Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Kunst unter den Griechen.
Feldherr Eumarus bis in das Land dieser Griechen hindurch, und eroberte
und zerstörete eine von ihren Städten. Annehmen zu wollen, daß dieser
göttlich verehrte Affe damals, als etwas außerordentliches unter Griechen,
zum Denkmale weggeführet worden, giebt die Form der Buchstaben
nicht zu, als welche spätere und den Herculanischen ähnliche Züge hat.
Es wäre also zu glauben, das dieses Werk lange hernach gemacht, und
vielleicht unter den Kaisern aus dem Lande dieses Volks nach Rom ge-
führet worden; und dieses machen ein paar Worte einer Lateinischen In-
schrift auf der linken Seite der Base wahrscheinlich. Es war dieselbe in
vier Zeilen gefasset, und man liest, außer den Spuren, welche sich von
denselben zeigen, nur noch die Worte: SFPT; QVE; COS; Die-
ses Griechische Geschlecht in Africa hätte also, diesem zu Folge, noch um die
Zeit unsers Geschichtschreibers bestanden, und sich bey seinem Aber-
glauben bis dahin erhalten. Ich merke hier bey Gelegenheit eine Weib-
liche Statue von Marmor an, in der Gallerie zu Versailles, welche
für eine Vestale gehalten wird, und von welcher man vorgiebt, daß sie
zu Bengazi, der vermeynten Numidischen Hauptstadt Barca, gefun-
den worden.

Um das obige dieses dritten Stücks zu wiederholen, und zusammenL.
Widerholung
des Inhalts
dieses Stücks.

zu fassen, so wird man in der Kunst der Griechen, sonderlich in der Bild-
hauerey, vier Stuffen des Stils setzen, nemlich den geraden und harten,
den großen und eckigten, den schönen und fließenden, und den Stil
der Nachahmer. Der erste wird mehrentheils gedauert haben bis auf
1)

den
1) Nouv. Merc. de France, a. 1729. Ianv. p. 64.

Von der Kunſt unter den Griechen.
Feldherr Eumarus bis in das Land dieſer Griechen hindurch, und eroberte
und zerſtoͤrete eine von ihren Staͤdten. Annehmen zu wollen, daß dieſer
goͤttlich verehrte Affe damals, als etwas außerordentliches unter Griechen,
zum Denkmale weggefuͤhret worden, giebt die Form der Buchſtaben
nicht zu, als welche ſpaͤtere und den Herculaniſchen aͤhnliche Zuͤge hat.
Es waͤre alſo zu glauben, das dieſes Werk lange hernach gemacht, und
vielleicht unter den Kaiſern aus dem Lande dieſes Volks nach Rom ge-
fuͤhret worden; und dieſes machen ein paar Worte einer Lateiniſchen In-
ſchrift auf der linken Seite der Baſe wahrſcheinlich. Es war dieſelbe in
vier Zeilen gefaſſet, und man lieſt, außer den Spuren, welche ſich von
denſelben zeigen, nur noch die Worte: SFPT· QVE· COS· Die-
ſes Griechiſche Geſchlecht in Africa haͤtte alſo, dieſem zu Folge, noch um die
Zeit unſers Geſchichtſchreibers beſtanden, und ſich bey ſeinem Aber-
glauben bis dahin erhalten. Ich merke hier bey Gelegenheit eine Weib-
liche Statue von Marmor an, in der Gallerie zu Verſailles, welche
fuͤr eine Veſtale gehalten wird, und von welcher man vorgiebt, daß ſie
zu Bengazi, der vermeynten Numidiſchen Hauptſtadt Barca, gefun-
den worden.

Um das obige dieſes dritten Stuͤcks zu wiederholen, und zuſammenL.
Widerholung
des Inhalts
dieſes Stuͤcks.

zu faſſen, ſo wird man in der Kunſt der Griechen, ſonderlich in der Bild-
hauerey, vier Stuffen des Stils ſetzen, nemlich den geraden und harten,
den großen und eckigten, den ſchoͤnen und fließenden, und den Stil
der Nachahmer. Der erſte wird mehrentheils gedauert haben bis auf
1)

