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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

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I Theil. Drittes Capitel.
sten Zeiten unter Hetrurien begriffen; das Volk aber gehörete nicht zu
dem Körper des Hetrurischen Staats, sondern bestand für sich. Die
Griechen kamen nachher, ließen sich in diesem Lande nieder, und führeten
auch ihre Künste ein, welches noch itzo, außer den Griechischen Münzen
von Neapel, die von Cuma 1), welche noch älter sind, beweisen können.

A.
Ihre Münzen.

Was zum zweyten die Campanischen Werke der Kunst betrift, so
sind erstlich ihre Münzen von Capua und Tiano bekannt, mit Schrift in
ihrer eigenen Sprache 2). Der Kopf eines jungen Hercules auf Mün-
zen beyder Städte, und der Kopf eines Jupiters auf denen von Capua,
sind in der schönsten Idee: eine Victoria auf einem vierspännigen Wagen,
auf Münzen dieser Stadt, ist in dem schönsten Gepränge.

B.
Ihre gemal-
ten Gefäße.

Unter den Campanischen gemalten Gefäßen begreife ich hier zugleich alle
sogenannte Hetrurische, weil die mehresten in Campanien, und sonderlich zu
Nola, ausgegraben sind. Die Hetrurier waren zwar in den ältesten Zeiten
Herren von Italien, von den Alpen an, bis zu der Meerenge von Sicilien,
wie Livius bezeuget, aber man kann aus diesem Grunde diese Gefäße nicht
Hetrurisch nennen: denn die besten derselben müßen aus spätern und aus
guten Zeiten der Kunst seyn. Es waren aber die Hetrurischen Gefäße 3)
von Arezzo berühmt, wie es itzo die von Perugia sind. Es ist auch
nicht zu läugnen, daß auf manchen Gefäßen, sonderlich auf kleinen Schaa-
len, die Zeichnung der Hetrurischen sehr ähnlich: es sind manche Ideen,
wie die Faune mit langen Pferdeschwänzen, in Hetrurischen Figuren von

Erzt,
1) Beger. Thes. Brand. T. 1. p. 188.
2) Die Schrift auf diesen Münzen ist noch nicht gar lange auf die Namen dieser Städte
gedeutet worden. Die von Capua hält, unter anderen Gelehrten, Bianchini für
Punisch, und Maffei weis nicht, was dieselbe bedeutet. Die von Tiano hat man
noch itzo in dem Werke der Pembrockischen Münzen für Punisch gehalten.
(*) Istor. Univ. p. 168.
(**) Veron. illustr. P. 3. p. 259. n. 5.
(***) P. 2. tab. 88.
3) Gudii Inscr. p. 209. n. 3.

I Theil. Drittes Capitel.
ſten Zeiten unter Hetrurien begriffen; das Volk aber gehoͤrete nicht zu
dem Koͤrper des Hetruriſchen Staats, ſondern beſtand fuͤr ſich. Die
Griechen kamen nachher, ließen ſich in dieſem Lande nieder, und fuͤhreten
auch ihre Kuͤnſte ein, welches noch itzo, außer den Griechiſchen Muͤnzen
von Neapel, die von Cuma 1), welche noch aͤlter ſind, beweiſen koͤnnen.

A.
Ihre Muͤnzen.

Was zum zweyten die Campaniſchen Werke der Kunſt betrift, ſo
ſind erſtlich ihre Muͤnzen von Capua und Tiano bekannt, mit Schrift in
ihrer eigenen Sprache 2). Der Kopf eines jungen Hercules auf Muͤn-
zen beyder Staͤdte, und der Kopf eines Jupiters auf denen von Capua,
ſind in der ſchoͤnſten Idee: eine Victoria auf einem vierſpaͤnnigen Wagen,
auf Muͤnzen dieſer Stadt, iſt in dem ſchoͤnſten Gepraͤnge.

