſer Art iſt zu Ende dieſes Capitels in Kupfer vorgeſtellet, und iſt bereits anderwerts von mir beruͤhret. Die Iſis auf demſelben iſt gefluͤgelt, und die Fluͤgel ſind von hinten vorwerts herunter geſchlagen, und bedecken den ganzen Unterleib. Die Iſis auf der Iſiſchen Tafel hat ebenfalls große Fluͤgel, welche aber uͤber den Huͤften ſtehen, und vorwerts ausgeſtrecket ſind, um gleichſam die Figur zu beſchatten, nach Art der Cherubinen. Eben ſo ſieht man 3) auf einer Muͤnze der Inſel Maltha zwo Figuren, wie Cherubine, und welches zu merken iſt, mit Ochſen-Fuͤßen, wie jene geſtaltet, welche gegen einan- der ſtehen, und die Fluͤgel von den Huͤften herunter eine gegen die andere ausdehnen. Auch auf einer Mumie 4) findet ſich eine Figur mit Fluͤgeln an den Huͤften, welche ſich erheben, um eine andere ſitzende Gottheit zu beſchatten. Ich kann nicht unberuͤhret laſſen, daß die Iſiſche oder Bembiſche Tafel von Erzt mit eingelegten Figuren von Silber, von Warburthon 5) fuͤr 1) De nat. deor. L. 3. c. 19. 2) Bartoli Admir. 3) Motraye Voy. T. 1. pl. 14. n. 13. Gronov. Præf. ad T. 6. Antiq. Graec. p. 8. Num. Pembrock. P. 2. tab. 96. 4) Gordon. l. c. 5) Eſſay ſur les Hierogl. p. 294.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/108>, abgerufen am 19.04.2024.