den
1) Nouv. Merc. de France, a. 1729. Ianv. p. 64.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0297" n="247"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Kun&#x017F;t unter den Griechen.</hi></fw><lb/>
Feldherr Eumarus bis in das Land die&#x017F;er Griechen hindurch, und eroberte<lb/>
und zer&#x017F;to&#x0364;rete eine von ihren Sta&#x0364;dten. Annehmen zu wollen, daß die&#x017F;er<lb/>
go&#x0364;ttlich verehrte Affe damals, als etwas außerordentliches unter Griechen,<lb/>
zum Denkmale weggefu&#x0364;hret worden, giebt die Form der Buch&#x017F;taben<lb/>
nicht zu, als welche &#x017F;pa&#x0364;tere und den Herculani&#x017F;chen a&#x0364;hnliche Zu&#x0364;ge hat.<lb/>
Es wa&#x0364;re al&#x017F;o zu glauben, das die&#x017F;es Werk lange hernach gemacht, und<lb/>
vielleicht unter den Kai&#x017F;ern aus dem Lande die&#x017F;es Volks nach Rom ge-<lb/>
fu&#x0364;hret worden; und die&#x017F;es machen ein paar Worte einer Lateini&#x017F;chen In-<lb/>
&#x017F;chrift auf der linken Seite der Ba&#x017F;e wahr&#x017F;cheinlich. Es war die&#x017F;elbe in<lb/>
vier Zeilen gefa&#x017F;&#x017F;et, und man lie&#x017F;t, außer den Spuren, welche &#x017F;ich von<lb/>
den&#x017F;elben zeigen, nur noch die Worte: <hi rendition="#aq">SFPT&#x0387; QVE&#x0387; COS&#x0387;</hi> Die-<lb/>
&#x017F;es Griechi&#x017F;che Ge&#x017F;chlecht in Africa ha&#x0364;tte al&#x017F;o, die&#x017F;em zu Folge, noch um die<lb/>
Zeit un&#x017F;ers Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreibers be&#x017F;tanden, und &#x017F;ich bey &#x017F;einem Aber-<lb/>
glauben bis dahin erhalten. Ich merke hier bey Gelegenheit eine Weib-<lb/>
liche Statue von Marmor an, in der Gallerie zu Ver&#x017F;ailles, welche<lb/>
fu&#x0364;r eine Ve&#x017F;tale gehalten wird, und von welcher man vorgiebt, daß &#x017F;ie<lb/>
zu <hi rendition="#fr">Bengazi,</hi> der vermeynten Numidi&#x017F;chen Haupt&#x017F;tadt <hi rendition="#fr">Barca,</hi> gefun-<lb/>
den worden.</p><lb/>
              <p>Um das obige die&#x017F;es dritten Stu&#x0364;cks zu wiederholen, und zu&#x017F;ammen<note place="right"><hi rendition="#aq">L.</hi><lb/>
Widerholung<lb/>
des Inhalts<lb/>
die&#x017F;es Stu&#x0364;cks.</note><lb/>
zu fa&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o wird man in der Kun&#x017F;t der Griechen, &#x017F;onderlich in der Bild-<lb/>
hauerey, vier Stuffen des Stils &#x017F;etzen, nemlich den geraden und harten,<lb/>
den großen und eckigten, den &#x017F;cho&#x0364;nen und fließenden, und den Stil<lb/>
der Nachahmer. Der er&#x017F;te wird mehrentheils gedauert haben bis auf<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/><note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Nouv. Merc. de France, a. 1729. Ianv. p.</hi> 64.</note><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[247/0297] Von der Kunſt unter den Griechen. Feldherr Eumarus bis in das Land dieſer Griechen hindurch, und eroberte und zerſtoͤrete eine von ihren Staͤdten. Annehmen zu wollen, daß dieſer goͤttlich verehrte Affe damals, als etwas außerordentliches unter Griechen, zum Denkmale weggefuͤhret worden, giebt die Form der Buchſtaben nicht zu, als welche ſpaͤtere und den Herculaniſchen aͤhnliche Zuͤge hat. Es waͤre alſo zu glauben, das dieſes Werk lange hernach gemacht, und vielleicht unter den Kaiſern aus dem Lande dieſes Volks nach Rom ge- fuͤhret worden; und dieſes machen ein paar Worte einer Lateiniſchen In- ſchrift auf der linken Seite der Baſe wahrſcheinlich. Es war dieſelbe in vier Zeilen gefaſſet, und man lieſt, außer den Spuren, welche ſich von denſelben zeigen, nur noch die Worte: SFPT· QVE· COS· Die- ſes Griechiſche Geſchlecht in Africa haͤtte alſo, dieſem zu Folge, noch um die Zeit unſers Geſchichtſchreibers beſtanden, und ſich bey ſeinem Aber- glauben bis dahin erhalten. Ich merke hier bey Gelegenheit eine Weib- liche Statue von Marmor an, in der Gallerie zu Verſailles, welche fuͤr eine Veſtale gehalten wird, und von welcher man vorgiebt, daß ſie zu Bengazi, der vermeynten Numidiſchen Hauptſtadt Barca, gefun- den worden. Um das obige dieſes dritten Stuͤcks zu wiederholen, und zuſammen zu faſſen, ſo wird man in der Kunſt der Griechen, ſonderlich in der Bild- hauerey, vier Stuffen des Stils ſetzen, nemlich den geraden und harten, den großen und eckigten, den ſchoͤnen und fließenden, und den Stil der Nachahmer. Der erſte wird mehrentheils gedauert haben bis auf den 1) L. Widerholung des Inhalts dieſes Stuͤcks. 1) Nouv. Merc. de France, a. 1729. Ianv. p. 64.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/297
Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/297>, abgerufen am 19.04.2024.