B.
Ihre gemal-
ten Gefaͤße.

Unter den Campaniſchen gemalten Gefaͤßen begreife ich hier zugleich alle
ſogenannte Hetruriſche, weil die mehreſten in Campanien, und ſonderlich zu
Nola, ausgegraben ſind. Die Hetrurier waren zwar in den aͤlteſten Zeiten
Herren von Italien, von den Alpen an, bis zu der Meerenge von Sicilien,
wie Livius bezeuget, aber man kann aus dieſem Grunde dieſe Gefaͤße nicht
Hetruriſch nennen: denn die beſten derſelben muͤßen aus ſpaͤtern und aus
guten Zeiten der Kunſt ſeyn. Es waren aber die Hetruriſchen Gefaͤße 3)
von Arezzo beruͤhmt, wie es itzo die von Perugia ſind. Es iſt auch
nicht zu laͤugnen, daß auf manchen Gefaͤßen, ſonderlich auf kleinen Schaa-
len, die Zeichnung der Hetruriſchen ſehr aͤhnlich: es ſind manche Ideen,
wie die Faune mit langen Pferdeſchwaͤnzen, in Hetruriſchen Figuren von

Erzt,
1) Beger. Theſ. Brand. T. 1. p. 188.
2) Die Schrift auf dieſen Muͤnzen iſt noch nicht gar lange auf die Namen dieſer Staͤdte
gedeutet worden. Die von Capua haͤlt, unter anderen Gelehrten, Bianchini fuͤr
Puniſch, und Maffei weis nicht, was dieſelbe bedeutet. Die von Tiano hat man
noch itzo in dem Werke der Pembrockiſchen Muͤnzen fuͤr Puniſch gehalten.
(*) Iſtor. Univ. p. 168.
(**) Veron. illuſtr. P. 3. p. 259. n. 5.
(***) P. 2. tab. 88.
3) Gudii Inſcr. p. 209. n. 3.
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[118/0168] I Theil. Drittes Capitel. ſten Zeiten unter Hetrurien begriffen; das Volk aber gehoͤrete nicht zu dem Koͤrper des Hetruriſchen Staats, ſondern beſtand fuͤr ſich. Die Griechen kamen nachher, ließen ſich in dieſem Lande nieder, und fuͤhreten auch ihre Kuͤnſte ein, welches noch itzo, außer den Griechiſchen Muͤnzen von Neapel, die von Cuma 1), welche noch aͤlter ſind, beweiſen koͤnnen. Was zum zweyten die Campaniſchen Werke der Kunſt betrift, ſo ſind erſtlich ihre Muͤnzen von Capua und Tiano bekannt, mit Schrift in ihrer eigenen Sprache 2). Der Kopf eines jungen Hercules auf Muͤn- zen beyder Staͤdte, und der Kopf eines Jupiters auf denen von Capua, ſind in der ſchoͤnſten Idee: eine Victoria auf einem vierſpaͤnnigen Wagen, auf Muͤnzen dieſer Stadt, iſt in dem ſchoͤnſten Gepraͤnge. Unter den Campaniſchen gemalten Gefaͤßen begreife ich hier zugleich alle ſogenannte Hetruriſche, weil die mehreſten in Campanien, und ſonderlich zu Nola, ausgegraben ſind. Die Hetrurier waren zwar in den aͤlteſten Zeiten Herren von Italien, von den Alpen an, bis zu der Meerenge von Sicilien, wie Livius bezeuget, aber man kann aus dieſem Grunde dieſe Gefaͤße nicht Hetruriſch nennen: denn die beſten derſelben muͤßen aus ſpaͤtern und aus guten Zeiten der Kunſt ſeyn. Es waren aber die Hetruriſchen Gefaͤße 3) von Arezzo beruͤhmt, wie es itzo die von Perugia ſind. Es iſt auch nicht zu laͤugnen, daß auf manchen Gefaͤßen, ſonderlich auf kleinen Schaa- len, die Zeichnung der Hetruriſchen ſehr aͤhnlich: es ſind manche Ideen, wie die Faune mit langen Pferdeſchwaͤnzen, in Hetruriſchen Figuren von Erzt, 1) Beger. Theſ. Brand. T. 1. p. 188. 2) Die Schrift auf dieſen Muͤnzen iſt noch nicht gar lange auf die Namen dieſer Staͤdte gedeutet worden. Die von Capua haͤlt, unter anderen Gelehrten, Bianchini fuͤr Puniſch, und Maffei weis nicht, was dieſelbe bedeutet. Die von Tiano hat man noch itzo in dem Werke der Pembrockiſchen Muͤnzen fuͤr Puniſch gehalten. ⁽*⁾ Iſtor. Univ. p. 168. ⁽**⁾ Veron. illuſtr. P. 3. p. 259. n. 5. ⁽***⁾ P. 2. tab. 88. 3) Gudii Inſcr. p. 209. n. 3.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/168>, abgerufen am 25.04.2024.